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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Politik und Gesellschaft => Thema gestartet von: pelacani am 14. März 2015, 20:18:27

Titel: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 14. März 2015, 20:18:27
Wer wird die nächsten Wahlen gewinnen, was meint Ihr? Die Goldene Morgenröte?

:stirn
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 14. März 2015, 20:28:41
Dauert das nicht noch eine Weile? Inzwischen marschieren die hier noch ein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Bloedmann am 14. März 2015, 22:38:47
Habe ich irgendeine breaking news verpaßt?
(http://fs2.directupload.net/images/150314/c53t894k.jpg)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 15. März 2015, 11:51:22
Zitat von: Pelacani am 14. März 2015, 20:18:27
Wer wird die nächsten Wahlen gewinnen, was meint Ihr? Die Goldene Morgenröte?

:stirn

Ich halte es nicht einmal für ausgemacht, dass es so bald eine "nächste Wahl" geben wird. Griechenland hat bis ins 20. Jahrhundert hinein eine Putschgeschichte und, dazu passend, ein grotesk überdimensioniertes Militär, das sich als vaterländische Ordnungs- und Erziehungsmacht versteht. Man muss in Betracht ziehen, dass der volkswirtschaftlichen Katastrophe eine politische folgt.

Einem Land, dass sich einen Linksradikalen als Finanzminister und einen Rechtsradikalen als Verteidigungsminister leistet (fehlt noch der Knacki fürs Justizressort und eine Schamanin für die Gesundheit), traue ich inzwischen alles zu.

Das Grundübel dieses Landes, und da spreche ich aus intensiver Anschauung, liegt nicht in Kreditverpflichtungen, die man stunden oder irgendwie sonst verhandeln könnte, und auch nicht in der Steuervermeidung von einem Dutzend Großkopferter. Das Land schiebt inzwischen fast 70 Milliarden Euro festgesetzter und nicht beigetriebener Steuerforderungen vor sich her. Da sind die materiell geschuldeten, aber glattweg hinterzogenen und deshalb nicht festgesetzten Steuern noch gar nicht dabei. Wenn man ganz unrealistisch annehmen wollte, dass die Heranziehung der größten Steuervermeider 10 Milliarden einbringen würde, wären das noch nicht einmal 15 % dessen, was festgesetzt ist; und lasst es unter 10 % des materiell Geschuldeten sein.   Das Problem liegt dort darin, dass noch der letzte Ziegenhirte den Staat bescheißt und alle irgendwie damit einverstanden sind.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Omikronn am 16. März 2015, 03:15:30
ZitatDas Problem liegt dort darin, dass noch der letzte Ziegenhirte den Staat bescheißt und alle irgendwie damit einverstanden sind.
Nicht nur, ich würde auch behaupten, dass griechische Finanzprobleme eine gewisse Tradition haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Griechischer_Staatsbankrott_von_1893
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 16. März 2015, 14:22:23
Zitat von: Omikronn am 16. März 2015, 03:15:30
[Nicht nur, ich würde auch behaupten, dass griechische Finanzprobleme eine gewisse Tradition haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Griechischer_Staatsbankrott_von_1893

Ja, ich bekomme seit geraumer Zeit keinen Ouzo mehr aufs Haus!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 16. März 2015, 22:45:29
Ich denke, es wird keine Rolle spielen, wer Griechenland regiert. Keine Regierung wird einen Austritt aus dem Euro riskieren und daher ist jede Regierung gezwungen, das Sparprogramm irgendwie durchzuziehen. Wie sehr, hängt ein bisschen vom Verhandlungsgeschick für das nächste, übernächste usw. Hilfspaket ab, aber großartig dürfte sich da nichts ändern.

Zitat von: Typee am 15. März 2015, 11:51:22
Ich halte es nicht einmal für ausgemacht, dass es so bald eine "nächste Wahl" geben wird. Griechenland hat bis ins 20. Jahrhundert hinein eine Putschgeschichte und, dazu passend, ein grotesk überdimensioniertes Militär, das sich als vaterländische Ordnungs- und Erziehungsmacht versteht. Man muss in Betracht ziehen, dass der volkswirtschaftlichen Katastrophe eine politische folgt.

Ein Militärputsch im Europa des 21. Jahrhunderts? Sorry, aber das halte ich für undenkbar. Die Zeiten sind vorbei.

Zitat von: Typee am 15. März 2015, 11:51:22
Das Grundübel dieses Landes, und da spreche ich aus intensiver Anschauung, liegt nicht in Kreditverpflichtungen, die man stunden oder irgendwie sonst verhandeln könnte, und auch nicht in der Steuervermeidung von einem Dutzend Großkopferter. Das Land schiebt inzwischen fast 70 Milliarden Euro festgesetzter und nicht beigetriebener Steuerforderungen vor sich her. Da sind die materiell geschuldeten, aber glattweg hinterzogenen und deshalb nicht festgesetzten Steuern noch gar nicht dabei. Wenn man ganz unrealistisch annehmen wollte, dass die Heranziehung der größten Steuervermeider 10 Milliarden einbringen würde, wären das noch nicht einmal 15 % dessen, was festgesetzt ist; und lasst es unter 10 % des materiell Geschuldeten sein.   Das Problem liegt dort darin, dass noch der letzte Ziegenhirte den Staat bescheißt und alle irgendwie damit einverstanden sind.

Ja, ich denke auch, das Problem ist die Mentalität. Und die ist schwer zu ändern, erst recht, wenn man wiedergewählt werden will. Ich hoffe, das es gelingt, aber es wird wenn, dann nur langsam gehen. Und bis dahin müssen wir zahlen, so blöd es ist. Das ist halt der Preis für die europäische Einheit.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 17. März 2015, 09:34:43
ZitatDie Zeiten sind vorbei.

Vielleicht nicht geradeheraus ein Putsch, aber einen Übergang in eine Art Notstandsverfassung oder permanenten Ausnahmezustand. Und wer da das Sagen hat, kann man sich an den fünf Fingern abzählen: die "Sicherheitsorgane". Da könnte selbst ein Tsipras weiter herumhampeln und heroische Reden halten, wie er will, in einem Amt ohne Macht. Und aus so einem Zustand heraus wird so rasch nicht gewählt.

Gesetzt, der Unfall passiert und Griechenland fällt aus der Eurozone: dann bricht zuerst einmal die Plünderungswelle an. Vielleicht nicht physisch in den Supermärkten, aber in den Banken. Schon 2008 wurde so eine Welle mit Knüppeln und Mollies ausgefochten, und eine schwangere Bankangestellte bezahlte die Randale mit den Leben. Wenn zehn Millionen Griechen über Nacht auf Drachme gesetzt werden und alle endlich begreifen, dass jetzt Jahre des Elends beginnen, nachdem man sich zuerst im Wohlstand auf Pump eingerichtet hatte und dann mit patriotischem Schmus die Hirne verkleistert bekam, wird es dann mächtig hochkochen.

Ich warne dringend davor, nur weil ein bestimmes Jahrhundert erreicht ist, Zeiten für "vorbei" zu halten, in denen in unserer Nachbarschaft sinistre Dinge passieren können.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 17. März 2015, 13:05:22
Im Handelsblatt - und anderswo:

ZitatGriechenland macht bei der Stabilisierung des Staatshaushaltes offenbar keine Fortschritte mehr. 2014 gab es ein Plus von 0,3 Prozent, angepeilt waren jedoch 1,5 Prozent. Der Fehlbetrag soll 2 Milliarden Euro betragen.

Das wird von der Finanzpresse auf die Nichteintreibung von Steuern besonders während der letzten beiden Monate des vergangenen Jahres zurückgeführt. Viele Bürger hätten angesichts der Wahl im Januar und in Erwartung möglicher Steuererleichterungen ihre Schulden an den Staat nicht gezahlt.

Zum Nichtbeitreiben gehören immer zwei: einer, der nicht zahlt, und einer, der sich das gefallen lässt.  :facepalm
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 17. März 2015, 13:17:00
Der Staat hat auch auf die Wahlen gehofft.

So wie ich hier auf den Griechenland-Versteher gehofft habe, der mir das Rationale der Politik erklärt, nach dem Motto "das Unmögliche fordern, um das Mögliche zu erreichen". Meine Hoffnung sinkt.

ZitatIch warne dringend davor, nur weil ein bestimmes Jahrhundert erreicht ist, Zeiten für "vorbei" zu halten, in denen in unserer Nachbarschaft sinistre Dinge passieren können.
Ende des 19. Jhd. hat man sich nicht vorstellen können, was dann im 20. so abgegangen ist.

Und die Paradoxie ist:
Zitat von: Typee am 17. März 2015, 13:05:22
ZitatViele Bürger hätten angesichts der Wahl im Januar und in Erwartung möglicher Steuererleichterungen ihre Schulden an den Staat nicht gezahlt.
Damit scheinen sich die vielen Bürger rational verhalten zu haben. Wenn ich der einzige wäre, der freiwillig Steuern zahlt, dann wäre ich irrational, wenn ich das täte.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 17. März 2015, 14:15:02
Zitat von: Pelacani am 17. März 2015, 13:17:00
Und die Paradoxie ist:
Zitat von: Typee am 17. März 2015, 13:05:22
ZitatViele Bürger hätten angesichts der Wahl im Januar und in Erwartung möglicher Steuererleichterungen ihre Schulden an den Staat nicht gezahlt.
Damit scheinen sich die vielen Bürger rational verhalten zu haben. Wenn ich der einzige wäre, der freiwillig Steuern zahlt, dann wäre ich irrational, wenn ich das täte.

Ja, im formalen Prinzip. Aber als Zustand, der praktisch so lange existiert, wie der ganze Staat, ist das auf die Dauer eben der Freeway von Pleite zu Pleite.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 17. März 2015, 14:45:50
Die Dysfunktionalität besteht darin, dass das, was für den Einzelnen rational ist, im gesamtgesellschaftlichen Rahmen irrational wird.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 17. März 2015, 14:52:44
Zitat von: Pelacani am 17. März 2015, 13:17:00

Und die Paradoxie ist:
Zitat von: Typee am 17. März 2015, 13:05:22
ZitatViele Bürger hätten angesichts der Wahl im Januar und in Erwartung möglicher Steuererleichterungen ihre Schulden an den Staat nicht gezahlt.
Damit scheinen sich die vielen Bürger rational verhalten zu haben. Wenn ich der einzige wäre, der freiwillig Steuern zahlt, dann wäre ich irrational, wenn ich das täte.

Die Paradoxie liegt weniger in der eingeübten individuellen Steuerverachtung, sondern darin, dass der Staat daran nichts zu ändern gedenkt, außer ein paar schlechten Scherzen (Touristen als Steuerfahnder und so). Manchmal ist es ja so, dass gerade die Volkstribunen es sind, die ihren Gefolgsleuten die bitteren Pillen am besten verpassen können (z.B. Menachem Begin, der einen Frieden mit Ägypten schloss - ein Labour-Ministerpräsident wäre dafür verjagt worden). Aber die Amateure in Athen denken ja gar nicht daran, reinen Wein einzuschenken und durchzugreifen. Im Gegenteil: gestern las ich, dass sich Banken in der Schweiz darüber wundern, dass die eingefrorenen Guthaben von Steuerschuldnern nicht abgerufen werden.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 17. März 2015, 15:25:15
Zitat von: Typee am 17. März 2015, 09:34:43
Vielleicht nicht geradeheraus ein Putsch, aber einen Übergang in eine Art Notstandsverfassung oder permanenten Ausnahmezustand. Und wer da das Sagen hat, kann man sich an den fünf Fingern abzählen: die "Sicherheitsorgane". Da könnte selbst ein Tsipras weiter herumhampeln und heroische Reden halten, wie er will, in einem Amt ohne Macht. Und aus so einem Zustand heraus wird so rasch nicht gewählt.

Ich schränke ein: Ich halte es für unmöglich, solange Griechenland in der EU ist. Die kann unmöglich zulassen, dass in einer ihrer Staaten eine Militärdiktatur entsteht. Zwar ist die EU leider ein recht zahnloser Tieger, aber gerade jetzt, wo man Griechenland den Geldhahn zudrehen kann, sieht das doch etwas anders aus. Und auch sonst würde keiner in Griechenland keinen Rausschmiss riskieren.

Zitat von: Typee am 17. März 2015, 09:34:43
Gesetzt, der Unfall passiert und Griechenland fällt aus der Eurozone: dann bricht zuerst einmal die Plünderungswelle an. Vielleicht nicht physisch in den Supermärkten, aber in den Banken. Schon 2008 wurde so eine Welle mit Knüppeln und Mollies ausgefochten, und eine schwangere Bankangestellte bezahlte die Randale mit den Leben. Wenn zehn Millionen Griechen über Nacht auf Drachme gesetzt werden und alle endlich begreifen, dass jetzt Jahre des Elends beginnen, nachdem man sich zuerst im Wohlstand auf Pump eingerichtet hatte und dann mit patriotischem Schmus die Hirne verkleistert bekam, wird es dann mächtig hochkochen.

Ja, wenn der "Unfall" passiert, sieht das anders aus, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der passiert. Gerade weil keiner der Beteiligten einen solchen Zustand riskieren will. Weder will Tsipras das Land im Chaos versinken lassen (und womöglich tatsächlich weggeputscht werden), noch will die EU einen Austritt Griechenlands riskieren; nicht nur wegen der Angst vor einem Domino-Effekt, sondern auch, weil das zeigen würde, dass die Europäische Einigung prinzipiell durchaus auch rückabgewickelt werden kann. Auch wenn ein zusammenbrechendes Griechenland einen anbschreckenden Effekt hätte, wäre das aus Sicht der EU politisch sehr ungünstig, weil es den "Provinzregierungen" zeigt, dass sie zumindest theoretisch tatsächlich eine Wahl haben, falls ihnen, was in Brüssel passiert, nicht passt.

Man sollte daraus, dass bei den Verhandlungen hauptsächlich von Seiten Griechenlands, aber auch von Seiten der EU hoch herging, nicht schließen, dass die Verhandlungen kurz vorm Scheitern standen. Es war von vorneherein klar, dass Geld fließen wird, die einzige Frage war, wie viel und unter welchen Bedingungen. Und ich bin mir sicher, das wird beim nächsten Rettungspaket in ein paar Monaten wieder so sein, und das übernächste mal auch und immer so weiter, bis entweder Griechenland es von selbst hinbekommt, seine Finanzen in Ordnung zu bringen, oder bis die EU stark genug ist, Griechenland dazu zu zwingen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 18. März 2015, 16:05:37
och, angesichts der Bodenschätze vor Griechenlands Küste kann ich mir sehr gut Vorstellen, das andere da unbedingt vor eben dieser Küste ihre Verteidigungslinie sehen, quasi auf halbem Weg zum Hindukush.

Oder weniger zynisch gesagt: es geht um viel zu viel, in jedweder Hinsicht, um auf Rationalität bei den Akteuren zu hoffen.

Und nun noch ein kleiner Exkurs mit Vergleichscharakter: Aus der Inkasso-Branche ist mir bekannt, dass der Schuldner üblicherweise deutlich stärker zum Frieden neigt und konstruktiven Lösungsansätzen, als der Gläubiger, der erfahrungsgemäß überraschend schnell agressiv und handgreiflich wird. Ich sehe keinen Grund in der Sache Deutschland-Griechenland vom Gegenteil auszugehen.

Lustigerweise hat Griechenland es geschafft parallel zum Schuldner auch Gläubiger zu werden, da die Kriegsschuld eben besteht.

Opfer-Opfer-Konflikte sind bekanntlich die entspanntesten Konflikte, jedenfalls was Moral, Berechnung, und Zurückhaltung angeht. Bestens. Ich danke an dieser Stelle der marktkonformen Demokratie. Was für eine überwältigende Einzelleistung!
#)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 19. März 2015, 14:15:22
Zitat von: Typee am 15. März 2015, 11:51:22
Das Problem liegt dort darin, dass noch der letzte Ziegenhirte den Staat bescheißt und alle irgendwie damit einverstanden sind.

Griechenland, das Land der Ziegenhirte ... schon klar ...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 19. März 2015, 14:33:36
Gutes Interview:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/griechenland-syriza-tsipras-klientelismus

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 19. März 2015, 17:08:27
Zitat von: mossmann am 19. März 2015, 14:33:36
Gutes Interview:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/griechenland-syriza-tsipras-klientelismus

Allerdings.

Von den etwa sechs Monaten, die ich insgesamt in Griechenland verbracht habe, entfallen keine drei Wochen auf reinen Tourismus. Die übrige Zeit brachte ich "eingebettet" zu, in einer Familie, die vorher in Deutschland lebte. Die griechischen Verhältnisse kenne ich seitdem von innen. Und genau so isses.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 19. März 2015, 17:41:48
A propos gute Presse: auch das ist lesenswert.

Man kann das auch und gerade einmal daraufhin durchlesen, welche Bedeutung es hatte, dass damals "nur" die Geschäftsbanken gerettet wurden. Dasselbe Szenario hätten wir sonst schon 2008/2009 erlebt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 20. März 2015, 14:10:46
Zitat von: Typee am 19. März 2015, 17:08:27
Von den etwa sechs Monaten, die ich insgesamt in Griechenland verbracht habe, entfallen keine drei Wochen auf reinen Tourismus. Die übrige Zeit brachte ich "eingebettet" zu, in einer Familie, die vorher in Deutschland lebte. Die griechischen Verhältnisse kenne ich seitdem von innen. Und genau so isses.

dann solltest du aber wissen, dass der angebliche Beschiss der Ziegenhirten nicht so richtig relevant ist ;-)

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 20. März 2015, 14:41:44
Zitat von: mossmann am 20. März 2015, 14:10:46
Zitat von: Typee am 19. März 2015, 17:08:27
Von den etwa sechs Monaten, die ich insgesamt in Griechenland verbracht habe, entfallen keine drei Wochen auf reinen Tourismus. Die übrige Zeit brachte ich "eingebettet" zu, in einer Familie, die vorher in Deutschland lebte. Die griechischen Verhältnisse kenne ich seitdem von innen. Und genau so isses.

dann solltest du aber wissen, dass der angebliche Beschiss der Ziegenhirten nicht so richtig relevant ist ;-)

Erstens ist das kein angeblicher, sondern ein realer. Zweitens heißt das: von Großkopferten bis hinunter zum Ziegenhirten, einfach alle. Anders ist so eine Entwicklung gar nicht möglich.

Die zitierte Bemerkung bezog sich übrigens auf den Zeit-Artikel.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 20. März 2015, 18:45:07
Zitat von: Patches O Houlihan am 18. März 2015, 16:05:37
och, angesichts der Bodenschätze vor Griechenlands Küste kann ich mir sehr gut Vorstellen, das andere da unbedingt vor eben dieser Küste ihre Verteidigungslinie sehen, quasi auf halbem Weg zum Hindukush.

Oder weniger zynisch gesagt: es geht um viel zu viel, in jedweder Hinsicht, um auf Rationalität bei den Akteuren zu hoffen.

Und nun noch ein kleiner Exkurs mit Vergleichscharakter: Aus der Inkasso-Branche ist mir bekannt, dass der Schuldner üblicherweise deutlich stärker zum Frieden neigt und konstruktiven Lösungsansätzen, als der Gläubiger, der erfahrungsgemäß überraschend schnell agressiv und handgreiflich wird. Ich sehe keinen Grund in der Sache Deutschland-Griechenland vom Gegenteil auszugehen.

Lustigerweise hat Griechenland es geschafft parallel zum Schuldner auch Gläubiger zu werden, da die Kriegsschuld eben besteht.

Opfer-Opfer-Konflikte sind bekanntlich die entspanntesten Konflikte, jedenfalls was Moral, Berechnung, und Zurückhaltung angeht. Bestens. Ich danke an dieser Stelle der marktkonformen Demokratie. Was für eine überwältigende Einzelleistung!
#)

Ich fürchte, den Beitrag verstehe ich nicht so ganz. Du willst nicht wirklich andeuten, das Deutschland eine Invasion Griechenlands plant, oder?

Und was ist eine "marktkonforme Demokratie" und was hat sie mit der Griechenland-Krise zu tun?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 21. März 2015, 10:03:35
mein Post bezog sich auf diesen Abschnitt deines/bzw Typees Post
Zitat von: Ladislav Pelc am 17. März 2015, 15:25:15
Zitat von: Typee am 17. März 2015, 09:34:43
Vielleicht nicht geradeheraus ein Putsch, aber einen Übergang in eine Art Notstandsverfassung oder permanenten Ausnahmezustand. Und wer da das Sagen hat, kann man sich an den fünf Fingern abzählen: die "Sicherheitsorgane". Da könnte selbst ein Tsipras weiter herumhampeln und heroische Reden halten, wie er will, in einem Amt ohne Macht. Und aus so einem Zustand heraus wird so rasch nicht gewählt.

Ich schränke ein: Ich halte es für unmöglich, solange Griechenland in der EU ist. Die kann unmöglich zulassen, dass in einer ihrer Staaten eine Militärdiktatur entsteht. Zwar ist die EU leider ein recht zahnloser Tieger, aber gerade jetzt, wo man Griechenland den Geldhahn zudrehen kann, sieht das doch etwas anders aus. Und auch sonst würde keiner in Griechenland keinen Rausschmiss riskieren.

zur Invasion, wieso plant?
Wirtschaftskriege sind auch Kriege und Griechenland verliert. Das Problem ist, dass Griechenland auch noch weiterhin verliert, nachdem es weitgehend aufgekauft wurde. Hier zu denken, dass staatsstabilisierende Maßnahmen mit humanitärer Hilfe einhergehen, wenn es darum geht, das im Chaos versinkende Griechenland vor dem totalen Abrutschen bzw. dem Abrutschen ins Totale zu bewahren... ist nun nicht gerade aberwitzig. Etwas mehr irrationale Dynamik im Spiel - und daran mangelt es bekanntlich selten - und wir haben vergleichbaren Scheiß in der Tagesschau. Es ist ja nicht so, dass Putin nicht Vergleichbares für die Ostukraine versucht hatte.

Wie bereits gesagt, es geht um unglaublich viel. Nebenbei, dem Belgischen Staatchef wird nachgesagt, er hätte sich kürzlich über die Spontanrunde am Rande des Gipfels mit den Worten beschwert, er hätte weder Frankreich noch Deutschland ein Mandat erteilt. Ein sanfter Blick auf die Geschichte Belgiens hilft, dieser Äußerung auch die Invasionskomponente zu entlocken.

Die marktkonforme Demokratie kannst du in diesem Zusammenhang gerne auf den Topos Wirtschaftskrieg beziehen. Aber was das sein soll, kann ich dir nicht sagen, ein Unwort ist es bereits (http://www.unwortdesjahres.net/index.php?id=35). Vielleicht fragst du da Frau Merkel, die hat diese Vokabel geprägt, sicherlich weiß sie, was marktkonforme Demokratie bedeutet.

[ironie]
Mit Griechenland hat das alles freilich nichts zu tun, schließlich ist bei denen alles in gewohnt bester Ordnung. Auch ist Griechenland in keine Konflikte verwickelt - in welcher Rolle auch immer. Und die Rede von Wirtschaftsimperialismus ist im genannten Zusammenhang nichts als Propaganda, quasi fünfte-Kolonne-Agitation, geradezu niederträchtig hinterfotzige Nestbeschmutzerei, bar jeden Bezugs zur Wirklichkeit.
[/ironie]
deswegen auch das:  #)


edit:
nebenbei ist mir eben erst aufgefallen, dass du indirekt das humanitäre Engagement der Bundeswehr im Hindukusch AUCH als Invasion bezeichnet hast. Geht das denn?
;)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 23. März 2015, 11:48:32
Zitat von: Typee am 20. März 2015, 14:41:44
Erstens ist das kein angeblicher, sondern ein realer. Zweitens heißt das: von Großkopferten bis hinunter zum Ziegenhirten, einfach alle. Anders ist so eine Entwicklung gar nicht möglich.


Natürlich ist so eine Entwicklung anders möglich. Der Vater meiner Freundin hat in Griechenland Land gekauft und ein Haus gebaut. Auch ich kenne die Verhältnisse.
Und ich bleibe dabei: das mit dem "Ziegenhirten" ist ziemlich Günther Jauch.
Es sei denn, du lieferst was Handfestes zum Belegen. Von wegen der Relefants ;-)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 23. März 2015, 12:29:41
Zitat von: mossmann am 23. März 2015, 11:48:32
Natürlich ist so eine Entwicklung anders möglich.
Danke, wir haben keine weiteren Fragen. Du hast ihn, den Job:
Zitat von: Pelacani am 17. März 2015, 13:17:00
... wie ich hier auf den Griechenland-Versteher gehofft habe, der mir das Rationale der Politik erklärt
Ich bin ja so froh, dass es nun endlich voran geht, nach all dem Defätismus.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 23. März 2015, 21:08:06
Zitat von: Pelacani am 23. März 2015, 12:29:41
Zitat von: Pelacani am 17. März 2015, 13:17:00
... wie ich hier auf den Griechenland-Versteher gehofft habe, der mir das Rationale der Politik erklärt

Hab' ich neulich schon mal irgendwo gelesen und mich gewundert.

"Politische Interaktionen" (im allerallgemeinsten Sinne) können "rational" sein. Als Fundierung und/oder als kommunikative Akte und/oder als Ausgangspunkt und/oder als Zielvorstellung. Sie können auch einer dem "politischen" Feld eigenen Ratio folgen (was nicht zwangsläufig mit irgendeinem anderen begrifflichen Rahmen von "Ratio" deckungsgleich wäre oder sein müßte). Ansonsten aber fehlt es da (meiner persönlichen Meinung nach blablub) doch sehr an der grundsätzlichen Voraussetzung. Oder anders: genau und ausgerechnet das "politische Feld" ist dasjenige, welches sozusagen von seiner Bestimmung her a-rational ist/sein muß. Dort geht es, kann es nur gehen um Meinen, Überzeugungen, Glaubensformen, Fraktionen, Agenden, Klientelismus (nicht der griechische, sondern der prinzipielle), taktische/strategische Kampagnen undsoweiterundsofort...

Ich bin kein Griechenlandversteher (in dem Sinne nicht, in dem ich ebenfalls kein Lettland-Versteher oder Andorra-Versteher bin [oder NRW-Versteher...]). Aber bislang kommt mir im Falle "Griechenland" und die wohl hier im Blick befindliche "Krise" alles völlig üblich und wie schon zigtausendmal gehabt vor. Also z.B. das Problem der griechischen "Wähler", die nicht wissen, was sie denn nun wählen sollen - diejenigen, die vielleicht theoretisch die höchste Kompetenz zur (langfristigen) Problem"lösung" haben, sind leider durch die Bank weg in praktisch jeglicher Hinsicht auch diejenigen, die das Problem verursacht haben. Oder das Problem, dessen sich vermutlich jeder griechische Bürger bewußt ist, dass auch die Nicht-Mitten (linker/rechter/oberer/unterer Rand) genauso mitgemacht haben beim fröhlichen Party-Machen - wie die angesprochenen "Wähler" selbst auch. Oder das überall anzutreffende Problem der "Wähler" (namentlich! im deutschen Sprachraum), dass man zwar gewaschen, gefönt und onduliert werden möchte (für die Party), aber eben natürlich ohne dabei nass zu werden.

Ich sehe da keine Besonderheiten (von außen, ohne besonderen Einblick).
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 12. April 2015, 12:34:40
Was ist eigentlich mit dem Griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, der ja so super toll sein soll?

Soll wohl an jeder Großen Universität von Oxford bis Havard unterrichtet haben und steht irgendwo zwischen Keynes und Marx.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 12. April 2015, 12:40:22
ZitatSoll wohl an jeder Großen Universität von Oxford bis Havard unterrichtet haben und steht irgendwo zwischen Keynes und Marx.

All die Theorie ist grau....
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 12. April 2015, 12:50:36
Zitat von: Sauropode am 12. April 2015, 12:40:22
ZitatSoll wohl an jeder Großen Universität von Oxford bis Havard unterrichtet haben und steht irgendwo zwischen Keynes und Marx.

All die Theorie ist grau....

Stimmt auch wieder. Abgesehen davon, habe ich den Eindruck, dass man in den WiWi mit unter mehr bestrebt ist seine eigene Position zu verteidigen, als Erkenntnisse zu gewinnen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 12. April 2015, 14:15:08
Zitat von: Scipio am 12. April 2015, 12:50:36
Zitat von: Sauropode am 12. April 2015, 12:40:22
ZitatSoll wohl an jeder Großen Universität von Oxford bis Havard unterrichtet haben und steht irgendwo zwischen Keynes und Marx.

All die Theorie ist grau....

Stimmt auch wieder. Abgesehen davon, habe ich den Eindruck, dass man in den WiWi mit unter mehr bestrebt ist seine eigene Position zu verteidigen, als Erkenntnisse zu gewinnen.

andererseits, bringt da ein Lehrer Sekundarstufe II mit Staatsexamen und absolviertenm Studium in Germanistik, Politik und Soziologie mehr?
Wir hatten ja auch schon einen Medizinerals Bundeswirtschaftsminister, auch Müllermeister, promovierte Sprachwissenschaftler, Hauptschullehrer, Betriebs- und Volkswirte und diverse andere mehr...
Immerhin kann der Englisch - im Süden der Republik keine Selbstverständlichkeit.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Alu-Verkleidung am 13. April 2015, 19:31:46
Zitat von: Typee am 20. März 2015, 14:41:44
Zitat von: mossmann am 20. März 2015, 14:10:46
Zitat von: Typee am 19. März 2015, 17:08:27
Von den etwa sechs Monaten, die ich insgesamt in Griechenland verbracht habe, entfallen keine drei Wochen auf reinen Tourismus. Die übrige Zeit brachte ich "eingebettet" zu, in einer Familie, die vorher in Deutschland lebte. Die griechischen Verhältnisse kenne ich seitdem von innen. Und genau so isses.

dann solltest du aber wissen, dass der angebliche Beschiss der Ziegenhirten nicht so richtig relevant ist ;-)

Erstens ist das kein angeblicher, sondern ein realer. Zweitens heißt das: von Großkopferten bis hinunter zum Ziegenhirten, einfach alle. Anders ist so eine Entwicklung gar nicht möglich.

Die zitierte Bemerkung bezog sich übrigens auf den Zeit-Artikel.

Ziegenhirten = Boulevard -> geschenkt.
Das Fazit paßt aber.

Ansonsten riecht das für mich immer etwas nach regressiver Kapitalismuskritik.
Das "Wagenknechtische Mantra" von "denen da oben" und "dem kleinen Mann und der Krankenschwester" hört sich schön an, zum System gehören aber auch "die in der Mitte" und "die da Unten".
Und die Korruption in Griechenland ist nun einmal strukturell und nicht rein elitär. Oligarchen sind nicht sympathisch, als simplifizierter Sündenbock lösen sie aber kein strukturelles Problem. Ein System funktioniert nun einmal gesamtgesellschaftlich.

Ich kenne Griechenland nicht, aber analog die Ukraine und deren korrupte Verflechtung durch alle Schichten hindurch.
Deswegen zieht der "kleine Mann" als unschuldiges Opfer nicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 14. April 2015, 15:07:10
Zitat von: Alu-Verkleidung am 13. April 2015, 19:31:46
Ansonsten riecht das für mich immer etwas nach regressiver Kapitalismuskritik.
Das "Wagenknechtische Mantra" von "denen da oben" und "dem kleinen Mann und der Krankenschwester" hört sich schön an, zum System gehören aber auch "die in der Mitte" und "die da Unten".
Und die Korruption in Griechenland ist nun einmal strukturell und nicht rein elitär. Oligarchen sind nicht sympathisch, als simplifizierter Sündenbock lösen sie aber kein strukturelles Problem. Ein System funktioniert nun einmal gesamtgesellschaftlich.

Ich kenne Griechenland nicht, aber analog die Ukraine und deren korrupte Verflechtung durch alle Schichten hindurch.
Deswegen zieht der "kleine Mann" als unschuldiges Opfer nicht.

ah, das Böse K-Wort.  :rofl2
Die neuste Kapitalismuskritik gibts bei Springers Welt (http://hd.welt.de/ausgabe-b/wirtschaft-b/article139497627/Das-ist-nicht-neoliberal-das-ist-skandaloes.html).
Konkret empört sich da jemand, der unter NEOLIBERAL die deutsche Spielart rheinischen Koprporatismus versteht, also quasi das ordoliberale Moment der deutschen Neoliberalen vermisst - das Ideal der guten alten Sozialen Marktwirtschaft.
Völlig untern Tisch lässt er freilich fallen, dass auch Hayek NEOLIBERAL war, mit dem Ordo überhaupt nichts anfangen wollte und konnte und für den Staatlichkeit überhaupt schon Tyrannei/Knechtschaft war. Entsprechend ging Hayek nach in den Westen (LOL) um die amerikanische bzw. angelsächsiche Spielart des Neoliberalismus, im Sinne eines Finanzmarktkapitalismus, zu unterstützen.
Jetzt darf man raten, welche Spielart dominant ist.

Das Lustige an dem Kommentar ist freilich, der Autor ist ganz klar deutscher Neoliberaler und argumentiert auch aus dem Deutschen Neoliberalismus heraus gegen den angelsächsischen Marktradikalismus. uiuiui, wenn das mal kein getarnter Agent vom KGB-Putin oder diesen Kommi-Griechen ist oder Sarahs Toy-Boy.  :aleck:
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Alu-Verkleidung am 17. April 2015, 19:32:50
Zitat von: Patches O Houlihan am 14. April 2015, 15:07:10

Das Lustige an dem Kommentar ist freilich, der Autor ist ganz klar deutscher Neoliberaler und argumentiert auch aus dem Deutschen Neoliberalismus heraus gegen den angelsächsischen Marktradikalismus. uiuiui, wenn das mal kein getarnter Agent vom KGB-Putin oder diesen Kommi-Griechen ist oder Sarahs Toy-Boy.  :aleck:

Wenn man im Internet unterwegs ist, dann findet man Dinge, bei denen man denkt, die gibt es gar nicht.

Vor kurzem bin ich auf die Gruppe der "National Libertären" gestoßen. Alexander Benesch fährt jetzt auch diese amerikanisch reaktionäre Schiene, die irgendwie für markt-liberalen Konservatismus steht, aber irgendwie gegen Neoliberalismus ist, weil der nicht konservativ genug ist...oder sowas in der Art...und irgendwas mit einer starken Republik (nationale Komponente) muss es auch sein :laugh:

Kenne den Typ nicht, aber vielleicht geht das auch in die Richtung?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 19:59:05
Der von mir angeschnittene Credo-Prof leugnet schlicht, dass Vienna-Hayek, der bei dem Alpen-Menschen Mises (ist das auch politisch korrekt?) gelernt hatte, auch lange in Freiburg war und die Freiburger nunmal einen erheblichen Teil der Neoliberalen in der jungen BRD ausgemacht haben, auch wenn sich gewisse Rheinländer bei diesem Kölner Oberbürgermeister besser durchsetzen konnten, als diese ehrenwerten Südländer - wer hätte auch damit rechnen können?
Da dieser Prof ein Prof ist, muss angenommen werden, dass er das weiß, wenn er das so unterschlägt, unterstelle ich ihm politische Agitation und nicht gerade wissenschaftliche Aufklärung zum Sachverhalt.

Weiterhin tippe ich, dass der Sarahs Toyboy ist, alt genug wird er ja sein. :facepalm
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 25. April 2015, 19:22:03
ZitatFür die EZB ist die Sache deshalb klar: Die neue Regierung will selbst vermögenden Hausbesitzern etwas Gutes tun – auf Kosten der Allgemeinheit, denn die Banken werden sich die Verluste zum Beispiel durch höhere Kreditzinsen für alle wieder hereinholen, wenn sie säumige Schuldner nicht mehr belangen dürfen. In ihrem Kommentar zu dem Gesetzesentwurf schreibt die Notenbank deshalb, statt Gutverdiener zu schützen, solle sich Griechenland endlich um die Entwicklung eines "sozialen Sicherheitsnetzes" für die wirklich Bedürftigen kümmern.

Die neoliberale Troika wirft einer linksradikalen Regierung vor, eine Politik für die Reichen zu machen – auch das gehört zur Bilanz der ersten drei Monate von Alexis Tsipras.
http://www.zeit.de/2015/17/griechenland-symbolpolitik-reformen/komplettansicht
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wolleren am 13. Juni 2015, 14:22:48
Pläne für Griechenland, laut FAZ am 9.6. (Quellen: Griechische Regierung und Presseberichte in Griechenland, Finanzhaus Euroxx).

Instrumente für Haushaltskorrekturen
Gläubiger: Unabhängige Behörde für Steuereinnahmen, Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer durch Abschaffung des niedrigsten Steuersatzes und Abschaffung des Abschlages von 30 Prozent für griechische Inseln,  konsequente Einführung der 2010 und 012 vereinbarten Rentenreformen, Abschaffung von Subventionen für die Landwirtschaft; Preiskürzungen bei Arzneimitteln.
Regierung Tsipras: Politik gegen Steuerhinterziehung, Zuschlag zur Erhöhung der Einnahmen aus Körperschaftssteuer um ein Drittel oder 1 Milliarde Euro., Erhöhung des Steuerzuschlags für Reiche, Luxussteuer, Steuer auf Fernsehwerbung, Lizenzgebühren für Privatfernsehkanäle, Amnestieprogramme zur Eintreibung von Steuerschulden.

Mehrwertsteuer
Gläubiger:
Abschaffung des niedrigsten Mehrwertsteuersatzes von 6,5 Prozent für Medikamente, Bücher und Theater, ermäßigte Mehrwertsteuer von 11 für wenige ausgewählte Fälle wie Grundnahrungsmittel, Medikamente, Hotels und Restaurants, sonst weiterhin 23 Prozent.
Regierung Tsipras :
Senkung der bisherigen vergünstigten Mehrwertsteuersätze von 6,5 auf 6 Prozent, von 13 auf 11 Prozent für Presse, Nahrungsmittel, Wasser, Energie, Hotels und Restaurants, sonst 23 Prozent. Ende der Vergünstigungen für die Inseln von Oktober an.

Renten
Gläubiger:
Einführung der 2010 und 2012 vereinbarten Rentenreformen mit Rentenalter von mindestens 65 Jahren, mit wenigen Ausnahmen für belastende Tätigkeiten und beitragsbezogenen Renten mit demographischem Abschlag, sofortige Maßnahmen zur Verringerung der Frührenten, Abschaffung der mit Staatszuschuss finanzierten Zusatzrenten bis 2016, Deckelung der Rentenausgaben.
Regierung Tsipras :
Die im Wahlprogramm versprochene Wiedereinführung einer 13. Rentenzahlung wird verschoben. Keine Rentenkürzungen, kein Antasten bisher erworbener Rechte, Anreize zur Verringerung der Anträge auf Frühverrentung, Abbau der Rechte auf Frührente über die nächsten Jahre mit einem Mindestalter von 62 Jahren bis 2022, im kommenden Jahr bleibt das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 56,2 Jahren, Aufhebung der Null-Defizit-Klausel für Zusatzrenten.

Arbeitsmarkt
Gläubiger:
Keine Änderung am neuen System mit betrieblichen Lohnabsprachen, keine Erhöhung der Mindestlöhne, aber Konsultationen und Überprüfung im internationalen Vergleich.
Regierung Tsipras :
Wiedereinführung der mit den Reformen abgeschafften nationalen Tarifverträge. Bis Ende 2016 Erhöhung der Mindestlöhne auf das Niveau von 2010.

Privatisierung
Gläubiger:
Die staatliche Privatisierungsagentur muss den Abschluss der bisher eingeleiteten Privatisierungsprojekte fördern – darunter diejenigen von Regionalflughäfen, des Autobahnbetreibers Egnatia, des Zugunternehmens Trainose, der Häfen von Patras und Thessaloniki, von mindestens einem Teil der Stromerzeugung sowie des Geländes des ehemaligen Flughafens Hellinikon. Die letzten Vereinbarungen mit der Troika fordern von 2015 bis 2020 Privatisierungserlöse von 18,2 Milliarden Euro.
Regierung Tsipras :
Privatisierungseinnahmen 2015 und 2016 insgesamt 3,2 Milliarden Euro, vor allem aus Häfen, Gasnetz und Regionalflughäfen, bisherige Verträge sollen modifiziert werden und auch für die Zukunft Staatsbeteiligung und Mitspracherechte lokaler Gemeinschaften einschließen, Ende jeglicher Privatisierungspläne für den bisherigen Strommonopolisten, Privatisierungserlös 2017 bis 2019 von 2,1 Milliarden Euro, nach 2020 noch einmal 10,8 Milliarden Euro.

Schuldenfinanzierung
Gläubiger:
Einhaltung der bisherigen Vereinbarungen für Umschuldung und Sanierung Griechenlands von 2010 und 2012, mit möglichst wenigen Modifikationen, bis zum Ablauf des Programms im Juni 2015. Wenn es darüber zu einer Einigung kommt, eventuell Verhandlungen über weitere Finanzierungs- und Reformpakete in einem zweiten Schritt.
Regierung Tsipras :
Umschuldung der Verbindlichkeiten von 27 Milliarden Euro gegenüber der EZB mit Geld aus dem Rettungsfonds ESM, Nutzung der Erstattung von Gewinnen mit griechischen Staatstiteln zur vorzeitigen Rückzahlung der Hälfte der IWF-Verbindlichkeiten, EZB soll Griechenland in das Kaufprogramm für Staatstitel ,,QE" aufnehmen, Rückkehr Griechenlands an die Finanzmärkte ab 2016.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 13. Juni 2015, 15:41:26
ZitatRenten
Gläubiger:
Einführung der 2010 und 2012 vereinbarten Rentenreformen mit Rentenalter von mindestens 65 Jahren, mit wenigen Ausnahmen für belastende Tätigkeiten und beitragsbezogenen Renten mit demographischem Abschlag, sofortige Maßnahmen zur Verringerung der Frührenten, Abschaffung der mit Staatszuschuss finanzierten Zusatzrenten bis 2016, Deckelung der Rentenausgaben.
Regierung Tsipras :
Die im Wahlprogramm versprochene Wiedereinführung einer 13. Rentenzahlung wird verschoben. Keine Rentenkürzungen, kein Antasten bisher erworbener Rechte, Anreize zur Verringerung der Anträge auf Frühverrentung, Abbau der Rechte auf Frührente über die nächsten Jahre mit einem Mindestalter von 62 Jahren bis 2022, im kommenden Jahr bleibt das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 56,2 Jahren, Aufhebung der Null-Defizit-Klausel für Zusatzrenten.

Arbeitsmarkt
Gläubiger:
Keine Änderung am neuen System mit betrieblichen Lohnabsprachen, keine Erhöhung der Mindestlöhne, aber Konsultationen und Überprüfung im internationalen Vergleich.
Regierung Tsipras :
Wiedereinführung der mit den Reformen abgeschafften nationalen Tarifverträge. Bis Ende 2016 Erhöhung der Mindestlöhne auf das Niveau von 2010.

In so etwas steckt der Wille, das als Sozialstaat getarnte Prinzip des Wahlgeschenkestaates zu perpetuieren. Genau das ist der rabulistische Trick der Leute um Tsipras. Kein Mensch hat sich soziale Gedanken gemacht, als das 15. Jahresgehalt für Eisenbahnbedienstete eingeführt wurde, kein sozialer Gesichtspunkt stand je hinter der Erschwerniszulage für Rundfunksprecher und Friseure. Mit solchen Mätzchen wurden Stimmen geködert auf Kosten der öffentlichen Finanzen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 13. Juni 2015, 16:17:50
Hinsichtlich der diversen öffentlich kolportierten "Zahlen" zur Rentensituation in Griechenland ist die Lage tatsächlich um Größenordnungen komplizierter zu ermitteln und darzustellen. Das gilt mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit auch für alle anderen Bereiche. Speziell Springer-getriggerte Konsumenten (Welt, Bild...), aber auch FAZler (da ist es noch komplizierter, weil in ein und derselben Ausgabe, manchmal auf ein und derselben Seite, zur selben Sache unvereinbare Darstellungen stehen), müssen hinsichtlich genannter Zahlen sehr skeptisch bleiben.

Siehe hierzu neben vielen anderen Darstellungsalternativen:

Bildblog v. 11.6.2015 - "Dirk Hoerens verrenkte Rentenrechnung (http://www.bildblog.de/65694/dirk-hoerens-verrenkte-rentenrechnung/)"

und

Bildblog v. 12.6.2015 - " 'FAZ' verkalkuliert sich beim unkalkulierbaren Griechen-Risiko (http://www.bildblog.de/65848/faz-verkalkuliert-sich-beim-unkalkulierbaren-griechen-risiko/)" (in dem auch auf den Text einen Tag zuvor verlinkt wird, weil dort die diversen Probleme der Zahlennennungen schon [teilweise] genannt waren)

Teaser aus Blogbeitrag v. 12.6.:
ZitatZusammengefasst: Die 56,3 Jahre, die die ,,FAZ" als geplantes ,,durchschnittliches Renteneintrittsalter" Griechenlands verkauft, beziehen sich nicht auf alle Griechen, sondern nur auf Angestellte im öffentlichen Dienst. Das steht so auch in einer Tabelle (Rententräger ,,PS Δημóσιο") der ,,Vorlage für die Reformpartner" (PDF), auf die sich die ,,FAZ" beruft. Hätte die Redaktion vier Spalten weiter rechts geguckt, hätte sie gesehen, dass das gleiche Papier das für 2016 geplante Renteneinstiegsalter für Angestellte in der griechischen Privatwirtschaft (Rententräger ,,IKA-ETAM") mit 60,6 Jahren angibt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 13. Juni 2015, 16:58:47
Zitat von: ajki am 13. Juni 2015, 16:17:50
Siehe hierzu neben vielen anderen Darstellungsalternativen:

Statista sagt auch wieder was anderes:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/173132/umfrage/renteneintrittsalter-in-europa/ (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/173132/umfrage/renteneintrittsalter-in-europa/)

Aber das sind doch Marginalien.
Griechenland spielt Schach, die anderen Halma. Oder umgekehrt. Solange man sich nicht auf ein Spiel einigt oder gemeinsame Regeln für ein neues Spiel macht, ist doch alles für die Katz.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 14. Juni 2015, 08:26:19
Zitat von: Groucho am 13. Juni 2015, 16:58:47
Aber das sind doch Marginalien.

Ja, find' ich auch. (Obwohl die Beweislage für den Kampagnenjournalismus der Springerblätter "gegen Griechenland" mittlerweile so erdrückend ist, dass man diesen spezifischen Teil der Hetzerei schon aus dem Marginalisierbaren herausnehmen sollte hin zu einem eigenständigen Problem, finde ich)

Für jeden Bürger in Europa ist ja von Anfang an - vor mittlerweile auch schon wieder 6 Jahren - klar vor Augen gestanden, dass das "griechische Problem" im EU-Gesamtkontext selber vollkommen marginal ist. Die Summen, um die es da geht und das Völklein, das da vor sich hin wurschtelt, ist so dermaßen zweiprozentig oder weniger, daß der ganze jahrelange Ärger für alle Beteiligten sich noch nicht mal im Ansatz lohnt/e. Verständlich wird das *nur und ausschließlich*, wenn man die leidige Angelegenheit als "Exempel"-Situation begreift - mit den "Dammbruch"-Angsthabern als Erregungsmasse.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 14. Juni 2015, 12:19:16
Zitat von: ajki am 14. Juni 2015, 08:26:19
Zitat von: Groucho am 13. Juni 2015, 16:58:47
Aber das sind doch Marginalien.

Ja, find' ich auch. (Obwohl die Beweislage für den Kampagnenjournalismus der Springerblätter "gegen Griechenland" mittlerweile so erdrückend ist, dass man diesen spezifischen Teil der Hetzerei schon aus dem Marginalisierbaren herausnehmen sollte hin zu einem eigenständigen Problem, finde ich)

Ist es ein Problem, dass der Analyse lohnt? Die seehofern halt.

Zitat
Für jeden Bürger in Europa ist ja von Anfang an - vor mittlerweile auch schon wieder 6 Jahren - klar vor Augen gestanden, dass das "griechische Problem" im EU-Gesamtkontext selber vollkommen marginal ist.

Wirtschaftskraft ähnlich Hessen, las ich mal.

Zitat
Die Summen, um die es da geht und das Völklein, das da vor sich hin wurschtelt, ist so dermaßen zweiprozentig oder weniger, daß der ganze jahrelange Ärger für alle Beteiligten sich noch nicht mal im Ansatz lohnt/e. Verständlich wird das *nur und ausschließlich*, wenn man die leidige Angelegenheit als "Exempel"-Situation begreift - mit den "Dammbruch"-Angsthabern als Erregungsmasse.

Es wird mit Sicherheit für einige Institutionen und Mitgliedsländer auch recht positive Nebenwirkungen und Rechtfertigungsmöglichkeiten bieten, sag ich mal, ohne groß weiter durchzublicken. Aber anders lässt sich das kaum erklären.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 18. Juni 2015, 16:56:32
ZitatGerettet! Griechenland gründet "Bad Greece", in das alle Schulden ausgelagert werden

Athen (dpo) - Griechenland ist gerettet! Durch ein überraschendes finanzpolitisches Manöver ist es der Regierung in Athen gelungen, auf einen Schlag sämtliche Schulden loszuwerden. Mit der Auslagerung der Staatsschulden in ein neugegründetes "Bad Greece" (Kακή Ελλάδα) ist das Mittelmeerland mit einem Schlag saniert.

"Wir haben uns daran erinnert, wie damals ab 2007 die in die Krise geratenen Banken ihre Probleme gelöst haben", erklärt der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras seinen Husarenstreich. "Die haben schlicht Bad Banks gegründet und somit die Risiken ausgelagert."
Überall in Griechenland wird die Rettung gefeiert – außer auf Zakynthos natürlich.
Nach dem gleichen Konzept wird laut Tsipras mit sofortiger Wirkung die ionische Insel Zakynthos zum eigenen Staat "Bad Greece" erklärt und von Griechenland unabhängig gemacht – zuvor werden alle über 300 Milliarden Euro Schulden Griechenlands an Zakynthos übertragen.
Quelle (http://www.der-postillon.com/2015/06/gerettet-griechenland-grundet-bad.html)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 20. Juni 2015, 06:38:10
Na ja, mal sehen wie es bis zum Monatsende weiter geht. Offenbar hat man wohl kein Problem mehr mit einem Ausstieg Griechenlands. Ich frage mich, ob dann Spanien, Portugal etc. dann gleich hinterher springen....
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 20. Juni 2015, 10:55:20
Zitat von: Scipio am 20. Juni 2015, 06:38:10
Na ja, mal sehen wie es bis zum Monatsende weiter geht. Offenbar hat man wohl kein Problem mehr mit einem Ausstieg Griechenlands. Ich frage mich, ob dann Spanien, Portugal etc. dann gleich hinterher springen....

Warum sollten sie. Die Griechen wollen doch auch nicht, die müssen nur, weil sie halt im Gegensatz zu den anderen keinerlei Absicht haben, ihre Staatsruine sanieren zu wollen.

Ankündigung von Dominoeffekten und EU-Untergang sind halt Teil des Spieles, dass der Herr Spieletheoretiker zu beherrschen meint. Dabei hat er wohl eine Grundregel vergessen: Drohungen wirken nur, solange sie glaubhaft sind.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 20. Juni 2015, 11:21:26
Zitat von: Groucho am 20. Juni 2015, 10:55:20
der Herr Spieletheoretiker

Manchmal denk ich, Varoufakis fährt ganz stumpf sowas Ähnliches wie die Reichsbürgermasche, auf den baldigen Zusammenbruch des (kapitalistischen)"Systems" spekulieren, mit Sabotage selber n bißchen in die Richtung drücken, nach Crash auf komplett unbelasteten Neuanfang hoffen.

Immerhin isser radikaler Linker, wär auch ne Erklärung dafür, warum schon mehrere Verhandlungspartner komplettes Unverständnis über seine Taktik geäussert haben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 20. Juni 2015, 11:23:32
Hat nur am Rande mit Griechenland zu tun, aber erklärt Muttis stures Beharren auf dem Rettungskurs:

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/merkel_rennt_im_mantel_der_geschichte_in_die_sackgasse
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 20. Juni 2015, 11:32:23
Zitat von: RächerDerVerderbten am 20. Juni 2015, 11:21:26
Immerhin isser radikaler Linker, wär auch ne Erklärung dafür, warum schon mehrere Verhandlungspartner komplettes Unverständnis über seine Taktik geäussert haben.

Das Schlimmste, was linken Theoretikern seiner Art geschehen kann ist, dass sie an die Macht kommen. Gibt meist fette Bauchlandungen in der Realität.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 20. Juni 2015, 13:14:22
 :rofl
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: duester am 20. Juni 2015, 13:31:55
Zitat von: RächerDerVerderbten am 20. Juni 2015, 11:21:26
Zitat von: Groucho am 20. Juni 2015, 10:55:20
der Herr Spieletheoretiker

Manchmal denk ich, Varoufakis fährt ganz stumpf sowas Ähnliches wie die Reichsbürgermasche, auf den baldigen Zusammenbruch des (kapitalistischen)"Systems" spekulieren, mit Sabotage selber n bißchen in die Richtung drücken, nach Crash auf komplett unbelasteten Neuanfang hoffen.

Immerhin isser radikaler Linker, wär auch ne Erklärung dafür, warum schon mehrere Verhandlungspartner komplettes Unverständnis über seine Taktik geäussert haben.

Ich wünschte, der wäre so strategisch unterwegs, weil der "unbelastete Neuanfang" zumindestens mal 'ne Perspektive wäre. Diese jahrelange Hängepartie zerstört doch jedes Vertrauen in Politik und Wirtschaft -  eine Politikergeneration, die den Karren mal ordentlich vor die Wand fährt und dann die politischen Konsequenzen trägt, würde zwar ein persönliches Opfer bringen, dem Land aber vielleicht nützen (s. Argentinien: ein Präsident, der "nur" den Staatsbankrott erklärt hat, aber so den Weg frei für die Abwertung der heimischen Währung und die wirtschaftliche Erholung gemacht hat). Bei V. scheint mir das eher wie professorale Hybris und krankhafter Narzissmus: Wenn man sich eigentlich mit den viel komplexeren Fragen der wissenschaftlichen (... ähem ...)  VWL  befasst, dann erscheint die "echte" Politik simpel gestrickt und grobschlächtig. Und anstatt die Grenzen der eigenen Fähigkeiten anzuerkennen (insbesondere im Hinblick auf das rational-/political-dilemma) stolpert sich Varoufakis von Fettnapf zu Fremdschämen und wieder zu Fettnapf - einfach, weil er es nicht besser kann. Auch wenn er von links kommt, der ist nicht gegen die klassische VWLer-Krankheit ("... aber ich dachte, die wären alle rational!") gefeit. Typische déformation professionelle.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 20. Juni 2015, 14:19:18
Zitat von: duester am 20. Juni 2015, 13:31:55
-  eine Politikergeneration, die den Karren mal ordentlich vor die Wand fährt und dann die politischen Konsequenzen trägt, würde zwar ein persönliches Opfer bringen, dem Land aber vielleicht nützen (s. Argentinien: ein Präsident, der "nur" den Staatsbankrott erklärt hat, aber so den Weg frei für die Abwertung der heimischen Währung und die wirtschaftliche Erholung gemacht hat).

In Griechenland geht halt das Problem tiefer, da gab es seit dem WKII immer nur Klans, die den Staat als reine Bereicherungsmaschine gesehen haben. Die ganzen diskutierten Maßnahmen, ob Austerität oder mehr Keynes etc. sind völlig obsolet. Einen Beinbruch heilt man nicht mit Herzmedikamenten.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 20. Juni 2015, 16:17:45
Momentan siehts eher nach Gnadenschuss aus.  ::)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 20. Juni 2015, 16:37:08
Zitat von: Sauropode am 20. Juni 2015, 16:17:45
Momentan siehts eher nach Gnadenschuss aus.  ::)

Naja, Otto Normalgrieche wusste sich zwangsläufig schon immer zu helfen. So richtig böses Erwachen wird es wohl für die (nicht ganz) Oberschicht geben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 22. Juni 2015, 13:56:06
Zitat von: Groucho am 20. Juni 2015, 14:19:18
Zitat von: duester am 20. Juni 2015, 13:31:55
-  eine Politikergeneration, die den Karren mal ordentlich vor die Wand fährt und dann die politischen Konsequenzen trägt, würde zwar ein persönliches Opfer bringen, dem Land aber vielleicht nützen (s. Argentinien: ein Präsident, der "nur" den Staatsbankrott erklärt hat, aber so den Weg frei für die Abwertung der heimischen Währung und die wirtschaftliche Erholung gemacht hat).

In Griechenland geht halt das Problem tiefer, da gab es seit dem WKII immer nur Klans, die den Staat als reine Bereicherungsmaschine gesehen haben. Die ganzen diskutierten Maßnahmen, ob Austerität oder mehr Keynes etc. sind völlig obsolet. Einen Beinbruch heilt man nicht mit Herzmedikamenten.

Filz zu beseitigen ist immer schwierig.

Zitat von: Sauropode am 20. Juni 2015, 16:17:45
Momentan siehts eher nach Gnadenschuss aus.  ::)

Sehe ich auch so. Ich frage mich allerdings, was sich die Verhandlungspartner auf der, ich nenne sie mal nichtgriechischen, Seite von ihrem handeln versprechen. Zur Problemlösung trägt es offenbar auch nicht bei. 
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:06:03
Angeblich soll man der Griechischen Regierung auch verboten haben an die ausländischen Schwarzgeldkonten ran zu gehen. Komplett überraschen würde es mich nicht, aber keine Ahnung ob es stimmt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:11:50
Zitat von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:06:03
Angeblich soll man der Griechischen Regierung auch verboten haben an die ausländischen Schwarzgeldkonten ran zu gehen. Komplett überraschen würde es mich nicht, aber keine Ahnung ob es stimmt.

Wer sagt denn sowas? Wer soll/kann sowas verbieten?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:24:12
Zitat von: Scipio am 22. Juni 2015, 13:56:06
Filz zu beseitigen ist immer schwierig.

Das geht viel tiefer.

ZitatSeit 1830, seit der Anerkennung seiner Souveränität, hat Griechenland keinen Überblick darüber, was sein ist. Größe und Wert seines Staatseigentums verlieren sich im Ungefähren. Es kennt nicht seinen Grund und Boden, nicht seine Küste, Berge, Seen, nicht seine Gebäude und auch nicht seinen Wald, obgleich die Verfassung ein Waldkataster vorschreibt. Es weiß nicht, wo sein Eigentum beginnt und wo es endet. Immer wieder wurde versucht, das Land zu kartografieren. Man vermaß Ländereien, Weinfelder, ein paar Waldgebiete. Aber immer wieder stockte die Arbeit und blieb liegen. Einzig auf den Dodekanes gibt es ein Kataster. Die Inseln waren in italienischer Hand. Die Geschichte des griechischen Katasterwesens ist die Geschichte eines Staates, der geformt wurde von Abertausenden Einzelinteressen, die sich wie Bäche zu einem Mahlstrom vereinten und alles mit sich rissen, was auf dem Weg lag.

ZitatDer neue, nach französischem Vorbild zentralisierte Staatsapparat und die importierten Ideen der Aufklärung waren nicht kompatibel mit dem jahrhundertealten Verständnis von Machtausübung und patriarchalem Klientelwesen der Bürger. Griechenland ist Heimat, Stolz, Identifikation. Der neue Staat dagegen ist ein aufoktroyiertes Konstrukt der Großmächte, des Westens, dem man schon seit Byzanz misstraut. So wurde aus dem neuen Griechenland fremdes Territorium, das man als Eroberer in der Gestalt eines Sekretärs, Bürgermeisters, Ministers betritt, es plündert und die Beute in den sicheren Hafen der Familie bringt. Ein Modus vivendi, der noch heute gilt.

lesenswert:

http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211 (http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:36:09
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:11:50
Zitat von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:06:03
Angeblich soll man der Griechischen Regierung auch verboten haben an die ausländischen Schwarzgeldkonten ran zu gehen. Komplett überraschen würde es mich nicht, aber keine Ahnung ob es stimmt.

Wer sagt denn sowas? Wer soll/kann sowas verbieten?

Olle Varoufakis hatte das gestern in einem Interview auf Phoenix gesagt. Er meinte man würde denn die Verhandlungen platzen lassen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:55:01
Zitat von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:36:09
Olle Varoufakis hatte das gestern in einem Interview auf Phoenix gesagt.

Die Ausreden werden auch immer blöder.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 07:51:02
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:24:12
Zitat von: Scipio am 22. Juni 2015, 13:56:06
Filz zu beseitigen ist immer schwierig.

Das geht viel tiefer.

ZitatSeit 1830, seit der Anerkennung seiner Souveränität, hat Griechenland keinen Überblick darüber, was sein ist. Größe und Wert seines Staatseigentums verlieren sich im Ungefähren. Es kennt nicht seinen Grund und Boden, nicht seine Küste, Berge, Seen, nicht seine Gebäude und auch nicht seinen Wald, obgleich die Verfassung ein Waldkataster vorschreibt. Es weiß nicht, wo sein Eigentum beginnt und wo es endet. Immer wieder wurde versucht, das Land zu kartografieren. Man vermaß Ländereien, Weinfelder, ein paar Waldgebiete. Aber immer wieder stockte die Arbeit und blieb liegen. Einzig auf den Dodekanes gibt es ein Kataster. Die Inseln waren in italienischer Hand. Die Geschichte des griechischen Katasterwesens ist die Geschichte eines Staates, der geformt wurde von Abertausenden Einzelinteressen, die sich wie Bäche zu einem Mahlstrom vereinten und alles mit sich rissen, was auf dem Weg lag.

ZitatDer neue, nach französischem Vorbild zentralisierte Staatsapparat und die importierten Ideen der Aufklärung waren nicht kompatibel mit dem jahrhundertealten Verständnis von Machtausübung und patriarchalem Klientelwesen der Bürger. Griechenland ist Heimat, Stolz, Identifikation. Der neue Staat dagegen ist ein aufoktroyiertes Konstrukt der Großmächte, des Westens, dem man schon seit Byzanz misstraut. So wurde aus dem neuen Griechenland fremdes Territorium, das man als Eroberer in der Gestalt eines Sekretärs, Bürgermeisters, Ministers betritt, es plündert und die Beute in den sicheren Hafen der Familie bringt. Ein Modus vivendi, der noch heute gilt.

lesenswert:

http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211 (http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211)

Ich rege ein internationales Hilfprojekt "Beamte ohne Grenzen" an. :grins
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 23. Juni 2015, 09:36:10
ZitatDer neue, nach französischem Vorbild zentralisierte Staatsapparat und die importierten Ideen der Aufklärung waren nicht kompatibel mit dem jahrhundertealten Verständnis von Machtausübung und patriarchalem Klientelwesen der Bürger. Griechenland ist Heimat, Stolz, Identifikation. Der neue Staat dagegen ist ein aufoktroyiertes Konstrukt der Großmächte, des Westens, dem man schon seit Byzanz misstraut. So wurde aus dem neuen Griechenland fremdes Territorium, das man als Eroberer in der Gestalt eines Sekretärs, Bürgermeisters, Ministers betritt, es plündert und die Beute in den sicheren Hafen der Familie bringt. Ein Modus vivendi, der noch heute gilt.

So beschreibt man gerne die Ursachen für das Scheitern von Drittweltstaaten, die von Kolonialherren mit dem Lineal umrissen wurden.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 23. Juni 2015, 09:39:18
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:11:50
Zitat von: Scipio am 23. Juni 2015, 06:06:03
Angeblich soll man der Griechischen Regierung auch verboten haben an die ausländischen Schwarzgeldkonten ran zu gehen. Komplett überraschen würde es mich nicht, aber keine Ahnung ob es stimmt.

Wer sagt denn sowas? Wer soll/kann sowas verbieten?

Ich könnte mir den einen oder anderen denken, der da signalisiert: wenn Ihr auf die Idee kommt, meinen Zaster anzutasten, mache ich Euch sowas von die Hölle heiß,  dass Ihr Euch wünscht, niemals gewählt worden zu sein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 10:02:00
Zitat von: Typee am 23. Juni 2015, 09:39:18
Ich könnte mir den einen oder anderen denken, der da signalisiert: wenn Ihr auf die Idee kommt, meinen Zaster anzutasten, mache ich Euch sowas von die Hölle heiß,  dass Ihr Euch wünscht, niemals gewählt worden zu sein.

Ja, das ist freilich vorstellbar. Inoffiziell natürlich. Das klang aber so, als wäre das irgendeine offizielle Ansage.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 23. Juni 2015, 10:04:33
Zitat von: Typee am 23. Juni 2015, 09:36:10
ZitatDer neue, nach französischem Vorbild zentralisierte Staatsapparat und die importierten Ideen der Aufklärung waren nicht kompatibel mit dem jahrhundertealten Verständnis von Machtausübung und patriarchalem Klientelwesen der Bürger. Griechenland ist Heimat, Stolz, Identifikation. Der neue Staat dagegen ist ein aufoktroyiertes Konstrukt der Großmächte, des Westens, dem man schon seit Byzanz misstraut. So wurde aus dem neuen Griechenland fremdes Territorium, das man als Eroberer in der Gestalt eines Sekretärs, Bürgermeisters, Ministers betritt, es plündert und die Beute in den sicheren Hafen der Familie bringt. Ein Modus vivendi, der noch heute gilt.

So beschreibt man gerne die Ursachen für das Scheitern von Drittweltstaaten, die von Kolonialherren mit dem Lineal umrissen wurden.

Und die Probleme der arabischen Welt, die an der Umstellung eines patriarchalischen Familien/ Clansystems, auf einen Staat westlicher Organisationsformen gescheitert sind.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 23. Juni 2015, 10:49:23
ZitatKurz vor dem Sondergipfel zur Griechenland-Krise glaubt der griechische Finanzminister offenbar an einen letzten Trumpf: Athen erklärt seine Schulden für illegal.
(...)
Im Februar dieses Jahres bot Ecuador den Griechen Hilfe im Schuldenstreit an.
(...)
Einiges aber spricht dafür, dass Varoufakis die Argumentation des Ausschussberichts als letzte Karte ziehen könnte, wenn es dereinst darum geht, zu rechtfertigen, warum Griechenland den Schuldendienst einstellt. Die Maßnahmen, die er seit Beginn seiner Amtszeit stoisch in den Sitzungen der Euro-Gruppe vorschlägt, etwa der "Schuldentausch" zu günstigeren Konditionen für Griechenland, ähneln dem ecuadorianischen Präzedenzfall. Auch die Forderung nach einer "ehrenvollen Einigung" könnte aus Lateinamerika stammen.
(...)
Die Griechen haben wenig anderes zu bieten als Oliven und Sonne

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-varoufakis-kreuzzug-1.2530549

Langsam vermute ich, man hat Griechenland nur aus folkloristischen Gründen in die EU geholt, das ganze Elend muß doch schon vorher abzusehen gewesen sein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 23. Juni 2015, 11:05:43
Aus letzterem:

ZitatVergangene Woche erklärte ein Ausschuss des Parlaments in Athen die griechischen Schulden für illegal, illegitim und sogar schändlich. Viele Maßnahmen, die Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Zentralbank und EU als Gegenleistung für Kredite verlangten, verstießen gegen die Verfassung Griechenlands, die Reformvorgaben verletzten die Menschenrechte.

Als ich davon hörte, hatte ich unwillkürlich mit dem Einmarsch griechischer Truppen in Brüssel gerechnet.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 11:32:05
Also, das ist schon ein raffinierter Schachzug. "Wir würden ja gerne die Schulden zurückzahlen, aber sie sind illegal, und dass wir gegen das Gesetz verstoßen, kann niemand von uns verlangen!"
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 11:50:00
Zitatdie griechischen Schulden für illegal, illegitim und sogar schändlich.

Stimmt doch.  :kaffee

Sie verstoßen gegen die Maastricht-Verträge und sind eine Schande für Griechenland.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Omikronn am 23. Juni 2015, 12:19:14
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 06:24:12
Zitat von: Scipio am 22. Juni 2015, 13:56:06
Filz zu beseitigen ist immer schwierig.

Das geht viel tiefer.

ZitatSeit 1830, seit der Anerkennung seiner Souveränität, hat Griechenland keinen Überblick darüber, was sein ist. Größe und Wert seines Staatseigentums verlieren sich im Ungefähren. Es kennt nicht seinen Grund und Boden, nicht seine Küste, Berge, Seen, nicht seine Gebäude und auch nicht seinen Wald, obgleich die Verfassung ein Waldkataster vorschreibt. Es weiß nicht, wo sein Eigentum beginnt und wo es endet. Immer wieder wurde versucht, das Land zu kartografieren. Man vermaß Ländereien, Weinfelder, ein paar Waldgebiete. Aber immer wieder stockte die Arbeit und blieb liegen. Einzig auf den Dodekanes gibt es ein Kataster. Die Inseln waren in italienischer Hand. Die Geschichte des griechischen Katasterwesens ist die Geschichte eines Staates, der geformt wurde von Abertausenden Einzelinteressen, die sich wie Bäche zu einem Mahlstrom vereinten und alles mit sich rissen, was auf dem Weg lag.

ZitatDer neue, nach französischem Vorbild zentralisierte Staatsapparat und die importierten Ideen der Aufklärung waren nicht kompatibel mit dem jahrhundertealten Verständnis von Machtausübung und patriarchalem Klientelwesen der Bürger. Griechenland ist Heimat, Stolz, Identifikation. Der neue Staat dagegen ist ein aufoktroyiertes Konstrukt der Großmächte, des Westens, dem man schon seit Byzanz misstraut. So wurde aus dem neuen Griechenland fremdes Territorium, das man als Eroberer in der Gestalt eines Sekretärs, Bürgermeisters, Ministers betritt, es plündert und die Beute in den sicheren Hafen der Familie bringt. Ein Modus vivendi, der noch heute gilt.

lesenswert:

http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211 (http://www.cicero.de/weltbuehne/auf-der-suche-nach-dem-katasteramt/52211)
Sehr lesenwert. Aus meiner Sicht erklärt es auch das Bild das sich mir bot als ich vor ca. 3 Jahren für ein geschäftliches Wochendende in Athen war. Die ganze Stadt ist eine Baustelle, oder besser ein Häusermeer welches zu drei viertel aus halbfertigen Gebäuden besteht. Man erkennt häufig auch nicht wann eine Baustelle anfängt oder endet, es kann z.B. sein dass man mit dem Auto auf einer strasse fährt und plötzlich in einer Baustelle endet. Wenn man auf's Umland der Stadt rausfährt sieht man auch nahezu keinen einzigen Baum der in der Wildnis rumsteht, es sieht grösstenteils aus wie in einer Wüste.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 23. Juni 2015, 12:53:24
ZitatWenn man auf's Umland der Stadt rausfährt sieht man auch nahezu keinen einzigen Baum der in der Wildnis rumsteht, es sieht grösstenteils aus wie in einer Wüste.

Brandrodung. Vielleicht will der Kubaros vom Enkel dort ja mal bauen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 23. Juni 2015, 13:16:37
ZitatGnadenschuss
...
ZitatOttonormalgrieche wusste sich immer zu helfen
...

habt ihr noch mehr Bildzeitungs-Folklore auf Lager?

ansonsten:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/europa-sand-im-getriebe-1.2532119
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 13:24:38
LOL, auf den mossmannschen Moralinzeigefinger hab ich gewartet.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 13:31:31
Das ist nur eine Seite des Ganzen:

ZitatHier sprach jemand, der erfahren hatte, dass das Gerangel hinter verschlossenen Türen zwischen Regierungschefs, die nur an ihre nationale Wählerklientel denken, nicht ausreicht, um zu notwendigen fiskal-, wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidungen zu gelangen.

Wo aber geht das Geld aus den Notkrediten hin? Auch Merkels Schuld?

Ich verweise nur ungerne auf diesen Rabulistiker-Monolog, aber irgendwie ist das auch was Wahres dran: http://forum.oekotest.de/cgi-bin/YaBB.pl?num=1337768600/1273#1273
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 14:19:23
Zitat von: mossmann am 23. Juni 2015, 13:16:37
ZitatGnadenschuss
...
ZitatOttonormalgrieche wusste sich immer zu helfen
...

habt ihr noch mehr Bildzeitungs-Folklore auf Lager?

ansonsten:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/europa-sand-im-getriebe-1.2532119

Und Habermas betreibt keine Folklore? Da steht zwar sicher viel Richtiges, geht aber trotzdem komplett am Thema vorbei.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 23. Juni 2015, 16:06:28
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 14:19:23
geht aber trotzdem komplett am Thema vorbei.

Hm.

Was ist denn das Thema?

Hier oben drüben steht "Griechenland". Man darf wohl berechtigt davon ausgehen, dass es um das Detailproblem "griechische Staatsschuldenkrise" (edit: und zwar im Zusammenhang mit der EU-Schuldenproblematik infolge der bekannt unzureichend ausgestalteten "Währungsunion" ohne andere "Unionen") geht - ansonsten müßte man ja in diesem Ausufer-thread schon wesentlich mehr über alle möglichen Folklore-Dinge wie den Niedergang des professionellen Fußballbetriebes nach Rehakels gelesen haben (oder die Schönheit des Dingsbums, die Leckerheit des Käses usw.).

*Nicht* davon auszugehen wäre, dass es hier um ein einvernehmliches Fortführen des allgemeinen "die miesen griechen..."-Bashings geht. *Das* wäre wohl höchst eindeutig psiram-unangemessen(st).
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juni 2015, 17:26:05
Zitat von: ajki am 23. Juni 2015, 16:06:28
*Nicht* davon auszugehen wäre, dass es hier um ein einvernehmliches Fortführen des allgemeinen "die miesen griechen..."-Bashings geht. *Das* wäre wohl höchst eindeutig psiram-unangemessen(st).

Mit Sicherheit nicht. Selbst versuche ich sogar, mich einer Wertung zu enthalten, stelle einfach nur fest, dass die Systeme so nicht zusammengehen. Das meine ich mit am Thema vorbei. Es ist eben müßig, großartig über je nach VW-Lehre die Maßnahmen zu diskutieren (Austerität oder nicht etc.), weil nichts davon funktionieren wird.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 18:06:36
Bzw. zuerst alle Facetten beleuchten:

http://www.deutschlandradiokultur.de/armut-die-erschuettert-arbeitslose-griechen.1013.de.html?dram:article_id=308378

Das Wort "bashing" ist auch zu wertend angesichts des Eiertanzes, der zur Zeit abläuft. Ändert man mit Verhandlungen und Herummanövrien die Lage?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 23. Juni 2015, 19:06:56
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 17:26:05
... dass die Systeme so nicht zusammengehen.

Ist das so?

Wenn in Köln-Müngersdorf ein Strässchen, ein Brückchen, ein sonstwas gebaut werden will/soll von den braven Stadtoberen, dann läuft das ungefähr so: 10% EU, 7% irgendwelche Titel aus Töpfen "regionaler Wirtschaftsföderung", + gesetzlich vorgeschriebene Bund-, Landes- und Kreismittel - unter der Vorraussetzung, dass sich der "Bauherr" in grob gleicher Höhe verpflichtet (In der Theorie: ...hat = "vorher" - in der Praxis: während des Auskartelns mit den diversen Institutionen). Damit kommen die braven Kämmerer auf irgendwas um die fuffzich, sechzig Prozent der ohnehin systemisch zu gering angesetzten Anschläge. Der Rest wird dann problemlos gehebelt über Kredite über *eigene* Finanzsysteme (KfW, Stadtsparkassen mit bekannten Vorständen, die immer noch! existierenden Landes(politiker)banken...). Winzig kleines Problemchen: *eigentlich* hat der stolze Kämmerer keinen einzigen Cent auf Tasche. Auch in 10 Jahren nicht. Also macht er mit seinem demokratisch und juristisch und verwaltungstechnisch und menschlich völlig gerechtfertigten Versprechen durch Unterschrift unter die die 20-30%-Bindung seiner Titel auf die Zukunft absolut *nichts* anderes als: "Abrakadabra!" Und ... puff! hat es ein schönes neues Haltestellenhäuschen bei einer defizitären Buslinie.

*Genau so* wie in Köln-Müngersdorf funktioniert das in der Ägäis. Da gibt's absolut keinen Unterschied der Systeme.

Der beklagte "Unterschied" liegt jeweils am *umgebenden* Framework. Theoretisch könnte eine seit Ewigkeiten vollbankrotte Kommune unter Finanzaufsicht durch entsprechende Regulierungen an allem möglichen gehindert werden (weshalb die Kämmerer durch alle möglichen durchaus auch illegale Tricks die Finanzaufsicht auch abwehren) - immerhin ist so ein Kommunchen ja eingebettet in allen möglichen anderen Kram. Wie gesagt: theoretisch.

Bei der EU läuft die Fiktion anders - dort vermeiden *alle* Mitglieder (allen voran selbstverständlich die "Grossen") Eingriffsmöglichkeiten von anderen, während natürlich die Kohle ebenso selbstverständlich gerne genommen wird. Also: gemeinsame Ausgaben (Währungsunion) - natürlich, toll, sofort. Aber: Fiskalunion? Regulierung? Haushaltskontolle? - ja, das könnte den Faschisten in Brüssel so passen, diesen Schweinen!

Das ist der bekannte Geburtsfehler der *politischen* Ebene der Währungsunion der Ära "Kohl" (aus dtsch. Sicht - bei den anderen heißt die Ära eben anders). Das wußten sie damals auch und haben sich seither in Symposien auch wortreichst beklagt über die Schwierigkeiten im Umgang mit schwierigen Bürgern.

Und das genau faßt z.B. Habermas in seinem Artikelchen zusammen. Das *politische* Versagen von Anno dunnemals bis hier und heute (+ die üblichen Ansagen zum failed public state in Griechenland... edt: seit den Wittelsbachern). Man kriegt so ein Mini-Kriselchen *nicht* geregelt, in dem man zwei, drei Mal im Jahr blödsinnige hektische Nullnummern absondert. Man kriegt sowas (theoretisch!) geregelt, indem man den Schwachsinn eben ... nuja, regelt. Auf politischer Ebene mit einer *Entscheidung*. Und es gibt nicht nur binäres Schuldenerlassen oder Grexit. Sowas ist dermaßen unter selbst Boulevard-Niveau, dass es selbst Bild-Zeitungsleser so verärgern müßte, was sie da ständig zu lesen bekommen, dass sie ihren Hetzerfreunden in der Redaktion ständig "dislikes" reinwürgen müßten.

(Hinzufügung: aus Bürgersicht - und das habe ich neulich schon mal angesprochen - gibt es für mich in Habermas' Artikelchen übrigens nur einen Satz, der mir in motivational aufklärerischer Hinsicht einen wertvollen Hinweis gibt - das ist der hier und er richtet sich an die Kolporteure, die nicht [mehr] fähig sind, die Probleme sauber darzustellen und sich auch gar nicht mehr die Mühe machen:
ZitatZur postdemokratischen Einschläferung der Öffentlichkeit trägt auch der Gestaltwandel der Presse zu einem betreuenden Journalismus bei, der sich Arm in Arm mit der politischen Klasse um das Wohlbefinden von Kunden kümmert.
)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 23. Juni 2015, 19:25:21
Zitat von: Sauropode am 23. Juni 2015, 18:06:36
Das Wort "bashing" ist auch zu wertend

Ich hab' das neulich schon mal angesprochen - die öffentliche Kolportage in der Bunzreplik ist mit dem Wort "bashing" *viel* zu freundlich beschrieben.

Dazu reicht als eindeutiger Beleg schon der simple Blick auf bildblog.de völlig aus (http://www.bildblog.de/search/griechenland/) - und das sind nur die Spitzen des Eisbergs.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 23. Juni 2015, 20:20:21
Das Manager-Magazin, kaum des übermäßigen Sozialmitleids verdächtig, plädierte in den letzten Tagen mehrmals für einen Schuldenschnitt. Das simple Argument: Jegliche sogenannte "Rettung"  sei keine Rettung auf Dauer, sondern bedeute nur, dem schlechten Geld noch gutes hinterherzuschmeißen. (Die Artikel sind jetzt weg, weil der Schuldenschnitt wohl kein Thema mehr ist.) Außerdem wird hier die aktuelle Situation imho sehr prägnent erklärt.

http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/zwoelf-gruende-fuer-die-gute-verhandlungsposition-griechenlands-a-1039876.html

Wichtigste Punkte: Mit Sparen kann man keine Pleite rückgängig machen. Und: Die Griechen können die Verhandlungen locker sehen, weil sie nichts zu verlieren haben. 
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 23. Juni 2015, 20:35:28
Zitat von: ajki am 23. Juni 2015, 19:25:21
Zitat von: Sauropode am 23. Juni 2015, 18:06:36
Das Wort "bashing" ist auch zu wertend

Ich hab' das neulich schon mal angesprochen - die öffentliche Kolportage in der Bunzreplik ist mit dem Wort "bashing" *viel* zu freundlich beschrieben.

Dazu reicht als eindeutiger Beleg schon der simple Blick auf bildblog.de völlig aus (http://www.bildblog.de/search/griechenland/) - und das sind nur die Spitzen des Eisbergs.

Die meinte ich damit nicht, weil DIESE Meinungsmache nicht als Informationsquelle zählt. Nur eben können selbst seriöse Medien die Vielschichtigkeit des Problems nicht bringen können. Das hat auch historische Ursachen, die sich wohl noch bis in die osmanische Zeit zurück verfolgen lassen (staatlichen Autoritäten misstrauen) bis hin zu den nationalen Interessen der anderen Euro-Länder. Deswegen verstehe ich nicht, warum ein Grexit so falsch sein soll, natürlich nur mit Schuldenschnitt. Damit ist die griechische Regierung wieder handlungsfähig.

Nebenbeii: Das, was die Troika angestellt hat (und nicht nur in GR), ist auch eine der Ursachen für das, in dem Zusammenhang verständliche, Handeln der Syriza
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 24. Juni 2015, 09:45:13
Zitat von: Sauropode am 23. Juni 2015, 20:35:28
1. ... weil DIESE Meinungsmache nicht ... zählt ... selbst seriöse Medien [können] die Vielschichtigkeit des Problems nicht bringen...

2. ... historische Ursachen ... die osmanische Zeit ...

3. ... warum ein Grexit so falsch sein soll, natürlich nur mit Schuldenschnitt. Damit ist die griechische Regierung wieder handlungsfähig.

4. Nebenbei: ...

(an sich will ich nur zu 2. etwas einbringen, aber wenn man schon mal dabei ist, kann man vielleicht auch noch was zu anderen Dingen anbringen)

zu 1: Zur Einordnung des Links: das ist ein Blog-interner Suchlink mit dem (einzigen) Stichwort "Griechenland". Der erfaßt bei weitem nicht alle veröffentlichten Links zum Thema (auf der ersten Seite fehlen mir schon vier oder fünf kürzliche), hat aber zurück bis 2009 schon 12/13 Seiten Snippets. Wenn man ein paar Seiten der Suche nur überschlägig überfliegt wird man leicht erkennen, dass *alle* Blätter und Medienformen betroffen sind - sehr wohl eben auch durchgängig alle "seriösen". Wenn "seriöse" Medien schon simple journalistische Basisleistungen tatsächlich nicht mehr bringen *können* (also aktuell z.B. etwa die schlichte Auflistung dessen, was denn die *Punkte* des Papiers der gr. Regierung genau sind und dann natürlich auch nicht, was *genau* die Antwort der Kommission darauf sein wird - und zwar, weil man oberhalb der Presseverlautbarung der EU [die eben genau diese Nullnummer ist] nichts beibringt) - dann sind sie im bürgerlichen Diskurs als Quellwissen untauglich geworden und müssen unberücksichtigt bleiben (vor allem in der Eigenzensur). Z.B. ist das Problem der Staatschuldenkrise(n) vor allem ein Problem der explodierten Zinssätze, die wieder unmittelbar auf das downrating auf Schrottniveau nach der allgemeinen Implosion der Finanzmärkte zurückgeht - heißt: die Kredite, die aufgenommen werden müssen um die Zinsen der mißlungenen staatlichen Kreditwetten auf eine nicht eingetretene Zukunft zu zahlen, können selber nicht bedient werden und die geldeinschießenden Institutionen der EU vergeben Notkredite für die Zinsleistung an sich selbst - sowas ist zwar einfach verrückt, aber anscheinend nicht einfach darzustellen, wird behauptet. *Das* kaufe ich nicht ab. Würde der simple Zusammenhang, der für die letzten fünf Jahre nach der Erstpanik gilt, als Grundtatbestand kommuniziert werden, wäre ein Moratorium schon von seiten der Kreditoren politisch völlig geboten - die Debitoren kommen dabei noch gar nicht ins Spiel (was eben kein neuer "haircut" oder "debt cut" wäre sondern simpler Verzicht auf Nonsense).

zu 2: Tja, die Adam/Eva-Klamotten. Von all' diesen grundstürzenden Einsichten + Klientelismus (als "Vorwurf" vor allem aus Sicht des korporatistisch verschränkten rheinischen Gabbidalismus kommend ist immer mit einem ganz besonderen Hautgout behaftet) + "Kafelaki" usw. gefällt mir persönlich immer noch am besten die erschütternde Wahrheit, dass "die Griechen" ja bekanntermaßen seinerzeit gelogen&bewußt betrogen haben bei den Maastricht-Kriterien und nienienie in den Euro hätten aufgenommen werden dürfen. Und das hat ja "damals" (inklusive Herrn Varoufakis) *jeder* gewußt und gesagt. Komisch, dass es trotzdem so gekommen ist mit der Aufnahme. Oder auch nicht, weil - wenn ich mich recht erinnere - praktisch alle außer dem schönen Staat Luxemburg eigentlich jeder die Latte gerissen hatte (je nachdem, wie man rechnete). Ganz und vor allem die BRD, die die Maastricht-Kriterien *bis heute* nicht erfüllt und (je nachdem, ob und wie die schicke neue Neuverschuldungs-Barriere auf Bundes-/Länderebene *tatsächlich* funktioniert) auf mindestens ein weiteres halbes Jahrzehnt nicht erfüllen würde. Aber das war ja was ganz anderes - hatte schon damals die offizielle Haltung verschiedener Regierungen aus rechts-mitte-rot-grünen-rot-schwarzen Koalitionen gelautet. Sagt Herr Schäuble auch heute noch mit großer, aber völlig unhinterfragter Sicherheit.

Was ich mit dieser spöttischen Sottise zum Ausdruck bringen möchte ist eine schlichte Einsicht: es ist total egal was früher war. Die staatlichen Wetten auf die Zukunft sind 2007 alle geplatzt und das ist es, was in den Griff bekommen werden muß. Und hierbei sind manche gleicher als die anderen Gleichen aus der Affäre gekommen. Und manche sind schon von ihren Voraussetzungen her den Casino-Wettspielchen gegen sie nicht gewachsen gewesen und werden es auch nie sein (drum die ungeheuerlichen Drohsummen des erweiterten ESB zur Abschreckung der Heuschrecken). Für solche schwachen Kandidaten muß eine heutige politische Lösung für die heutigen politischen Probleme her. Die ganzen alten Rauschebartgeschichten können sich die gewählten Verantwortungsträger in ihren Memoiren erzählen und dabei an die guten alten Zeiten denken.

zu 3: Das folgt aus 2. Egal was auch immer bei einem "Grexit" passiert (und es kann viel passieren): die Normalbürger (also die überwältigende Masse an sehr Armen, normal Armen und schon-ein-bißchen-nicht-mehr-Armen...) + die übliche Drittelmasse an Besitzbürgern in Griechenland wird auf mindestens eine ganze Generation lang (je nach Def. 25 oder 30 Jahre) zu zahlen haben. Die Schuldentitel der letzten Dutzend Jahre lauten auf Euro. Wenn eine eigenständige Gelddruckmaschine angeworfen wird, kann sich (vielleicht) der "Staat" aus seinen Obligationen herausmogeln und wieder handlungsfähig werden - aber die Entwertung wird trotzdem übertragen auf die Bürger. Also sowohl die Schuldentilgung in Euro heute als auch die mögliche Verlustübertragung auf den bürgerlichen Besitz über die Zeitachse ist unterm Strich absolut haargenau die gleiche Sache. Wobei die Abwertungsfolgen mit ihren vielen möglichen Seiteneffekten *bei weitem* weniger kalkulierbar ist als selbst CCC-Zinsen. Ein "Grexit" wird echte, zählbare und sichere Opfer haben. Und zwar viele.

zu 4: Das genau ist das Problem. Man kann keine Bürokraten, Techniker oder Experten irgendwohin schicken ohne ihnen vorzugeben, was sie tun / messen / regeln sollen. *Wenn* man das tut, bekommt man eine Wundertüte aus inkonsistenten Ergebnissen zurück. Wir Bürger beauftragen unsere Repräsentanten aber vertrauensvoll damit, die Vorgaben zu formulieren. Diesen Job haben sie hinsichtlich dieses Nichts an "Krise" nicht erfüllt und machen auch keine Anstalten, dies zu tun. Sprechblasen für vorgehaltene Mikrofone zählen nicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 24. Juni 2015, 10:18:07
Zitat von: ajki am 23. Juni 2015, 19:06:56
Zitat von: Groucho am 23. Juni 2015, 17:26:05
... dass die Systeme so nicht zusammengehen.

Ist das so?

Wenn in Köln-Müngersdorf ein Strässchen, ein Brückchen, ein sonstwas gebaut werden will/soll von den braven Stadtoberen, dann läuft das ungefähr so: 10% EU, 7% irgendwelche Titel aus Töpfen "regionaler Wirtschaftsföderung", + gesetzlich vorgeschriebene Bund-, Landes- und Kreismittel - unter der Vorraussetzung, dass sich der "Bauherr" in grob gleicher Höhe verpflichtet (In der Theorie: ...hat = "vorher" - in der Praxis: während des Auskartelns mit den diversen Institutionen). Damit kommen die braven Kämmerer auf irgendwas um die fuffzich, sechzig Prozent der ohnehin systemisch zu gering angesetzten Anschläge. Der Rest wird dann problemlos gehebelt über Kredite über *eigene* Finanzsysteme (KfW, Stadtsparkassen mit bekannten Vorständen, die immer noch! existierenden Landes(politiker)banken...). Winzig kleines Problemchen: *eigentlich* hat der stolze Kämmerer keinen einzigen Cent auf Tasche. Auch in 10 Jahren nicht. Also macht er mit seinem demokratisch und juristisch und verwaltungstechnisch und menschlich völlig gerechtfertigten Versprechen durch Unterschrift unter die die 20-30%-Bindung seiner Titel auf die Zukunft absolut *nichts* anderes als: "Abrakadabra!" Und ... puff! hat es ein schönes neues Haltestellenhäuschen bei einer defizitären Buslinie.

Klar läuft das ähnlich. Vielleicht mit dem kleinen Unterschied, dass das Bushäuschen aus versehen auf dem Grundstück des Schwagers gebaut wird, wo zufällig kein Bus hinkommt, weil die Straße zufällig da nicht hinführt.

Das klingt jetzt wieder böse nach Bashing. Meine ich aber nicht so. Meine "Weisheiten" sind nicht besonders stabil, mehr empirischer Art, ich habe das einfach nur einmal bei einem Freud erlebt, der in so einem clanbeherrschten Land auf die Idee kam, ein kleines Tiefbauunternehmen zu gründen. Man kann sich das als Mitteleuropäer schlicht nicht vorstellen, wie sowas läuft, nämlich fast ausschließlich über familiäre Geflechte, bei denen die Qualifikation der einzelnen jeweils das Unwichtigste ist und die Frage, wie der gesamte Kuchen nun verteilt wird die wichtigste. Das ganze ging natürlich letztlich in die Hose, obwohl er einen Partner hatte, der von dort war, sonst wäre er nie auf die Idee gekommen.

Nun zu sagen "die sind alle korrupt" etc. wäre falsch, sind Menschen wie du und ich, und der Einzelne verhält sich so, wie es von ihm erwartet wird. Das meine ich mit "anderem System". Aufgrund der vielen kleinen Indizien ist es lediglich meine Schlussfolgerung, dass es in Griechenland eben genau so läuft. Dass das ganze jetzt so aus dem Ruder läuft, ist nicht ein Fehler der Griechen, es ist der Fehler jener, die zu sehr an die Macht des Faktischen glaubten, in dem Fall, dass es der Euro dann schon richten werde.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 24. Juni 2015, 11:08:46
Man muss weder Adam/Eva bemühen noch die Maastricht-Verträge, wenn die Griechen nach jahrhundertlabger Framdherrschaft eine Aversionen gegen Fremdbestimmung haben könnten.

Maastricht habe ich nicht erwähnt, das hast Du, ajki, gemacht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 24. Juni 2015, 13:54:45
Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 10:18:07
Das meine ich mit "anderem System"

Als Blut-&Gesinnungs-Piefke habe ich von meinen Vätern, Vätersvätern und Vätersvätervätern (& -müttern) gelernt, dass es auf dem Balkan und angrenzenden Gebieten zwei erfolgreiche Betriebsmodi für meinesgleichen gibt:

1. Ich fackel Byzanz ab und schlachte alles ab was nicht bei drei auf'm Baum ist.

2. Ich spüre durch geschickte Anwendung meines Reservierungshandtuchs innerhalb der obligaten zwei Wochen im Jahr meiner mediterranen Natur nach.

Der Modus 1 hat sich allerdings in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als absoluter Flop erwiesen (mehrfach, weil meine Väter-usw. und ich immer etwas länger brauchen mit dem Rechnen). Deshalb konzentriere ich mich mit großem Erfolg nur noch auf Modus 2.

Mehr muß ich auch nicht tun. Gesetzt den Fall, es gäbe tatsächlich in Transsylvanien und angrenzenden Gebieten einen ordentlichen Euro zu holen, gibt es da seit etlichen Jahrhunderten meine k.u.k.-Kusinetschkas, die da Expertise gewonnen zu haben meinen. Wenn da der Rubel wirklich mal rollen sollte, kauf' ich einfach mal wieder Österreich und hab' dann immer noch einen schönen Puffer.

Insofern ist unternehmerisches Engagement in der Region löblich wie überall, auch mit den üblichen Konkursquoten bestens belastet (aus Gründen, bei denen wir uns ohne weiteres einig sein können) und bestimmt waghalsigen Naturen zu empfehlen. Ich halte mich da lieber raus und beschäftige mich (wenn überhaupt) nur mit abstrakten Gebilden wie Staaten und sonstige Mythen. Da hat man schon genug zu bejammern.

Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 10:18:07
ist nicht ein Fehler der Griechen, es ist der Fehler jener, die zu sehr an die Macht des Faktischen glaubten, in dem Fall, dass es der Euro dann schon richten werde.

+37  ;-)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 24. Juni 2015, 13:58:13
Zitat von: Sauropode am 24. Juni 2015, 11:08:46
Maastricht habe ich nicht erwähnt

Hab' ich ja auch nicht gesagt. Im Gegenteil habe ich nur gesagt, dass es von den Adam/Eva-Stories der AfD-"Professoren" *meine* liebste Story ist.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 24. Juni 2015, 14:15:23
ich bin da ganz bei ajki.
und ohne cherrypicking betreiben zu wollen:

Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 10:18:07
Man kann sich das als Mitteleuropäer schlicht nicht vorstellen, wie sowas läuft, nämlich fast ausschließlich über familiäre Geflechte, bei denen die Qualifikation der einzelnen jeweils das Unwichtigste ist und die Frage, wie der gesamte Kuchen nun verteilt wird die wichtigste.
ähm, deine Einschätzung speist sich wahrscheinlich daraus, dass du in einer der korruptionsfreien Metropolregionen Deutschlands heimisch bist, also wohl Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart oder München. Ansonsten würdest du das nicht so sagen können.
Mein nun mehrjähriger Einblick in verschiedene Verwaltungen einer nichtgenannten Metropolregion verrät mir, dass angefangen bei der Personalpolitik über solidefinanzierte quasi-öffentliche Betriebe sowie die rein marktwirtschaftlich organisierten Betriebe, die sich vollständig in öffentlicher Hand befinden...  :gaehn: Familienbande entscheidend sind - sicherlich nicht immer, aber im Regelfall.
Die die Praxis in der Bembelrepublik ist allerdings, jedenfalls im Vergleich zu diesen authentizitätsgeilen Südlandbarbaren, diskret - außer der Ministerpräsident ist der Onkel etcpp, dann eröffent sich schnell die Dimension lösungsorientierter Originalität. Wohlgemerkt nicht nur in Kabul, auch in Afghanistan und Taunustan.
Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 10:18:07
Nun zu sagen "die sind alle korrupt" etc. wäre falsch, sind Menschen wie du und ich, und der Einzelne verhält sich so, wie es von ihm erwartet wird. Das meine ich mit "anderem System". Aufgrund der vielen kleinen Indizien ist es lediglich meine Schlussfolgerung, dass es in Griechenland eben genau so läuft. Dass das ganze jetzt so aus dem Ruder läuft, ist nicht ein Fehler der Griechen, es ist der Fehler jener, die zu sehr an die Macht des Faktischen glaubten, in dem Fall, dass es der Euro dann schon richten werde.
tststs, korrupt ist so ein hässliches Wort, außerdem deutet es eine psychoanale Übertragung auf Geld...
Das treffende Wort lautet: geschäftstüchtig. Und ich bin mir sicher, die machen das aus derselben Not heraus, wie Uli H.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 24. Juni 2015, 15:42:29
Zitat von: Patches O Houlihan am 24. Juni 2015, 14:15:23
ähm, deine Einschätzung speist sich wahrscheinlich daraus, dass du in einer der korruptionsfreien Metropolregionen Deutschlands heimisch bist, also wohl Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart oder München. Ansonsten würdest du das nicht so sagen können.

Naja, ich kenne das schon auch. Tochter des Bürgermeisters ist plötzlich ... etc. Aber im Bauamt geht es gesittet zu, das Finanzamt arbeitet korrekt und wenn ich zum Arzt gehe, brauche ich keinen Umschlag. Natürlich gibt es überall Netzwerke. Aber ich meine, die sind in Mitteleuropa eher - äh, wie sagt man - "informeller" oder geschäftlicher Art, in erwähnten Ländern eher familiärer. In Frankreich z.B. einen hohen Beamtenposten zu bekommen, ist ohne die Eliteschule kaum möglich, in der Schweiz erledigt das das Militär, in D. mögen es Allumni etc. Vereine sein - man kennt sich halt. Sowas ist ja nicht prinizipiell schlecht. Ich meine, dass auf diese Art die Chancen, Posten und Projekte mit halbwegs fähigen Leuten zu besetzen, tendentiell größer sind, als in hauptsächlich familienorientierten Systemen, wo der ehemalige Kioskbesitzer plötzlich Chef der Tiefbaubehörde wird, weil sein Bruder bei der richtigen Partei war.

Ich gebe freilich zu, dass das alles eher Spekulation meinerseits ist.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 24. Juni 2015, 19:07:30
Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 15:42:29
Zitat von: Patches O Houlihan am 24. Juni 2015, 14:15:23
ähm, deine Einschätzung speist sich wahrscheinlich daraus, dass du in einer der korruptionsfreien Metropolregionen Deutschlands heimisch bist, also wohl Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart oder München. Ansonsten würdest du das nicht so sagen können.

Naja, ich kenne das schon auch. Tochter des Bürgermeisters ist plötzlich ... etc. Aber im Bauamt geht es gesittet zu, das Finanzamt arbeitet korrekt und wenn ich zum Arzt gehe, brauche ich keinen Umschlag. Natürlich gibt es überall Netzwerke. Aber ich meine, die sind in Mitteleuropa eher - äh, wie sagt man - "informeller" oder geschäftlicher Art, in erwähnten Ländern eher familiärer. In Frankreich z.B. einen hohen Beamtenposten zu bekommen, ist ohne die Eliteschule kaum möglich, in der Schweiz erledigt das das Militär, in D. mögen es Allumni etc. Vereine sein - man kennt sich halt. Sowas ist ja nicht prinizipiell schlecht. Ich meine, dass auf diese Art die Chancen, Posten und Projekte mit halbwegs fähigen Leuten zu besetzen, tendentiell größer sind, als in hauptsächlich familienorientierten Systemen, wo der ehemalige Kioskbesitzer plötzlich Chef der Tiefbaubehörde wird, weil sein Bruder bei der richtigen Partei war.

Ich gebe freilich zu, dass das alles eher Spekulation meinerseits ist.

Netzwerke sind ja sowieso unvermeidbar. Menschen sind halt so, dass sie immer wieder Gruppen und Grüppchen bilden.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: duester am 24. Juni 2015, 19:15:40
Zitat von: Scipio am 24. Juni 2015, 19:07:30
Netzwerke sind ja sowieso unvermeidbar. Menschen sind halt so, dass sie immer wieder Gruppen und Grüppchen bilden.

Das ist genau das Argument, das in Untreue-Prozessen regelmäßig strapaziert wird ("Ich werd' mir doch wohl noch aussuchen dürfen, mit wem ich zusammenarbeiten darf ..."). Nur sind Netzwerke etwas anderes als Korruptionm und wenn man da keine klare Linie zieht, tut man denen Unrecht, die solche Zweifelsfragen (Verwandten einstellen, Geschenke an potentielle Auftraggeber, ...) bewusst und sensibel handhaben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 24. Juni 2015, 19:20:18
Zitat von: Groucho am 24. Juni 2015, 15:42:29
Ich meine, dass auf diese Art die Chancen, Posten und Projekte mit halbwegs fähigen Leuten zu besetzen, tendentiell größer sind, als in hauptsächlich familienorientierten Systemen, wo der ehemalige Kioskbesitzer plötzlich Chef der Tiefbaubehörde wird, weil sein Bruder bei der richtigen Partei war.
ich meine genau das auch, nur eben in D. Das geht, ist nicht unbedingt so unüblich und in der Kommunalpolitik Routine, nur halt eben, dass in der Regel irgend eine Art von Legende erfunden wird, wie hat 8 Semester BWL studiert aber nie abgeschlossen (natürlich auch nie eine Prüfung abgelegt oder sonstetwas) oder Halbwahrheiten verdreht werden...

ich meine also ausdrücklich keine Netzwerke, die sind unvermeidbar, ich meine Konkret, wenn der eine Bruder in einem Kaff Leiter des Bauamtes ist und der andere Leiter des Ordnungsamtes...

Zu Bauämtern möchte ich noch anmerken, das auch schon mal ganze Bauämter hops genommen wurden in D. Meine persönliche und nicht representative Erfahrung würde jetzt nur von teilweiser Gesittetheit sprechen.

Das deutsche Finanzamt ermittelt oder ermittelt eben nicht, weisungsgebunden. Hessen hat da doch das Eine oder Andere sehr transparent vorgeführt.

Der öffentliche Dienst aus meiner Erfahrung ist überraschend sippentauglich und wer sich die Mühe macht, mal reinzuschnuppern ist dann auch schnell ernüchtert oder heiratet ein - karrierebedingt, sonst könnte ja jeder kommen.

edit:
kurz und gut, Korruption gibts hier nicht mehr oder weniger als anderswo auch, da den Stab zu brechen wäre brutalstmöglich naiv.

Die krassen Krisenverhältnisse in Griechenland mögen ein plausibles Argument sein, warum es dort mehr Korruption geben sollte, dagegen kann man plausibel halten, dass hier mit Korruption mehr zu verdienen ist, und sie deshalb hier so floriert... - Glasperlenspiele.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 24. Juni 2015, 19:58:28
Zitat von: duester am 24. Juni 2015, 19:15:40
Zitat von: Scipio am 24. Juni 2015, 19:07:30
Netzwerke sind ja sowieso unvermeidbar. Menschen sind halt so, dass sie immer wieder Gruppen und Grüppchen bilden.

Das ist genau das Argument, das in Untreue-Prozessen regelmäßig strapaziert wird ("Ich werd' mir doch wohl noch aussuchen dürfen, mit wem ich zusammenarbeiten darf ..."). Nur sind Netzwerke etwas anderes als Korruptionm und wenn man da keine klare Linie zieht, tut man denen Unrecht, die solche Zweifelsfragen (Verwandten einstellen, Geschenke an potentielle Auftraggeber, ...) bewusst und sensibel handhaben.

Klar muss man da eine klare Linie ziehen. Ich sage ja nicht, nur weil Netzwerke unvermeidlich sind, dass damit jeder Klüngel, Vetternwirtschaft, Korruption (oder wie auch immer man das nennen möchte) legitimiert sei.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 27. Juni 2015, 21:09:02
Ein Referendum soll her - jetzt - was für eine Nebelkerze!

Kein Mensch könnte innerhalb einer Woche so etwas auch nur organisieren. Mit Ach und Krach bekäme man eine repräsentative Umfrage in dieser Zeitspanne hin, aber kein Referendum. Und das ausgerechnet im Griechenland dieser Tage, mit administrativen Strukturen, die auf dem letzten Loch pfeifen; in einem Land mit über hundert bewohnten Inseln, von denen die Mehrzahl mehrere hundert Kilometer vom Festland entfernt liegen, einige der größeren im ionischen Meer in Sichtweite der türkischen Küste. Wo sollen denn in dieser Zeitspanne auch nur die Auszählungshelfer rekrutiert werden, die bereit sind, für Gotteslohn und rund um die Uhr von Eiland zu Eiland zu tingeln? Die Idee mit einem Referendum, die man seit Monaten hätte umsetzen können,  jetzt, zwei Werktage vor Toresschluss aus dem Hut zu ziehen, ist selbst als bluff eine Stümperei.

Zu Recht lässt sich niemand darauf ein. Und so kommt die Pleite dann am kommenden Mittwoch, wenn der IWF sein Geld nicht bekommen hat. Eine bittere und von den Griechen teuer bezahlte Lehre kommt dann auch auf einige zu, die meinen, man hätte nicht "die Banken retten" sollen. Wie eine Volkswirtschaft mit kollabierten Geschäftsbanken aussieht, könnten wir dann etwa zum Ende der nächsten Woche erleben - falls nicht noch ein Wunder passiert. Die Griechen selbst ahnen das wohl schon, und sie verlegen ihre Zusammenkünfte  vor die Geldautomaten.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 29. Juni 2015, 07:04:12
Nun die Verhandlungen sind wohl gescheitert, jetzt sind die Banken dicht und die Hilfen gestrichen. Na ich bin ja mal gespannt wie das jetzt weiter geht....
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 29. Juni 2015, 07:20:34
Zitationischen Meer in Sichtweite der türkischen Küste

Ägäisches Meer, so viel Zeit muss sein. Das Ionische ist höchstens in Sichtweite von Albanien, Kroatien und Italien.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 29. Juni 2015, 07:25:14
Paradoxerweise ist das, was im Altertum Ionien war, die Küste der Türkei zur Ägäis.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 29. Juni 2015, 13:17:35
@ Pelacani und Sauropode:

Klar, Ihr habt ja Recht - ich dachte an das antike Ionien.

Dass im übrigen allenfalls eine Referendumsparodie am kommenden Wochenende abgehalten werden kann, haben auch andere verstanden:

ZitatDas Referendum kommt faktisch viel zu spät. Außerdem ist absolut unklar, ob es wirklich am 5. Juli abgehalten wird. Nachdem das aktuelle Hilfsprogramm am Dienstag ausläuft und es keinen formellen Vorschlag der Gläubiger gibt, ist überhaupt nicht abzuschätzen, worüber eigentlich abgestimmt werden soll, wie griechische Juristen und Oppositionspolitiker schon herausgestellt haben. Der griechische Rechnungshofs schätzt zudem, dass die Volksabstimmung rund 110 Millionen Euro kostet, berichtet ein gut informierter Politik-Analyst.

ZitatAußerdem müssten die Stimmzettel mit der Frage und die Wahllisten wohl innerhalb der nächsten 48 Stunden vom Innenministerium in Athen in alle Regionen verschickt werden - ein Prozess, der normalerweise allein schon zwischen zehn und fünfzehn Tagen dauere. Nach der griechischen Verfassung muss eine Abstimmung über eine so wichtige Frage überdies wohl mindestens einen Monat vorher angekündigt werden. Und schließlich müssen sich mindestens 40 Prozent der registrierten Wähler am Referendum beteiligen, wenn es gültig sein soll. Das wären mindestens vier Millionen Griechen - eine Million mehr, als im Januar ihr Votum abgegeben haben für Syriza, deren rechten Koalitionspartner Anel und die ,,Goldene Morgenröte". Zusammen kamen die drei Parteien auf gut 3 Millionen Stimmen.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/griechenland-schuldenkrise-alexis-tsipras-referendum-13674045-p2.html

Ich gehe davon aus, dass es heute gar keine aktuellen Wählerverzeichnisse gibt. Seit der letzten Wahl ist fast ein ganzer neuer Jahrgang hinzugekommen, und eine unbekannte Anzahl von damals noch Wahl- und Abstimmungsberechtigten ist heute tot. Dazu kommen Abwanderungen ins Ausland und eine Inlandsmigration, von der aktuell niemand weiß, wie groß sie ist.

Das Ergebnis von so einem Referendum könnte man auch auslosen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 29. Juni 2015, 13:36:49
Tsipras´ Referendum war ein klassischer Griff ins Klo: imo braucht sich niemand zu wundern, wenn er inmitten von laufenden Verhandlungen ohne Absprache mit den Gläubigern aus heiterem Himmel mal eben ein Referendum ankündigt, ob -so etwa in dem Wortlaut- den unterdrückerischen Reformen zugestimmt werden soll oder Griechenland stolz seinen eigenen Weg gehen soll, und dann vor die Tür gesetzt wird. Ich hoffe ja, dass die griechische Bevölkerung bei dem Referendum (sollte es denn stattfinden) Tsipras ein Ja zu Reformen vor den Bug knallt. Laut Umfragen soll es damit ja gar nicht so schlecht aussehen...  :grins2:

Hier wäre ein ziemlich guter Artikel zur EU und ihrem von Rechts- und Linkspop -o-listen geforderten Ende:
http://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/die-eu-eine-missgeburt-nein-das-beste-was-geht/ar-AAcgCpi?ocid=AARDHP
Ein etwas konservativer Touch (wie es aber auch von der WELT zu erwarten ist).

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 29. Juni 2015, 14:51:14
also wenn man der LügenpresseTM glauben darf, dann stand der Vorschlag für ein Referendum bereits am 08.03.2015 (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-varoufakis-droht-im-schuldenstreit-mit-referendum-a-1022407.html) zur Debatte, selbst bei Papandreou schon am 6. November 2011 (http://derstandard.at/1319182112646/Videocast-von-Robert-Misik---Folge-206-Die-Maerkte-gegen-die-Demokratie).
Insofern ist ja klar, dass dieser Spieltheoretiker-TaschenspielerTM es wieder mit so Abschaum-Tricks wie Bevölkerung befragen versucht. Wo gibts den sowas, dass man die Bevölkerung bei wichtigen Fragen befragt, am Ende dürfen die noch wählen und wählen die falsche Partei - ach ne, das haben die schon gemacht und diese stalin-kommunistischen Nostalgielinken gewählt, die sich einfach nicht so leicht verarschen lassen wollen, wie die Leute aus der DDR. Na sowas, wer hätte denn auch damit rechnen können, dass der Grieche an und für sich, vielleicht doch rechnen kann.
:rofl
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 29. Juni 2015, 15:03:24
Zitat von: Patches O Houlihan am 29. Juni 2015, 14:51:14
Wo gibts den sowas, dass man die Bevölkerung bei wichtigen Fragen befragt, am Ende dürfen die noch wählen und wählen die falsche Partei - ach ne, das haben die schon gemacht und diese stalin-kommunistischen Nostalgielinken gewählt, die sich einfach nicht so leicht verarschen lassen wollen, wie die Leute aus der DDR.

Die Linke, d. h. die SED-PDS, konnte nur überleben, weil sie nicht gewählt worden ist. Die DDR war so verschuldet, dass der Lebensstandard bei Erhalt der Eigenstaatlichkeit um ein Drittel gesunken wäre, hatten seriöse Schätzungen ergeben. Das stand so nicht im Neuen Deutschland, auch nicht nach Aufhebung der zentralen Presselenkung.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 29. Juni 2015, 15:44:32
Gegen eine Volksabstimmung ist nichts einzuwenden, bei einem so großen Thema ist sowas sogar ganz sinnvoll. Aber man sollte das doch nicht so kurzfristig ansetzen, die Sache zuvor mit den Geldgebern abklären und auch klar machen, dass bei Ablehnung der Reformen vermutlich ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro riskiert wird (was die Mehrheit der Griechen afaik nicht will).

Vielleicht hätte ich mich in meinem vorherigen Beitrag etwas vorsichtiger ausdrücken sollen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 29. Juni 2015, 15:53:10
Zitat von: Nicht_Peter am 29. Juni 2015, 15:44:32
Gegen eine Volksabstimmung ist nichts einzuwenden, bei einem so großen Thema ist sowas sogar ganz sinnvoll. Aber man sollte das doch nicht so kurzfristig ansetzen, die Sache zuvor mit den Geldgebern abklären und auch klar machen, dass bei Ablehnung der Reformen vermutlich ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro riskiert wird (was die Mehrheit der Griechen afaik nicht will).

Vor allem sorgfältiger vorbereitet.

ZitatVielleicht hätte ich mich in meinem vorherigen Beitrag etwas vorsichtiger ausdrücken sollen.

Iwo, außer bei Patches ist das schon richtig angekommen. Er/Sie ist halt etwas speziell.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 29. Juni 2015, 16:27:02
Zitat von: Patches O Houlihan am 29. Juni 2015, 14:51:14
also wenn man der LügenpresseTM glauben darf, dann stand der Vorschlag für ein Referendum bereits am 08.03.2015 (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-varoufakis-droht-im-schuldenstreit-mit-referendum-a-1022407.html) zur Debatte, selbst bei Papandreou schon am 6. November 2011 (http://derstandard.at/1319182112646/Videocast-von-Robert-Misik---Folge-206-Die-Maerkte-gegen-die-Demokratie).
Insofern ist ja klar, dass dieser Spieltheoretiker-TaschenspielerTM es wieder mit so Abschaum-Tricks wie Bevölkerung befragen versucht. Wo gibts den sowas, dass man die Bevölkerung bei wichtigen Fragen befragt, am Ende dürfen die noch wählen und wählen die falsche Partei - ach ne, das haben die schon gemacht und diese stalin-kommunistischen Nostalgielinken gewählt, die sich einfach nicht so leicht verarschen lassen wollen, wie die Leute aus der DDR. Na sowas, wer hätte denn auch damit rechnen können, dass der Grieche an und für sich, vielleicht doch rechnen kann.
:rofl

Der Vorschlag für (irgend)ein Referendum mag vor Monaten vorgelegen haben, und zur richtigen Zeit hätte vieles sogar dafür gesprochen. Aber worüber soll denn heute eigentlich abgestimmt werden? Welche Frage genau liegt auf dem Tisch? Was für eine Willensbildung soll denn binnen einer Woche - worüber auch immer - zustande kommen?

Zur Erinnerung: es gibt zur Zeit gar nichts, was man mit NAI oder OCHI beantworten könnte - außer: uns passt die ganze Richtung / nicht. Es kann doch nicht ernsthaft zur Abstimmung gestellt werden, ob es der Zweck der EU ist, Griechenlands Haushaltsabgründe bedingungslos mit Geld zuzuschütten.
Und niemand weiß, wer aktuell überhaupt abstimmungsberechtigt ist, praktisch ist es nicht mehr möglich, allen tatsächlich Abstimmungsberechtigten auch nur einen Stimmzettel in die Hand zu drücken. Die Wochenfrist wäre verfassungswidrig, jedes Ergebnis offenkundig anfechtbar. Was soll denn das sein?

Alle wissen, dass der IWF bis Dienstagabend cash sehen will, alle haben gesehen, dass schon die letzten Tranchen nur noch mit List und Tücke bezahlt werden konnten. Zwei Bankarbeitstage vor dem anstehenden Ablauf einen Referendumswitz auf einen Zeitpunkt fünf Tage danach anzukündigen, ist ein Winkelzug.

Es geht nicht einmal darum, ob das griechische Volk grundsätzlich in direkter Abstimmung über etwas konkretes und existenziell wichtiges beschließen soll. Heute geht es nur darum, dass selbst das von der politischen Führung verstümpert wurde. 
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 29. Juni 2015, 21:12:10
Ach so:

Zitat"Muss der gemeinsame Plan von EZB, EU-Kommission und IWF, der am 25.6.2015 in der Eurogruppe eingebracht wurde und aus zwei Teilen besteht, angenommen werden? Die zwei Teile sind: 'Reforms for the Completion of the Current Program and Beyond' und 'Preliminary Debt Sustainabilty Analysis'."

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/euro-krise-das-ist-der-abstimmungszettel-fuer-das-griechische-referendum-1.2543711?google_editors_picks=true

Um etwas, was er selbst nicht will, im Gegenteil sogar unter unflätigen Beschimpfungen zurückweist, abzulehnen, braucht Tsipras kein Mandat aus einem Referendum. Und wenn ihm sein Volk die Gefolgschaft verweigert, ist er als Verhandlungspartner out. Was soll der Käse?

Abgesehen davon: könnte hier jemand genau sagen, was mit der Frage inhaltlich gemeint ist?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
Mal eine ganz andere Frage, wenn Griechenland nun wirklich in die Pleite geht und aus dem Euro ausscheidet, wie geht es dann mit dem Land weiter? Alt zu rosig sollten die Aussichten ja nicht sein?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 29. Juni 2015, 22:49:36
So ein depperter Depp!

ZitatWenn die Bevölkerung den Sparvorschlägen zustimme, "werden wir das respektieren, aber wir werden die Pläne nicht umsetzen".


http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-alexis-tsipras-droht-mit-ruecktritt-a-1041267.html

Ok, wenn "nicht umsetzten" Rücktritt bedeutet..., aber was dann? Wozu der ganze Zirkus mit der Abstimmung? Eine Art Misstrauensvotum?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Krebskandidat am 29. Juni 2015, 23:02:26
Tja, "nach uns die Sintflut". Man kann sich vorstellen was passiert, wenn die anderen populistischen Parteien Europas an die Macht kämen. Nach einem halben Jahr wäre der Karren gegen die Wand gefahren und dann hieße es auch ups...  $)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
Mal eine ganz andere Frage, wenn Griechenland nun wirklich in die Pleite geht und aus dem Euro ausscheidet, wie geht es dann mit dem Land weiter? Alt zu rosig sollten die Aussichten ja nicht sein?

Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 29. Juni 2015, 23:53:11
Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
die Aussichten...?

Ich hatte meine Meinung weiter oben schon umrissen.

Es gibt nur zwei Dinge, die "sicher" sind bei Rückkehr zu einer eigenen Währung:

1. Es wird zu einer Entwertung von Vermögen kommen müssen. Es ist nicht abschätzbar, wie hoch die "Inflation" sein wird - das hängt von vielen Faktoren ab. Es ist auch nicht bestimmbar, wie lange die zu erwartenden erratischen Schwankungen andauern werden, bis das Kursniveau sich irgendwo einpendelt - sicher ist wie gesagt nur, dass die Wertkorrektur unterhalb der jetzigen Quote angesiedelt sein wird. Inwieweit durch einen solchen "Neustart"-Versuch nach einer gewissen Zeit wieder Konsolidierung und in mittel-/langfristiger Folge ein positiver Trend zu erwarten ist, kann heute niemand sagen und auch die Höhe des Wertverlusts ist nicht prognostizierbar.

2. Bis irgendwann einmal eine neue Stabilität auf irgendeinem Niveau erreicht sein wird und dann noch mal einige Jahre zusätzlich werden alle Kredite teuer sein. Das sind sie schon seit den letzten paar Jahren und das wird sich auch bei eigener Währung nicht nur nicht änderen, sondern im Gegenteil eher verschlechtern. Was die Privatwirtschaft inklusive privater Haushalte eventuell wird machen können ist eine Kreditaufnahme über ausländische Quellen in Dollar oder Euro oder sonstwas. Für Firmen mag eine Kreditaufnahme in ausländischer Währung wie in vielen anderen Staaten durchaus möglich und günstiger als in eigener Währung sein - teuer ist es trotzdem und ob es für Privathaushalte machbar sein wird, bleibt vorerst wohl völlig offen (da wird es praktisch sofort Probleme geben mit den üblichen Refinanzierungen bei ablaufenden Laufzeiten von Hypotheken.................).

Alles andere ist noch nicht mal Kaffeesatzleserei - denn da hätte man ja wenigstens ein materielles Substrat, worin man "lesen" kann.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 30. Juni 2015, 07:57:05
Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
Mal eine ganz andere Frage, wenn Griechenland nun wirklich in die Pleite geht und aus dem Euro ausscheidet, wie geht es dann mit dem Land weiter? Alt zu rosig sollten die Aussichten ja nicht sein?

Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Ich bin da nicht so optimistisch. Was ist mit notwendigen Importen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland? Werden die mit einer schwachen Währung nahezu unbezahlbar?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
für eine Demokratie reicht es, wenn Referenden sehr grob gehalten bleiben. Warum auch nicht. Es erwartet doch niemand ernsthaft, dass Leute anfangen Dossiers zum Thema zu lesen, gerne mehrsprachig... jedenfalls nicht mehrheitsmäßig.

für ein Referendum würde sprechen, wenn sich die Bevölkerung mehrheitlich hinter T. stellt, was dem Vernehmen nach auch sein wird - so die Einschätzungen von vor Ort - dann ist doch klar, dass Herr T. damit ein sehr robustes Mandat bekommt zu tun, was auch immer er für richtig hält, Island-Nummer bzw. Argentinien-Joker inklusive. Er wäre schlecht beraten, würde er diese Dinge nicht wenigstens in Betracht ziehen.

Hier ein plausibles Szenario mit Argentinien-Joker der Island-Nummer:
1. Griechenland steigt aus der EU aus
2. Die offenen Rechnungen werden geprüft und zumindest teilweise (potenziell mehrheitlich) als illegal zustandegekommen gestrichen
3. Als Handelspartner bleiben Russland und USA, von mir aus auch China, Indien etc. - Handel bleibt also, in welchem Umfang auch immer, bestehen
4. Die EU wird alle Hände voll zu tun haben, Gexit-Imitationen zu verhindern, da wird man kaum eine Kolonie draus stricken können.
5. Der eigentliche Schlag bei Schuldnerausfall trifft doch wohl den Gläubiger, das ist beispielsweise unsere heimische Wehrsportindustrie. Nunja, mir kommen die Tränen.

nur mal so.
manchmal wundere ich mich schon, warum ihr hier in Sachen Politik so in 1-0-Denken verfallt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 30. Juni 2015, 15:33:24
Zitat von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
2. Die offenen Rechnungen werden geprüft und zumindest teilweise (potenziell mehrheitlich) als illegal zustandegekommen gestrichen
...
Gläubiger, das ist beispielsweise unsere heimische Wehrsportindustrie

Du meinst, Griechenland ist gezwungen worden (sozusagen durch im Piräus liegende deutsche Panzerkreuzer), deutsche Rüstungsgüter zu kaufen, und kann deshalb seinen Schuldendienst nicht mehr leisten?

So hatte ich das noch gar nicht gesehen.  :stirn
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Conina am 30. Juni 2015, 16:05:20
LOL.

Die wurden sozusagen von Unmündigen regiert.

Das ist ein völlig neuer Markt für Verbraucherschützer: Regierungen.  ;D ;D ;D


Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 30. Juni 2015, 16:22:50
Tsipras öffnet erneut seine Wunderkiste: Jetzt soll mal eben eine dritte, zweijährige Zeit unter dem ESM beschlossen werden...  ::)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 30. Juni 2015, 16:51:36
Zitat von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
4. [und]
5.

Griechenlands Problem (als Staatsakteur) ist aber doch (von Beginn an), dass real weder ein Einzelgläubiger noch internationale Konglomerate irgendwelche Probleme mit der Abschreibung der paar Milliarden hatten/haben/haben werden. Die Volkswirtschaft ist außer als "Exempel" einfach zu unbedeutend für irgendeine Bedrohung auf internationaler Ebene. Italien, Frankreich, selbst Spanien (im Verbund mit Portugal) wäre bedrohlich gewesen - für Griechenland als Staatsschuldner gilt das einfach nicht.

(Persönlich bin ich auch ohne jeden Einblick in die innere Diskussion des Landes bzw. seiner Bürger absolut davon überzeugt, dass sehr wohl jedem Bürger/Repräsentanten klar ist, dass der Schwanz [besser: die Schwanzspitze] nun mal nicht mit dem Hund wackeln kann)

re: Referendum bzw. das aktuelle fake eines Referendums

Es wurde oben schon mal angesprochen, dass durch den Wahlsieg der populistischen Parteien Ende letzten Jahres leider schon so etwas wie ein "Referendum" stattfand. Was ja auch genau die Zwickmühle ist, in der die populistischen Nullnummern nun erkennen zu stecken (in gewisser Weise ähnlich wie 2011).

Wenn etwas nun zum dutzendsten Mal bewiesen wurde, dann ist es die außerordentlich betrübliche Tatsache (für jeden engagierten Bürger ... edt: in ganz Europa!), dass (auch) die politischen Akteure in Griechenland nicht fähig waren/sind, die Diskussionen um die Probleme und Lösungen gut zu moderieren.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 30. Juni 2015, 17:40:16
Kleiner OT:
https://www.indiegogo.com/projects/greek-bailout-fund#/story

(https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTzl79KI8p7cBBiSXj48puRVfrXYGO2E-blXwYKE7q0n_TS5NRJ)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Conina am 30. Juni 2015, 19:11:21
Bei dem ganzen Scheiß interessiert mich übrigens nur, ob die Selbstreinigungskräfte von Demokratie und Markt wirklich funktionieren..

Details sind mir schnurzpiepegal..

Der Markt lässt sich eigentlich nie austricksen, der existiert sogar in Norkorea und Kuba.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Alu-Verkleidung am 30. Juni 2015, 20:29:49
Zitat von: Conina am 30. Juni 2015, 19:11:21
Bei dem ganzen Scheiß interessiert mich übrigens nur, ob die Selbstreinigungskräfte von Demokratie und Markt wirklich funktionieren..

Details sind mir schnurzpiepegal..

Der Markt lässt sich eigentlich nie austricksen, der existiert sogar in Norkorea und Kuba.

Wäre natürlich doof, wenn der "Markt" die Demokratie schon mit gereinigt hätte....^^
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Herkulini am 30. Juni 2015, 23:14:30
Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Das sehe ich komplett anders und möchte auch erläutern warum.

Zunächst mal bin ich der Meinung, dass Griechenlands Problem nicht die "zu starke" Währung, sondern die Strukturprobleme wie Korruption, Vetternwirtschaft, Klientelpolitik, keine effektive Steuereintreibung usw sind. Und diese Probleme werden durch eine neue Währung nicht verschwinden, sondern nur durch Reformen.

Beispiel Tomate: Wenn du die griechische Tomate billiger machen willst, brauchst du keinen Währungswechsel, du kannst die Tomate auch für weniger Euro auf den Markt stellen. Das wird zwar die Einnahmen des Bauers schmälern, aber das gleiche passiert ja auch wenn er in Drachmen bezahlt wird.
Wenn man also die griechische Wirtschaft durch Rückkehr zur Drachme wettbewerbsfähig machen möchte, ist das letztendlich dass gleiche, als dies durch Dumpingpreise zu tun.

Deshalb hätte ich auch nichts dagegen, dass Griechenland den Euro als offizielle Währung behielte. Ich habe aber sehrwohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wiesodenn1 am 30. Juni 2015, 23:29:34
ZitatIch habe aber sehr wohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.

Genau: aber, dass die Griechen die Reformen betreiben liegt in griechischer Hand. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Griechen wirklich die nötigen Reformen je durchführen konnten/wollten.

Da hätten die Griechen wohl ein paar Jahre früher, als sich der Kollaps abzuzeichnen begann, Gegenruder geben müssen.

Oder sogar Jahrzehnte früher? Der Niedergang kam ja nicht von einem Jahr aufs andere.
Aber solange genug Geld da war...

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 01. Juli 2015, 08:16:07
Zitat von: Herkulini am 30. Juni 2015, 23:14:30
Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Das sehe ich komplett anders und möchte auch erläutern warum.

Zunächst mal bin ich der Meinung, dass Griechenlands Problem nicht die "zu starke" Währung, sondern die Strukturprobleme wie Korruption, Vetternwirtschaft, Klientelpolitik, keine effektive Steuereintreibung usw sind. Und diese Probleme werden durch eine neue Währung nicht verschwinden, sondern nur durch Reformen.

Beispiel Tomate: Wenn du die griechische Tomate billiger machen willst, brauchst du keinen Währungswechsel, du kannst die Tomate auch für weniger Euro auf den Markt stellen. Das wird zwar die Einnahmen des Bauers schmälern, aber das gleiche passiert ja auch wenn er in Drachmen bezahlt wird.
Wenn man also die griechische Wirtschaft durch Rückkehr zur Drachme wettbewerbsfähig machen möchte, ist das letztendlich dass gleiche, als dies durch Dumpingpreise zu tun.

Deshalb hätte ich auch nichts dagegen, dass Griechenland den Euro als offizielle Währung behielte. Ich habe aber sehrwohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.

Die Drachme ist für Griechenland die einzige Möglichkeit, eine Abwertung herbeizuführen. Im Euro geht das nicht. Es ist zu einfach, zu sagen: dann verkaufen wir die Tomaten eben billiger. Mit dem Erlös der Tomaten müssen Rechnungen bezahlt werden. Und da Griechenland praktisch deindustrialisiert ist, stehen auf den Rechnungen hauptsächlich Importgüter. Billigere Tomaten bedeuten automatisch: alle können sich nur noch weniger von allen Konsumgütern, die nicht Tomaten und Oliven sind, leisten.

Eine Abwertung wäre wenigstens eine Möglichkeit, einen "kalten" Schuldenschnitt durchzuziehen. Frankreich hat das zu Zeiten des Franc immer wieder praktiziert. Das ist eben der Vorteil einer Weichwährung, oder einer Währung unter extrem hohem politischem Einfluss, wie es der US-Dollar ist. Amerika hat zweimal extreme Kriegsschulden durch Geldmengenvermehrung um den Preis von Inflation und Außenwertverlust abgebaut. Im Euro würde Griechenland noch Jahrzehnte nicht auf die Beine kommen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Herkulini am 01. Juli 2015, 08:39:40
Zitat von: Typee am 01. Juli 2015, 08:16:07
Mit dem Erlös der Tomaten müssen Rechnungen bezahlt werden. Und da Griechenland praktisch deindustrialisiert ist, stehen auf den Rechnungen hauptsächlich Importgüter.

Stimmt !
Deshalb lässt sich die Rechnung genauso schlecht bezahlen, wenn der Erlös der Tomaten aus Drachmen besteht.

Letztendlich muss ein Weg gefunden werden, die Außenhandelsbilanz auszugleichen. In welcher Währung das passiert ist zweitrangig.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 01. Juli 2015, 12:21:26
Zitat von: Herkulini am 01. Juli 2015, 08:39:40
Letztendlich muss ein Weg gefunden werden, die Außenhandelsbilanz auszugleichen. In welcher Währung das passiert ist zweitrangig.

Nein. Es muss eine Währung sein, über die die Griechen bestimmen können. Würde zutreffen, was Du sagst, bräuchten wir weltweit keine Wechselkurse und verschiedene Währungen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 01. Juli 2015, 12:29:44
Wichtig waere dass die neue Waehrung erlaubt die Inflation anzuheizen und die Staatsschulden zu verringern (so ging das früher), das wird nur leider mit Euroanleihen nicht funktionieren. Der Verarmungsmechanismus bleibt aber mit beiden Waehrungen der gleiche.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Herkulini am 01. Juli 2015, 12:55:39
Zitat von: Groucho am 01. Juli 2015, 12:21:26
Es muss eine Währung sein, über die die Griechen bestimmen können. Würde zutreffen, was Du sagst, bräuchten wir weltweit keine Wechselkurse und verschiedene Währungen.
Die Notwendigkeit der Wechselkurse ergibt sich vor allem aus der Existenz verschiedener Währungen  ;)
Warum verschiedene Währungen nötig sind, müsstest du mir dann noch erklären.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 01. Juli 2015, 12:57:48
Zitat von: Belbo am 01. Juli 2015, 12:29:44
Wichtig waere dass die neue Waehrung erlaubt die Inflation anzuheizen und die Staatsschulden zu verringern (so ging das früher), das wird nur leider mit Euroanleihen nicht funktionieren. Der Verarmungsmechanismus bleibt aber mit beiden Waehrungen der gleiche.

Auch, wenn man den Sinn nicht mag, aber was er sagt, klingt sehr schlüssig:

http://www.wiwo.de/politik/europa/denkfabrik-griechenland-ist-wie-die-mongolei/8784366.html (http://www.wiwo.de/politik/europa/denkfabrik-griechenland-ist-wie-die-mongolei/8784366.html)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 01. Juli 2015, 13:02:28
Zitat von: Herkulini am 01. Juli 2015, 12:55:39
Die Notwendigkeit der Wechselkurse ergibt sich vor allem aus der Existenz verschiedener Währungen  ;)
Warum verschiedene Währungen nötig sind, müsstest du mir dann noch erklären.

https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrung (https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrung)

Wie gut eine gemeinsame Währung ohne einheitliche Gesetzgebung der teilnehmenden Staaten funktioniert, sieht man ja gerade.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 01. Juli 2015, 13:28:20
Zitat von: Groucho am 01. Juli 2015, 12:57:48
Zitat von: Belbo am 01. Juli 2015, 12:29:44
Wichtig waere dass die neue Waehrung erlaubt die Inflation anzuheizen und die Staatsschulden zu verringern (so ging das früher), das wird nur leider mit Euroanleihen nicht funktionieren. Der Verarmungsmechanismus bleibt aber mit beiden Waehrungen der gleiche.

Auch, wenn man den Sinn nicht mag, aber was er sagt, klingt sehr schlüssig:

http://www.wiwo.de/politik/europa/denkfabrik-griechenland-ist-wie-die-mongolei/8784366.html (http://www.wiwo.de/politik/europa/denkfabrik-griechenland-ist-wie-die-mongolei/8784366.html)

Ja, spannend wird es ja wenn man betrachtet wieviele der Eurolaender mit "verarbeitendem Gewerbe" noch ihren Staatshaushalt im Lot  halten können.
Der beschriebene Effekt, eines Kapitalzuflusses ohne Gegenleistung ist ja erstma unabhängig davon welche Waehrung die Griechen haben.
Grundproblem bleibt der Reformstau und die Erkenntnis der Bevoelkerung dass er existiert.
Morgens mal zwei Stunden mit dem Boot rausfahren um mit den drei erbeuteten Octopussen den Lebensunterhat zu bestreiten ist kein Geschaeftsmodell wenn man gerne andrerseits im Kernspin untersucht werden möchte.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Herkulini am 01. Juli 2015, 13:50:35
Bitte um Verzeihung, ein Wikipedialink ist für mich keine Erklärung.

Zitat von: Groucho am 01. Juli 2015, 13:02:28
Wie gut eine gemeinsame Währung ohne einheitliche Gesetzgebung der teilnehmenden Staaten funktioniert, sieht man ja gerade.
Zirkelschluss ? Dass die gemeinsame Währung der Grund für die Misere sei, ist ja genau das, was ich bestreite. Ich behaupte: Es sind die desolaten Strukturen, die durch Kredite schon viel zu lange aufrecht erhalten wurden.

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 01. Juli 2015, 14:11:18
Zitat von: Herkulini am 01. Juli 2015, 13:50:35
Bitte um Verzeihung, ein Wikipedialink ist für mich keine Erklärung.

Er erklärt, wie Währungen an Staaten gekoppelt sind. Er geht also auf die Frage ein.

Zitat
Zitat von: Groucho am 01. Juli 2015, 13:02:28
Wie gut eine gemeinsame Währung ohne einheitliche Gesetzgebung der teilnehmenden Staaten funktioniert, sieht man ja gerade.
Zirkelschluss ? Dass die gemeinsame Währung der Grund für die Misere sei, ist ja genau das, was ich bestreite. Ich behaupte: Es sind die desolaten Strukturen, die durch Kredite schon viel zu lange aufrecht erhalten wurden.

Wenn du den Faden hier durchliest, kannst Du feststellen, dass ich dem nie widersprochen habe, ganz im Gegenteil. Das Problem löst sich eben nicht, indem man immer mehr Geld versenkt, im Gegenteil, es macht es schlimmer. Das Land muss aber trotzdem raus aus dem Euro. Zu meinen, man könne einfach sagen, ist doch egal, man muss halt in GR nur weniger Euro ausgeben, meinetwegen alles halbieren - das funktioniert doch nicht. Eine landeseigene Währung ist zwingend, weil sie die Agierenden innerhalb des Landes in ein Gleichgewicht kommen lässt, aber auch das Land innerhalb der Welt. Beides sind widerstrebende Anforderungen, die eben mit Wechselkursanpassungen ausgeglichen werden. So idealerweise theoretisch.

Dass Griechenland ein System hat, mit dem es eigentlich niemals in die Eurozone hätte eintreten dürfen, den Fehler dürfen sich andere zuschreiben, das kann man nicht den Griechen in die Schuhe schieben. Wer freut sich nicht, wenn ein warmer Geldregen kommt. Aber das ist hätte, hätte ...

Politik kann auch nur in den Grenzen der Ökonomie funktionieren, diese Banalität wird dauernd ignoriert. Erinnert an die begeisterten Perpetuum mobile Erfinder.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 01. Juli 2015, 17:50:14
Ich möchte nochmal auf die Tomaten zurückkommen. Die Frage ist doch, warum die Tomaten aus Holland billiger sind. Antwort: In Griechenland ist die Produktivität verheerend niedrig - so niedrig wie sonst nur in Staaten der dritten Welt. Pro Arbeitsstunde kommen in Griechenland einfach weniger Tomaten hinten raus als in Holland. Wenn der griechische Bauer von seinen Tomaten leben will, braucht er mehr Kohle pro Kilo, weil er weniger Kilo pro Stunde produzieren kann. Eine Preisbremse für griechische Tomaten in Euro würde also nichts bringen außer hungernden Bauern.
Das Gleiche wie für die Tomaten gilt natürlich auch für Schweinefutter, Sonnenschirme und Matratzen. Solange die Produktivität nicht steigt, macht es daher Sinn, ein innerstaatliches Biotop zu schaffen, in dem sich Preise und Lohnniveau intern regulieren. Sie würden das allerdings aufgrund der niedrigen Produktivität auf einem niedrigen Niveau tun. Damit würden Produkte aus Griechenland auf dem Weltmarkt günstiger, aber umgekehrt Importe für die Griechen teurer. Dafür könnten ihnen eben diese verdammten holländischen Tomatenproduzenten nicht mehr reingrätschen, und die griechische Wirtschaft hätte zumindest auf dem Binnenmarkt Chancen.
Das produzierende Gewerbe spielt allerdings in Griechenland imho sowieso keine tragende Rolle. Der wichtigste Wirtschaftssektor ist der Tourismus. Und den würde ein günstiger Umtauschkurs für Ausländer noch deutlich attraktiver machen. Was wieder Arbeitsplätze bedeutet.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 01. Juli 2015, 20:11:19
Zitat von: Pelacani am 30. Juni 2015, 15:33:24
Zitat von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
2. Die offenen Rechnungen werden geprüft und zumindest teilweise (potenziell mehrheitlich) als illegal zustandegekommen gestrichen
...
Gläubiger, das ist beispielsweise unsere heimische Wehrsportindustrie

Du meinst, Griechenland ist gezwungen worden (sozusagen durch im Piräus liegende deutsche Panzerkreuzer), deutsche Rüstungsgüter zu kaufen, und kann deshalb seinen Schuldendienst nicht mehr leisten?

So hatte ich das noch gar nicht gesehen.  :stirn
nope. das kannst du besser.
gezwungen wurde nicht "Griechenland".
mit gewisser Sicherheit wurden die kaufwillige Repräsentanten einer Kleptokratie gekauft, damit diese wiederum unsere Wehrsportartikel im Namen Griechenlands kaufen.
Ich habe das nicht ohne Grund mit Argentinien verglichen. Die sind nämlich ihre Rechnungen durchgegangen und konnten etliche Ausstände als "ohne rechtliche Grundlage/illegal zustandegekommen, weil gesetzeswidrig, korrupt usw." klären und entsprechend streichen. Klar gabs irgendwo Tränen ( :rofl2), aber so ganz schlecht war der Spielzug in Argentinien nicht  8)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Herkulini am 01. Juli 2015, 20:34:11
Zitat von: Hildegard am 01. Juli 2015, 17:50:14
Eine Preisbremse für griechische Tomaten in Euro würde also nichts bringen außer hungernden Bauern.
Der Lebensstandard des Bauers sinkt wie gesagt auch, wenn er Drachmen für die Tomaten kriegt. Und Preissenkungen bringen das gleiche, was du als Biotop beschreibst. Aber im entscheidenden Punkt sind wir uns einig: Die Ursache ist seine niedrige Produktivität und nicht die Währung.

@ Groucho: Ich räume ein, dass eine Währungsreform mit Abwertung praktischer durchführbar sein kann als die äquivalenten Maßnahmen bei internationaler Währung. Sehe dennoch keine prinzipielle Notwendigkeit, erst recht nicht für die Währungsdiversität im Allgemeinen.

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 02. Juli 2015, 06:39:47
Zitat von: Patches O Houlihan am 01. Juli 2015, 20:11:19
Ich habe das nicht ohne Grund mit Argentinien verglichen. Die sind nämlich ihre Rechnungen durchgegangen und konnten etliche Ausstände als "ohne rechtliche Grundlage/illegal zustandegekommen, weil gesetzeswidrig, korrupt usw." klären und entsprechend streichen. Klar gabs irgendwo Tränen ( :rofl2), aber so ganz schlecht war der Spielzug in Argentinien nicht  8)

Meinst Du eventuell Ecuador, oder macht das jetzt schon ganz Südamerika so? ???

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-varoufakis-kreuzzug-1.2530549
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 02. Juli 2015, 06:50:20
Der. Kommentar fasst glaube ich viele Facetten des Problems recht gut zusammen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/schuldenkrise-griechen-ohne-staat-13679893.html

ZitatDer griechische Staat ist in höchstem Maße ungerecht. Er mästet einen fetten öffentlichen Dienst, der auf Kosten anderer lebt und unbeweglich seinen Besitzstand verteidigt, und er schont eine korrupte Elite, die wenig Steuern zahlt. Leidtragende sind die Selbständigen und diejenigen, die in der privaten Wirtschaft arbeiten, meist so fleißig wie Mitteleuropäer. So treibt der ungerechte Staat die Jugend in die Emigration, und er hindert die kleinen und mittelgroßen Unternehmen, die mit neuen Ideen und neuen Produkten selbst in den Krisenjahren entstanden sind, daran, groß zu werden und Arbeitsplätze zu schaffen. Nicht wenige Start-ups sind entnervt ins Ausland abgewandert. Dort sind sie erfolgreich, in Griechenland nicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 02. Juli 2015, 11:11:08
Sorry wenn ich den Link einfach nur hier reinküble, aber ich hab das inhaltlich nur kurz überflogen.

http://www.diewunderbareweltderwirtschaft.de/2015/06/griechenland-ist-kein-fass-ohne-boden.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 02. Juli 2015, 14:04:51
Zitat von: Antitainment am 02. Juli 2015, 11:11:08
Sorry wenn ich den Link einfach nur hier reinküble, aber ich hab das inhaltlich nur kurz überflogen.

http://www.diewunderbareweltderwirtschaft.de/2015/06/griechenland-ist-kein-fass-ohne-boden.html

Das heisst eigentlich, dass das Land auf einem guten Weg war bis die links/faschistischen Hassadeure das Ruder übernommen haben?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 02. Juli 2015, 14:12:13
Zitat von: RächerDerVerderbten am 02. Juli 2015, 06:39:47
Meinst Du eventuell Ecuador, oder macht das jetzt schon ganz Südamerika so? ???
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-varoufakis-kreuzzug-1.2530549
ich habe das für Argentinien in Erinnerung. Aber wahrscheinlich ist es insgesamt verbreitet.

Die andere Seite kann ich auch darstellen:
Da hatte vor einigen Jahren eine ehrenwerte AG aus dem Herzen Hessens versucht in Indonesiens Hauptstadt Flughafenterminals zu bauen. Motivationale Gelder sind, nachweislich und aktenkundig, auch zugegangen und wurden angenommen - alles andere wäre nur unhöflich gegenüber den Zivilisationsbringern. Leider verbietet die Verfassung dieses Hinterwäldlerstaates voll korrupter Gierhälse, dass Ausländer so zentrale Anlagen betreiben, wie Flughafenterminals.
Und dann hat die Junta dieser Bananenrepublik auch noch deren Waldverfassungsgericht bemüht. Und das Kommunistenpack hat selbstredend gegen die edle Hessen-AG geurteilt.
Daraufhin hat der Vorstand der AG bei der Bank für Wiederaufbau versucht die Investitionen wieder reinzukriegen. Leider haben deren Kommunisten etwas von "illegal, weil Bestechung... gegen die Verfassung... souveräner Staat" geschrieben. Was wiederum den Vorstand der edelsten aller hessischen AGs zu der Stellungnahme veranlasste, man hätte alles mit größer Sorgfalt geprüft und könne sich das Ganze nicht erklären. Angesichts der Zusammensetzung des Vorstandes zu dieser Zeit, müssen es Leute mit niederwertigerTM Arbeit gewesen sein, die das verzapft haben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 02. Juli 2015, 14:58:07
Zitat von: Belbo am 02. Juli 2015, 14:04:51
Das heisst eigentlich, dass das Land auf einem guten Weg war bis die links/faschistischen Hassadeure das Ruder übernommen haben?

Das konnte ich aus dem Artikel so nicht herauslesen. Die Kernthese ist eher, dass Griechenland trotz der bekannten Defizite (Korruption, aufgeblähter Beamtenapparat etc.) nicht untätig gewesen ist und einen Teil der Forderungen erfüllt hat, die aber weiterhin auf der Liste stehen, bzw. dass einige Kritikpunkte nicht zwangsläufig mit der Realität übereinstimmen.

Bei der Frage ob und wie monokausal die aktuelle griechische Regierung dafür verantwortlich ist, verlinkt der Autor auf folgende Artikel:

http://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2015/06/23/europe-is-destroying-greeces-economy-for-no-reason-at-all/

http://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2015/07/01/the-forgotten-origins-of-greeces-terrible-crisis-will-make-you-think-twice-about-whos-to-blame/?tid=pm_business_pop_b

Mehr als Durchreichen kann ich als Ökonomienull nicht, da es bei mir schon an den Grundlagen hapert.  :gruebel
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 02. Juli 2015, 15:01:23
Zitat von: Antitainment am 02. Juli 2015, 14:58:07
Mehr als Durchreichen kann ich als Ökonomienull nicht, da es bei mir schon an den Grundlagen hapert.  :gruebel

Geht mir leider nicht anders. Ich habe lediglich ein paar Dinge behalten, die ich noch aus dem Wirtschaftsunterricht in der Schule, abgesehen davon bin  ich auch eine Null in dem Bereich.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 02. Juli 2015, 18:27:51
Slavoj Zizek sagt (DIE ZEIT, 02.07.15, S. 41):
ZitatIm Grunde beschuldigen die Kreditgeber und -verwalter also die Syriza-Regierung, sich nicht schuldig genug, sondern unschuldig zu fühlen. Das ist es, was für das EU-Establishment so beunruhigend an der Syriza-Regierung ist: Sie räumt die Schulden ein, tut dies aber ohne Schuldgefühle. Sie hat die Last des Über-Ichs abgeworfen. Varoufakis personifiziert diese Haltung in seinem Umgang mit Brüssel: Er räumt die Schuldenlast ein und argumentiert ganz vernünftig, dass angesichts des offensichtlichen Scheiterns der EU-Politik eine andere Lösung gefunden werden sollte. Paradoxerweise lautet das von Varoufakis und Tsipras wiederholt vorgebrachte Argument, dass die Syriza-Regierung die einzige Chance für die Kreditgeber sei, wenigstens einen Teil ihres Geldes zurückzubekommen.
Was er nicht sagt (um in dieser Terminologie zu bleiben): die geglückte Rebellion des Ichs gegen das Über-Ich ist die Psychose. Wahrscheinlich wollte er die Metapher nicht überstrapazieren.   :crazy
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 02. Juli 2015, 18:39:01
Noch keiner auf den Gedanken gekommen Kroesus, Mammon und Midas zu channeln?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wolleren am 02. Juli 2015, 19:56:33
Zitat von: Belbo am 02. Juli 2015, 18:39:01
Noch keiner auf den Gedanken gekommen Kroesus, Mammon und Midas zu channeln?
Das kann die Regierung Tsipras nicht machen. Erstens käme das einer Rentenkürzung für die drei gleich, und zweitens würden ja reiche Griechen und nicht reiche Deutsche, Slowaken und Portugiesen dran glauben.
Außerdem, ein jährlicher Schuldenschnitt ist doch viel bequemer. Wie man hört, wollen die deutschen Grünen und Linken aus ihren Mitgliedsbeiträgen den permanenten Schuldenschnitt ermöglichen, richtig solidarisch und so.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 03. Juli 2015, 13:52:09
Na sowas, am Ende liegt diese griechische Extremistenregierung vielleicht doch nicht so daneben, mit ihren Taschenspielertricks.
Oder natürlich die viel wahrscheinlichere These: der IWF  (http://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2015/cr15165.pdf)und in dessen Folge auch die Washingon Post (http://www.nytimes.com/2015/07/03/business/international/greece-referendum-bailout.html?hp&action=click&pgtype=Homepage&module=first-column-region&region=top-news&WT.nav=top-news&_r=3) und der Zeit-Blog (http://blog.zeit.de/herdentrieb/2015/07/03/der-iwf-sagt-die-wahrheit-aber-zu-spaet_8561) wurden von Griechischen Anarcho-Kommunisten-Spieltheorie-Taschenspielern übernommen.
Wer hat die Nulpes in Berlin eigentlich gewählt? Wannabe-Elite Nulpes und Elite-Nulpes: blödes Blut
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 03. Juli 2015, 14:31:38
Egal, aber mir tun die Leute echt leid.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/griechenland-wenn-einem-land-das-geld-ausgeht-a-1041844.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 03. Juli 2015, 14:42:37
@Patches O Houlihan

Hier ist eben ein pädagogischer Auftrag versteckt:
Das Kind soll nicht nur einfach die Hausaufgaben machen, sondern die Hausaufgaben mit Einsicht und Freude erledigen. Wo kommen wir da sonst hin?!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 03. Juli 2015, 16:49:28
Zitat von: Sauropode am 03. Juli 2015, 14:31:38
Egal, aber mir tun die Leute echt leid.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/griechenland-wenn-einem-land-das-geld-ausgeht-a-1041844.html

Mir ebenso!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wolleren am 03. Juli 2015, 17:00:45
Zitat von: Patches O Houlihan am 03. Juli 2015, 13:52:09
Na sowas, am Ende liegt diese griechische Extremistenregierung vielleicht doch nicht so daneben, mit ihren Taschenspielertricks.
Oder natürlich die viel wahrscheinlichere These: der IWF  (http://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2015/cr15165.pdf)...

Ich weiß nicht, was andere aus dem vorläufigen Bericht des IWF lesen - außer einer Ohrfeige für die Regierung Tsipras.

Zitat
At the last review  in May 20 14 ,  Greece's public debt was  assessed to be get ting back on a path toward  sustainability , though it remained  highly vulnerable to shocks .  By late summer 20 14, w ith interest rates  having  declin ed further ,  it appeared that  no further debt relief would  have  be en needed under the  November 20 12  framework, if the program were to  have  be en implement ed as agreed .  But significant  changes in policies since then — not least, lower primary surpluses and a weak reform effort that  will  weigh on growth and privatization — are leading to  substantial new financing needs. Coming on top of  the  very high existing deb t, these  new  financing needs render the debt dynamics un sustainable . Th is conclusion holds whether one examines the stock of debt  under the  November 20 12  framework  or  switches the  focus to debt servicing or gross financing needs.  To  ensure that  debt  is  sustainab le  with  high probability ,  Greek policies will need to come back on track  but also ,  at a minimum,  the maturities  of existing European loans  will need to be extended significantly  while new European financing  to meet  financing needs over the  coming years  will need to be  provided  on similar concessional terms . But i f the  package of reforms  under consideration is weake ne d further — in particular , through a further  lower ing  of primary surplus target s  and even weaker structural reforms — haircuts  on debt  will be come necessary. 
Wenn das ultimative Regierungsziel ein Schuldenschnitt ist, kann man diese Ohrfeige sogar wegstecken.

Aber warum sollte man einem Volk, das Regierungen wählt, die ausschließlich Verträge zu Lasten Dritter abschließen wollen, weiterhin irgendeinen Kredit geben? Zerstört die Regierung Tsipras nicht nachhaltig jedes Vertrauen in Griechenland und damit in die Griechen?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 03. Juli 2015, 17:23:43
https://www.youtube.com/watch?v=2AzpHvLWFUM (https://www.youtube.com/watch?v=2AzpHvLWFUM)
Titel: Varoufakis for Dummies
Beitrag von: Hildegard am 03. Juli 2015, 19:35:39
Wie Varoufaktis denkt. Klingt plausibel. Erklärt viel. http://www.manager-magazin.de/politik/meinungen/wie-yanis-varoufakis-denkt-michael-porter-und-spieltheorie-a-1041154.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 03. Juli 2015, 19:39:30
Zitat
Der eine Baustein ist die auf Michael Porter und das Jahr 1976 zurückgehende Marktaustrittsbarriere. Danach muss man immer dafür sorgen, dass die Kosten des Gegenspielers so hoch werden, dass er sich nicht (mehr) zurückziehen kann und damit erpressbar wird.

mies
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 03. Juli 2015, 19:48:30
Zitat von: Sauropode am 03. Juli 2015, 18:49:17
Wer wirklich die Wahrheittm wissen will, liest das (https://www.jungewelt.de/2015/07-04/001.php).

Daraus:
ZitatSeinen Vorschlag, im November 2011 über den Verbleib seines Landes in der Euro-Zone ein Referendum abzuhalten, überlebte der griechische Ministerpräsident Papandreou politisch nur wenige Tage. Damit ging er für die »Institutionen«, die sich damals noch Troika nannten, einen Schritt zu weit. Die Politik im Land, vom Budget über die Verwaltung der Steuereinnahmen bis zu wirtschaftlichen und sozialen Agenden, war nach der Einsetzung der Troika nicht mehr verhandelbar. Und das Begehren, demokratisch nachfragen zu lassen, war für Brüssel trotz Papandreous Zusicherung, seinen Namen für die Fortsetzung der Maßnahmen in die Waagschale zu werfen, unannehmbar. Papandreous Abgang war kurz und schmerzlos, jedenfalls für die Interessen des Kapitals.
Ich habe gerade irgendwo gelesen, dass Tsipras damals scharf gegen das Referendum aufgetreten ist; der Büttel des Kapitals, der.

Im Übrigen: Unterstellen wir einmal für einen Moment, dass die ,,Analyse" richtig und die Ansprüche der griechischen wie der deutschen Linken in jeder Hinsicht völlig berechtigt wären. Dann wäre die Erwartung, dass das ,,Kapital" ,,die Griechen" nicht kaltschnäuzig fallen lassen würde, einfach nur blauäugig. Haben die ernsthaft geglaubt, ein von Jesuiten gebriefter Schäuble würde betroffen in sich gehen, wenn von deutscher Kriegsschuld die Rede ist? In der selben Sekunde würde er doch vom ,,Kapital" hinausgeworfen werden! Das wäre selbst innerhalb dieser Ideologie hirnrissig.

Eine Politik, die innerhalb eines halben Jahres in ein so bitteres Desaster führt, kann ich mir nicht anders als amateurhaft vorstellen. Ich habe schon das Gefühl, dass die Regierung nicht weiter als eine Woche vorausdenkt. Auf mich wirkt das infantil: Wenn man das Elend der Griechen erstmal richtig sieht, dann werden die Europäer klein bei geben; ,,geschieht meinen Eltern ganz recht, dass mir die Hände erfrieren; warum kaufen sie mir keine Handschuhe". Die glauben, es wird ein Wunder geschehen, die europäischen Regierungschefs werden sich beim griechischen Volk entschuldigen und sagen, ,,Klar, Jungs, war blöd von uns, wir verzichten auf die Knete".

Es wird kein Wunder geschehen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 03. Juli 2015, 19:54:21
Zuerst frage ich micht, was die unter dem "Kapital" eigentlich verstehen?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 03. Juli 2015, 19:56:13
Zitat von: Sauropode am 03. Juli 2015, 19:54:21
Zuerst frage ich micht, was die unter dem "Kapital" eigentlich verstehen?

Die Herren mit den dicken Bäuchen und den Zylinderhüten, die Zigarren schmauchen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 03. Juli 2015, 19:59:54
Demnach ist dieser Begriff nicht mit diesem (https://de.wikipedia.org/wiki/Kapital) identisch. 
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 04. Juli 2015, 16:36:46
Zitat von: Pelacani am 03. Juli 2015, 19:48:30
Es wird kein Wunder geschehen.

Das Flaggschiff des Kapitals, die New York Times (ach nee, das wäre ja das Wall Street Journal, egal), ist der gleichen Ansicht:
ZitatMr. Tsipras ... believes a "no" vote would let him return to negotiate in Brussels from a position of strength. This reveals a stubbornness to face facts that amounts to a kind of magical thinking.
http://www.nytimes.com/2015/07/02/opinion/dont-bet-on-syriza-alexis-tsipras-greece.html?_r=1
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 04. Juli 2015, 16:58:39
Auch etwas ungeschickt, die vermeindlich zukünftigen Verhandlungspartner nicht nur als Verbrecher, sondern auch noch als Terroristen zu beschimpfen. Wenn die Spieler den Spieltisch verlassen haben, hilft es wenig, noch tollere Bluffs auszuspielen. Scheint er nicht zu kapieren.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 04. Juli 2015, 17:19:56
... und es geht ja letztlich nicht um den Wettkampf der Systeme, denn:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/evolution-und-wirtschaftsysteme-die-gier-ist-aelter-als-der-kapitalismus-1.2547695 (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/evolution-und-wirtschaftsysteme-die-gier-ist-aelter-als-der-kapitalismus-1.2547695)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 04. Juli 2015, 17:41:23
Das mögen ja klassische Methoden der Spieltheorie sein, aber für welches Spiel, russisches Roulette?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 09:49:32
Abwarten und Tee trinken. Das wird bestimmt faszinierend, wenn es zu Ende geht, und, egal wie es zu Ende geht, wird es nochmal eine solide Meinungs-Fokussierung der LügenpresseTM geben.
Ich jedenfalls bin gespannt.
:kaffee
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wolleren am 05. Juli 2015, 16:04:40
Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 09:49:32
Abwarten und Tee trinken. Das wird bestimmt faszinierend, wenn es zu Ende geht, und, egal wie es zu Ende geht, wird es nochmal eine solide Meinungs-Fokussierung der LügenpresseTM geben.
Ich jedenfalls bin gespannt.
:kaffee
Ja, das gibt wieder ein schönes Narrativ. Und dass die Griechen in Zukunft ein Dauerabo auf den Kunden des Monats von Moskau-Inkasso haben, lass ich mir von einem schönen vinho verde versüßen. So lässt es sich leben!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 16:20:36
Ich war mir sicher, dass Europa Griechenland auf keinen Fall fallen lässt, egal was Tsipras anstellt. Offensichjtlich war Tsipras der gleichen Anischt ...

Ich kann es immer noch nicht glauben; ich würde mich nicht wundern, wenn das nächste Hilfspaket schon fertig ist und sofort nach dem Referendum kommt, egal welches Ergebnis dabei rauskommt. Wie soll es auch sonst weitergehen? Den "Grexit" halte ich eigentlich nachwievor für völlig unmöglich, und daher kann es auch nciht zu einem Staatsbankrott kommen, denn dann wäre Griechenland kaum noch im Euro zu halten. Ein Euro-Austritt ist aber nicht nur ausdrücklich nicht vorgesehen, sondern wäre für beide Seiten eine Katastrophe. Griechenland würde Gefahr laufen, zum Entwicklungsland zurückzufallen, und die EU würde allein durch den Beweis, dass so etwas möglich ist, zeigen, dass die europäische Einigung nicht für immer ist, sondern bei Bedarf auch rückgängig gemacht werden kann, wodurch sie extrem geschwächt würde.

Die Sache ist die: Egal wie viel Geld die EU in Griechenland investieren muss, es ist den Zusammenhalt der EU wert. Und egal wie viel Zugeständnisse Griechenland machen muss, um an Geld zu kommen, es ist es wert, wenn dadurch detr totale Zusammenbruch erhindert wird. Und das wissen beide Seiten auch. Aber beide wollen natürlich möglichst günstig In dieser Situation verliert der, der angesichts der bevorstehenden Katastrophe als erster nachgibt. Deswegen zögern beide bis zum Letzten.

Aber auch wenn ich mittlerweile ernste Zweifel bekommen habe, ich neige immer noch zu der Ansicht, das beide Seiten vernünftig genug sind, lieber ein schlechtes Verhandlungsergebnis im Kauf zu nehmen, als tatsächlich die Katastrophe zu riskieren.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 05. Juli 2015, 16:25:21
Das Problem ist doch, wenn es bei Griechenland jeden Preis Wert, ist warum sollte das bei Portugal, Bulgarien oder Rumänien anders sein?

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 16:20:36
Die Sache ist die: Egal wie viel Geld die EU in Griechenland investieren muss, es ist den Zusammenhalt der EU wert. Und egal wie viel Zugeständnisse Griechenland machen muss, um an Geld zu kommen, es ist es wert, wenn dadurch detr totale Zusammenbruch erhindert wird. Und das wissen beide Seiten auch. Aber beide wollen natürlich möglichst günstig In dieser Situation verliert der, der angesichts der bevorstehenden Katastrophe als erster nachgibt. Deswegen zögern beide bis zum Letzten.
naja, wenn es dein direktes Geld wäre, würdest du so nicht schreiben, vielleicht auch nicht, wenn du jedes mögliche oder unmögliche Zugeständnis machen solltest...

sagen wir es, wie es ist: ich und du und die insbesondere die vielen Hartz-4-Bezieher haben über unseren Verhältnissen gelebt und da bleibt eben unseren Kommunikationsexperten in Berlin (https://www.youtube.com/watch?v=bnR56OhG2Zs) nicht mehr so viel Zaster übrig, um Rotgriechen zu retten... bedenke nur die Rotukraine und die Krim. Der Russe steht vor der Tür, neben ihm der Türke und hinter dem Russen gleich der Chinese. Der Afrikaner versuchts vom Süden und unsere amerikanischen Freunde wollen immer alles wissen. Wo soll das nur hinführen?

Edit:
Einen Sieg um jeden Preis nennt man für gewöhnlich eine Niederlage.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 05. Juli 2015, 16:39:30
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 16:20:36
Griechenland würde Gefahr laufen, zum Entwicklungsland zurückzufallen,

LOL!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 05. Juli 2015, 16:40:02
(https://pbs.twimg.com/media/CJFibfFWcAAu5Hw.jpg)


Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 05. Juli 2015, 17:11:37
Ich sehe diese Art eines "Referdingsbums" eigentlich nicht als Euro-Verbleibs-, Euro-Unterwerfungs- oder Euro-"Befreiungs"-Aktion. Ähnlich wie beim anstehenden "Brexit" (auf den ich persönlich sogar - ganz ehrlich gesagt - *hoffen* würde) wäre eine hohe Zustimmung zu diesem komischen "Nein" (oder was auch immer) in Verbindung mit der Stützung der *gewählten* amtierenden Regierung ein eindeutiges Votum dafür, die Zugehörigkeit zur EU mindestens mittelfristig aufzukündigen. Alles andere ergäbe keinen Sinn, da bei Verbleib in der EU letztlich doch immer alle möglichen Standards mitgetragen und -verantwortet werden müssen. Es geht also eigentlich auch in Griechenland um die Frage, ob sich das Staatsvolk in die Gemeinschaft hineinbequemen oder doch lieber autark bleiben will. Wie schon zugegeben hielte ich persönlich es im Falle solcher Winz-Ökonomien für wesentlich vernünftiger, den sauren Apfel (durchaus radikaler) "kultureller" Änderungen (von mir aus zähneknirschend) zu schlucken. Bei den Brits hingegen wünsche ich mir nach den vielen, vielen Jahren beständiger, dafür aber doppelt verläßlicher Heckenschießeren hingegen den Austritt sehnlicher als selbst die überzeugtesten Jingoisten. *Noch* lieber wäre mir nur noch, wenn England sich vom hiesigen Festlandssockel lösen würde und drüben bei den vermeintlichen Neffen&Nichten festmachen wollte (wobei ich mir einen ganzen Berg an Pop-Corn zulegen würde angesichts der erwartbaren epischen Streitereien zwischen der City gegen Stadt&Land, England gegen Wales, Schottland, Nordirland und sonstiger Kleinkram und dann der erwartbaren bitteren Erkenntnis nach dem Festmach-Versuch bei den vermeintlichen Verwandten, dass sie eher unwillkommene Schnorrer sind...).

Auf jeden Fall ist weder die EWG, noch die EU, noch die diversen sonstigen gültigen damit zusammenhängenden Übereinkünfte ein Zwangskorsett. Auch wenn (aus vielen guten Gründen) nicht paragraphiert vorgesehen, besteht und bestand sicher niemals ein Zweifel daran, dass ein Mitglied (vielleicht sogar durchaus eine Region eines Mitglieds) komplett in eigenständige Verantwortlichkeit zurück kann, wenn es das möchte.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 18:09:58
Zitat von: Belbo am 05. Juli 2015, 16:25:21
Das Problem ist doch, wenn es bei Griechenland jeden Preis Wert, ist warum sollte das bei Portugal, Bulgarien oder Rumänien anders sein?

Es ist nicht anders. Das ist ja das große Problem dabei. Darum darf die EU erst recht nicht offen zugeben, dass sie Griechenland um jeden Preis rettet, denn dann würde nicht nur Griechenland eine viel bessere Verhandlungsposition haben, sondern auch alle anderen Länder, die in finanzielle Schieflage geraten. Bzw. würden sie dann vermutlich gar keinen Anreiz mehr haben, vernüftig zu wirtschaften, denn wenn es schief geht, zahlt eh die EU. Aber es ändert nichts daran, dass es blöderweise so ist.

Dagegen hilft nur, die Kompetenz der EU zu stärken, auch wenn das schwert wird, weil das den Provinzfürsten natürlich nicht gefällt. Es darf auf Dauer nicht sein, dass ein Varoufakis (oder auch ein Schäuble) irgendwas macht, was nciht vorher von Brüssel abgesegnet wurde.

Unglücklicherweise haben die Krisen ja bisher dazu geführt, dass die europäische Einigung weit langsamer vorangeht. Wo ist z. B. das einheitliche Straf- und Zivilrecht, von dem man vor einigen Jahren noch lesen konnte? Verrottet vermutlich in irgend einer Schublade, weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt eh nciht durchsetzbar. Dieser Trend muss auf jeden Fall umgekehrt werden, damit die EU gestärkt aus der Krise hervorgeht.

Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
naja, wenn es dein direktes Geld wäre, würdest du so nicht schreiben, vielleicht auch nicht, wenn du jedes mögliche oder unmögliche Zugeständnis machen solltest...

Sorry, aber das "wenn es dich selbst erwischen würdest, würdest du es anders sehen"-Argument konnte ich noch nie ausstehen. Darauf antworte ich lieber gar nicht erst.

Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
sagen wir es, wie es ist: ich und du und die insbesondere die vielen Hartz-4-Bezieher haben über unseren Verhältnissen gelebt und da bleibt eben unseren Kommunikationsexperten in Berlin (https://www.youtube.com/watch?v=bnR56OhG2Zs) nicht mehr so viel Zaster übrig, um Rotgriechen zu retten...

Hä? Die Hartz-4-Bezieher sind schuld? Das meinst du doch nicht ernst?

Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
bedenke nur die Rotukraine und die Krim. Der Russe steht vor der Tür, neben ihm der Türke und hinter dem Russen gleich der Chinese. Der Afrikaner versuchts vom Süden und unsere amerikanischen Freunde wollen immer alles wissen. Wo soll das nur hinführen?

Ich hoffe, zu einem starken, einigen Europa, dass in einier Liga spielt mit Russland, China und Amerika, statt einem Haufen von Kleinstaaten, die nur so stark und so lange zusammenhalten, wie das von ihnen gerade als praktisch empfunden wird. Gerade das Beispiel der Ukraine zeigt, dass es das Schicksal von Kleinstaaten ist, "Vorgarten" der Großstaaten zu sein. Die Großen handeln, die Kleinen werden gehandelt. Und darum muss Europa zu den Großen gehören. Das spricht natürlich keiner so aus, aber ich denke, dass der Gedanke in Brüssel (und darüber hinaus) durchaus weit verbreitet ist.

Zitat von: Groucho am 05. Juli 2015, 16:39:30
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 16:20:36
Griechenland würde Gefahr laufen, zum Entwicklungsland zurückzufallen,
LOL!

Ich habe nicht behauptet, dass es zwangsläufig so kommt, nicht einmal dass es wahrscheinlich wäre, sonder nur dass das Risiko besteht, und es immerhin groß genug ist, es nicht einzugehen.

Zitat von: ajki am 05. Juli 2015, 17:11:37
Auf jeden Fall ist weder die EWG, noch die EU, noch die diversen sonstigen gültigen damit zusammenhängenden Übereinkünfte ein Zwangskorsett. Auch wenn (aus vielen guten Gründen) nicht paragraphiert vorgesehen, besteht und bestand sicher niemals ein Zweifel daran, dass ein Mitglied (vielleicht sogar durchaus eine Region eines Mitglieds) komplett in eigenständige Verantwortlichkeit zurück kann, wenn es das möchte.

Ich sehe das gerade andersherum: Obwohl mittlerweile festgeschrieben ist, dass Staaten wieder austreten könnten, halte ich das für eine rein theoretische Möglichkeit, die nie praktisch angewendet werden wird. Kein Staat dieser Welt (und die EU ist meiner Ansicht nach eindeutig ein Staat, auch wenn sie sich aus Rücksicht auf die "Provinzfürsten" nicht so nennen darf) lässt es unwidersprochen zu, dass sich irgendwelche Provinzen selbstständig machen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 05. Juli 2015, 18:42:22
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 18:09:58
Zitat von: Groucho am 05. Juli 2015, 16:39:30
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 16:20:36
Griechenland würde Gefahr laufen, zum Entwicklungsland zurückzufallen,
LOL!

Ich habe nicht behauptet, dass es zwangsläufig so kommt, nicht einmal dass es wahrscheinlich wäre, sonder nur dass das Risiko besteht, und es immerhin groß genug ist, es nicht einzugehen.

Du hast mein LOL falsch verstanden. Griechenland IST ein Entwicklungsland, wenn man so die Kriterien betrachtet, die zu einer solchen Bezeichnung führen.
- Es gibt keine Rechtssicherheit bez. Grundbesitz und auch keine Anstalten, das ändern zu wollen.
- Es gibt sogut wie kein Sozialsystem - die Rente ist das einzige (darum auch so wichtig)
- Das Land kann sich nicht selbst ernähren und muss 50% (!!) seiner Nahrungsmittel importieren, ob wohl es theoretisch locker dazu in der Lage wäre.
- Es gibt einen riesigen Beamtenapparat, der es aber gleichzeitig nicht schafft, Steuern einzutreiben oder gar so verwegene Dinge wie ein Kataster anzugehen.
- Arzt- oder Behördenbesuche nur mit Geldumschlag sind Standard.
- Das Militärbudget ist doppelt so hoch wie z.B. in D, man leistet sich z.B. teure deutsche Hightech-U-Boote (die deutschen Werften freuts)
- Ausländische Angebote, Schwarzgeld zu besteuern werden nachhaltig ignoriert
- Eine nennenswerte Industrie existiert nicht.

An alledem ernsthaft irgendwas zu ändern, daran besteht - egal welche Regierung nun grad am Zug ist - offenbar nicht.
Muss auch nicht sein. Wenn die Griechen das mehrheitlich so wollen, ist das ihr Bier, und ok.

Politisch Griechenland in der EU halten zu wollen, ist vermutlich auch eher besser, zumal dann die Kräfte in Gr., die etwas ändern wollen, dann auch bisschen mehr Chancen haben.

Im Euro zu bleiben ist Wahnsinn, eine Währung funktioniert nun mal eher nach ökonomischen Prinzipien, und da läuft das halt nicht. Außer, man beschließt eine permanente Transferunion und pumpt weiterhin Milliarden rein. Der Preis dafür dürfte viel höher sein als die Zahlen selber.

Aber ich bin da ja nur Laie, ist nur meine momentane Sicht nachdem, was mir so an allgemeiner Info zugänglich ist. Vielleicht kommt es ganz anders. Ich glaube es allerdings nicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 05. Juli 2015, 19:02:48
Die Auszählung läuft, bisher 60% gegen die Sparpläne.

http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/griechenland-krise-varoufakis-staenkert-gegen-schaeuble-wollte-2012-schon-den-grexit_id_4796953.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 05. Juli 2015, 19:18:43
Und so sieht das ein an Hegel, Marx und Lacan geschulter Denker:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-slavoj-zizek-im-interview-ueber-tripras-a-1042151.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-slavoj-zizek-im-interview-ueber-tripras-a-1042151.html)

ZitatDies ist unsere heutige Lage in Bezug auf Europa: Nur eine neue Häresie - momentan von Syriza vertreten - kann jenes sichern, was des Sicherns im europäischen Erbe wert ist: Demokratie, Vertrauen in die Menschen, egalitäre Solidarität. Jenes Europa, das gewinnen wird, wenn Syriza ausgebootet ist, wird ein Europa der asiatischen Werte sein. Der zeitgenössische Kapitalismus begrenzt die Demokratie.

Da geht's natürlich um das wirklich Grundsätzliche. Dagegen können so Popelforderungen wie ein Katasterverzeichnis natürlich nicht anstinken.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 05. Juli 2015, 19:35:04
Scheint festzustehen, dass die Griechen Oxi zu Reformen gesagt haben...  :(
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 06. Juli 2015, 06:43:25
Dieter Nuhr bringts aufn Punkt:

Zitat
Meine Familie hat demokratisch abgestimmt: Der Hauskredit wird nicht zurückgezahlt. Ein Sieg des Volkswillens!

https://www.facebook.com/nuhr.de/posts/835277019860925
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 06. Juli 2015, 07:08:45
Varoufakis hat wohl erstmal ausgespielt, ich muss da an die Nager und das sinkende Schiff denken...

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-dem-referendum-griechischer-finanzminister-varoufakis-tritt-zurueck-1.2537334
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 06. Juli 2015, 07:57:28
Zitat von: Belbo am 06. Juli 2015, 07:08:45
Varoufakis hat wohl erstmal ausgespielt, ich muss da an die Nager und das sinkende Schiff denken...

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-dem-referendum-griechischer-finanzminister-varoufakis-tritt-zurueck-1.2537334

Hä, ich dachte, dass er das nur bei einer Zustimmung zu den Reformen machen will......?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 06. Juli 2015, 08:14:35
Er wird die Konsequenzen sehen und sich vor der Verantwortung dafür drücken wollen - der Verantwortung für sein Agieren. Erbärmlich!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Bloedmann am 06. Juli 2015, 08:27:20
Den Karren mit Karacho in den Dreck fahren und sich dann mit dem Bike in den Sonnenuntergang verabschieden aus den Staub machen - da bleibt mir schon ein wenig die Spucke weg, angesichts solcher Dreistigkeit.

Mich täte mal interessieren wo dem seine Konten laufen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 06. Juli 2015, 08:29:43
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 18:09:58
... dass Staaten wieder austreten könnten, halte ich das für eine rein theoretische Möglichkeit, die nie praktisch angewendet werden wird. [EU als verwirklichter "Staat"] lässt es [nicht] zu, dass sich irgendwelche Provinzen selbstständig machen.

Diese Auffassung kann ich nicht nachvollziehen. Aus meiner Perspektive ist ganz im Gegenteil zu unser aller Verdruss und Schaden eine Entwicklung der letzten 20 Jahre klar: alle Schritte zu einer Konstitution eines (wie auch immer gearteten) gesamteuropäischen Staatswesen wurden auf allen Ebenen *nicht* gemacht. Eine Verfassung wurde in mehreren Staaten (in denen es gesetzlich erforderlich ist) durch allgemeine Abstimmungen abgelehnt. In anderen Staaten (u.a. Dtschl.), in denen eine Akklamation durch die Staatsführung ausreichend wäre, wurde oberhalb von wohlwollenden Absichtserklärungen diese Akklamation irgendeines Entwurfs nicht geleistet. In den letzten 20 Jahren verstärkt sich in allen Mitgliedsstaaten der Gegendruck durch EU-Skeptiker/-Gegner - bis hin zur aktuellen Regierungsübernahme durch solche Strömungen in einigen Mitgliedsländern. Kein mir bekannter Einzelstaat hat meines Wissens bislang öffentlich oder wenigstens implizit erklärt, auf irgendwelche Souveränitätsrechte ohne Absicherung und Kompensation verzichten zu wollen. Ganz im Gegenteil haben nationale höchste Verfassungsgerichte in den letzten Jahren verschiedentlich dahingehend geurteilt, dass die letztliche Hoheit auch dauerhaft bei den Nationalstaaten zu verbleiben habe (zumindest sind die Hürden an eine Hoheitsübergabe an einen supranationalen Organisationsrahmen sehr hoch gelegt worden).

Aus all' dem scheint mir völlig eindeutig festzustehen, dass sowohl nach faktischem Stand als auch nach erkennbaren Absichten von irgendeinem verwirklichten Staatswesen auf EU-Ebene *nicht* gesprochen werden kann.

Wie anderweitig auch schon angeklungen, bin ich mit Dir der Auffassung, dass diese Entwicklung fatal ist - vor allem dann, wenn man andererseits tiefgreifende gemeinsame Institutionen errichtet. Es scheint mir persönlich ziemlich eindeutig so zu sein, dass man nicht gleichzeitig einen Fisch essen *und* ihn behalten kann. Daran krankt - wie glaube ich jeder Bürger der EU weiß und spürt - die ganze mißliche Konstruktion einer Errichtung einer gemeinsamen Währung, einer EU-Zentralbank ---- *ohne* Finanzunion (inklusive Haushalt, parlamentarische Kontrolle, Souveränitatsübertrag..........). Natürlich ist eine Finanzunion ohne Sozialunion, ohne Rechtsunion, ohne .....(sonstige Union) letztlich nicht zu machen, weil alle staatlichen Institutionen viel zu sehr gegenseitig aufeinander gestützt sind.

Wäre die EU ein verwirklichter Staat, dann wäre ein Austritt daraus gewiss ein äußerst schwieriges und gewagtes Unterfangen. Aber selbst dann müßte er immer noch *möglich* und keineswegs exotisch sein - denn ich denke, man kann mit großer Gewissheit davon ausgehen, dass ein potentieller EU-Staat allen in Westeuropa geltenden Vorstellungen von "good governance" verpflichtet bliebe. Wozu eben unter anderem selbstverständlich auch gehören würde, dass irgendwelche ernsthaften Autonomiebestrebungen (also alles deutlich oberhalb von Folklore) im Rahmen der nicht antastbaren Selbstbestimmungsrechte echter Bürger gewürdigt und respektiert werden müßten (s. Schottland, Katalonien, Baskenland.... im Rahmen von Autonomiebestrebungen hinsichtlich [historischer] nationaler Unionen).
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 06. Juli 2015, 08:40:32
Nicht lustig!  >:(
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Conina am 06. Juli 2015, 09:39:51
Das ist total daneben, der (https://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Lafontaine#Bundesfinanzminister_1998.2F1999) passt besser:
(http://img.welt.de/img/vermischtes/crop122576927/4079599686-ci3x2l-w540-aoriginal-h360-l0/Anne-Will.jpg)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 06. Juli 2015, 09:52:47
Zitat von: MrSpock am 06. Juli 2015, 08:40:32
Nicht lustig!  >:(

Nö, der passt besser:

(https://img.memecdn.com/voldemort-is-greek-finance-minister-varoufakis_o_4537855.jpg)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Conina am 06. Juli 2015, 10:00:26
Na ja, Lafontaine war auch Finanzminister und hat sich bei einer Krise verdünnisiert.
Ich meinte nicht das Optische.

Der Bartoschek hatte eine ähnliche Assoziation und hat ihn als Narzissten ferndiagnostiziert:

http://www.ruhrbarone.de/feiger-varoufakis/110042
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 06. Juli 2015, 10:52:43
Abseits von zweifelhaften psychologischen oder optischen Ferndiagnosen:

Absolut-Aussagen wie "nie" und "um jeden Preis" sind bekanntlich fast immer falsch.

Die Eurozone wurde gegründet, um einen starken Wirtschaftsraum zu schaffen und der Weltleitwährung Dollar Paroli zu bieten. Wenn der Euroraum nun bekannt wird als die Währungszone, die ihr Geld "um jeden Preis" in einem Fass ohne Boden versenkt, was macht das wohl mit der Stabilität der Währung.

In dem Bestreben, ihren Wirtschaftsraum und damit Abstzmarkt immer weiter auszudehnen und Handelsschranken für die großen Exportländer zu beseitigen,  haben die EU-Staaten in den letzten Jahren auch noch das letzte Randland hereingelassen (außer der Türkei, die es zwar wirtschaftlich draufhätte, aber politisch nicht). Jetzt stellt sich heraus, dass die Gier nach Absatzmärkten den Blick für ökonomische Realitäten verstellt hat. Das sollte korrigiert werden, bevor die Erosion fortschreitet.

Für die Griechen wäre es natürlich besser, in der Familie mit den starken Ernährern zu bleiben - auch wenn die Mutti zur Zeit streng aufs Taschengeld schaut. Aber für Europa ist es besser, dass sie genauso reagiert haben, wie ein Kind reagieren würde, wenn man es fragt, ob es einer Taschengeldkürzung zustimmt.

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Conina am 06. Juli 2015, 11:40:11
Was heißt denn Gier?
Sind korrupte Politiker und Beamte ind Griechenland nicht auch gierig?

Ich glaube, Arroganz und Ahnungslosigkeit waren auch nicht ganz unbeteiligt an der Herbeiführung der derzeitigen Situation.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 06. Juli 2015, 15:15:13
ZitatTsipras' Sieg für die Würde
Mit seinem Sieg beim Referendum hat Griechenlands Regierungschef einen Triumph errungen.
Zitat+++ 22:43 Schulz: Humanitäres Hilfsprogramm soll sofort starten +++
Was macht es da schon, wenn man als europäisches Land und EU-Mitglied auf humanitäre Hilfe angewiesen sein wird, wie sie sonst nur in Kriegen oder in anderswie failing states erforderlich ist. Das hat nichts mit Würde zu tun, das ist ja etwas ganz anderes.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 06. Juli 2015, 15:37:01
Zitat von: Hildegard am 06. Juli 2015, 10:52:43
In dem Bestreben, ihren Wirtschaftsraum und damit Abstzmarkt immer weiter auszudehnen und Handelsschranken für die großen Exportländer zu beseitigen,  haben die EU-Staaten in den letzten Jahren auch noch das letzte Randland hereingelassen (außer der Türkei, die es zwar wirtschaftlich draufhätte, aber politisch nicht). Jetzt stellt sich heraus, dass die Gier nach Absatzmärkten den Blick für ökonomische Realitäten verstellt hat. Das sollte korrigiert werden, bevor die Erosion fortschreitet.

Sicher richtig. Wobei ich sogar einigen Politikern trotz allem auch noch edle Motive unterstellen würde, was an der Sache natürlich nichts ändert.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 06. Juli 2015, 16:37:45
Schaun mer mal....

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-marxist-tsakalotos-wird-neuer-finanzminister-1.2537334

ZitatEuklid Tsakalotos wird der Nachfolger von Yanis Varoufakis. Tsakalotos ist bisher Vize-Außenminister und ein Chefunterhändler Griechenlands in der Euro-Krise. Der Wirtschaftsprofessor gilt in Athen als bescheiden und freundlich - und ist ein erklärter Marxist. Tsakalotos wurde 1960 in Rotterdam geboren, hat an den britischen Universitäten von Oxford und Sussex Ökonomie und Philosophie studiert. Er spricht geschliffenes britisches Englisch. Seit 2012 sitzt er im griechischen Parlament, er gehört auch der Parteiführung von Syriza an. Er soll noch an diesem Montag vereidigt werden, damit er am Dienstag in Brüssel verhandeln kann. "Tsakalotos ist viel seriöser als Varoufakis, aber auch ein überzeugter Marxist", sagt Stathis Kalyvas, Politikprofessor in Yale. Zuvor hatte Varoufakis in seinem Blog unter der Überschrift "Kein Minister mehr" angekündigt, dass er zurücktritt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
Zitat von: Conina am 06. Juli 2015, 11:40:11
Was heißt denn Gier?
Sind korrupte Politiker und Beamte ind Griechenland nicht auch gierig?

glaubst Du wirklich, man kann die ganze Situation am Schreckgespenst der Korruption festmachen?

Zitat von: Conina am 06. Juli 2015, 11:40:11
Ich glaube, Arroganz und Ahnungslosigkeit waren auch nicht ganz unbeteiligt an der Herbeiführung der derzeitigen Situation.

... auf beiden Seiten ...

lesenswert:

http://www.zeit.de/2015/26/thomas-piketty-schulden-griechenland?wt_zmc=sm.int.zonaudev.facebook.ref.zeitde.dskshare.link.x&utm_medium=sm&utm_source=facebook_zonaudev_int&utm_campaign=facebook_referrer&utm_content=zeitde_dskshare_link_x
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 06. Juli 2015, 17:45:39
Zitat von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
Zitat von: Conina am 06. Juli 2015, 11:40:11
Ich glaube, Arroganz und Ahnungslosigkeit waren auch nicht ganz unbeteiligt an der Herbeiführung der derzeitigen Situation.
... auf beiden Seiten ...
Arroganz: möglich. Ahnungslosigkeit? Davon sagt Piketty kein Wort.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 06. Juli 2015, 18:02:05
Zitat von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
glaubst Du wirklich, man kann die ganze Situation am Schreckgespenst der Korruption festmachen?

Christian Ude, wahrlich kein Gegner Griechenlands:

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html (http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html)

ZitatIn Griechenland wird man bei der Telefongesellschaft als Depp angesehen, wenn man kein Schwarzgeld auf den Schreibtisch legt. Und ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen. Griechen empfinden es als Zumutung, dem Finanzamt Geld zu geben.

Es ist mehr als Korruption, die Griechen wollen offenbar keinen Staat, wie wir ihn kennen:  "ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen."

Was soll man denn zu sowas noch groß sagen?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 06. Juli 2015, 18:05:57
Zitat von: Groucho am 06. Juli 2015, 18:02:05
Zitat von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
glaubst Du wirklich, man kann die ganze Situation am Schreckgespenst der Korruption festmachen?

Christian Ude, wahrlich kein Gegner Griechenlands:

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html (http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html)

ZitatIn Griechenland wird man bei der Telefongesellschaft als Depp angesehen, wenn man kein Schwarzgeld auf den Schreibtisch legt. Und ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen. Griechen empfinden es als Zumutung, dem Finanzamt Geld zu geben.

Es ist mehr als Korruption, die Griechen wollen offenbar keinen Staat, wie wir ihn kennen:  "ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen."

Was soll man denn zu sowas noch groß sagen?

Tea Party?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 06. Juli 2015, 18:50:25
Zitat von: Belbo am 06. Juli 2015, 18:05:57
Zitat von: Groucho am 06. Juli 2015, 18:02:05
Zitat von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
glaubst Du wirklich, man kann die ganze Situation am Schreckgespenst der Korruption festmachen?

Christian Ude, wahrlich kein Gegner Griechenlands:

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html (http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Interview-Christian-Ude-rechnet-mit-den-Griechen-ab-id34634997.html)

ZitatIn Griechenland wird man bei der Telefongesellschaft als Depp angesehen, wenn man kein Schwarzgeld auf den Schreibtisch legt. Und ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen. Griechen empfinden es als Zumutung, dem Finanzamt Geld zu geben.

Es ist mehr als Korruption, die Griechen wollen offenbar keinen Staat, wie wir ihn kennen:  "ich musste sogar einen Anwalt beauftragen, um endlich Grundsteuer für meine Immobilie bezahlen zu dürfen."

Was soll man denn zu sowas noch groß sagen?

Tea Party?
Klinkt ja fast so, als wäre es der Traum des Bloggers vom Feuerbringer Blog.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 06. Juli 2015, 19:39:46
Zitat von: Ladislav Pelc am 05. Juli 2015, 18:09:58
Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
naja, wenn es dein direktes Geld wäre, würdest du so nicht schreiben, vielleicht auch nicht, wenn du jedes mögliche oder unmögliche Zugeständnis machen solltest...

Sorry, aber das "wenn es dich selbst erwischen würdest, würdest du es anders sehen"-Argument konnte ich noch nie ausstehen. Darauf antworte ich lieber gar nicht erst.

Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
sagen wir es, wie es ist: ich und du und die insbesondere die vielen Hartz-4-Bezieher haben über unseren Verhältnissen gelebt und da bleibt eben unseren Kommunikationsexperten in Berlin (https://www.youtube.com/watch?v=bnR56OhG2Zs) nicht mehr so viel Zaster übrig, um Rotgriechen zu retten...

Hä? Die Hartz-4-Bezieher sind schuld? Das meinst du doch nicht ernst?

Zitat von: Patches O Houlihan am 05. Juli 2015, 16:33:44
bedenke nur die Rotukraine und die Krim. Der Russe steht vor der Tür, neben ihm der Türke und hinter dem Russen gleich der Chinese. Der Afrikaner versuchts vom Süden und unsere amerikanischen Freunde wollen immer alles wissen. Wo soll das nur hinführen?

Ich hoffe, zu einem starken, einigen Europa, dass in einier Liga spielt mit Russland, China und Amerika, statt einem Haufen von Kleinstaaten, die nur so stark und so lange zusammenhalten, wie das von ihnen gerade als praktisch empfunden wird. Gerade das Beispiel der Ukraine zeigt, dass es das Schicksal von Kleinstaaten ist, "Vorgarten" der Großstaaten zu sein. Die Großen handeln, die Kleinen werden gehandelt. Und darum muss Europa zu den Großen gehören. Das spricht natürlich keiner so aus, aber ich denke, dass der Gedanke in Brüssel (und darüber hinaus) durchaus weit verbreitet ist.
Dein Detektor ist kaputt:
:ironie:
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 08. Juli 2015, 08:27:48
Ertapp mich ja auch hin und wieder bei dem Gedanken, daß das reiche D vielleicht doch zu hart mit dem armen Griechenland umspringt, andererseits...

ZitatDoch verglichen mit der Stimmung in anderen Ländern ist die deutsche Haltung regelrecht moderat. In manchen Staaten dagegen, die in den vergangenen Jahren harte Wirtschafts- und Sozialreformen hinter sich gebracht haben, ist spätestens seit dem Referendum jedes Verständnis für Griechenland aufgebraucht
(...)
Auch in Ländern wie Litauen, der Slowakei, den Niederlanden oder Finnland gibt es enorme Widerstände dagegen, den Griechen weiter entgegenzukommen. Als Lettland und Litauen 2008 in die Krise rutschten, schrumpften deren Volkswirtschaften um rund 20 Prozent, in Estland sah es nicht viel besser aus. Doch die Balten haben harte Reformprogramme mit Massenentlassungen und Sozialkürzungen durchgeführt.

Heute ist das reale Bruttoinlandsprodukt in Estland, Litauen wieder in etwa so hoch wie vor Beginn der Krise. Auch Spanien, Portugal und Irland haben in den vergangenen Jahren harte Reformen hinter sich gebracht.
(...)
"Ärmere Länder als Griechenland" könnten mehr als vier Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts einbüßen, sagte der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves. Er schlug ein "Gedankenexperiment in Sachen Demokratie" vor. Die anderen 18 Mitglieder der Eurozone könnten Referenden abhalten über die Frage: "Erhöhen wir unsere Steuern, um Griechenland zu retten?" "Wie groß", fragt Ilves, "wäre die Wahrscheinlichkeit für ein Ja?"

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-nordosteuropaeer-fordern-unverhohlen-grexit-a-1042542.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 08. Juli 2015, 10:25:52
ZitatErtapp mich ja auch hin und wieder bei dem Gedanken, daß das reiche D vielleicht doch zu hart mit dem armen Griechenland umspringt, andererseits... 

(http://41.media.tumblr.com/6c3191fb19c02e2e773d5036cf37add4/tumblr_nqtkn9Ollm1tl211io1_250.jpg)

http://lizaswelt.net/2015/07/07/deutsche-geschichtsvergessenheit/

:teufel
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 08. Juli 2015, 13:35:59
Zitat von: Pelacani am 06. Juli 2015, 17:45:39
Zitat von: mossmann am 06. Juli 2015, 17:39:46
Zitat von: Conina am 06. Juli 2015, 11:40:11
Ich glaube, Arroganz und Ahnungslosigkeit waren auch nicht ganz unbeteiligt an der Herbeiführung der derzeitigen Situation.
... auf beiden Seiten ...
Arroganz: möglich. Ahnungslosigkeit? Davon sagt Piketty kein Wort.

meine Antwort war nicht direkt auf das interview bezogen ... sorry ...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 08. Juli 2015, 13:39:06
Langer Aufsatz, geht zurück bis ins osmanische Reich, erklärt aber für mich zum ersten mal nachvollziehbar, warum Griechenland und EU eine schwierige Kombination sind, wenn es um Geld geht, und warum griechische Demokratie und europäische Demokratie bereits im Ansatz weit voneinander entfernt sind:

"Gut genährt dank Rousfetia"

http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/schuldenkrise-in-griechenland-chronik-des-desasters-13686169.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 08. Juli 2015, 14:09:37
Danke, der ist wirklich sehr lesenswert!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Omikronn am 08. Juli 2015, 14:51:37
Auch von mir danke für den Link, das ist sehr lesenwert. Aus meiner Sicht spannend ist, wie sehr sozusagen Weichen falsch gestellt werden können und welche Entwicklung daraus hervorgeht.


Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 08. Juli 2015, 14:59:10
Zitat von: Omikronn am 08. Juli 2015, 14:51:37
Auch von mir danke für den Link, das ist sehr lesenwert. Aus meiner Sicht spannend ist, wie sehr sozusagen Weichen falsch gestellt werden können und welche Entwicklung daraus hervorgeht.

Ja, zeigt auch schön, dass die ganze Diskussion links, rechts, liberal oder nicht, sparen oder spendieren etc. am eigentlichen Problem völlig vorbei geht. Oder erklärt problemlos, warum kein Katasterwesen vorhanden ist: Geht den Staat sowas von nix an - aus griechischer Sicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 08. Juli 2015, 15:03:22
Zitat von: Groucho am 08. Juli 2015, 14:59:10
Ja, zeigt auch schön, dass die ganze Diskussion links, rechts, liberal oder nicht, sparen oder spendieren etc. am eigentlichen Problem völlig vorbei geht.

Mit ein Grund, warum ich mich aus solchen Diskussionen weitgehend raushalte. Mir ist klar, dass ich viel zu wenig über Land und Geschichte weiß und meine Maßstäbe möglicherweise überhaupt nicht übertragbar sind.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 08. Juli 2015, 15:16:19
Weiter vorne versuchte ich bereits solche historische Gründe, die bis ins osmanische Reich zurückreichen, in die Diskussion zu bringen - eben jene, die der Artikel schön beschreibt. Was dann als "Adam und Eva ins Spiel bringen" abgetan wurde....  ::)

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 08. Juli 2015, 15:20:45
Zitat von: Sauropode am 08. Juli 2015, 15:16:19Was dann als "Adam und Eva ins Spiel bringen" abgetan wurde....  ::)

Du warst einfach zu früh. Man muss so ein Thema auch reifen lassen  ;D
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 08. Juli 2015, 16:34:21
Böse:

ZitatIn Athen wurde derweil noch eins draufgelegt. ,,Die Völker Europas stehen zu uns und marschieren in Solidarität mit griechischen Flaggen", verkündete Tsipras. Das klang wie kommunistische Parteilyrik: ,,Es geht um die Erde ein rotes Band, das hält uns zusammen durch jedes Land", sang schon die DDR-Jugend. Viele Parteifreunde von Tsipras marschierten allerdings nicht mit, sie standen vor den Geldautomaten an.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/syriza-mit-marx-und-spartakus-13685167.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/syriza-mit-marx-und-spartakus-13685167.html)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 08. Juli 2015, 16:43:44
ZitatWobei auffällt, dass der Gladiator Spartakus, der sich in der Antike gegen das Kettendiktat Roms erhoben hatte, möglicherweise auch schon Grieche war.
Thraker.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
hihihi:

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/politik-gesellschaft/martin-sonneborn-ueber-griechenland-100.html

Spaß beiseite und ganz wertneutral gefragt:

Warum MUSS Griechenland eigentlich wie "alle anderen Staaten in Europa" funktionieren?

Und warum müssen alle Staaten so funktionieren, wie wir das gerne hätten?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 08. Juli 2015, 17:43:33
Zitat von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
Warum MUSS Griechenland eigentlich wie "alle anderen Staaten in Europa" funktionieren?

Ich habe heute morgen im Radio gehört, dass man auf den griechischen Inseln, auf denen die Flüchtlinge eingepfercht sind, die nach Europa wollen, Hungerrevolten befürchtet. Die Catering-Firmen, die die Versorgung sichergestellt haben, sind seit Monaten nicht mehr bezahlt worden.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 08. Juli 2015, 18:45:34
Zitat von: Pelacani am 08. Juli 2015, 17:43:33
Zitat von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
Warum MUSS Griechenland eigentlich wie "alle anderen Staaten in Europa" funktionieren?

Ich habe heute morgen im Radio gehört, dass man auf den griechischen Inseln, auf denen die Flüchtlinge eingepfercht sind, die nach Europa wollen, Hungerrevolten befürchtet. Die Catering-Firmen, die die Versorgung sichergestellt haben, sind seit Monaten nicht mehr bezahlt worden.
naja, auch wenn es menschenrechtlich inakzeptabel ist, klingt das doch sehr nach erwünschter Einwanderungspolitik. Schließlich können WIR ja nicht ALLE aufnehmen. Das Boot ist voll. uswblabla... und Bayern bleibt bayrisch....

Nebenbei könnte einem Vergleichbares (ich schreibe absichtlich nicht Identisches, denn das ist es nicht) überall passieren, nicht nur im krisenverheerten Griechenland. Ich erinnere mich an Hungerstreiks in Flüchtlingsunterkünften in BaWü vor ca. 5 Jahren - die Leute waren so empört und verzweifelt, dass die einfach ihre Essensrationen verbrannt hatten. Was waren da die gutmenschlich-sensiblen Sozialarbeiter getroffen, so viel Undank ertragen zu müssen, wo die schwarzen Teufel doch gerne zurück können, wenn es ihnen hier nicht passt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 08. Juli 2015, 18:52:34
Zitat von: Patches O Houlihan am 08. Juli 2015, 18:45:34
Zitat von: Pelacani am 08. Juli 2015, 17:43:33
Zitat von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
Warum MUSS Griechenland eigentlich wie "alle anderen Staaten in Europa" funktionieren?

Ich habe heute morgen im Radio gehört, dass man auf den griechischen Inseln, auf denen die Flüchtlinge eingepfercht sind, die nach Europa wollen, Hungerrevolten befürchtet. Die Catering-Firmen, die die Versorgung sichergestellt haben, sind seit Monaten nicht mehr bezahlt worden.
naja, auch wenn es menschenrechtlich inakzeptabel ist, klingt das doch sehr nach erwünschter Einwanderungspolitik. Schließlich können WIR ja nicht ALLE aufnehmen. Das Boot ist voll. uswblabla... und Bayern bleibt bayrisch....

Nebenbei könnte einem Vergleichbares (ich schreibe absichtlich nicht Identisches, denn das ist es nicht) überall passieren, nicht nur im krisenverheerten Griechenland. Ich erinnere mich an Hungerstreiks in Flüchtlingsunterkünften in BaWü vor ca. 5 Jahren - die Leute waren so empört und verzweifelt, dass die einfach ihre Essensrationen verbrannt hatten. Was waren da die gutmenschlich-sensiblen Sozialarbeiter getroffen, so viel Undank ertragen zu müssen, wo die schwarzen Teufel doch gerne zurück können, wenn es ihnen hier nicht passt.

In einem früheren Leben sagte mal ein geschickter Stratege auf die Frage, wie man sich denn verhalten solle, wenn man keine Antwort wisse: "Dann bleibt immer noch: Und Ihr behandelt die Neger schlecht!"
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 08. Juli 2015, 18:57:12
das steht aber eher in losem Zusammenhang zu meiner Äußerung oder ist der "schwarze Teufel" schon Verbindung genug? Oder stört dich die Sachbeschädigung bundesdeutschen Rasens durch politisierte Kunstschelme?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 08. Juli 2015, 19:08:32
Es ist ein wenig schwierig zu antworten, ohne ein Aufheulen ("Zynismus!!!") zu riskieren: Es ist, denke ich, ein Unterschied, ob man Essensrationen verbrennt oder ob man gar keine hat, sie zu verbrennen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 09. Juli 2015, 08:37:13
Zitat von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
Und warum müssen alle Staaten so funktionieren, wie wir das gerne hätten?

Wenn man die diversen hoch komplexen Problemlagen im Zusammenhang mit "Griechenland" soweit als möglich herunterbricht, dann kommt man auf zwei sehr verschiedene Fragestellungen, mit denen sich sehr verschiedene Akteure beschäftigen müssen.

Eine Fragestellung bezieht sich auf die reale Problematik der überhohen Verschuldung des Staates Griechenland infolge der Finanzkrise ab 2007 in Verbindung mit (und das sage ich mit bewußter Überzeugung) finanzterroristischen Spekulationsangriffen auf griechische (und zyprische) Assets und Obligations.

Diese Problematik ist eine "aktuelle" bzw. eine schon viel zu lange "aktuelle". Das Staatswesen Griechenlands und nahezu alle gesellschaftlichen Teile Griechenlands, die am Inlandsfinanzverkehr beteiligt sind, sind von dieser Problemlage akut (im Sinne von seit ca. 2008 und anwachsend bis allermindestens in den nächsten Jahren) betroffen. Aber da es ebenfalls eine Vielzahl von Gläubigern gibt, gibt es bei *dieser* Fragestellung auch jede Menge andere unmittelbar Betroffene. Hinzu kommt bei der Schwere der Finanzkrise Griechenlands (des Staates) auch noch einiges an Betroffenheit hinzu hinsichtlich prinzipieller Fragestellungen im politischen Zusammenhangsraum der EU (also etwa: soll/kann/darf man ein Mitgliedsland der EU in den Staatsbankrott gehen lassen? wie ist tatsächlich die Verpflichtungslage der Mitglieder untereinander? usw.).

Hier müssen also offensichtlich viele Parteien reden, denken und handeln - auch wenn eine klare Hauptlinie der Aktivität auf die griechische Gesellschaft begrenzt ist und von außen wenig bis gar nicht beeinflußt ist.

Die zweite fundamentale Fragestellung betrifft den großen Rahmen des "Selbstverständnisses" der griechischen Gesellschaft selbst. Darin enthalten sind ohne jedes Wenn und Aber eine riesige Vielzahl von Perspektiven, Interessen, historischen Verläufen (sehr wohl zurück bis buchstäblich nach Adam&Eva), Zielen, Motiven und gottweißwas noch.

Solche Fragestellungen sind banaler Grundbestandteil jeder staatlicher Gemeinschaft und liefern schlussendlich die Basis für die täglichen Nachrichten. Im Rahmen der gegenwärtigen Lage drängt sich allerdings ein Teil der auch in Griechenland seit jeher diskutierten Frage, wie sie sich - auch und gerade im Hinblick auf die Kontakte zu den "Nachbarn" - selbst organisieren sollen, erzwungenermaßen in den Vordergrund. Nicht weil zum Beispiel die Mitgliedschaft in der EU und die daraus resultierenden Pflichten und Rechte nicht auch schon intensiv diskutiert worden wären in den vergangenen Jahrzehnten - denn das wurden sie in Griechenland ganz sicher und wie eben in jedem anderen Land auch. Es dängt sich auf, weil alle Gesellschaftsteile durch die Finanzkrise gezwungen werden, Stellung zu beziehen.

Ein Problem hierbei scheint zu sein, dass sich etliche griechische Bürger nicht recht entscheiden können oder wollen. Dazu kann man ein schönes Beispiel aus der aktuellen Berichterstattung anführen. In einer dtsch. Nachrichtensendung wurde ein typischer Kommentar zur Kampagne anläßlich des Referendums abgegeben. Dazu lief im Hintergrund Bildmaterial von den Demonstrationen - zu sehen waren "pro-europäische" Banner. Der Kommentar und das zugehörige Bildmaterial wurden postwendend (zu Recht) massiv kritisiert. Denn die Bilder zeigten Syriza-Demonstranten, die tatsächlich Slogans wie "Pro EU", "Pro Euro" und "Pro Reform" trugen - aber real als Demonstrationsziel ein "Nein" und die Unterstützung von Herrn Tsipras Positionen forderten. Es hätte auch andere Bilder von Syriza-Unterstützern geben können mit martialischeren Aussagen gegen den Antichristen namens "Merkel" und andere Abseitigkeiten, und es hätte auch Bildmaterial geben können von den deutlich in der Minderheit befindlichen Demonstranten, die für ein "Ja" beim Referendum warben - aber hat es eben nicht und der Kommentar tat so, als wären die gezeigten Demonstranten "Ja"-Werber.

Aber das waren sie eben nicht - sie lehnen letztlich eine Änderung ab, auch wenn sie noch so viele Lippenbekenntnisse "pro" irgendwas abgaben. Wenn man sie von Psychologen testen lassen würde, dann könnte man nachher statistische Messwerte veröffentlichen, die die Differenzen des Gesagten und Gemeinten klar aufzeigen. (Und diese Syrizisten würden trotzdem weiterhin darauf bestehen, dass sie absolut und vollkommen "pro EU", "pro Rechtsstaatlichkeit", "pro sonstwas" sind)

Diese "Spaltung" in den Meinungen und Haltungen der griechischen Bürger kommt bei Wahlen oder zum Beispiel dem Referendum zum Ausdruck. Aber leider nicht in den gewünschten Klarheiten. Das Referendum hatte zum Beispiel eine Wahlbeteiligung von rund 62%. Davon haben rund 60% für "Nein" gestimmt. Da Wahlen in ganz grundsätzlicher Form eine durchaus schwammige und leicht zu beeinflussende Angelegenheit sind, ist der Bereich von 40 bis 60 Prozent eigentlich zu bewerten als "pari" (aus großer Höhe der Betrachtung, versteht sich - nicht hinsichtlich der tatsächlichen Entscheidung, die dann als Nachkommastellen-genaues Ergebnis genommen wird). Von außen betrachtet scheint die griechische Gesellschaft entlang mehrerer Bruchlinien gespalten und konsenslos.

Das jedoch ist eine Angelegenheit der Griechen selbst, die nur diese betrifft und nur von diesen geklärt werden kann. Und wenn die Klärung irgendwann mal dahin geht, dass der Euro, die EU oder sonstige Dings eben nix sind für die griechische Seele, dann ist das eben so und man könnte dieses Buch schließen.

Wichtig ist, dass man diese beiden Fragestellungen auseinander hält (auch wenn sie aus Sicht der Griechen ganz sicher unmittelbar miteinander verknüpft sind, zumindest in der aktuellen Gegenwart).
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 09. Juli 2015, 09:17:54
Das trifft es ziemlich gut: http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-07/griechenland-sozialismus-21-jahrhundert-chavismus-venezuela?google_editors_picks=true

Was Venezuela vom Schicksal Griechenlands unterscheidet, sind die verbliebenen Dollars aus dem Ölexport. Ohne die: das gleiche Elend. So ist es nur noch etwas erträglicher - wirtschaftlich.

Es ist nicht wichtig, ob ein Staat "wie der Westen" funktioniert, er muss nur überhaupt funktionieren. Funktionieren heißt: er muss hauptsächlich die öffentliche Sicherheit und Ordnung garantieren und die Daseinsvorsorge organisieren. Das geht so, wie man es dort angefangen hat, aber offensichtlich nicht. Ohne ständigen Zustrom von Mitteln aus dem Ausland, sei es als Exporterlös aus Rohstoffvorräten oder einfach in Form von Geldspritzen, kollabieren solche Gebilde (wobei die Camouflage des Nepotismus als Sozialstaatsmodell ein starkes Stück ist). Würde sich ein "Modell" Griechenland tatsächlich verbreitet durchsetzen, hätte es schon deshalb keine Zukunft, weil es alsbald keine reichen Geberländer mehr gäbe, die das bezahlen könnten.

So ist das eben, wenn Romantiker Politik machen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 09. Juli 2015, 10:19:39
Zitat von: ajki am 09. Juli 2015, 08:37:13
Zitat von: mossmann am 08. Juli 2015, 17:38:38
Und warum müssen alle Staaten so funktionieren, wie wir das gerne hätten?

Wenn man die diversen hoch komplexen Problemlagen im Zusammenhang mit "Griechenland" soweit als möglich herunterbricht, dann kommt man auf zwei sehr verschiedene Fragestellungen, mit denen sich sehr verschiedene Akteure beschäftigen müssen.


Danke für deine sehr interessanten Ausführungen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 09. Juli 2015, 10:21:58
Zitat von: Typee am 09. Juli 2015, 09:17:54
Ohne ständigen Zustrom von Mitteln aus dem Ausland, sei es als Exporterlös aus Rohstoffvorräten oder einfach in Form von Geldspritzen, kollabieren solche Gebilde

Wobei Ersteres ja durchaus legitim ist. Auch Länder, die nicht wie der Westen ticken, dürfen ja in den Westen exportieren.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 09. Juli 2015, 11:49:04
Zitat von: mossmann am 09. Juli 2015, 10:21:58
Zitat von: Typee am 09. Juli 2015, 09:17:54
Ohne ständigen Zustrom von Mitteln aus dem Ausland, sei es als Exporterlös aus Rohstoffvorräten oder einfach in Form von Geldspritzen, kollabieren solche Gebilde

Wobei Ersteres ja durchaus legitim ist. Auch Länder, die nicht wie der Westen ticken, dürfen ja in den Westen exportieren.

Ja klar, bestreitet ja auch keiner. Aber schon das Fehlen der Sondersituation Rohstoffreichtum zeigt: das funzt so nicht. Wenn ich teures Zeugs aus dem Boden buddeln kann, dann kann ich auch Füllhörner über dem Volk ausleeren. Aber eben nur dann. Vermögen deckt manches Unvermögen zu.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 09. Juli 2015, 14:32:21
Die Linke:

http://linksfraktion.de/im-wortlaut/luegen-verhandlungen-griechenland/
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: mossmann am 09. Juli 2015, 15:16:04
Augstein:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/griechenland-deutschland-selbstverliebt-und-selbstgerecht-kolumne-a-1042772.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 09. Juli 2015, 15:19:56
Zitat von: mossmann am 09. Juli 2015, 14:32:21
Die Linke:

http://linksfraktion.de/im-wortlaut/luegen-verhandlungen-griechenland/

Zitat von: mossmann am 09. Juli 2015, 15:16:04
Augstein:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/griechenland-deutschland-selbstverliebt-und-selbstgerecht-kolumne-a-1042772.html

Jetzt fehlt nur noch ein Kommentar von Fred Feuerstein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: sumo am 09. Juli 2015, 17:37:09
nun ist es keineswegs so, daß ein jeder Staat so wie Deutschland (oder ähnliche Staatsgebilde)funktionieren müssen. Allerdings ist Griechenland vor Jahren in die EU eingetreten, die Griechen haben den Euro(noch), und das alles bedeutet, daß man sich gewissen europastaatlichen Regeln unterwirft, unterwerfen muß. Solch eine Gemeinschaft kann man mit wenigen Regeln gestalten, aber ohne Regeln geht es gar nicht.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 10. Juli 2015, 15:46:15
Teile der Medien mutmaßen ja schon, das tolpatschige Agieren von Tsipras & Co. sei Teil eines abgefeimten, viel größeren Plans.

http://www.cicero.de/kapital/varoufakis-und-sein-drehbuch-zur-griechenlandkrise-grexit-und-graccident-es-laeuft-doch

Für einen Augenblick schien mir das plausibel. Aber nur für einen Augenblick. Nachdem das Angebot A im letzten Moment abgelehnt wurde, es danach, als es eigentlich gar nicht mehr zur Debatte stand, zum Gegenstand einer Volksabstimmung gemacht wurde mit der Empfehlung, es doch bitte auch abzulehnen, das Volk (oder jedenfalls so viele, wie man eben erreichen konnte) dann auch "nein" sagte; noch später weiterzuverhandeln und selbst strengere Auflagen in ein Angebot B zu packen -  das machen nur richtige Tölpel. Wir können also beruhigt sein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 10. Juli 2015, 16:00:22
ZitatDie griechischen Politiker haben aber nicht nur das Ausmaß der Krise verschleiert, sie haben vor allem versucht, ihre Klientel vor deren Auswirkungen zu schützen. Nur ihre Klientel?

Ich lebe in einem Land mit einer Arbeitslosenquote von dreißig Prozent. Aber 99 Prozent dieser Arbeitslosen kommen aus dem privaten Sektor. Wie kann das sein? Die Klientel der Parteien sitzt im Staatsapparat, diesem schrecklichen Moloch. Das Klientelsystem in diesem Land ist ein Ungeheuer, ein Drache.

Viele Griechen scheinen Tsipras für einen Drachentöter zu halten.

Ja, aber das ist unbegreiflich. Wie kann man denn nur glauben, Syriza würde mit dem Klientelwesen aufräumen? Tsipras hat sofort zahlreiche Posten an seine Leute vergeben, außerdem sind viele Funktionäre von Pasok nach der Wahl zu Syriza übergelaufen, um dort ihr altes Spiel weiterspielen zu können. Syriza hat vor zwei Wochen ein Gesetz eingebracht, dass vorsieht, dass Schuldirektoren von den Gewerkschaften gewählt werden sollen. Syrizas Gewerkschaftler bestimmen also künftig, wer die Gymnasien leitet. Dabei ist das Bildungssystem ohnehin schon ein großes Problem.

Warum?

Weil es einen Kardinalfehler der griechischen Gesellschaft nicht bekämpft, sondern verstärkt. Das griechische System ist immer ein System gewesen, das mit Spaltungen und Konfrontationen gearbeitet hat. Die griechische Gesellschaft weiß nicht, was Konsens bedeutet. Sie kennt weder Konsens noch Kompromiss. Sie kennt nur Lager, die sich feindlich gegenüberstehen. Das ist so seit dem Bürgerkrieg der vierziger Jahre.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/schriftsteller-petros-markaris-erklaert-griechenland-13694486.html?google_editors_picks=true

Das ist einer der Kernpunkte der ganzen Misere. Syriza ist nach innen stockkonservativ - die machen das, was das Land ins Trudeln gebracht hat, einfach weiter. Nichts zeigt das so deutlich wie die Verschonung - und sogar die Aufblähung - eines unsinnig großen und dabei ineffektiven Verwaltunsapparats. Es kann doch nicht im Ernst ein "Sozialprogramm" genannt werden, wenn man 20.000 Leute von der Straße holt und in den Staatsdienst steckt. Verbeamtung als Arbeitslosenprogramm, wer denkt sich das aus!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 10. Juli 2015, 16:07:49
Zitat von: Typee am 10. Juli 2015, 15:46:15
Nachdem das Angebot A im letzten Moment abgelehnt wurde, es danach, als es eigentlich gar nicht mehr zur Debatte stand, zum Gegenstand einer Volksabstimmung gemacht wurde mit der Empfehlung, es doch bitte auch abzulehnen, das Volk (oder jedenfalls so viele, wie man eben erreichen konnte) dann auch "nein" sagte; noch später weiterzuverhandeln und selbst strengere Auflagen in ein Angebot B zu packen -  das machen nur richtige Tölpel. Wir können also beruhigt sein.

Als Drehbuch oder Roman wegen Unglaubwürdigkeit ungeeignet. Allenfalls Alfred Jarry wäre es ev. geglückt, daraus ein Theaterstück zu bauen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 10. Juli 2015, 16:38:08
meint ihr nicht, dass so viel Absurdität einfach nur aus unzureichenden Informationen herrühren könnte, etwa darüber, was wirklich verhandelt wurde? - ich habe die jeweiligen Vorschläge jedenfalls nicht gelesen....
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 10. Juli 2015, 17:08:38
In der FAZ noch ein interessantes Interview mit einem griechischen Schriftsteller, Petros Markaris.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/schriftsteller-petros-markaris-erklaert-griechenland-13694486-p2.html

ZitatViele Griechen scheinen Tsipras für einen Drachentöter zu halten.
Ja, aber das ist unbegreiflich. Wie kann man denn nur glauben, Syriza würde mit dem Klientelwesen aufräumen? Tsipras hat sofort zahlreiche Posten an seine Leute vergeben, außerdem sind viele Funktionäre von Pasok nach der Wahl zu Syriza übergelaufen, um dort ihr altes Spiel weiterspielen zu können. Syriza hat vor zwei Wochen ein Gesetz eingebracht, dass vorsieht, dass Schuldirektoren von den Gewerkschaften gewählt werden sollen. Syrizas Gewerkschaftler bestimmen also künftig, wer die Gymnasien leitet. Dabei ist das Bildungssystem ohnehin schon ein großes Problem.

ZitatDie Verhandlungen mit Europa sollen demütigend sein? Da muss ich lachen. Dass unsere Banken geschlossen sind, das ist demütigend! Sich eingestehen zu müssen, dass man sich jahrzehntelang von den eigenen Politikern hat belügen lassen, das ist demütigend!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 10. Juli 2015, 17:16:25
Zitat von: Belbo am 10. Juli 2015, 17:08:38
In der FAZ noch ein interessantes Interview

Verdammt flink, Belbo - aber nicht flink genug, #220 (https://forum.psiram.com/index.php?topic=13930.msg186613#msg186613).
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 10. Juli 2015, 17:27:44
Zitat von: Pelacani am 10. Juli 2015, 17:16:25
Zitat von: Belbo am 10. Juli 2015, 17:08:38
In der FAZ noch ein interessantes Interview

Verdammt flink, Belbo - aber nicht flink genug, #220 (https://forum.psiram.com/index.php?topic=13930.msg186613#msg186613).

Das Alter, oder die Hitze eins von beiden muss es sein. *menne*
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 10. Juli 2015, 23:45:03
Zitat von: Typee am 10. Juli 2015, 15:46:15
Teile der Medien mutmaßen ja schon, das tolpatschige Agieren von Tsipras & Co. sei Teil eines abgefeimten, viel größeren Plans.

http://www.cicero.de/kapital/varoufakis-und-sein-drehbuch-zur-griechenlandkrise-grexit-und-graccident-es-laeuft-doch

Für einen Augenblick schien mir das plausibel. Aber nur für einen Augenblick. Nachdem das Angebot A im letzten Moment abgelehnt wurde, es danach, als es eigentlich gar nicht mehr zur Debatte stand, zum Gegenstand einer Volksabstimmung gemacht wurde mit der Empfehlung, es doch bitte auch abzulehnen, das Volk (oder jedenfalls so viele, wie man eben erreichen konnte) dann auch "nein" sagte; noch später weiterzuverhandeln und selbst strengere Auflagen in ein Angebot B zu packen -  das machen nur richtige Tölpel. Wir können also beruhigt sein.

Dass Tsipras und Co. einen großen Plan verfolgen, um die EU zu zerstören, halte ich auch für an den Haaren herbeigezogen. Das grenzt schon an eine Verschwörungstheorie. Dass sie aber einen Plan haben, glaube ich aber schon. Doch der Plan ist denke ich viel kleiner und profaner. Sie wollen einfach das beste für sich (was nicht einmal unbedingt das Beste für das Land sein muss) rausholen. Also wird abgeklopft, wie weit man gehen kann. Wird Europa Bammel kriegen, wenn man schon mal, quasi als Vorgeschmack für den Zusammenbruch, die Banken zumacht und die Verhandlungen unterbricht, um Referendum zu spielen, und dann schnell ein für Griechenland weit günstigeres Angebot machen? Nee, hat leider nicht geklappt. Also schnell wieder ein Angebot auf den Tisch, dass für die Gegenseite auf jeden Fall gut genug ist, um darüber weiter zu verhandeln. Wobei das letzte Wort darüber natürlich noch nicht gesprochen ist. Doch die Verhandlungen gehen weiter, und das ist die Hauptsache. Denn, und da hat der Artikel recht, solange die Verhandlungen laufen, wird Europa Griechenland nicht pleite gehen lassen. Warum sollte Griechenland sich also damit beeilen? Dazu passen auch die Stänkereien gegen die Verhandlungspartner. Die sollen sich die Zustimmung ruhig dreimal überlegen, solange es bis dahin Notkredite gibt.

Ich bin mir jetzt erst recht wieder sicher: Die Einigung kommt. Nicht heute, aber in den kommenden Wochen oder Monaten. Dann, wenn Tsipras mit der Verzögerungstaktik endgültig nicht mehr weiterkommt. Bis dahin wird er aber alles ausprobieren, um möglichst günstig dabei wegzukommen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 11. Juli 2015, 06:09:34
Die neueste These, die ich gehört habe , ist, dass die USA hinter der Griechenlandkrise stecken, um die Europäische Union auseinander zu treiben.

Als Motiv wird meist angegeben, dass die USA Europa klein halten wollen, wegen Konkurrenz und so.

Als Beleg gilt dann meistens, dass sich Griechenland mit gefälschten Zahlen in die Eurozone geschmuggelt hat.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 11. Juli 2015, 07:50:13
Zitat von: Scipio am 11. Juli 2015, 06:09:34
Die neueste These, die ich gehört habe , ist, dass die USA hinter der Griechenlandkrise stecken, um die Europäische Union auseinander zu treiben.

Als Motiv wird meist angegeben, dass die USA Europa klein halten wollen, wegen Konkurrenz und so.

Als Beleg gilt dann meistens, dass sich Griechenland mit gefälschten Zahlen in die Eurozone geschmuggelt hat.
eigentlich ein interessanter Gedanke, und in Erinnerung an die us of a-strategie im Nahen Osten, der das auch entspräche, warum nicht.
(Der Beleg mit den Zahlen zum EU-Beitritt ist unfug, die EU wusste das, es galt politisches Primat vor Zahlenfetisch.)

der Beigeschmack bleibt, dass sich auch unsere Reptiloiden Herrscher gegen Europa gestellt haben und nun der subtilen Ironie wegen mit Griechenland, als hist. Europa-Erfinder, die EU auseinandertreiben...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 11. Juli 2015, 10:50:08
Mein ökonomisches Grundwissen ist zu gering um Herrn Prof.  Flassbeck  zu wiederlegen, einige der Vorgebrachten Statistiken finde ich allerdings überraschend bis lehrreich.
http://youtu.be/guVuUZZFPpQ
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Wolleren am 11. Juli 2015, 11:22:05
Zitat von: Typee am 10. Juli 2015, 16:00:22
ZitatDie griechischen Politiker haben aber nicht nur das Ausmaß der Krise verschleiert, sie haben vor allem versucht, ihre Klientel vor deren Auswirkungen zu schützen. Nur ihre Klientel?

Ich lebe in einem Land mit einer Arbeitslosenquote von dreißig Prozent. Aber 99 Prozent dieser Arbeitslosen kommen aus dem privaten Sektor. Wie kann das sein? Die Klientel der Parteien sitzt im Staatsapparat, diesem schrecklichen Moloch. Das Klientelsystem in diesem Land ist ein Ungeheuer, ein Drache.

Viele Griechen scheinen Tsipras für einen Drachentöter zu halten.

Ja, aber das ist unbegreiflich. Wie kann man denn nur glauben, Syriza würde mit dem Klientelwesen aufräumen? Tsipras hat sofort zahlreiche Posten an seine Leute vergeben, außerdem sind viele Funktionäre von Pasok nach der Wahl zu Syriza übergelaufen, um dort ihr altes Spiel weiterspielen zu können. Syriza hat vor zwei Wochen ein Gesetz eingebracht, dass vorsieht, dass Schuldirektoren von den Gewerkschaften gewählt werden sollen. Syrizas Gewerkschaftler bestimmen also künftig, wer die Gymnasien leitet. Dabei ist das Bildungssystem ohnehin schon ein großes Problem.

Warum?

Weil es einen Kardinalfehler der griechischen Gesellschaft nicht bekämpft, sondern verstärkt. Das griechische System ist immer ein System gewesen, das mit Spaltungen und Konfrontationen gearbeitet hat. Die griechische Gesellschaft weiß nicht, was Konsens bedeutet. Sie kennt weder Konsens noch Kompromiss. Sie kennt nur Lager, die sich feindlich gegenüberstehen. Das ist so seit dem Bürgerkrieg der vierziger Jahre.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/schriftsteller-petros-markaris-erklaert-griechenland-13694486.html?google_editors_picks=true

Das ist einer der Kernpunkte der ganzen Misere. Syriza ist nach innen stockkonservativ - die machen das, was das Land ins Trudeln gebracht hat, einfach weiter. Nichts zeigt das so deutlich wie die Verschonung - und sogar die Aufblähung - eines unsinnig großen und dabei ineffektiven Verwaltunsapparats. Es kann doch nicht im Ernst ein "Sozialprogramm" genannt werden, wenn man 20.000 Leute von der Straße holt und in den Staatsdienst steckt. Verbeamtung als Arbeitslosenprogramm, wer denkt sich das aus!
Gegen Etatismus, Dirigismus und Nepotismus? Das ist einfach nur menschenverachtend und neoliberal. Wir wollen ein anderes Europa!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Antitainment am 11. Juli 2015, 12:14:45
Naive Verklärung der Demokratie
http://www.cicero.de/salon/anfang-vom-ende-des-demokratischen-zeitalters/59552
ZitatWir sollten Alexis Tsipras daher dankbar sein. Sein Referendum hat uns daran erinnert, dass transnationale Organisationen wie die EU Vertragsbündnisse zwischen Demokratien sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass sie nicht selbst demokratisch sind, ist – anders als häufig beklagt – kein Fluch, sondern ein Segen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 11. Juli 2015, 12:17:56
Zitat von: Antitainment am 11. Juli 2015, 12:14:45
Naive Verklärung der Demokratie
http://www.cicero.de/salon/anfang-vom-ende-des-demokratischen-zeitalters/59552
ZitatWir sollten Alexis Tsipras daher dankbar sein. Sein Referendum hat uns daran erinnert, dass transnationale Organisationen wie die EU Vertragsbündnisse zwischen Demokratien sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass sie nicht selbst demokratisch sind, ist – anders als häufig beklagt – kein Fluch, sondern ein Segen.

Wieviel Demokratischer das Ergebnis ausgefallen wäre, hätte die Regierung noch jedem Neinwähler einen Mercedes versprochen?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Scipio am 12. Juli 2015, 08:53:20
Zitat von: Patches O Houlihan am 11. Juli 2015, 07:50:13
Zitat von: Scipio am 11. Juli 2015, 06:09:34
Die neueste These, die ich gehört habe , ist, dass die USA hinter der Griechenlandkrise stecken, um die Europäische Union auseinander zu treiben.

Als Motiv wird meist angegeben, dass die USA Europa klein halten wollen, wegen Konkurrenz und so.

Als Beleg gilt dann meistens, dass sich Griechenland mit gefälschten Zahlen in die Eurozone geschmuggelt hat.
eigentlich ein interessanter Gedanke, und in Erinnerung an die us of a-strategie im Nahen Osten, der das auch entspräche, warum nicht.
(Der Beleg mit den Zahlen zum EU-Beitritt ist unfug, die EU wusste das, es galt politisches Primat vor Zahlenfetisch.)

der Beigeschmack bleibt, dass sich auch unsere Reptiloiden Herrscher gegen Europa gestellt haben und nun der subtilen Ironie wegen mit Griechenland, als hist. Europa-Erfinder, die EU auseinandertreiben...

Ich brauche schon ein bisschen mehr als ein "könnte gut passen" und unbelegte Behauptungen. Auch wenn die Vermutung noch so plausibel sein mag, wieso rafft das keiner.....
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 12. Juli 2015, 09:07:26
Zitat von: Scipio am 12. Juli 2015, 08:53:20
Zitat von: Patches O Houlihan am 11. Juli 2015, 07:50:13
Zitat von: Scipio am 11. Juli 2015, 06:09:34
Die neueste These, die ich gehört habe , ist, dass die USA hinter der Griechenlandkrise stecken, um die Europäische Union auseinander zu treiben.

Als Motiv wird meist angegeben, dass die USA Europa klein halten wollen, wegen Konkurrenz und so.

Als Beleg gilt dann meistens, dass sich Griechenland mit gefälschten Zahlen in die Eurozone geschmuggelt hat.
eigentlich ein interessanter Gedanke, und in Erinnerung an die us of a-strategie im Nahen Osten, der das auch entspräche, warum nicht.
(Der Beleg mit den Zahlen zum EU-Beitritt ist unfug, die EU wusste das, es galt politisches Primat vor Zahlenfetisch.)

der Beigeschmack bleibt, dass sich auch unsere Reptiloiden Herrscher gegen Europa gestellt haben und nun der subtilen Ironie wegen mit Griechenland, als hist. Europa-Erfinder, die EU auseinandertreiben...

Ich brauche schon ein bisschen mehr als ein "könnte gut passen" und unbelegte Behauptungen. Auch wenn die Vermutung noch so plausibel sein mag, wieso rafft das keiner.....
gähn
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 13. Juli 2015, 10:16:11
Grexit auf Zeit  8) ....da muss kein griechischer Professor kommen um einem Politiker wie Schäuble die Spieltheorie zu erklären. Wie lang war er unter Kohl in der Politik?  :grins2:
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 13. Juli 2015, 12:29:11
Was mich mal interessieren würde: Welche Wertgegenstände sollen denn da eigentlich für 50 Mrd. vertickt werden? Kommt die Akropolis auch unter den Hammer? Holt die sich Coca-Cola, oder hat auch Psiram eine Chance? Man könnte da z. B. nächtens eine überdimensionale Eule drauf projizieren und daneben eine Sammelbox für die 1K Serverkosten/Monat aufstellen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 13. Juli 2015, 13:07:23
Das mit der Eule passt zudem auch ganz gut, als heilige Tier der Athene.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 13. Juli 2015, 15:06:22
Zitat von: Belbo am 13. Juli 2015, 10:16:11
Grexit auf Zeit  8) ....da muss kein griechischer Professor kommen um einem Politiker wie Schäuble die Spieltheorie zu erklären. Wie lang war er unter Kohl in der Politik?  :grins2:
jep. die Betonung liegt auf dem Fetten.
So viele Wortspiele und so wenig Zeit. Carpe Diem Moko!
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 13. Juli 2015, 15:55:14
und einen habe ich noch zu Griechenland.
Udo Vetter vom lawblog (http://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/07/13/was-wuerde-karlsruhe-sagen/) hat ein ziemlich interssantes Argument aufgemacht:
ZitatKritiker beklagen ja bereits einen Staatsstreich zu Lasten des griechischen Souveräns. Das sind natürlich starke Worte. Allerdings kann man auch mal einen Schritt zurücktreten, einen Perspektivwechsel wagen und sich fragen: Was wäre wohl die juristische Sicht der Dinge, wenn Deutschland auf der Sünderbank säße und sich dieser Agenda unterworfen müsste?
und weiter unten:
ZitatEs gibt noch so einige andere Punkte in dem Papier, bei denen deutsche Verfassungsrechtler sich vor Schmerzen winden müssten. Juristisch gesehen liefe das alles – auf Deutschland bezogen – darauf hinaus, dass das Volk tatsächlich einen guten Teil seiner Souveränität für Geld verkauft. Beziehungsweise verkaufen muss. Sonderlich wohl muss einem dabei nicht sein.

Heute sind es vielleicht nur ,,die Griechen". Aber wer weiß, was morgen ist?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 13. Juli 2015, 15:57:56
Zitat von: Sauropode am 13. Juli 2015, 13:07:23
Das mit der Eule passt zudem auch ganz gut, als heilige Tier der Athene.
Wär mir jetzt gar nicht aufgefallen.
:aetsch:
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 13. Juli 2015, 17:24:43
Tsipras hat strengen Sparvorgaben und Reformen zugestimmt (die auch ich etwas zu hart finde). Obwohl er damit eine 180°-Wende zu seiner bisherigen Politik durchführt, scheint er weiterhin das Vertrauen der Bevölkerung zu haben...
http://www.sueddeutsche.de/politik/griechenland-es-war-eine-einbahnstrasse-wir-mussten-zustimmen-1.2563732

So langsam blicke ich da nicht mehr durch. :-\
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 13. Juli 2015, 17:27:40
re. "... hätte auch psiram eine Chance [zur Investition in gr. Anlagegüter]"

Interessanterweise: ja, absolut. Und zwar derzeit bessere (viel bessere!) als der griechische Staat und sogar die große Masse griechischer Investoren.

Natürlich müßte psiram sich zunächst auf die diversen Merkmale hin konstituieren (wobei übrigens die Anonymität von Einzelmitgliedern rechtlich besser schützbar wäre als im sogenannten Netz). Aber dann würde gemessen an der aufgelegten Kapitalmenge (und eigentlich weit darüber hinaus) die junge Gesellschaft zunächst *im Vorschussprinzip* vergleichsweise gesehen *enorme* Geldmengen organisieren können, mit denen diverse Ankäufe und Investitionen erfolgen könnten.

Dabei sind zwei Dinge beachtlich: erstens kann über eine nicht von Griechenland kontrollierte Privatisierungsgesellschaft in jedem Fall am Markt verkauft werden zu konkurrenzfähigen Preisen - und das Zauberwort ist dabei "nicht von Griechenland kontrolliert". Was durch eine solche Holding auf den Markt gebracht wird, leidet [zunächst einmal] nicht unter dem entwickelten Vertrauensverlust hinsichtlich der diversen innergriechischen Makel, die hier verschiedentlich thematisiert wurden. Jeder Investor (und auch jede Heuschrecke) wird sich [zunächst mal] darauf verlassen, dass Angebote über diese Gesellschaft rechtssicher sind.
Zweitens: psiram als neu aufgestellte Kapitalgesellschaft mit veröffentlichten Werten und Zielen genösse das in der Wirtschaft seit jeher übliche Vertrauen im Vorschussprinzip. Darin unterschiede sich diese junge Gesellschaft gravierend von griechischen Marktteilnehmern, zu denen *Erfahrungswerte* vorliegen. Kredite und Obligationen könnte selbst eine junge Gesellschaft zu weitaus besseren Konditionen bekommen als diejenigen, deren Wechsel mehrfach geplatzt sind.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 13. Juli 2015, 17:34:38
Ich nehme einen Kredit über eine Millionen auf und beschwere mich, dass ich nicht mehr dir Freiheit habe mir noch das Geld Für einen Ferrari zu leihen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 13. Juli 2015, 17:38:16
Also ich sehe in Griechenland eher einen Markt für Dinge wie Auftriebskraftwerke und Co. Die Ansicht, Geld liese sich dauerhaft quasi aus dem Nichts schöpfen, ist dem Gedanken der Energie aus dem Nichts mindestens verwandt. PAL-Generatoren wären natürlich ebenso eine vielversprechende Handelsmöglichkeit.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 13. Juli 2015, 18:23:26
Zitat von: Groucho am 13. Juli 2015, 17:38:16
Also ich sehe in Griechenland eher einen Markt für Dinge wie Auftriebskraftwerke und Co. Die Ansicht, Geld liese sich dauerhaft quasi aus dem Nichts schöpfen, ist dem Gedanken der Energie aus dem Nichts mindestens verwandt. PAL-Generatoren wären natürlich ebenso eine vielversprechende Handelsmöglichkeit.

Defkalion hat es ja mit dem Rossi-Klon dort versucht, aber irgendwie ließ der Erfolg zu wünschen übrig.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Ladislav Pelc am 13. Juli 2015, 19:26:18
Zitat von: Patches O Houlihan am 13. Juli 2015, 15:55:14
und einen habe ich noch zu Griechenland.
Udo Vetter vom lawblog (http://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/07/13/was-wuerde-karlsruhe-sagen/) hat ein ziemlich interssantes Argument aufgemacht:
ZitatKritiker beklagen ja bereits einen Staatsstreich zu Lasten des griechischen Souveräns. Das sind natürlich starke Worte. Allerdings kann man auch mal einen Schritt zurücktreten, einen Perspektivwechsel wagen und sich fragen: Was wäre wohl die juristische Sicht der Dinge, wenn Deutschland auf der Sünderbank säße und sich dieser Agenda unterworfen müsste?
und weiter unten:
ZitatEs gibt noch so einige andere Punkte in dem Papier, bei denen deutsche Verfassungsrechtler sich vor Schmerzen winden müssten. Juristisch gesehen liefe das alles – auf Deutschland bezogen – darauf hinaus, dass das Volk tatsächlich einen guten Teil seiner Souveränität für Geld verkauft. Beziehungsweise verkaufen muss. Sonderlich wohl muss einem dabei nicht sein.

Heute sind es vielleicht nur ,,die Griechen". Aber wer weiß, was morgen ist?

Tja, Souveränität muss man sich eben leisten können.

Meiner Ansicht sollte hat ein Land, das seine Pflichten in der EU nicht erfüllt, sich auch nicht mehr auf Rechte berufen können, wie das Recht auf Selbstverwaltung.

Noch besser wäre es, in solchen Fällen künftig eine Art europäischen "Insolvenzverwalter" einzusetzen, der mit weitreichenden Rechten ausgestattet ist und für eine gewisse Zeit de facto den Platz der Regierung einnimmt, solange sich diese als unfähig oder unwillig erweist, die Pflichten zu erfüllen. Das ganze müsste natürlich vom EU-Parlament genehmigt werden, dann wäre es auch demokratisch legitimiert.

Natürlich ist das auf absehbare nicht realistisch. Aber vielleicht führt die Sache mit Griechenland (die ja noch nciht wirklich ausgestanden ist, denn jetzt heißt es erst mal drei Jahre zahlen und dann geht der ganze Zirkus womöglich wieder von vorne los) zu einer Entwicklung, die die Kompetenzen der EU gegenüber der "Kleinstaaterei" stärkt und so etwas irgendwann, in einer fernen Zukunft ermöglicht.

Auf Dauer, das hat sich jetzt deutlich gezeigt, kann eine Wirtschafts- und Währungsunion nur mit einheitlicher, zentraler Wirtschafts- und Währungspolitik funktionieren, statt dass man jeden Kleinstaat wirtschaften lässt, wie er lustig ist.

Und was Karlsruhe dazu sagt, ist meines Erachtens ohne Belang. Solange das Ganze nur einigermaßen von EU-Recht gedeckt ist, ist Luxemburg zuständig, Karlsruhe hat da gar nichts zu melden, auch wenn das Bundesverfassungsgericht das albernerweise immer noch anders sieht und sich immer noch einbildet (oder vermutlich aus politischen Gründen behauptet), sogar EU-Recht für unwirksam erklären zu können, wenn es denn nur wollte ... (Natürlich wissen die Richter in Karlsruhe, dass sie das gar nicht können, darum "verzichten" sie "freiwillig" darauf, solange keine Bedingungen eintreten, die hoffentlich nie eintreten, aber wenn sie dann doch eintreten, enger gefasst werden, damit sie doch nicht eintreten. Wie überaus albern, nur weil man nicht einsehen kann oder will, schon lange nicht mehr die höchste Instanz zu sein sondern nur noch das Verfassungsgericht eines Teilstaates mit beschränktem Selbstverwaltungsrecht.)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 14. Juli 2015, 17:00:21
Staatliche Souverätät funktioniert erheblich anders, aber passt schon.
Zitat von: Ladislav Pelc am 13. Juli 2015, 19:26:18
Noch besser wäre es, in solchen Fällen künftig eine Art europäischen "Insolvenzverwalter" einzusetzen, der mit weitreichenden Rechten ausgestattet ist und für eine gewisse Zeit de facto den Platz der Regierung einnimmt, solange sich diese als unfähig oder unwillig erweist, die Pflichten zu erfüllen. Das ganze müsste natürlich vom EU-Parlament genehmigt werden, dann wäre es auch demokratisch legitimiert.
guter versuch, nur ist das EU-Parlament bestenfalls bedingt demokratisch legitimiert  ;)
ZitatUnd was Karlsruhe dazu sagt, ist meines Erachtens ohne Belang. Solange das Ganze nur einigermaßen von EU-Recht gedeckt ist, ist Luxemburg zuständig, Karlsruhe hat da gar nichts zu melden, auch wenn das Bundesverfassungsgericht das albernerweise immer noch anders sieht und sich immer noch einbildet (oder vermutlich aus politischen Gründen behauptet), sogar EU-Recht für unwirksam erklären zu können, wenn es denn nur wollte ... (Natürlich wissen die Richter in Karlsruhe, dass sie das gar nicht können, darum "verzichten" sie "freiwillig" darauf, solange keine Bedingungen eintreten, die hoffentlich nie eintreten, aber wenn sie dann doch eintreten, enger gefasst werden, damit sie doch nicht eintreten. Wie überaus albern, nur weil man nicht einsehen kann oder will, schon lange nicht mehr die höchste Instanz zu sein sondern nur noch das Verfassungsgericht eines Teilstaates mit beschränktem Selbstverwaltungsrecht.)
hier kann ich dir nichteinmal ansatzweise folgen. Staatliche Souveränität funktioniert anders. wir haben eben keine Staten von EUROP (of A).
Und Kleinstaaterei ist überhaupt ein Übel, nur Großreiche sind gut.
:rofl
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 14. Juli 2015, 19:16:18
Hier ist übrigens der griechische Auktionskatalog (http://www.hradf.com). Leider keine Akropolis. Bloß blöde Immobilien, ne Lizenz für Pferdewetten, Wasserwerke, Häfen und ein olles Schloss, das keine Sau kennt.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 14. Juli 2015, 19:26:42
Dieter Nuhr hat es auch gewagt, was zu Griechenland zu sagen:

ZitatMeine Familie hat demokratisch abgestimmt: Der Hauskredit wird nicht zurückgezahlt. Ein Sieg des Volkswillens!
http://www.stern.de/lifestyle/leute/dieter-nuhr-veraergert-mit-griechenland-witz---und-ruft-jan-boehmermann-auf-den-plan-6336092.html (http://www.stern.de/lifestyle/leute/dieter-nuhr-veraergert-mit-griechenland-witz---und-ruft-jan-boehmermann-auf-den-plan-6336092.html)

Jetzt hat er Shitstorm.

https://www.facebook.com/nuhr.de?fref=nf (https://www.facebook.com/nuhr.de?fref=nf)

ZitatKurz angemerkt, nur weil schon wieder hier im Internet ganz vielen die Birne durchbrennt (was die Denkfähigkeit stark einschränkt...Schaum vor dem Mund zeugt nicht von geistiger Tiefe): Dass es den Griechen schlecht geht, ist mir bekannt und extrem erschütternd. Aber 200 Jahre Ausbeutung und Korruption abzulösen durch primitiven Antikapitalismus ist so ziemlich das Dümmste, was man tun kann. Mein Tipp wäre: ein Finanzamt aufbauen, das den Namen verdient, und Korruption bekämpfen, anstatt die anzupissen, die genau dabei helfen wollen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 14. Juli 2015, 20:21:22
Zitat von: Hildegard am 14. Juli 2015, 19:16:18
Hier ist übrigens [irgend ein medialer Schnellschuss]

Zum jetzigen Zeitpunkt sind solche "Listen" noch nicht mal wert einen Gedanken daran zu verschwenden, was irgendwelche Blättchen im Wind davon an Klick-Generierung haben könnten über Dinge zu schreiben, über die noch keine interessanten Angebotslisten existieren *können*.

Es gibt auch in Griechenland eine große Anzahl von kleinen, mittleren und größeren Aktiva, die auf Interesse stossen können am Markt. Der interessanteste Bereich für auch kleinere Unternehmungen sind z.B. Lizenzrechte auf Zeit - z.B. im Mobilfunk, in den Versorgungsbereichen, in der Fischerei, der Infrastruktur, den Netzen und in tausend anderen Bereichen. Für die regulierenden Staatswesen haben solche Lizenzvergaben eine Reihe von Vorteilen, wozu nicht zuletzt die simple Tatsache gehört, dass das Tafelsilber auch weiterhin im Schrank bleibt. All' solche interessanten Quellen von Einkünften müssen erst noch (im Fall Griechenlands: vermutlich langwierig) untersucht und marktgängig gemacht werden.

Da ist derzeit noch viel zu tun für Fachleute, nicht für Journalisten. Die haben ihre Unfähigkeit zur besonnenen Moderation schon bewiesen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 15. Juli 2015, 10:59:51
Man muss nur flexibel sein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 15. Juli 2015, 15:01:17
@ajki: Natürlich war das mit dem Auktionskatalog nicht ganz ernstgemeint. Ich bin ja ganz bei dir, ich finde es auch sehr bedenklich, dass Griechenland jetzt alles, was irgendwie Zukunft hat, verscherbeln soll. Klar sind Lizenzvergaben sinnvoller, sollen doch die oberschlauen Lizenznehmer sehen, wie sie daraus Rendite erwirtschaften.

In meinem Bekanntenkreis entstand allerdings auch noch ein anderer Vorschlag, der sofort alle Probleme lösen würde: Die Griechen geben uns Kreta, und alle Schulden sind getilgt. Kreta gegen Kredite.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 15. Juli 2015, 15:07:34
Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 15:01:17
@ajki: Natürlich war das mit dem Auktionskatalog nicht ganz ernstgemeint. Ich bin ja ganz bei dir, ich finde es auch sehr bedenklich, dass Griechenland jetzt alles, was irgendwie Zukunft hat, verscherbeln soll. Klar sind Lizenzvergaben sinnvoller, sollen doch die oberschlauen Lizenznehmer sehen, wie sie daraus Rendite erwirtschaften.

In meinem Bekanntenkreis entstand allerdings auch noch ein anderer Vorschlag, der sofort alle Probleme lösen würde: Die Griechen geben uns Kreta, und alle Schulden sind getilgt. Kreta gegen Kredite.

An der Feinsinnigkeit der Vorschläge arbeiten wir aber besser noch ein bisschen.
http://www.kreta-wiki.de/wiki/Deutsche_Kriegsverbrechen
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 15. Juli 2015, 15:10:57
Zitat von: Belbo am 15. Juli 2015, 15:07:34
Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 15:01:17
@ajki: Natürlich war das mit dem Auktionskatalog nicht ganz ernstgemeint. Ich bin ja ganz bei dir, ich finde es auch sehr bedenklich, dass Griechenland jetzt alles, was irgendwie Zukunft hat, verscherbeln soll. Klar sind Lizenzvergaben sinnvoller, sollen doch die oberschlauen Lizenznehmer sehen, wie sie daraus Rendite erwirtschaften.

In meinem Bekanntenkreis entstand allerdings auch noch ein anderer Vorschlag, der sofort alle Probleme lösen würde: Die Griechen geben uns Kreta, und alle Schulden sind getilgt. Kreta gegen Kredite.

An der Feinsinnigkeit der Vorschläge arbeiten wir aber besser noch ein bisschen.
http://www.kreta-wiki.de/wiki/Deutsche_Kriegsverbrechen

Das würde also ein Nullsummenspiel. Kreta gegen Kredite gegen Reparationszahlungen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 15. Juli 2015, 15:30:55
Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 15:01:17
Die Griechen geben uns Kreta, und alle Schulden sind getilgt

Könnte man machen. Müßte man aber nicht.

Was ist, wenn die griechische Gesellschaft den Wink mit dem jetzigen Betonpfahl (Kohle nur noch gegen [edt: mit hoher Wahrscheinlichkeit: höchst unzureichende] Sicherheiten) immer noch nicht verstanden hat? Dann wäre die Sache mit "Kreta" vergleichsweise auch nur ein Wink mit einer Dampframme - ohne Gewähr, dass selbst dieser Schuss gehört würde. Siehe zum Problem eine der (vielen) Karikaturen zum Thema (hier: Telegraph, UK):

(http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/03371/BOB110715_3371790k.jpg)

Wenn das so wäre (und es gar nicht *so* abwegig ist), dann hätte die EU selbst vom Kreta-Besitz nicht viel (man könnte alle Mittelmeerflüchtlinge dort absetzen, müßte aber die Suppenküchen dann doch bezahlen...). Denn dann griffen ja z.B. die klugen Vorschläge der Professorenriegen, die in ihren Blogs und auf Twitter so "generöse" Ideen ablassen. Also etwa das Fluten (Rest-) Griechenlands mit Buchgeld. Das kann bei "eigener" (Ersatz-)Währung zwar zum Teil aus der Druckpresse kommen - aber das wäre fiktiv. Und dann illusionär fiktiv, wenn es nicht akzeptiert würde. Das Fluten müßte dann im Grundsatz immer noch von "außen" gespeist werden (und es gibt auch ganz buchstäblich DagobertDuck-Mengen an flottierendem Buchgeld, das nach Anlage lechzt). Was nichts anderes bedeuten würde, als dass nach eben dem obigen Vorschlag auch dann das Flutgeld nur gegen Besitztitel käme - und das würde es. Verbunden selbstverständlich mit durchaus mehr mafiöser Drohpower dahinter - z.B. im Falle des flottierenden Oligarchengeldes. Die Niederländer mögen vielleicht keine Bötchen mit Schießzeug drauf mehr schicken (und wären ja mit Anteilkreta auch schon abgefunden), aber der Oligarchenknecht hat da vielleicht weniger Skrupel.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 15. Juli 2015, 15:41:39
Mir geht ja das Flassbeckvideo nicht aus dem Kopf in dem er Grafiken zeigt dass die Erholung der anderen Südländer wohl nicht so ganz dolle ist wie das immer dargestellt wird.... Zumindest hätten wir dann noch Madeira, Mallorca und Sizilien im Portfolio.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Sauropode am 15. Juli 2015, 15:59:20
Sizilien?! Mit der gesamten onorata societa?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 15. Juli 2015, 16:58:34
Am Ende geht es immer um Nudeln.
http://www.mandorle-disicilia-bongiovanni.net/prodotti/grano-duro-di-sicilia
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 15. Juli 2015, 17:16:05
Apropo, gibs ne nennenswerte Griechische Mafia? Müßte doch eigentlich, bei sonem schwachen Staat, aber ich kann mich nicht mal an bemerkenswerte griechische Verbrecher in Filmen entsinnen.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 15. Juli 2015, 17:27:39
Zitat von: RächerDerVerderbten am 15. Juli 2015, 17:16:05
Apropo, gibs ne nennenswerte Griechische Mafia? Müßte doch eigentlich, bei sonem schwachen Staat, aber ich kann mich nicht mal an bemerkenswerte griechische Verbrecher in Filmen entsinnen.

Nennt sich da glaube ich "Partei".
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 15. Juli 2015, 19:03:31
Zitat von: MrSpock am 15. Juli 2015, 15:10:57
Zitat von: Belbo am 15. Juli 2015, 15:07:34
Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 15:01:17
@ajki: Natürlich war das mit dem Auktionskatalog nicht ganz ernstgemeint. Ich bin ja ganz bei dir, ich finde es auch sehr bedenklich, dass Griechenland jetzt alles, was irgendwie Zukunft hat, verscherbeln soll. Klar sind Lizenzvergaben sinnvoller, sollen doch die oberschlauen Lizenznehmer sehen, wie sie daraus Rendite erwirtschaften.

In meinem Bekanntenkreis entstand allerdings auch noch ein anderer Vorschlag, der sofort alle Probleme lösen würde: Die Griechen geben uns Kreta, und alle Schulden sind getilgt. Kreta gegen Kredite.

An der Feinsinnigkeit der Vorschläge arbeiten wir aber besser noch ein bisschen.
http://www.kreta-wiki.de/wiki/Deutsche_Kriegsverbrechen

Das würde also ein Nullsummenspiel. Kreta gegen Kredite gegen Reparationszahlungen.
:crazy
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 15. Juli 2015, 20:16:30
Zitat von: celsus am 15. Juli 2015, 17:27:39
Zitat von: RächerDerVerderbten am 15. Juli 2015, 17:16:05
Apropo, gibs ne nennenswerte Griechische Mafia? Müßte doch eigentlich, bei sonem schwachen Staat, aber ich kann mich nicht mal an bemerkenswerte griechische Verbrecher in Filmen entsinnen.

Nennt sich da glaube ich "Partei".

Die Schwäche des Staats bedingt, dass es eine Mafia gibt, die aber nicht als kriminelle Struktur, sondern als Alltagsgeschäft wahrgenommen wird. Mafia verdient ihr Geld heute nicht mehr wie in der guten alten Zeit mit Schnapsschmuggeln oder wie in jüngerer Zeit hauptsächlich mit Drogen und Schutzgeld. Stattdessen betreibt man wilde Abfallentsorgung, manipuliert Vergaben am Bau, unterwandert die öffentliche Leistungsverwaltung und dergleichen mehr...  Der Unterschied zwischen Italien und Griechenland besteht darin, dass das in Italien verboten ist und verfolgt wird - in Griechenland war es auch schon immer verboten, aber es störte nie jemanden: der Feind ist schließlich der Staat.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 16. Juli 2015, 09:57:43
Ich hatte vor Jahren schonmal angemerkt, dass die Griechenland-Misere einen groben Webfehler der Eurozone offengelegt hat: die zu starke Orientierung der deutschen Volkswirtschaft an Exportüberschüssen. Duch Exportüberschüsse laufen offene Rechnungen auf, für deren Bezahlung man am Ende Ausgleichszahlungen an die Importländer leisten muss: wie eine Klimaanlage, die denselben Raum gleichzeitig heizen und kühlen soll.

Dass es so nicht dauerhaft geht, verstehen einige andere anscheinend auch:

http://www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001963

Zitat
Man kann im Euro nicht ständig versuchen, in einem Wettlauf der Nationen die Nase vorn zu haben

Der Euro wird am Außenhandelserfolg Deutschlands scheitern. Griechenland ist am Ende, anderen europäischen Ländern geht es auch nicht sonderlich gut: Spanien, Portugal, Italien, Frankreich. Ändert sich nichts, werden diese Länder früher oder später ebenfalls ruiniert sein. Aber bevor es soweit ist, wird die Frustration der Bevölkerung wahrscheinlich schon dafür gesorgt haben, dass die Währungsunion scheitert.

Man muss allerdings verstehen, dass Wettbewerbsfähigkeit ein relatives Konzept ist. Je konkurrenzfähiger der Eine im europäischen Binnenmarkt, umso weniger konkurrenzfähig der Andere. Deshalb ist es Schwachsinn, wenn Frau Merkel verlangt, dass alle wettbewerbsfähiger werden müssen. Wir können alle zusammen produktiver, aber wir können nicht alle wettbewerbsfähiger als zuvor werden, denn die Wettbewerbsfähigkeit muss ja irgendwoher kommen. Wenn alle wettbewerbsfähiger werden, bleibt keiner übrig, der etwas von seiner Wettbewerbsfähigkeit abgeben könnte.

Das hört man bei uns vielleicht nicht gerne, aber es ist wahrscheinlich zutreffend.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 16. Juli 2015, 10:09:09
Das mag ja innerhalb des Euroraumes gelten, bezieht sich diese Wettbewerbsfähigkeit aber nicht eigentlich auf Länder wie China, Indien aber auch die USA und Brasilien? Zumindest die Eingliederung eines Billiglohnsektors Innerhalb der EU (Slowakei, Kroatien etc.), hat ja zumindest bei einigen Arbeitsplätzen die Abwanderung nach Asien verhindert.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 16. Juli 2015, 10:11:46
Aufgrund von ajkis Einwand baue ich meinen Vorschlag um: Griechenland überschreibt der EU Kreta gegen kompletten Schuldenerlass. Das wäre ein gutes Geschäft, wenn man bedenkt, dass Alaska damals für 7 Mio. USD wegging. Und der EU würde es den Schuldenschnitt wenigstens ein bisschen versüßen.
[zynismus]Damit wäre auch das Problem der Reparationen erledigt, weil man keine Reparationen fordern kann für Dinge, die gar nicht auf eigenem Boden geschahen[/zynismus]
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 16. Juli 2015, 10:14:21
ZitatDa haben wir uns überlegt: Wir versuchen's mal mit weiteren Hilfsgeldern und noch mehr Sparmaßnahmen. Nur weil was beim ersten und zweiten Mal nicht funktioniert hat, muss es ja beim dritten Mal nicht falsch sein. Das machen wir jetzt solange, bis es klappt.

http://www.der-postillon.com/2015/07/schauble-ich-habe-ursprunglich-den-kopf.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 16. Juli 2015, 10:18:55
Eine andere Frage, wie verhindere ich als Staat, ohne dirigistische Maßnahmen, Exportüberschüsse? Ausfuhrzölle? Steuererhöhungen für Exportgüterproduzenten?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 16. Juli 2015, 10:22:13
Zitat von: celsus am 16. Juli 2015, 10:14:21
ZitatDa haben wir uns überlegt: Wir versuchen's mal mit weiteren Hilfsgeldern und noch mehr Sparmaßnahmen. Nur weil was beim ersten und zweiten Mal nicht funktioniert hat, muss es ja beim dritten Mal nicht falsch sein. Das machen wir jetzt solange, bis es klappt.

http://www.der-postillon.com/2015/07/schauble-ich-habe-ursprunglich-den-kopf.html

...der Nachsatz.....
Bevor wir an den korrupten Strukturen unserer Gesellschaft was ändern, das wäre ja noch schöner.
....fehlt noch.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 16. Juli 2015, 11:20:46
Zitat von: Belbo am 16. Juli 2015, 10:09:09
Das mag ja innerhalb des Euroraumes gelten, bezieht sich diese Wettbewerbsfähigkeit aber nicht eigentlich auf Länder wie China, Indien aber auch die USA und Brasilien? Zumindest die Eingliederung eines Billiglohnsektors Innerhalb der EU (Slowakei, Kroatien etc.), hat ja zumindest bei einigen Arbeitsplätzen die Abwanderung nach Asien verhindert.

Die mit Abstand wichtigsten Handelspartner Deutschlands liegen in der EU und im Euroraum. Allen voran Frankreich. Die Verwerfung entsteht durch eine gemeinsame Währung prinzipiell eigenständiger Volkswirtschaften, denn hier können die Kollisionsprobleme nicht mehr durch Wechselkursanpassungen ausgeglichen werden. Frankreich hatte sich jahrzehntelang mit kontrollierten Abwertungen des Franc einigermaßen geschützt. 
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 16. Juli 2015, 11:36:59
Zitat von: Typee am 16. Juli 2015, 11:20:46
Zitat von: Belbo am 16. Juli 2015, 10:09:09
Das mag ja innerhalb des Euroraumes gelten, bezieht sich diese Wettbewerbsfähigkeit aber nicht eigentlich auf Länder wie China, Indien aber auch die USA und Brasilien? Zumindest die Eingliederung eines Billiglohnsektors Innerhalb der EU (Slowakei, Kroatien etc.), hat ja zumindest bei einigen Arbeitsplätzen die Abwanderung nach Asien verhindert.

Die mit Abstand wichtigsten Handelspartner Deutschlands liegen in der EU und im Euroraum. Allen voran Frankreich. Die Verwerfung entsteht durch eine gemeinsame Währung prinzipiell eigenständiger Volkswirtschaften, denn hier können die Kollisionsprobleme nicht mehr durch Wechselkursanpassungen ausgeglichen werden. Frankreich hatte sich jahrzehntelang mit kontrollierten Abwertungen des Franc einigermaßen geschützt.

Schon klar, aber was hilft wenn diese Partner in Zukunft immer mehr in Asien kaufen weil die dort preiswerter sind, bei Textilien und Computern gibt es diesen Efekt ja schon.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 16. Juli 2015, 11:41:37
Solange die Franzosen und Chinesen keine gescheiten Autos bauen können, so lange wird das noch gut gehen. Mehr Sorgen mache ich mir um den Maschinenbau. Mittlerweile kopieren die Chinesen nicht nur, sondern sie qualifizieren ihre eigenen Leute und kaufen den deutschen Mittelstand auf.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Belbo am 16. Juli 2015, 11:53:02
Zitat von: MrSpock am 16. Juli 2015, 11:41:37
Solange die Franzosen und Chinesen keine gescheiten Autos bauen können, so lange wird das noch gut gehen. Mehr Sorgen mache ich mir um den Maschinenbau. Mittlerweile kopieren die Chinesen nicht nur, sondern sie qualifizieren ihre eigenen Leute und kaufen den deutschen Mittelstand auf.

Naja wieviel Fabriken für deutsche Autos stehen inzwischen in China, und wer baut inzwischen die Magnetschwebebahnen?Selbst die Amis kriegen inzwischen "deutsche" Autos hin.

http://www.wuppertal.ihk24.de/blob/wihk24/innovation_und_umwelt/downloads/1407986/f71012b5888dfce7befe196d96f489d7/Branchenupdate_Automotive-data.pdf

Seite 3 ....fertigen die deutschen Automobilhersteller mehr als 60% im Ausland...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: MrSpock am 16. Juli 2015, 11:57:48
Dass dort Produktionsstätten stehen, ist klar und hat u. a. steuerliche Gründe. Aber die Zentralen befinden sich alle noch in D. Und auch die deutschen Produktionsstandorte werden weiter ausgebaut.

http://www.produktion.de/unternehmen-maerkte/porsche-investiert-massiv-in-standortausbau/
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: kosh am 16. Juli 2015, 22:45:57
via transparency international gefunden ... Ist das schon bekannt?
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 17. Juli 2015, 07:23:41
Zitat von: Hildegard am 16. Juli 2015, 10:11:46
Aufgrund von ajkis Einwand baue ich meinen Vorschlag um: Griechenland überschreibt der EU Kreta gegen kompletten Schuldenerlass. Das wäre ein gutes Geschäft...

Ich hab' offensichtlich mal wieder meinen "Einwand" nicht annähernd gut genug formuliert. Das kommt vom viel zu wenig textwanden... ;-))))

Ich lasse hier einfach mal die "Kreta-" oder sonstige Materialsicherungskonzepte weg (unter anderem spart man sich damit die Prophezeiungskrise moderner EingeweidepriesterÖkonomen, was um des Teutates Willen man wohl als Nicht-Staatswesen mit einem Protektorats-Eiland ohne Aktiva denn eigentlich machen soll...............).

Gehen wir also mal vom Albtraum der CSU aus und gewähren dem Staat Griechenland fiktiv "vollständigen Schuldenerlass".

Problem 1: Von welchen zu erlassenden Schulden ist die Rede? Ohne Umschuldungsstrukturierungen vorher geht es um einen relativ kleinen Anteil privater Schuld (alles was vom "haircut" nicht erfaßt wurde oder seitdem wieder neu entstand) - angeblich "nur" rund 10 bis 15% der Schuldenmasse (unklar, da bei den hektischen Events alle paar Monate die Verhandlungen immer nur mit schnell verfügbarer Zahlenbasis arbeiten - und zuverlässig in den Monaten danach immer ein long tail dazukommt an "ähübrigens, da ham wer noch was überraschend gefunden bei der Beteiligungsgesellschaft soundso, die komischerweise und völlig unerwartet zu 136% im Verantwortungsbesitz verschiedener öffentlicher Körperschaften ist.... äh...."). Dann der große Batzen an "EU"-Mitteln aus verschiedenen Programmen, die über ESM-I/II und/oder ESFS und/oder EZB-Direktmaßnahmen und/oder bi- oder multilaterale Zusatzmaßnahmen aus einzelnen EU-Mitgliedsstaaten kommen (oder aus Körperschaften daraus). Runde 30 bis 60% dieser Mittel haben den überaus großen Charme, dass sie zwischen 2013 und zum Teil bis 2020 (? und sogar darüber hinaus?) zinsgestundet sind - über diese "künstliche" Absenkung der Zinslasten hat man den Bundeshaushalt Griechenlands (nicht jedoch die Haushalte der Kommunen und Körperschaften) vor dem sofortigen Bankrott durch überbordende Zinskosten bewahrt. Weiterhin sind die Kreditlasten aus der EU günstige Kredite - praktisch durchgeschobene AAA-Konditionen, in Einzelfällen wohl auch etwas teurer. Alleine das macht den typischen Marktradikalen schon komplett verrückt, weil dadurch seit 2010 ff ein total unglaublicher Schaden am Volxvermögen der großzügigen Geberländer total angerichtet wurde durch totale Zinsverluste - dafür wird sich DraMerkSchäub noch mal vor dem Schöpfer verantworten müssen und das Urteil ist den Wahren Aufgeklärten und Rechthabern schon bestens bekannt (hint: die christliche Hölle wird ein Scheißdreck dagegen sein...). Ein weiterer kleiner, aber feiner Batzen kommt aus Mitteln, die vom IWF organisiert sind. Die sind nicht gestundet und sie sind zwar "begünstigt", aber nicht katholisch "viel". Man versteht sofort, warum Frau Lagarde als wesentlichstes (äh, eigentlich einziges...) Element ihres Beitrages zur kürzlichen Einigung "Umschuldungsmaßnahmen" dringlichst anempfohlen hat - zu Recht darf man vermuten, dass der IWF raus möchte aus dem Risikoden Griechen auf dem Weg zur Gesundung helfen möchte.

Im Prinzip ist also seit rund Mitte 2014 klar, dass ein schröcklicher Schuldenerlass der *Bundes*!-Schulden Griechenlands möglich ist - ein haircut für die Privaten ist kein haircut und der Rest kann deshalb verkraftet werden, weil die VerantwortlichenSchuldigen eh' schon im Nachleben so verloren sind, wie man nur verloren sein kann (siehe hint oben). Was die atheistischen Marktradikalen bei ihrer Befriedigung über gesicherte ewige Höllenqualen immer nie kapieren ist der simple Sachverhalt, dass auch Schulden im Jenseits diskontierbar sind und der Heilige Vater in Rom über gigantische Aktiva verfügt, die er allen Beteiligten gesichert ausschenken wird vor dem Gang zu deren SchöpferIn.

Problem 2: Was dann?

Das war der Punkt, den ich im vorigen und anderen Beiträgen schon ansprach bzw. klarmachen wollte. "Danach" ist ja absolut nichts erledigt, wenn die Bedingungen der ökonomischen Schieflage Griechenlands sich nicht auf magische Weise gleichzeitig miterledigen. Wenn die Einkünfte aus Steuern, Abgaben, Umlagen, Beteiligungen oder sonstwas nicht irgendwie über Nacht aus dem Negativvolumen ins (möglichst hochprozentige) Positivvolumen umwechseln, dann bleibt das Problem in allerschönster Form erhalten für den Staat Griechenland. Der muß ja im Monat, der auf den (verdienten, selbstverständlich) Schuldenschnitt folgt, immer noch Renten zahlen, alle möglichen sonstigen überflüssigetotal notwendige Minimal- Transferleistungen erbringen und selbstverständlich auch endlich mal gemäß StieglitzKrugmanSonstwem das wirklich WICHTIGE und NOTWENDIGE und SELBSTVERSTÄNDLICHE und MENSCHENRECHTERFORDERLICHE tun: nämlich jede Menge Geld "antizyklisch" in die Volkswirtschaft pumpen, damit die ARMEN MENSCHEN endlich wieder in Lohn und Brot kommen. Denn darum geht es uns allen doch! Es geht ja immer NUR um den armen Mensch als solchen - den oder die wie du und ich eben.

Man kann natürlich glauben, dass am Tag nach dem (gerechten!) Schuldenerlass alles wieder gut sein wird. Der Wolf wird bei den Lämmern liegen, die Olivenbäume werden extrem nachgefragtes Superöl liefern, der Weißkäse wird Grundnahrungsmittel von 2 Milliarden Chinesen und sonstigem Gesocks werden, die jeden beliebigen Betrag zahlen werden um ihre Gelüste danach zu befriedigen. Deshalb wird es selbstverständlich auch so sein, dass der Aufstieg Griechenlands zur führenden Wirtschaftsmacht des Sonnensystems nur eine Frage von Wochen sein wird nach dem (notwendigen!) Schuldenerlass.

Nur deutsche Miesepeter, die von der Welt anläßlich der aktuellen Krise einmal mehr als Bremser und Ärgernis entlarvt wurden, verstehen so etwas Einfaches und Einleuchtendes nicht. Über mich und meinesgleichen wird der gloriose Schritt der Geschichte jedoch unnachgiebig hinwegschreiten wie über schlängelndes Gewürm im Bio-Torf.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 17. Juli 2015, 14:41:46
Zitat von: ajki am 17. Juli 2015, 07:23:41
Was die atheistischen Marktradikalen bei ihrer Befriedigung über gesicherte ewige Höllenqualen immer nie kapieren ist der simple Sachverhalt

du meinst mit Marktradikale doch nicht etwa Neoliberale angelsächsischer Spielart?
Überhaupt hat deine Textwand so einiges Problematische. Du polemisierst zum Beispiel indem du Wirtschaftswissenschaften in Deutschland mit Glaubensrichtungen gleichsetzt... das ist ja infam.
8)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 22. Juli 2015, 19:16:57
Alle Achtung! Katholische Hardliner wissen ganz genau, wie die Griechenlandkrise gelöst werden kann:
Zitat
Nur die Hinwendung zum Herzen Mariens kann Griechenlands Finanzkrise überwinden
:facepalm

http://herz-jesu-bulletin.blogspot.de/2015/07/nur-die-hinwendung-zum-herzen-mariens.html
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 22. Juli 2015, 19:42:34
Zitat von: ajki am 17. Juli 2015, 07:23:41
[...]
Man kann natürlich glauben, dass am Tag nach dem (gerechten!) Schuldenerlass alles wieder gut sein wird. Der Wolf wird bei den Lämmern liegen, die Olivenbäume werden extrem nachgefragtes Superöl liefern, der Weißkäse wird Grundnahrungsmittel von 2 Milliarden Chinesen und sonstigem Gesocks werden, die jeden beliebigen Betrag zahlen werden um ihre Gelüste danach zu befriedigen. Deshalb wird es selbstverständlich auch so sein, dass der Aufstieg Griechenlands zur führenden Wirtschaftsmacht des Sonnensystems nur eine Frage von Wochen sein wird nach dem (notwendigen!) Schuldenerlass.

Nur deutsche Miesepeter, die von der Welt anläßlich der aktuellen Krise einmal mehr als Bremser und Ärgernis entlarvt wurden, verstehen so etwas Einfaches und Einleuchtendes nicht. Über mich und meinesgleichen wird der gloriose Schritt der Geschichte jedoch unnachgiebig hinwegschreiten wie über schlängelndes Gewürm im Bio-Torf.

Müsstmer fast bloggen, gäbe bestimmt anregende Kommentare  8)
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 22. Juli 2015, 19:47:57
Zitat von: Nicht_Peter am 22. Juli 2015, 19:16:57
http://herz-jesu-bulletin.blogspot.de/2015/07/nur-die-hinwendung-zum-herzen-mariens.html

Das ist doch endlich mal konstruktiv und logisch:

ZitatDer beste Weg, um wieder die Tugend der Mäßigung zu gewinnen, ist die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens. Aus verschiedenen Gründen:

1. Das Unbefleckte Herz Mariens war von Anbeginn völlig frei von jeder Unmäßigkeit. Gott will, dass die Herzen der Menschen wie das Unbefleckte Herz Mariens werden, also voll der Tugend der Mäßigung und aller sonstiger Tugenden. Wer unmäßig lebt, aber das Herz Mariens verehrt, wird mit der Zeit immer mehr entsprechend der Tugend der Mäßigung leben.

2. Weil das Herz Mariens rein von Sünde ist, ist die Muttergottes auch der Sitz der Weisheit: Die Verehrung dieses Herzens stärkt also auch die Tugend der Weisheit, was eine notwendige Bedingung für das Finden einer Lösung der Finanzkrise ist.

3. Im Unbefleckten Herzen Mariens herrscht die perfekte Ordnung, die Gott erschaffen hat. Ein Verehrer dieses Herzens wird also viel einfacher erkennen, welche Dinge im Leben wichtig sind und welche unwichtig oder sogar falsch sind: Gier, Wollust, Neid usw. Ein Verehrer des Unbefleckten Herzens Mariens wird also beginnen, seine eigene innere Wertordnung wieder nach dem Willen Gottes zu gestalten.

jedenfalls besser als dieser Glaubensentwurf:

https://www.greenpeace-magazin.de/nachrichtenarchiv/warum-die-energiewende-fuer-griechenland-jetzt-so-wichtig-ist (https://www.greenpeace-magazin.de/nachrichtenarchiv/warum-die-energiewende-fuer-griechenland-jetzt-so-wichtig-ist)

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: pelacani am 22. Juli 2015, 19:50:58
Zitat von: Nicht_Peter am 22. Juli 2015, 19:16:57
http://herz-jesu-bulletin.blogspot.de/2015/07/nur-die-hinwendung-zum-herzen-mariens.html

Daraus:
ZitatAnstatt das Geld aus der EU in produktive Projekte einzusetzen, wurde es direkt an das Volk weitergeleitet, ohne dass dieses irgendeine besondere Leistung dafür erbringen musste.
Aber behauptet nicht die Linke das genaue Gegenteil: das ganze Geld sei ausschließlich dafür verwendet worden, die Banken zu sanieren, und kein Cent sei beim ausgebeuteten Volk angekommen?

:stirn
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 22. Juli 2015, 20:21:34
Zitat von: Pelacani am 22. Juli 2015, 19:50:58
Aber behauptet nicht die Linke das genaue Gegenteil: das ganze Geld sei ausschließlich dafür verwendet worden, die Banken zu sanieren, und kein Cent sei beim ausgebeuteten Volk angekommen?

:stirn

Das ist ja gerade das Schlimme: Je nach Ideologie kriegen die bösen griechischen Banken oder die böse griechische Bevölkerung unser gesamtes Steuergeld. Aber die EU hat nie auch nur daran gedacht, den redlichen Katholizisten vom "Herz-Jesu Bulletin" 30 Silberlinge in die Hände zu drücken, um mal wieder eine ordentliche Marienverehrung in Gang zu setzen!  :anbeten:
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Hildegard am 23. Juli 2015, 10:59:18
Zitat von: ajki am 17. Juli 2015, 07:23:41
Problem 1: Von welchen zu erlassenden Schulden ist die Rede? Ohne Umschuldungsstrukturierungen vorher geht es um einen relativ kleinen Anteil privater Schuld (alles was vom "haircut" nicht erfaßt wurde oder seitdem wieder neu entstand) - angeblich "nur" rund 10 bis 15% der Schuldenmasse (unklar, da bei den hektischen Events alle paar Monate die Verhandlungen immer nur mit schnell verfügbarer Zahlenbasis arbeiten - und zuverlässig in den Monaten danach immer ein long tail dazukommt an "ähübrigens, da ham wer noch was überraschend gefunden bei der Beteiligungsgesellschaft soundso, die komischerweise und völlig unerwartet zu 136% im Verantwortungsbesitz verschiedener öffentlicher Körperschaften ist.... äh....").

Wenn man den Griechen sagt: "Hallo Leute, in einer Woche ist Schuldenschnitt", was meinst du, wie schnell sich die Schulden anfinden. Ja, sehr wahrscheinlich werden sich sogar Schulden anfinden, die vorher gar nicht da waren.

ZitatProblem 2: Was dann?
... "Danach" ist ja absolut nichts erledigt, wenn die Bedingungen der ökonomischen Schieflage Griechenlands sich nicht auf magische Weise gleichzeitig miterledigen. Wenn die Einkünfte aus Steuern, Abgaben, Umlagen, Beteiligungen oder sonstwas nicht irgendwie über Nacht aus dem Negativvolumen ins (möglichst hochprozentige) Positivvolumen umwechseln, dann bleibt das Problem in allerschönster Form erhalten für den Staat Griechenland.

Vollkommen klar. Der Schuldenschnitt macht nunächst einfach nur die Tatsache offiziell, dass das Geld weg ist. Die Bücher werden der Realität angepasst. Das finde ich wichtig. Dann können die Gläubigerstaaten und -institutionen ihre eigene Klientel über diesen Punkt nicht länger belügen.

Natürlich wird's dann auch für die Griechen hart. Auch sie müssen sich der Realität stellen. Sie treten aus dem Euro aus und alles geht auf Anfang. Es gibt keinen Grund, warum man ausgerechnet den Griechen eine goldene Hängematte bieten soll und z.B. nicht Haiti. Steinigt mich, aber so seh ich das.

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juli 2015, 11:24:48
Zitat von: Hildegard am 23. Juli 2015, 10:59:18
Natürlich wird's dann auch für die Griechen hart. Auch sie müssen sich der Realität stellen. Sie treten aus dem Euro aus und alles geht auf Anfang. Es gibt keinen Grund, warum man ausgerechnet den Griechen eine goldene Hängematte bieten soll und z.B. nicht Haiti. Steinigt mich, aber so seh ich das.

Es gibt freilich Gründe, Griechenland im Euro zu halten. Die sind halt politischer Art. Wenn diese Gründe so wichtig sind, wird es halt auf eine Transferunion hinauslaufen. Ein hoher Preis, aber so ist das, wenn man die Politik wichtiger einschätzt als die grundlegende Ökonomie. Das, was die Mehrheit der Griechen bisher unter Staat versteht, ist einfach nicht kompatibel zum Rest der EU. Und da nützt es eben nix, an verbesserten Spielregeln zu feilen, wenn das Spiel ein ganz anderes ist. Die guten Gründe, Griechenland zu halten, sehe ich als bescheidener Laie allerdings nicht und meine, man erreicht eher das Gegenteil damit und den Griechen selber ist damit letztlich am wenigsten gedient.

Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Groucho am 23. Juli 2015, 22:18:18
DIE ZEIT:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-07/griechenland-vermoegen-schulden-abbau (http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-07/griechenland-vermoegen-schulden-abbau)

ZitatEs klingt einfach, wenn der Multimillionär George Kukis seine Lösung für Griechenlands Schuldenproblem präsentiert: "Wenn die griechische Regierung Geld braucht, sollte sie die vier oder fünf Familien fragen, die Griechenland seit den 1950er Jahren regiert haben." Die hätten reichlich Vermögen angehäuft, stellte Kukis letztens fest. Er ist selber Grieche, hat aber seinen Wohnsitz in Genf – und damit gut reden. Denn die Reichen, die ihr Geld ins Ausland geschafft haben, sind das zweite große Problem, das Hellas hat, neben den Politikern, die über Jahrzehnte von den politischen Strukturen profitierten. Vor allem finanziell. Beide Probleme muss das Land endlich angehen, um wieder zu Einnahmen zu kommen, sagen Landeskenner.

ZitatFreiwillig würden sie sich am Umbau des Landes ohnehin nicht beteiligen, kritisiert der Politologe und Klientelismusforscher Andreas Stergiou von der Universität Kreta: "Es fehlt eine patriotisch gesinnte bürgerliche Oberschicht in Griechenland. Wenn die Leute dem Fiskus von sich aus nichts beisteuern wollen, kann kein Staat unter demokratischen Bedingungen viel leisten."

Es ist, wie gesagt, ein anderes Spiel. Kann man nur auf die normalen Griechen hoffen, die irgendwann mal wirklich genug von diesem System haben.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ajki am 24. Juli 2015, 08:19:48
Zitat von: Hildegard am 23. Juli 2015, 10:59:18
"Hallo Leute, ... Schuldenschnitt."

Naja, dieser Teil der Überlegung betrifft den (unstrittig) geringen Anteil an nicht-staatlichen Krediten zum Zeitpunkt vor demjenigen "Schuldenschnitt", den wir momentan hier fiktiv im Auge haben (also den "jetzigen"). Dieser Anteil mag zwar unsicher sein im Volumen und er ist sicher auch ein zinsteurer Anteil (und natürlich nicht "gestundet"). Aber er ist im Rahmen dieses (fiktiven) Schuldenschnitts eben doch nur "vernachlässigbar" - zumindest wenn man als tüchtiger griechischer Rosinenhändler um die Kreditlinie des nächsten Geschäftsjahrs mit seiner Geschäftsbank feilscht. Der Rosinenhändler denkt sich hier wohl, er käme als "souveräner" Geschäftsmann mit den paar Hedgefonds schon irgendwie zurecht, wenn es mal soweit ist. Und die Geschäftsbank interessiert sich für diesen Anteil im Rahmen der Gesamtüberlegung natürlich auch nicht (wirklich) - denn der geht es hier um das "Eigene" und die Überlegung, ob man den Rosinenhändler nun weiter als Geschäftskunden halten solle oder ihn besser mit Verlust vor die Tür setzen soll (obwohl der gesamte Vorstand der Bank, die Geschäftsführung und vor allem jede einzelne Schalterdame den Rosinentypen echt gerne mag, weil er doch so ein fluffiger Kerl ist).

Unser sympathischer Rosinenhändler hat hier in einer Hinsicht recht: die paar Milliarden machen "jetzt" und vor einer "radikalen Gesamtlösung" den Kohl nicht fett. Und vielleicht meint er auch wirklich wie im obigen Zitierten spekuliert, ein "haircut" sei ja kein "haircut" und deshalb sei ein zweiter eben nur der erste und damit auch wieder keiner. Kann man in bedrängter Geschäftssituation bestimmt glauben - ähnlich wie auch an die süße Versprechung der sonstigen Fantasy-Story im restlichen zitierten Beitrag. Rosinenhändler haben eben eine lyrisch-romantische Ader, die sie anfällig macht für die Verlockungen des Schönen an sich.

Zitat von: Hildegard am 23. Juli 2015, 10:59:18
Natürlich wird's dann auch für [den Rosinenhändler] hart. Auch [der muß] sich der Realität stellen.

Jagut. Aber *wie* hart? Und was wäre wohl die *erwartbare* "Realität" nach dem Auflösen der Kundenbeziehung mit seiner ehemaligen Geschäftsbank?

Nun mal keine Fantasy und auch keine Science Fiction, sondern nur sowas wie eine gescriptete "Peter Zwegat"-Fiction. Dabei ist es zunächst mal völlig egal, ob Rosini, der Händler, weiterhin ein Konto bei der Bank behält, die früher seine Geschäftsbank war oder nicht. Denn der eigentliche Punkt ist ja, dass er nach der "Einigung" von dieser Bank keinen roten Heller mehr auf Kredit bekommt. Das ist es, was das Wort "Schuldenschnitt" wirklich bedeutet. Würde der Vorstand oder die Geschäftsführung der Bank diesem Ex-Geschäftskunden noch einen einzigen Cent ohne Deckung auf dem Konto rüberschieben, dann würden die Shareholder der Bank auf spätestens der nächsten Hauptversammlung sich nicht nur mit den Köpfen zufrieden geben, sondern auch noch die Eier/-stöcke abschneiden und die Finger und dann noch die restlichen Knochen unters Rad flechten wollen. Und die körperlichen Überreste verbrennen - nur so zur Sicherheit.

Von denen kann Rosini dann nix mehr erwarten außer dem üblichen freundlichen "Hi Rosini! WiegehtwiestehtichhableiderkeineZeitbisdann...", wenn man sich mal auf der Strasse begegnet und nicht fix genug vorher auf der anderen Strassenseite war. Oder - wenn Rosini im Rahmen der geschäftlichen Neuorientierung zum Beispiel seinen schicken Panamahut vor sich auf das Pflaster der Fußgängerzone legt und ein Schildchen hochhält mit "alt! weise! schön! aber arm und krank - bitte helft!!" drauf - ab und an ein paar Milliönchen der an sich ja sehr netten Gattin und den niedlichen Kindchen (es sollen ja viele sein, sagt man, und nicht nur von einertuscheltuschel...) hintenrum zustecken, das geht dann wohl auch noch. Aber mehr nicht.

Rosini muß also ob er will oder nicht eine neue Geschäftsbank finden, denn seine Rosinenpflücker wollen ja bezahlt werden, die Pflückmaschinen schnaufen asthmatisch vor sich hin und verlangen offensichtlich nach Betriebsstoffen und Updates, die Gattin zuhause wartet schon schlagbereit mit der Bratpfanne auf ihn wegen der ausstehenden Reparatur der Klospülung und die Kiddies wollen ja auch alle schon wieder ein neues Händie haben (nein, müssen alle haben und er selber ja auch).

Aber ist alles gar kein Problem für Rosini. Als autarker, autonomer, souveräner, allseits geachteter Geschäftsmann kann er hoch erhobenen Hauptes in *jede* Filiale einer Bank gehen (außer der ehemaligen) und wird - wie es ihm zusteht! - "königlich" empfangen werden. Da kann er sich ganz sicher sein. Neue Kreditlinie? Gar kein Problem. Nirgendwo. Jede beliebige Höhe, völlig beliebige Laufzeit, da braucht er sich überhaupt keine Sorgen zu machen. Naklar, die Kosten sind natürlich schon irgendwie ziemlich hoch - aber so ist das heute eben, die Zeiten sind hart, die See ist rau und Wasser ist nass und so. Wie, Kleingedrucktes? Ach, das müssen Sie nicht so ernst nehmen, Herr Rosini, das ist nur vollkommen übliches Zeug. Total unerheblich. Ja, natürlich müssen Sie schon ein paar Sicherheiten bieten, Herr Rosini - Ihnen als Geschäftsmann muss man das ja nicht erläutern wie den anderen Spacken, die hier betteln kommen. Hier unterschreiben, bitte. Was? Nachher gehört Ihnen gar nichts mehr? Nicht mehr ihr Haus, ihr Boot, ihr Pferd, ihre Frau, ihre Pflückmaschine? Aber doch nur, wenn die nächste Rosinenernte kein Bombenerfolg werden sollte, Herr Rosini!! Das haben Sie doch alles selber in der Hand und Sie sind doch ein gewiefter, erfahrener und mit allen Wassern gewaschener harter Rosinenproduzent und -händler - was soll da schief gehen? Da dürfen sie doch nicht so negativ denken! Hier unterschreiben, bitte.

Und Rosini wird unterschreiben. Weil er muss. Bei irgendeinem *wird* er unterschreiben. Das ist *keine* fiction. Und dann ist er fällig. Und sein Boot. Und seine Frau.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 26. Juli 2015, 19:34:14
Interessant, jetzt wird offenbar über eine europäische Wirtschaftsregierung samt eigenem Haushalt aus einer "Eurosteuer" nachgedacht. Ein längst überfälliger Schritt imo, die EU muss effizienter/effektiver auf wirtschaftliche/finanzielle Probleme reagieren können.

Würde es schön finden, wenn europäische Politiker jetzt auf Reaktion der Eurokrise über ihren nationalstaatlichen Schatten springen und mehr Kompetenzen an die EU verlagern. Denn die nächste Krise kommt bestimmt, die jetzige ist ja noch nicht mal endgültig vorbei... :-[
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Typee am 30. Juli 2015, 10:48:05
Neuer Unsinn:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-yanis-varoufakis-droht-wegen-grexit-plan-prozess-a-1045949.html

Der Vorgang lässt sich ungefähr so beschreiben:

da saust ein Auto durch die Dunkelheit und riskiert, gegen ein Hindernis zu brummen. Das Hindernis wird noch schnell weggeräumt. Hinterher erzählt der Fahrer, er habe sich zum Ausweichen auf den linken Fahrstreifen vorbereitet. Dafür kriegt er einen Knollen, weil er einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot vorbereitet habe.

Die Reproduktion der Daten, wenn sie denn überhaupt stattgefunden hätte, hätte die Überleitung in ein bargeldloses Verrechnungssystem ermöglicht, falls der worst case, der Graccident, eingetreten und gar kein Bargeld, außer gebunkerten Devisen, mehr vorhanden gewesen wäre. Ein Tor, wer in der gegebenen Lage so etwas nicht wenigstens geplant hätte.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Patches O Houlihan am 30. Juli 2015, 14:31:58
Da fällt mir dieses Lied (https://www.youtube.com/watch?v=HYm3KghuuIc) ein.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 20. August 2015, 20:09:58
Sieben Monate hat er durchgehalten: http://www.dw.com/de/neuwahlen-in-griechenland-premier-tsipras-tritt-zurück/a-18660280
Populisten haben die durchaus angenehme Angewohnheit, an der Realität zu scheitern, wenn sie einmal an der Macht sind. Auch wenn dieser Rückzug eher taktischer Natur sein dürfte.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: 71hAhmed am 21. August 2015, 09:19:07
Zitat von: Nicht_Peter am 20. August 2015, 20:09:58
Populisten haben die durchaus angenehme Angewohnheit, an der Realität zu scheitern, wenn sie einmal an der Macht sind.
Ob das so angenehm ist, wage ich zu bezweifeln, immerhein neigen sie auch dazu, auf dem Weg bis dahin einen Riesenscherbenhaufen zu produzieren, dessen Beseitigung erst mal alle sinnvollen Maßnahmen gründlich blockiert.
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: Nicht_Peter am 21. August 2015, 17:01:04
Zitat von: 71hAhmed am 21. August 2015, 09:19:07
Ob das so angenehm ist, wage ich zu bezweifeln, immerhein neigen sie auch dazu, auf dem Weg bis dahin einen Riesenscherbenhaufen zu produzieren, dessen Beseitigung erst mal alle sinnvollen Maßnahmen gründlich blockiert.

Auch wieder wahr. Der beste Fall ist es natürlich, wenn Populisten gar nicht erst an die Macht kommen. ;)

Ach ja, von der Syriza hat sich offenbar der linke Flügel abgespalten und eine eigene Fraktion gegründet, die den freundlichen Namen "Volkseinheit" trägt. So langsam wird's immer unübersichtlicher...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: J. Webb am 22. August 2015, 16:39:12
Erhellendes Interview

https://www.phoenix.de/content//986712
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: ErpelderNacht am 24. August 2015, 11:16:58
Zitat von: Nicht_Peter am 21. August 2015, 17:01:04
Ach ja, von der Syriza hat sich offenbar der linke Flügel abgespalten und eine eigene Fraktion gegründet, die den freundlichen Namen "Volkseinheit" trägt. So langsam wird's immer unübersichtlicher...

Erinnert ein bißchen an die Judäische Volksfront und die Volksfront von Judäa...
Titel: Re: Griechenland
Beitrag von: celsus am 13. März 2021, 13:17:52
ZitatYanis Varoufakis
@VaroufakisDE
·
11. März
In Griechenland müssen Abgeordnete wie ich jedes Jahr im Mai unser Einkommen und dessen Herkunft, unseren Kontostand, Aktienbesitz sowie Immobilien, Autos usw. offenlegen. Journalisten picken Interessantes heraus. Wäre das vielleicht auch für Deutschland eine Lösung? #CDUKorruption
https://mobile.twitter.com/VaroufakisDE/status/1370069182881144842