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Long COVID

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Begonnen von Peiresc, 07. April 2023, 12:23:06

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eLender

Zitat von: RPGNo1 am 21. Juni 2024, 06:50:30Ich habe da ein Déjà-vu.
Nur eins..? ;)

Zitat von: zimtspinne am 21. Juni 2024, 07:39:23Faszinierend auch, woher die geschwächten Patienten mit Belastungstoleranz eines Faultieres die Power nehmen

Eins der Merkwürdigkeiten. Scheinbar ist gelegentlich die normale Power vorhanden, um sich für den großen Auftritt schick zu machen, um dann bei Gelegenheit das ganze Elend rauszulassen. Beim obigen Video mal ab min 31:15 reinschauen und sich das Spektakel geben. Der Absturz nach feuchtfröhlicher Ausgelassenheit soll ja das Merkmal dieser Erkrankung sein. Schön in Szene gesetzt, der Kameramann hat das echt gut getimt.

Ich weiß, klingt alles nicht gerade empathisch und ggf. verhöhnend. Aber ich bin nicht so der Sympath Empath und konzentriere mich auch die problematischen Aspekte solcher Inszenierungen. Da muss ich allerdings weiter ausholen. Aber vorher noch ein weiteres Lob an zimtspinne: genau die richtigen Stellen gefettet, ich hätte es nicht anders gemacht (manchmal wünschte ich mir so eine gespaltene Persönlichkeit wie Marvel, mit einer zimtspinne, die mir assistiert ::) )

Dieses Festhalten an Glaubenssätzen, z.B.: man sollte sich immer nur schonen, sonst wird es nur noch schlimmer, ist kein guter Ratgeber (es gibt ja andere Geschichten, die das als eins der Grundprobleme betrachten). Genauso wie das Klammern an eine rein "organische" Ursache, also auf keinen Fall eine PT oder Ähnliches in Betracht ziehen. Man will scheinbar, dass die Menschen darin gefangen bleiben. Jeder Zweifel wird als diskriminierend betrachtet, und immer wieder sieht man den Verweis auf den Verein (in den Zitaten oben ständig). Das ist eine private Seite von einem Verein, scheinbar von Betroffenen (ob direkt oder über Angehörige, habe ich nicht erkennen können). Das sind keine Ärzte (sie haben nur ärtzl. Beratung, aber das heißt nicht viel) und sie kommen mir aktivistisch vor: https://www.mecfs.de/wir-ueber-uns/

Ich habe mir den WP-Artikel zum Thema angesehen, da ist von einer kritischen Betrachtung, die andere als eine rein organische Ursache erwähnen, überhaupt nichts zu lesen. Noch klarer wird das auf der Diskussionsseite, die dazu auch noch die Bibel an Umfang in den Schatten stellt (ein Zeichen für Aktivismus, man kommt überhaupt nicht dazu, mal eine kritische Bemerkung zu machen; alleine der Verweis auf eine psychosomatische Erkrankung ruft ellenlange Klagelieder hervor). Sorry, das ist beinahe 1:1 zum Transaktivismus: da darf es auch nur die eine Lehre geben, alles andere sind Hetze und Diskriminierung, von Menschenhassern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Myalgische_Enzephalomyelitis/Chronisches_Fatigue-Syndrom

(das sieht übrigens bei P/LC ganz ähnlich aus)

Ich sehe auch solche Darstellungen (wie in den YT-Videos, auf X, FB uns Insta) als Aktivismus. Ich bestreite nicht, dass diese Menschen leiden und eine Erkrankung haben. Aber wenn man sich auf eine bestimmte Erklärung (Erzählung passt auch) festlegt, ohne dass diese plausibel und alternativlos ist, dann hat man die Bodenhaftung verloren. Wenn man sich da auch noch reinsteigert und das (über)dramatisch inszeniert, dann wird man selbst auch kaum rausfinden und andere weiter mit reinziehen. Ich verweise nochmal auf den engl. Prof., der genau das als das Fatale an seiner Erkrankung beschrieben hat. Daneben noch die pseudomedizinischen Ratschläge zu möglichen Therapien (und Mittelchen, die alles andere als geprüft dafür sind), sowie das Abraten von mglw. sinnvollen Ansätzen (Aktivierung, PT).

Diese komplexe Betrachtung (biopsychosozial) finde ich einen sehr guten Ansatz. Ich würde das sogar noch erweitern (sozial ist ggf. nicht umfassend genug) und die gesellschaftliche Ebene mit einbeziehen. Also diesen aktivistischen, *hüstel* identitätspolitischen Aspekt. Da sind ganz klare Parallelen zu anderen Aktivisti zu sehen, die sogar bis auf die politische Ebene vorstoßen. Das soll alles Vorstellungen zementieren, für die es andere, komplexere und differenzierter Ansätze gibt (man denke an den affirmativen Ansatz, das geht bis in die Gesetzgebung).

Das ist in der Tat ein Thema für Skeptiker (und entsprechend für die Gwup). Hegedüs hatte mal angekündigt, dazu ein Video zu machen, das ich bis heute nicht gesehen habe. Er hat das auf X angekündigt und wahrscheinlich schnell die weiße Flagge gehisst. Da sind diese ganzen Aktivisten aufgeploppt, die natürlich sofort gefordert haben, dass man bloß nicht an der "organischen" Ursache rütteln soll. Es gibt erstaunlich wenig Aufklärung über alternative Ansätze zu PC/CFS, gerade im ÖRR. Aber man findet gelegentlich vorsichtige Hinweise, die das aber auch nur andeuten.

ZitatViele der Erkrankten hatten bereits seit Beginn der Pandemie große Angst vor einer Corona-Infektion. Kommt zu dieser Angst vor der Infektion noch ein weiterer Stressfaktor dazu - wie zum Beispiel Arbeitsüberlastung, Belastung durch die Familiensituation, aber auch Vereinsamung, dann ist das Risiko für das Auftreten einer Long-Covid-Symptomatik deutlich erhöht.
https://www.swr.de/wissen/psychosoziale-faktoren-erhoehen-risiko-fuer-long-covid-um-50-prozent-100.html
(gut, dass da die Kommis deaktiviert sind)

Diese Tabuisierung, das Verhindern von Kritik und dieser Empörismus scheinen mir beinahe der größten Probleme bei vielen Erscheinungen, die die Psyche und Gesundheit betreffen, zu sein. Es ist extrem schwierig, sachlich, objektiv und nüchtern an die Dinge zu gehen, man wird schnell mit einem Shitstorm überzogen. Das hilft den Betroffenen in den aller seltensten Fällen nicht und verhindert eher die Lösung von Problemen (die ja dadurch auch erst geschaffen werden).

Zu guter letzt noch das Paper, auf das Bartels in der SZ verwiesen hat. Man unterscheidet ja gelegentlich zwischen Krankheit und Erkrankung (etwas holprig übersetzt). Das scheint mir auch nicht so gegenwärtig zu sein (ich habe das auch nicht gewusst).

ZitatContemporary medicine distinguishes between illness and disease. Illness refers to a person's subjective experience of symptoms; disease refers to objective bodily pathology. For many illnesses, medicine has made great progress in finding and treating associated disease. However, not all illnesses are successfully relieved by treating the disease. In some such cases, the patient's suffering can only be reduced by treatment that is focused on the illness itself. Chronic disabling fatigue is a common symptom of illness, for which disease-focused treatment is often not effective, but for which illness-focused treatments (psychological or behavioural) often are. In this article, we explore a controversy surrounding illness-focused treatments for fatigue. We do this by contrasting their acceptance by people whose fatigue is associated with a disease (using the example of cancer-related fatigue) with their controversial rejection by some people whose fatigue is not associated with an established disease (chronic fatigue syndrome or CFS, sometimes called ME (myalgic encephalomyelitis)). In order to understand this difference in acceptability we consider the differing moral connotations of illness and disease and then go on to examine the limitations of the concepts of illness and disease themselves. We conclude that a general acceptance of illness-focused treatments by all who might benefit from them will require a major long-term change in thinking about illness, but that improvements to the care of individual patients can be made today.
https://mh.bmj.com/content/45/2/183.long

Oder bildhaft ::) :
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitat von: eLender am 21. Juni 2024, 22:57:26Zu guter letzt noch das Paper, auf das Bartels in der SZ verwiesen hat.

Ich habe es gelesen. Unbrauchbar. Die Autoren sehen in der Überwindung der kartesischen Trennung zwischen objektiv und subjektiv, Fakten und Werten usw. den Ausweg, den ihnen der Wischiwaschi-Philosoph Whitehead gewiesen hat.
ZitatAs a minimum, this requires three steps: The essential first step is to compassionately validate the reality of the patient's suffering, even in the absence of a demonstrable disease. The second step is to develop the dialogue of the consultation beyond a preoccupation with the presence or absence of disease, towards a consideration of the illness itself. The third step is to explore with the patient, how their illness might be improved and how they might manage the paradox of illness-without-disease in their own life.

"Wir reden jetzt mal nicht davon, ob sie krank sind oder nicht. Was könnte Ihnen helfen?" – Man soll die Realität des Leidens empathisch validieren, auch in Abwesenheit einer körperlichen Erkrankung. Da wäre ich doch gerne mal Mäuschen, wie das geht. ,,Frau Doktor, bin ich krank?" – auf diese Frage sind nur Antworten möglich, wie sie Whitehead auf diejenige nach dem lieben Gott hatte (man kann sie nicht referieren, weil sie unverständlich gewesen ist).

zimtspinne

ZitatFrau Doktor, bin ich krank?


Reality is transphobic.

zimtspinne

Die Krankheitsidentitären (Anhänger des gefühlten Krankseins) haben sich ihre Weisheiten nicht selbst gewürfelt. Der Überbringer:

https://www.bmj.com/rapid-response/2011/11/02/cbtget-ineffective-and-potentially-harmful-mecfs-patients-seem-die-conside

.. vielleicht sollte sich unser Zorn in diesem Fall auf Hiob richten > the bmj teeren, federn und vom Rand des Unisversums schubsen.
Reality is transphobic.

eLender

Zitat von: Peiresc am 22. Juni 2024, 06:04:38Ich habe es gelesen. Unbrauchbar.
Ja, das scheint mir in der Schlussfolgerung auch sehr wolkig, obwohl ich da keinerlei praktische Erfahrung habe. Ich fand aber die Analyse (den allgemeinen Teil) ganz interessant, das habe ich so noch nicht gesehen (Unterschied Krankheit / Erkrankung). Ich zitiere nur ein wenig, was eigentlich nur die bisherige Beobachtung bestätigt:

ZitatWhile fatigue has been found to be relieved to a similar degree by these treatments in both patients with cancer and patients with CFS, the reception to them has differed markedly: CBT and GET for fatigue are generally accepted by patients with cancer, but sometimes strongly rejected by patients with CFS. In the case of CFS, this rejection has coalesced into active campaigns against their provision. The result is a controversy about the very place of an illness-focused approach to care.

Gut, diese Art von Aktivismus kann man beoabachten. Die Motive finde ich plausibel:

ZitatWe note that patients with illnesses that are associated with a disease, such as cancer, usually benefit from unqualified acceptance of their symptoms and associated disability. In this case, the presence of a disease ensures that the illness is considered 'genuine'; a moral validation allows patients to claim the benefits of the sick role, including sympathy and exemption from duties, as well as permission to access publicly funded healthcare and other financial benefits.9 Consequently, patients are able to see the application of psychological and behavioural treatments for their fatigue as a benefit.

By contrast, we note that patients whose illnesses have not so far been found to be associated with generally accepted bodily disease (such as those with a diagnosis of CFS) find themselves in a much more morally uncertain position. They face the possibility that their experience of illness will be rejected as 'not real', with all the implications for acceptance, care and financial support that such a judgement implies.

Das könnte im Zusamenhang mit P/LC erklären, warum man so auf einer organischen Erkrankung, die mit der Coronainfektion zusammenhängt, besteht. Das wäre nicht nur für Patienten, auch für Behandler relevant.
Wollte ich nur mal gesagt haben!