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Energiewende - es bleibt schwierig

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Begonnen von zwingenberger, 09. Oktober 2012, 09:29:37

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eLender

Zitat von: PeterPan am 02. Mai 2023, 19:26:55Genau er verdreht keine Fakten er "adaptiert" Grafiken. Er macht aus Messkurven Temperaturkurven.
Weil das hier zu sehr OT ist: wenn der tatsächlich so ein Wandelskeptiker ist, dann könnte man den in einem eigenen Faden verwursten. Ich habe aber bisher nichts von ihm in der Richtung vernommen (waren aber nur 2 Vids). Er leugnet eigentlich nichts, auch nicht einen Handlungsbedarf. Man könnte ggf. meinen, er verharmlost die Folgen der Entwicklung, in dem er auf vergangene Situationen verweist (z.B. Atlantikum) und die als förderlich für die menschliche Kultur darstellt. Das sind heute aber ganz andere Verhältnisse, das kann man nicht einfach parallelisieren. Er bedient vll. ein wenig die andere Seite des Spektrums, auf dessen Gegenseite die Apokalyptiker stehen.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

biomango


Zitat von: eLender am 01. Mai 2023, 19:24:55Mag sein, aber man entlarvt ihn nicht, in dem man ihm vorwirft, er würde die Fakten verdrehen.

ZitatGenau er verdreht keine Fakten er "adaptiert" Grafiken. Er macht aus Messkurven Temperaturkurven.

Die gemessenen Schwankungen der O18- Isotope sind ein proxy für die Klimaänderung- alles Korrekt

PeterPan

Zitat von: eLender am 22. April 2023, 21:53:14Interessanter Vortrag! Der ist aber laut WP ein verbrannter Genosse, man rechnet ihn der dunklen Seite der Macht zu: Klimalügner

Ich habe ihn nicht als Wandelskeptiker bezeichnet. Es ging mir um diesen Satz. Und ich habe eine Begründung geliefert. Auch diese Rezension von seinem ersten Klima-Buch habe ich beigesteuert. Auch dort wird nicht von Klimaleugner gesprochen. Ganteför hat wenn es explizit um Klima geht fachliche und populärwissenschaftliche Mängel. Vllt. ist sein anderer Youtube-Kanal Grenzen des Wissens besser.

Ganteförs Laienklimatologie
https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/gantefors-lainenklimatologie/
ZitatDer Autor ist Naturwissenschaftler genug, um nicht grundlegende physikalische Erkenntnisse zum Klimawandel zu verleugen. Etwa die Tatsache, dass unsere Emissionen zu einer globalen Erwärmung führen und damit grenzt er sich klar von sogenannten "Klimawandelleugnern" ab. Auch akzeptiert er die Prognosen des Weltklimarates bezüglich der Temperaturentwicklung und der damit verbundenen Folgeerscheinungen, aber er verharmlost deren Auswirkungen auf unsere menschliche Zivilisation.


Zitat von: biomango am 03. Mai 2023, 00:20:51Die gemessenen Schwankungen der O18- Isotope sind ein proxy für die Klimaänderung- alles Korrekt

Er hat es im Video nicht erwähnt, dass er das tat und es gibt auch keinen Hinweis darauf ob korrekt. Zusätzlich hat er in einem anderen Video selbst gesagt, dass aus Messkurven keine Temperaturkurven gemacht werden sollen.

MrSpock

Der grüne Filz in Berlin hat mit seinen ideologisch getriebenen Verboten genau das Gegenteil dessen erreicht, was das Ziel war. Das kommt davon, wenn man in seiner ideologischen Blase lebt und absolut realitätsfremd ist.

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Kunden-reissen-sich-um-Ol-und-Gasheizungen-article24114162.html

Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.

eLender

So, jetzt kommt die Atombombe ;D

ZitatNeben dem Weltklima leidet aber auch das oft beschworene soziale Klima unter dem Atomausstieg. Der Plan, das Stromnetz von fossiler und atomarer Grundlastversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen, bringt nämlich gewaltige Kosten mit sich, unter denen besonders die Ärmsten ächzen.

Zwar können Fotovoltaik und vor allem Windkraft im Alltag recht billig Strom gewinnen. Doch die Gesamtkosten für die Transformation des Energiesystems sind gewaltig. So wollen die Treiber der Energiewende in den kommenden Jahrzehnten eine riesige Infrastruktur aus Kurzzeit- und Langzeitspeichern aus dem Boden stampfen, die bei Bedarf für die wetterabhängigen Erneuerbaren einspringen können.
https://taz.de/Ende-der-Atomenergie/!5938892/

Das sind zwar alles bekannte Binsenweisheiten - wenn man seine ideologische Brille abzunehmen in der Lage ist - aber es wird via taz(!) verkündet. Entweder ist der Laden durch die alles beherrschenden ElitenTM übernommen worden, oder man hat doch erkannt, dass man die eigene Klientel auf Dauer doch nicht anlügen sollte. Ich formuliere wie immer leicht überspitzt ::)

Oder ist Atomenergie jetzt doch ein linkes Thema, weil es um die Knete geht. Und zwar um die eigene.

Man kann das alles so machen, wie man sich das im Auenland erträumt (vor allem ohne Atomtod), aber das wird wahrscheinlich so richtig teuer. Es gibt Schätzungen, dass der Strompreis auf bis zu 60 Cent pro kWh steigen könnte, wenn man die letzten Dreckschleudern (aka Kohlemeiler und Gaskraftwerke) abschaltet. Das ist ja auch vernünftig, momentan ist Auenland eins der dreckigsten Länder in EU. Aber man wähnt sich als globales Vorzeigeprojekt, hat man doch das Atomzeitalter hinter sich gelassen.

Andere Länder sind nur nicht so fortschrittlich im Denken und orientieren sich an machbaren (und bezahlbaren) Lösungen, um endlich CO2-neutral zu werden. Man nennt das Pragmatismus und Realitätsbezug, in Auenland vergessene Tugenden aus vergangenen Zeitaltern.

Aber wahrscheinlich haben wir noch Glück, da man z.B. in Frankreich massiv weiter Kernenergie ausbauen will und wird. Man hat den deutschen Markt als Zukunftschance erkannt; man muss den Strom nur irgendwie rein waschen, damit niemand merkt, dass er aus bösen Atomen gewonnen wurde. Das ist übrigens die Strategie aller vernunftsorientierten Länder: die EE soweit möglich und sinnvoll ausbauen, die Dreckschleudern abschalten und die Backupleistung mit Kernenergie realisieren (Neubau und/oder Weiterbetrieb). Klappt gut, man möge nach Skandinavien schauen. Das macht die neue Energie sogar ziemlich bezahlbar. Den Luxus der deutschen Atomangst hat man ad acta gelegt, man hat ja auch so genug Schauergeschichten auf Netflix zwecks Gruselfaktor.

Was soll man jetzt dazu sagen? Wahrscheinlich alles nur rechte Propaganda, die Fakten sind politisch konstruiert motiviert, die taz gehört ab sofort verboten und die aktuelle Ausgabe verbrannt. Es ist schließlich bekannt, dass die Geschichte von der guten Kernkraft eine rechte Parole und die Diskreditierung der Kritiker nur billiges Woke-Bashing ist. Oder so in der Art. Man darf sich halt bloß nicht auf nüchterne Fakten beziehen. Unbedingt vermeiden!

3, 2, 1...
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Gab ja neulich die Meldung, die Strompreise würde immer weiter sinken, um 1/3 gegenüber heute. Wie das angesichts der massiven notwendigen Investitionen gehen soll, ist mir ein Rätsel. Es fehlt nicht nur Kapazität, es fehlt auch noch ein entsprechendes Netz und vor allem Speicher (die werden besonders teuer). Zum nötigen Netzausbau:

ZitatDer Verband hat eine Studie bei PWC in Auftrag gegeben, um den Zustand der deutschen Stromnetze zu untersuchen. Demnach wird der Investitionsbedarf zur Beseitigung der Leistungslücken auf 100 Milliarden Euro bis 2030 geschätzt. Eine hohe Summe, die innerhalb von sieben Jahren aufgebracht werden müsste. Doch es muss auch eine Menge angepasst werden. Seitdem der Strom in Deutschland nicht mehr nur aus zentralen Gas- und Kohlekraftwerken gespeist wird, muss das Stromnetz angepasst werden. "Die Erzeugungsstruktur ändert sich gerade grundlegend", sagt Sandra Maeding vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Schleppender-Netzausbau-bremst-die-Energiewende-article24208188.html

Wie immer bei solchen Schätzungen: einfach mal mit drei multiplizieren, dann nähert man sich den wahren Kosten ;D
Solche Netze müssen dann auch noch gewartet werden, was den Grundpreis kaum absinken lassen kann (die nötigen Smartmeter sind auch wesentlich teuerer). Daneben noch - wie gesagt - massive Investitionen in den Ausbau der anderen Infrastruktur, vor allem in der Erzeugung. Das kann zwar zum Teil von privater Seite geschehen (Solardächer und so), aber auch hier werden Unsummen benötigt (Einspeisevergütung nicht vergessen). Wenn man dann, weil es sonst keine vernünftige Speichertechnik gibt, auf eine parallele Wasserstoffwirtschaft setzt, frage ich mich echt, wie da der Strompreis sinken kann und soll. Ich möge Unrecht haben, aber sinkende Preise kann ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Einfach ein paar Nachbarländer übernehmen, dann klappt das schon. Eine Vervierfachung der tatsächlich mit Windrädern bestellten Flächen halte ich in meinem Landstrich nicht nur für utopisch, es wäre auch eine katastrophale Kulisse. Man blickt nur noch auf Windparks, rundherum. Ich habe nichts gegen den Ausbau, aber wo soll das bitteschön noch alles hin. Höhere Anlagen wären eine Möglichkeit, aber das ist wahrscheinlich auch zu wenig. Man wird auch so langsam an die Speicherproblematik denken und vor allem handeln müssen. Nur Ausbau der Erzeugungs-Kapazitäten ist Irrsinn.

ZitatDie Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die aktuellen Ausbaupläne nicht zu erreichen sind. Unterm Strich sind nach der Aussage der Forschenden derzeit nur 0,47 Prozent der Fläche in Deutschland für den möglichen Bau von Windkraftanlagen ausgewiesen – und tatsächlich verfügbar. ,,Um das im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verankerte Ziel von 1,4 Prozent bis 2027 zu erreichen, müsste die verfügbare Flächenkulisse demnach verdreifacht werden. Für das Flächenziel von 2,0 % bis 2032 wäre sogar eine Vervierfachung erforderlich", rechnet Carsten Pape vom Fraunhofer IEE vor.

In den aktuellen Plänen ist eine Ausweitung der Fläche in dieser Größenordnung jedoch nicht vorgesehen. Sie dürfte lediglich auf 0,61 Prozent steigen, was immer noch deutlich unter dem Soll liegt. Betrachtet wurden dabei ausschließlich die Flächen an Land.
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/ausbau-der-windenergie-kann-nicht-funktionieren/
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Conina

Es bleibt immer noch schwierig. Es wird interessant sein zu sehen, wie gut oder schlecht die Beiträge in diesem Thread in ein paar Jahren gealtert sind.

Die physikalische und wirtschaftliche Realität wird so langsam sichtbar.
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

MrSpock

Neues aus der NZZ online:

Deutschland muss immer häufiger Strom verschenken – und ihn anschliessend teuer zurückkaufen
Deutschland überschwemmt seine Nachbarn oft mit Ökostrom, den niemand braucht. In den Monaten nach dem Atomausstieg hat sich das Problem verschärft. Eine Analyse.

Die mehr als zwanzigjährige Geschichte der Energiewende ist auch eine Geschichte der falschen Prognosen und enttäuschten Hoffnungen. Eine falsche Vorhersage lautete: Sobald die deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet sind, wird der Markt auch seltener mit überschüssigem Strom geflutet, den Deutschlands Nachbarn nicht einmal mehr geschenkt abnehmen.



Tatsächlich ist das Gegenteil eingetreten. Jetzt sind es vor allem die vielen neuen Wind- und Photovoltaikanlagen, die noch mehr Strom produzieren, wenn er gar nicht gebraucht wird – etwa nachts oder am Wochenende. Anders als regelbare konventionelle Kraftwerke liefern solche Anlagen nämlich keine gesicherte Leistung, sondern produzieren wetterabhängig Strom. Ohne geeignete Speicher ist das ein Problem.

Die Folge: Deutscher Strom wird an den Energiebörsen umso häufiger auf Ramschniveau gehandelt, je mehr der staatlich geförderte Ausbau der Erneuerbaren voranschreitet. Teilweise rutscht der Preis sogar ins Negative, und Deutschland muss seine Nachbarn bezahlen, um den Strom loszuwerden.
«Veredelt» wird der deutsche Billigstrom dann häufig in Pumpspeicherkraftwerken in den österreichischen Alpen und in Norwegen, teilweise auch in der Schweiz. «Veredelt», weil er dort so lange gespeichert werden kann, bis er vom deutschen Nachbarn tatsächlich gebraucht wird, etwa an windstillen, bewölkten Tagen. Für diese Leistung zahlen die Deutschen einen hohen Preis.

Als der Strompreis auf minus 500 Euro fiel
Ein Beispiel: Am 2. Juli, einem eher sonnigen und windigen Sonntag, lag der Grosshandelspreis für eine Megawattstunde kurzzeitig bei minus 500 Euro. Tiefer kann er an der europäischen Börse gar nicht fallen.

Die Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken hatten die Leistung ihrer Anlagen bereits am Samstag stark zurückgefahren. Deutsche Stromerzeuger mussten demnach 500 Euro drauflegen, um eine Megawattstunde Strom loszuwerden. Und das passierte auch: Bei durchgängig negativen Preisen exportierte Deutschland 15 Stunden lang grosse Mengen Strom, unter dem Strich mehr als 100 000 Megawattstunden.

Zeitgleich zum deutschen Ramschexport stiegen die Importe in Deutschlands Nachbarländern, etwa in der Schweiz und in Österreich, aber auch in Norwegen; Frankreich drosselte zudem kurzfristig die Leistung seiner Kernkraftwerke. Als dann zu Beginn der Abendstunden die Preise auf rund 90 Euro ins Plus kletterten, begann Deutschland wieder, mehr Strom zu importieren als zu exportieren.

Besonders häufig zu beobachten war dieses Phänomen – Deutschland exportiert billig und importiert teuer – in den Monaten nach dem Atomausstieg, als sich das Land aus mehreren Gründen vom Netto-Exporteur zum Importeur von Strom wandelte. Insgesamt nahm die Zahl der Stunden mit negativen Preisen im Jahr 2023 stark zu – obwohl die Bundesregierung den Anreiz für Betreiber grosser Wind- und Photovoltaikanlagen, bei geringer Nachfrage weiterhin Strom zu produzieren, bereits reduziert hatte.

Diese bekommen seit Januar 2021 nicht erst nach sechs, sondern bereits nach vier Stunden mit negativen Preisen keine Förderung mehr für ihren Strom. Viele Betreiber kleinerer Anlagen sind davon allerdings nicht betroffen; sie erhalten auch bei negativen Preisen weiterhin eine feste Einspeisevergütung vom Staat.

Drei Mal so viele Negativpreise wie im Vorjahr
Negative Preise gibt es auch anderswo, vor allem in Ländern wie Dänemark und Irland mit einem hohen Anteil wetterabhängiger Stromerzeugung und entsprechenden Fördersystemen; nirgends kommen sie aber so häufig vor wie im Land der Energiewende. Einen ersten Höhepunkt erreichte das Minusgeschäft bei den Exporten im Jahr 2020 während der Corona-Lockdowns. Damals traten die negativen Preise vermehrt auch an Werktagen auf, weil die Produktion in manchen deutschen Fabriken stark gedrosselt wurde.

Als die Bundesregierung die Vier-Stunden-Regel eingeführt hatte, sank die Zahl der Stunden mit negativen Preisen in den beiden darauffolgenden Jahren wieder. Nun hat sich diese mehr als verdreifacht im Vergleich zum Vorjahr, während Deutschland insgesamt so wenig exportiert hat wie seit zwanzig Jahren nicht mehr.

So beeinflussen Negativpreise die Endkundenpreise
Für die deutschen Haushalte sind solche Ungleichgewichte keine gute Nachricht. Mit dem Wegfall der EEG-Umlage hat das Minusgeschäft beim Strom zwar keine unmittelbaren Auswirkungen mehr auf den Endkundenpreis. Finanzieren muss das Ganze dennoch mittelbar der Steuerzahler, nun eben über ein «Sondervermögen», den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF).
Ein nur kleiner Trost. Denn Verbraucher in Deutschland zahlen zwar nicht die höchsten Strompreise der Welt, wie häufig zu lesen ist, aber höhere als in den meisten Ländern Europas. Auch weil die Integration der Erneuerbaren weitere Kosten verursacht – etwa für Reservekraftwerke oder Entschädigungszahlungen für nicht eingespeisten Strom bei Netzengpässen. Stromkunden finanzieren das über die sogenannten Netzentgelte. Trotz Milliardenzuschüssen über ein weiteres «Sondervermögen» aus Corona-Zeiten werden sie im Jahr 2024 noch einmal deutlich zulegen.

Hätte die Bundesregierung die drei verbliebenen Kernkraftwerke nicht abgeschaltet, wäre Strom heute billiger – in Deutschland und in den Nachbarländern. Dass er nach dem Abbau weiterer gesicherter und regelbarer Leistung nicht teurer wurde, hat das Land dem europäischen Strommarkt zu verdanken. Wegen des hohen CO2-Preises war es für Deutschland nach Abschalten der letzten Kernkraftwerke billiger, Strom aus CO2-armer, regelbarer Wasser- und Kernkraft zu importieren, als diesen nun mit den steuerbaren, aber schmutzigen und daher teuren Kohlekraftwerken selbst zu erzeugen.

Deutschland fördert «wetterabhängigen Billigstrom»
«Der europäische Strommarkt reduziert damit die Wohlfahrtsverluste der politischen Abschaltungsentscheidung» – so beschreibt der Ökonom David Stadelmann von der Universität Bayreuth diese Entwicklung in mehreren Blog-Beiträgen. Das Problem ist laut Stadelmann weniger, dass sich Deutschland vom Netto-Exporteur zum Netto-Importeur von Strom gewandelt habe, sondern dass Deutschland unterm Strich zu niedrigen Preisen exportiert und zu hohen Preisen importiert.

Mit dem Atomausstieg habe das Land auf «wertvollen Strom» verzichtet und setze stattdessen einseitig auf Subventionen von «wetterabhängigem Billigstrom» – mit den oben beschriebenen Folgen. Dass sei «wenig vorbildlich und vergleichsweise wohlfahrtsschädlich».

Dass der deutsche Atomausstieg zu einem Verlust an Wohlstand führte, das Land aber gleichzeitig vom Handel mit Strom profitieren konnte, sieht auch Christoph Maurer so. Er ist Chef eines energiewirtschaftlichen Beratungsunternehmens und Lehrbeauftragter an der Universität Erlangen-Nürnberg. Problematisch sind laut Maurer allerdings nicht hohe Importpreise und generell Subventionen für Erneuerbare, sondern «suboptimale» nationale Fördersysteme, die zu negativen Preisen führen.

Photovoltaik-Boom führt zu mehr negativen Preisen
Ein Grund für den Anstieg im Jahr 2023 vermutet Maurer im Boom der Photovoltaikanlagen, deren Ausbau in vielen europäischen Ländern staatlich gefördert wird. «Gleichzeitig sind diese Anlagen in Europa oft so klein, dass gesetzliche Anreize zur Abschaltung wie die deutsche Vier-Stunden-Regel nicht greifen.»
Die Herausforderung bestehe darin, ein Fördersystem zu entwerfen, in dem Betreiber ihre Anlagen freiwillig abschalten, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist – ohne dabei ihr Risiko zu erhöhen und den weiteren Ausbau der Erneuerbaren zu gefährden. Wie genau dieses Fördersystem aussehen könnte, hat Maurer zusammen mit seinen Kollegen Ingmar Schlecht und Lion Hirth skizziert.

Sollen Betreiber der Anlagen auch Speicher bauen?

Andere Ökonomen teilen dieses Ziel, würden aber noch einen Schritt weitergehen – und zusätzlich Anreize zum Speichern des Stroms setzen. Zum Beispiel Manuel Frondel, Professor für Energieökonomik an der Ruhr-Universität Bochum. Er plädiert dafür, die Entschädigungszahlungen komplett zu streichen. Diese haben erst einmal nichts mit negativen Preisen zu tun; Betreiber bekommen sie über die Netzentgelte für nicht eingespeisten Strom, wenn sie ihre Anlagen aus Gründen der Netzstabilität abschalten müssen.

Weil der Netzausbau nicht Schritt halten kann mit dem Ausbau der Erneuerbaren, beliefen sich die Entschädigungszahlungen im Jahr 2022 auf die Rekordsumme von 900 Millionen Euro. «Die Betreiber würden dann sicherlich versuchen, ihren grünen Strom zu speichern, damit sie in diesen Situationen nicht ohne Erlöse dastehen», sagt Frondel. Damit wäre nebenbei auch das Problem der negativen Preise entschärft.

Christoph Maurer hält davon wenig. Auch eine Art Verpflichtung, neben der eigentlichen Anlage zusätzlich Speicher zu bauen, lehnt er ab. «Einen Getreidebauern zwingt man ja auch nicht dazu, eine Mühle zu bauen, um sein Produkt zu veredeln», sagt Maurer. Die Praxis, dass Österreich, Norwegen oder die Schweiz deutschen Billigstrom speichern und ihn anschliessend teurer verkaufen, hält er daher grundsätzlich für eine sinnvolle europäische Arbeitsteilung.

Wie gross wird die Stromlücke nach dem Kohleausstieg?
Auch beim Thema Versorgungssicherheit sind die Ökonomen unterschiedlicher Meinung. Die «Stromlücke», die der erfolgte Atomausstieg und der geplante Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 vermutlich hinterlassen werden, macht zwar Deutschlands Stromimporte nicht zwangsläufig teurer. Dass das Land aber – trotz den geplanten Gaskraftwerken – künftig mehr Strom einführen wird, ist unstrittig.

Während Maurer darin kein Problem sieht, das der europäische Strommarkt nicht abfedern könne, ist Frondel skeptischer. Zwar sei Autarkie bei der Stromversorgung weder technisch noch ökonomisch sinnvoll. «Aber wenn Deutschland gezwungen sein sollte, Strom aus dem Ausland zu beliebig hohen Preisen zu importieren, wird es problematisch.» «Gravierend» wäre es laut Frondel, wenn die Stromlücke so gross ausfiele, dass Importe wegen der limitierten grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten nicht mehr ausreichten, um die Nachfrage in Deutschland zu decken. «Das käme einem GAU gleich.»



Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.

Typee

Alles davon kann ich nicht nachvollziehen, vor allem nicht das Abraten von der Speicherung des Stromüberschusses. Der Wirkungsgrad, der zum Beispiel die Wasserstoff-Elektrolyse unattraktiv machen soll, ist für die Einleitung in ein Speichermedium eigentlich nicht wichtig. Es redet ja auch niemand einer Wasserstoff-Vollversorgung das Wort. Und es wäre auch schon viel gewonnen, wenn damit eine nennenswerte Menge an Wasserstoff für industrielle Zwecke gewonnen werden könnte, der sonst anders hergestellt werden müsste.

Das Beispiel vom Bauern und dem Mühlenzwang kann ich auch nicht teilen. Die Mühle ist keine Speicherungsform von Getreide - das wäre eher die Scheune, und die hat ein Bauer durchaus. Treffender wäre ein Vergleich mit Wasserkraft. Laufkraftwerke sind da die Ausnahme, der Stausee ist die Regel.

Bei all meiner Skepsis gegenüber Hoffnungen auf eine regenerative Vollversorgung: das scheint mir hier nicht so ganz überzeugend zu sein.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Maierling

Zitat von: MrSpock am 20. November 2023, 09:29:41Photovoltaikanlagen, die noch mehr Strom produzieren, wenn er gar nicht gebraucht wird – etwa nachts
Shit, ich habe mir eine PV-Anlage gekauft, die nachts keinen Strom produziert :-(
Ein Freund kauft sich jetzt übrigens eine PV-Anlage von Enpal mit 10 kWh Speicher und soll im Jahr 600-900 Euro verdienen, indem der Strom bei Spannungsspitzen etc. in seinen Speicher gespeichert wird.
Wenn das stimmen sollte, würde der Speicher alleine schon dadurch nach 10 Jahren bezahlt sein.
Aber ob das wirklich seriös ist? Tagsüber wird sein Speicher voll sein, da seine PV arbeitet, und so viele Windräder gibt es im Großstadtbereich nicht, welche nachts zu viel Strom produzieren.

NvRBlF

Ich hätte eher Bedenken, was die Langlebigkeit eines solchen Speichers betrifft.

Sicher ist die gesamte Lade-/Entladeelektronik inzwischen weitaus smarter als es früher der Fall war.
Aber die 1000 Ladezyklen für die Lebensdauer eines Akkus - zumindest für eine entsprechende Kapazität - sind da immer noch als großes Manko im Raume.

Oder können die mittlerweile mehr ab?

Conina

900 Euro wäre fast der komplette Strom eines Jahres für einen Mehrpersonenhaushalt.

Na gut, je teurer der deutsche Strom wird, umso schneller amortisiert sich das Ding. :-)
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Maierling

Zitat von: NvRBlF am 20. November 2023, 17:17:00Ich hätte eher Bedenken, was die Langlebigkeit eines solchen Speichers betrifft.

Sicher ist die gesamte Lade-/Entladeelektronik inzwischen weitaus smarter als es früher der Fall war.
Aber die 1000 Ladezyklen für die Lebensdauer eines Akkus - zumindest für eine entsprechende Kapazität - sind da immer noch als großes Manko im Raume.

Oder können die mittlerweile mehr ab?
Naja, wenn die Garantie zwischenzeitlich 10 Jahre ist, wäre es weniger kritisch. Bei meiner PV wollte man mir nur 5 Jahre Garantie auf den Speicher geben, und deshalb habe ich abgelehnt.

NvRBlF

Ok. -ich habe mich jetzt mal ein wenig zum Thema schlau gemacht, da ich die Akku-Entwicklung jenseits gewöhnlicher Li-Ionen Werkzeugakkus nicht so verfolgt hatte.

Die neuen Lithium-Zellen können lt. Hersteller/Anbieter so rund 5000-7000 Ladezyklen verkraften. Manche schreiben sogar von bis zu 10000.Das ist aber sicher noch nicht Standard.

Bei den derzeitigen Strompreisen dürfte sich das sogar irgendwann rechnen - dass die Strompreise wieder fallen erwarte ich eher nicht.