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Was ist Kunst

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Begonnen von Conina, 23. Mai 2014, 14:52:02

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lanzelot

ZitatGina-Lisa Lohfink betritt die St. Augustine's Church in Wiesbaden, um bei einer Kunst-Performance eine Trauerrede auf die Privatsphäre zu halten.
Wobei es ein Verhöhnung der Begriffe ist, wenn ein Mensch, der sich derart gewalttätig in die Öffentlichkeit drängt und dessen einziges Prinzip,
die völlige und absolute Vermarktung der eigenen Existenz ist, über den Verlust Privatsphäre redet

Das ist, trotz allem was dieser Dame widerfahren ist, ein schlechter Scherz


Tezcatlipoca

Kunst ist, wenn jemand sagt, dass es Kunst ist.
Und andere ihm das glauben.
Gruß, T.


Nichts, was ein Mensch sich auszudenken in der Lage ist, kann so unwahrscheinlich, unlogisch oder hirnrissig sein, als dass es nicht doch ein anderer Mensch für bare Münze halten und diese vermeintliche Wahrheit notfalls mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wird.

Groucho

Zitat von: Tezcatlipoca am 03. September 2016, 00:17:43
Kunst ist, wenn jemand sagt, dass es Kunst ist.
Und andere ihm das glauben.

Das Blöde ist, dass es genau so einfach ist, und daher keiner es glauben will.

Belbo

....ist ähnlich wie bei der Negermusik.

Groucho

Zitat von: Belbo am 04. September 2016, 10:22:42
....ist ähnlich wie bei der Negermusik.

Verstehe ich jetzt nicht. Es ist doch einfach so. Ob etwas Kunst sei, entscheidet doch nicht der Erzeuger, sondern die Betrachter. Man nehme nur die alten Porträtmaler zu Zeiten vor der Fotografie. Da galt das als Handwerk wie ein Fotostudio, heute gilt es oft als Kunst. Ist ja keine Wertung im Sinne von "alles Quatsch".

Tezcatlipoca

Kunst ist, wenn man trotzdem nicht lacht?

Gruß, T.


Nichts, was ein Mensch sich auszudenken in der Lage ist, kann so unwahrscheinlich, unlogisch oder hirnrissig sein, als dass es nicht doch ein anderer Mensch für bare Münze halten und diese vermeintliche Wahrheit notfalls mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wird.

Peiresc

ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D

Groucho

Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 10:48:25
ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D

Ignorant  ;D

Typee

Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 10:48:25
ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D

Immerhin. Diese Fähigkeiten waren dem europäischen Mittelalter weitgehend abhanden gekommen.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Peiresc

Zitat von: Typee am 17. September 2016, 12:55:54
Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 10:48:25
ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D
Immerhin. Diese Fähigkeiten waren dem europäischen Mittelalter weitgehend abhanden gekommen.
Ja, aber zwischen Mittelalter und Neuzeit lagen noch Renaissance, Manierismus, Barock, Rokoko, Klassizismus, Romantik ... OMFSM, was bin ich nur für ein nostalgischer, reaktionärer, stockkonservativ vernebelter Banause   :-X

Belbo

Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 13:13:34
Zitat von: Typee am 17. September 2016, 12:55:54
Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 10:48:25
ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D
Immerhin. Diese Fähigkeiten waren dem europäischen Mittelalter weitgehend abhanden gekommen.
Ja, aber zwischen Mittelalter und Neuzeit lagen noch Renaissance, Manierismus, Barock, Rokoko, Klassizismus, Romantik ... OMFSM, was bin ich nur für ein nostalgischer, reaktionärer, stockkonservativ vernebelter Banause   :-X


Erreicht wurde das in der Art m.E. erst wieder in den Stierkampftuschen von Picasso......

Peiresc

Zitat von: Belbo am 18. September 2016, 13:21:17
Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 13:13:34
Zitat von: Typee am 17. September 2016, 12:55:54
Zitat von: Peiresc am 17. September 2016, 10:48:25
ZitatDie Grotte Chauvet, im Süden Frankreichs, gilt Experten als der ,,Louvre der Steinzeit". Mit präzisem Sinn für Bewegungsabläufe und räumliche Perspektive schufen die Künstler dort vor 39 000 Jahren eindrucksvolle Tierporträts. Die Maltechnik der afrikanischen Migranten war perfekt, ihre Werke halten jedem Vergleich mit der zeitgenössischen Kunst stand.

DIE ZEIT Nr. 39, 15.09.16, S. 35
Das kann ich mir gut vorstellen.  ;D
Immerhin. Diese Fähigkeiten waren dem europäischen Mittelalter weitgehend abhanden gekommen.
Ja, aber zwischen Mittelalter und Neuzeit lagen noch Renaissance, Manierismus, Barock, Rokoko, Klassizismus, Romantik ... OMFSM, was bin ich nur für ein nostalgischer, reaktionärer, stockkonservativ vernebelter Banause   :-X
Erreicht wurde das in der Art m.E. erst wieder in den Stierkampftuschen von Picasso......
Ich war mal im Centre Georges-Pompidou und habe mich beinah unsterblich gelangweilt. Aber gut, Picasso passt m. E. ja auch eher ins Musée d'Orsay. Wie man an meinem Post erkennt, würde ich natürlich die meiste Zeit im Louvre verbringen. Ich bin auch mal in einer Ausstellung gewesen, in der eine Ecke der Wand unverputzt geblieben war. Ich habe mich ganz ernsthaft gefragt, ob das zum Kunstwerk gehört. Und ich bin sicher, ich hätte mit der Antwort des Künstlers auf diese Frage nichts anfangen können, egal wie sie ausgefallen wäre.

Natürlich gibt es Kunst, die die Grenzen der Gegenständlichkeit überschreitet, und die anrührend ist. Dann wieder was, wo man sich fragt: War das jetzt der Künstler, oder seine vierjährige Tochter?

Ich begreife einfach nicht, worin sich diese beiden Pole unterscheiden. Und wenn ich mir unseren Faden so ansehe, ich scheine da nicht der Einzige zu sein.

Groucho

Zitat von: Peiresc am 18. September 2016, 13:55:37
Ich begreife einfach nicht, worin sich diese beiden Pole unterscheiden. Und wenn ich mir unseren Faden so ansehe, ich scheine da nicht der Einzige zu sein.

"Kunst" findet in einem selber statt, man muss es kapieren, interpretieren und es als schön, oder zumindest aus allgemeinem Rauschen hervorgehoben bedeutend sehen. Es gibt diese Pole so nicht wirklich. Nur kann ein "richtiger" Künstler dieses Gefühl der Wahrnehmung besser und bewusster manipulieren, als z.B. ein Kind.

Wo halt viel Schindluder getrieben wird, sind diese Rekursionen: Ist die unverputzte Wand Absicht oder nicht, oder war es genau die Absicht des Künstlers, dass man sich diese Frage stellt?

Belbo

Zitat von: Groucho am 18. September 2016, 14:09:47
Zitat von: Peiresc am 18. September 2016, 13:55:37
Ich begreife einfach nicht, worin sich diese beiden Pole unterscheiden. Und wenn ich mir unseren Faden so ansehe, ich scheine da nicht der Einzige zu sein.

"Kunst" findet in einem selber statt, man muss es kapieren, interpretieren und es als schön, oder zumindest aus allgemeinem Rauschen hervorgehoben bedeutend sehen. Es gibt diese Pole so nicht wirklich. Nur kann ein "richtiger" Künstler dieses Gefühl der Wahrnehmung besser und bewusster manipulieren, als z.B. ein Kind.

Wo halt viel Schindluder getrieben wird, sind diese Rekursionen: Ist die unverputzte Wand Absicht oder nicht, oder war es genau die Absicht des Künstlers, dass man sich diese Frage stellt?


Im besten Fall führt sie dazu die eigene, vielleicht eingefahrene, Sichtweise auf Dinge zu hinterfragen oder auf neue Gedanken zu kommen die man ohne sie nicht gedacht hätte. Gewöhnungsbedürftig bleibt das sie sich einem, nicht, nicht mehr  selbst erschließt, sondern man entweder ein Vorwissen oder einen Vermittler benötigt, so geht's mir allerdings bei der Quantenmechanik auch.

Kürzlich war mal wieder Dan Flavin im Kunstbau in München ausgestellt und wieder hat die Ausstellung bei mir dazu geführt mir Gedanken über die eigene "Farb"-Wahrnehmumg zu machen, für andere sind das nur ein paar blöde Neonröhren an der Decke die da jeder Depp hinschrauben kann.

Wenn man dann in der Ausstellung steht eine Fläche intensiv betrachtet merkt wie sie, dadurch, die Farbe ändert, und sich an Heisenberg erinnert, kann das zumindest bei mir eine vergnügliche Kaskade von Hedanken auslösen, das kann man so wie ich genießen, aber sicher auch doof und unlogisch finden.

http://www.artmagazine.cc/content14767.html


Typee

Dann bilde ich mal ein Gegenbeispiel.

Einer momentanen Eingebung folgend kaufte ich einmal in einer portugiesischen Sommerfrische ein kleines Tonmodell eines typischen Algarve-Hauses, nicht größer als 8x5 cm. Es ist weiß angemalt mit blau abgesetzten Fenstergewändern, einem halben ockerfarbenen Pultdach und einer Dachveranda. Ober drauf erhebt sich ein verschnörkelter Schornstein. Neben der Eingangstür lehnt ein kleines Wagenrad, an der Seite trinkt ein Esel aus einem Brunnen. Den grünen, Gras simulierenden Sockel ziert ein feiner Schriftzug "Algarve".  Ein Stück Kunsthandwerk mindestens an der Grenze zum Kitsch, niemand wird das bezweifeln. Es kostete damals 250 Escudos, nach heutiger Rechnung etwas mehr als einen Euro. Den Preis, mit Filzstift aufgeschrieben, kann man auf der Unterseite noch lesen.

Gelegentlich schaue ich es gerne an, nicht nur wegen der Erinnerung an eine schöne Reise. Das Modell ist seinen Vorbildern so getreu, dass ich Betrachtungen darüber anstellen kann, was die Lebensverhältnisse in so einer realen Behausung betrifft. Wie wird wohl die Raumaufteilung in so einem Haus aussehen? Wie viele und welche Räume gibt es überhaupt, und wie sind sie ausgestattet? Wie viele Menschen finden darin Platz, nebst wie vielen und welchen Tieren? Wie erlebt man in so einer Behausung einen Jahresablauf, was bedeuten dort Wärme, Kälte, Nässe? Welchen Sinn hat in der Umgebung, in der so ein Haus steht, der Begriff von Wohlstand oder Armut? Was ist das für ein gelbes Ding auf der Dachveranda, das ich nicht identifizieren kann - eine Katze? Ein Blumentopf? Leben da noch mehrere Generationen, oder bringen da nur noch ein paar Ahnen ihre Tage zu Ende?

Für alles das gilt im Grundsatz das gleiche wie für Dan Flavins Lichtinstallation: wenn man lange genug draufschaut, wandelt sich die Wahrnehmung, und es bildet sich eine vergnügliche Kaskade von Gedanken. Cees Nooteboom, der große niederländische Schriftsteller, hat in einer kleinen Erzählung einmal einen am Strand gefundenen Kieselstein zum Ausgangspunkt einer "vergnügliche Kaskade von Gedanken" gemacht, die bis zum Poseidon der griechischen Sage führt.

Das Problem, das entsteht, wenn das Kriterium der Kunst alleine in die Phantasie des Betrachters gelegt wird, ist das der Beliebigkeit. Und schlimmer: diese Beliebigkeit hält als Immunisierungsinstrument gegenüber jeder Form der Kritik her. Das ist ein Phänomen, das in der bildenden Kunst - einschließlich Konzept- und Aktionskunst - schlimmer ist als anderswo. Meine Interessen liegen zugegebener Weise in anderen Disziplinen, nämlich Literatur und (mit starken Einschränkungen) Musik. Es ist undenkbar, dass dort ein solches Mimosentum gegenüber Kritik gepflogen werden könnte, das am Ende jede diskutable Auseinandersetzung mit dem Werk unmöglich macht.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)