Was haltet ihr von der Argumentation?
Soweit ich das überblicken kann, so ist diese in sich schlüssig.
Allerdings bereitet mir folgendes Kopfzerbrechen [Zitat aus dem ZEIT-Online Artikel]:
ZitatSo führen die Autoren aus, dass die Annahme, frühe Embryonen besäßen "Menschenwürde", auf religiösen Überzeugungen beruhe, die keine Allgemeingültigkeit beanspruchen könnten. Zwar stehe es jedem Bürger frei, PID als "Sünde" zu verurteilen, doch niemand habe das Recht, diese Sichtweise Andersdenkenden aufzuzwingen. Mit den Grundsätzen einer liberal-pluralistischen Demokratie sei es nicht vereinbar, "dass der Staat seinen Bürgern eine bestimmte weltanschaulich gebundene Vorstellung vorschreibt".
Soweit ich die Konsensdemokratie verstehe, besteht diese aus vielen unterschiedlichen Weltbildern/Weltanschauungen mit teilweise kontinuierlichem Spektrum. ("Pluralismus")
Soweit so gut, wird ja auch im letzten Satz deutlich.
Aber ist diese Empfehlung der Ethikkomission, PID wäre in Ordnung aus den und den Gründen nicht letzenendes auch eine "weltanschaulich gebundene Vorstellung"?
Desweiteren (erster Satz) haben sie auch recht das eine "religiöse Überzeugung" keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann.
Aber das gilt das nicht für alle "Überzeugungen" in einer "liberal-pluralistischen" Gesellschaft?
Deshalb muss man eben nur demokratische Strukturen zum Konsens finden (Lobbyismus, Parteien, Parlamente, Ausschüsse etc)
Quellen:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2011-02/pid-ethikkommission-zulassung (http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2011-02/pid-ethikkommission-zulassung)
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/pid.pdf (http://www.giordano-bruno-stiftung.de/pid.pdf)
Die Giordano Bruno Stiftung braucht keinen demokratischen Konsens, das sind alles knallharte Wissenschaftler und haben daher grundsätzlich Recht. Von irgendwelchen irrationalen Gedanken sind die nicht angekränkelt! Deshalb schaffen sie es auch, in dem ganzen Text die Menschenwürde überhaupt nicht zu erwähnen und den Abschnitt, in dem die Zeit richtigerweise eine Aussage dazu gesehen hat, unter die Überschrift "Theologische Argumente" packen:
Zitat1) Theologische Argumente
Nach Meinung insbesondere vieler religiöser Menschen ist PID unzulässig, weil die
befruchtete menschliche Eizelle bereits ein vollwertiger Mensch sei und infolgedessen die
gleiche unbedingte Achtung und den gleichen Schutz wie eine erwachsene Person verdient.
Jedem Menschen – auch dem Embryo in der Petrischale – sei von der Empfängnis an bis
zum natürlichen Tod die Würde einer Person zuzuerkennen. Auch dem ESchG liegt die
Annahme zugrunde, dass bereits mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle
vollwertiges menschliches Leben beginnt. Deshalb darf der Embryo nach einer künstlichen
Befruchtung nur zum Zweck der Ermöglichung einer Schwangerschaft verwendet werden.
Bei unvoreingenommener Betrachtung ist es jedoch offensichtlich, dass man frühe
menschliche Embryonen, die keinerlei Empfindungsfähigkeit besitzen, nicht auf eine Stufe
mit menschlichen Personen stellen kann. Dass Embryonen „heilig“ und somit für
medizinische Zwecke unantastbar seien, beruht auf metaphysischen (meist religiösen)
Überzeugungen, die keine Allgemeingültigkeit beanspruchen können. Da es kein
verallgemeinerbares Offenbarungswissen bezüglich ethischer Normen gibt, können
Argumente, in denen solche Annahmen als Prämissen auftauchen, für politische
Entscheidungen keinerlei Relevanz beanspruchen. Selbstverständlich steht es jedem Bürger
und jeder Bürgerin frei, Präimplantationsdiagnostik als „Sünde“ zu verurteilen, aber niemand
hat das Recht, diese Sichtweise Andersdenkenden aufzuzwingen. Noch weniger ist es mit
den Grundsätzen einer liberal-pluralistischen Demokratie vereinbar, dass der Staat seinen
Bürgern eine bestimmte weltanschaulich gebundene Vorstellung vorschreibt. Er hat sich in
dieser Frage zurückzunehmen, gewissermaßen der Stimme zu enthalten. Bezogen auf die
hier diskutierte Thematik bedeutet dies, dass die reproduktive Autonomie der Bürger
maximiert und staatliche Eingriffe auf ein rational vertretbares Maß minimiert werden sollten.
Das ist reichlich arrogant und dämlich. So recht ich ihnen im Ergebnis bei der PID gebe, so problematisch ist die Argumentationsweise. Denn da ist nicht grundlos nicht von Menschen, sondern allgemeiner von Personen die Rede. Und nicht der Menschen insgesamt mit seiner ganzen Entwicklung von Zeugung bis Tod (und Vergessen) wird ins Auge gefasst, sondern nur die individuellen Fähigkeiten eines isolierten Individuums bzw. Zellhaufens zu einem gewissen Zeitpunkt. Logische Konsequenz ist genau das, für das Singer berüchtigt geworden ist, nämlich schwer Behinderten, Dementen, Säuglingen usw. das Lebensrecht abzusprechen und dem eigenen Schosshund dafür eins zu gewähren. Und das ist keine wilde Spekulation meinerseits, Schmidt-Salomon und Hoerster z.B. argumentieren auf genau dieser antispeziesistischen und radikalliberalen schiefen Ebene.
Und weil dazu ein Biologismus kommt, der die eigenen ethischen Maßstäbe für durch harte biologische Wissenschaft bewiesen hält, also eine klassischen Schluss vom Sein aufs Sollen zieht, ist es auch mit der Bereitschaft, andere Meinungen anzuhören und sich mit ihnen ernsthaft auseinander zu setzen, nicht besonders weit her. Sind halt alles nur irrationale Sektenangehörige, die an das Rosa Einhorn glauben.
Zum geistigen Umfeld dieser sich so furchtbar progressiv gebenden Szene ganz interessant, wenn auch nicht gerade ausgewogen: http://jungle-world.com/artikel/2008/24/22011.html
Ich hasse Akronyme - bei mir ist PID als erstes ProcessID - auf Präimplanatationsdiagnostik komme ich erst später ...
@Ridcully: Tut mir leid, ich bin mir nicht sicher, daß ich verstehe, worauf du hinauswillst, deswegen mit eigenen Worten:
In dem obigen Text argumentieren die Autoren unzulässig, da sie sich auf eine selbstdefinierte rationale Positition zurückziehen und alles andere als irrationale Emotionalität abtun, sodass jede Diskussion sowieso hinfällig wird.
Außerdem sind sehen sie sich berechtigt und in der Lage in lebenswert und nicht lebenswert zu trennen, was sie beim Menschen tun und beim Tier nicht (hier ist alles lebenswert).
Habe ich das korrekt verstanden?
Fast genau richtig verstanden, bis auf den letzten Teil. Bei den Tieren trennen sie sicher auch zwischen mehr oder weniger lebenswert. Der entscheidende Punkt ist meines Erachtens, dass sie auf ihre Bewertung der Eigenschaften eines konkreten Individuums abstellen und nicht kategorisieren. Wenn ich aber nicht mehr gewisse Rechte habe, weil ich ein Mensch bin, sondern nur wenn ich die dafür jeweils aufgestellten Hürden nehme, wird es ziemlich problematisch. "Speziesismus" bedeutet Rechtssicherheit, nämlich das Recht, eben nicht wie ein Tier behandelt zu werden sondern wie ein Mensch. Auch wenn man mal völlig verblöden sollte.
Zitat von: Ridcully am 17. Februar 2011, 07:59:35
[...]Denn da ist nicht grundlos nicht von Menschen, sondern allgemeiner von Personen die Rede. Und nicht der Menschen insgesamt mit seiner ganzen Entwicklung von Zeugung bis Tod (und Vergessen) wird ins Auge gefasst, sondern nur die individuellen Fähigkeiten eines isolierten Individuums bzw. Zellhaufens zu einem gewissen Zeitpunkt. [...]
Tja das ist das jahrtausendalte Dilemma der Kategorisierung.
Andererseits was wäre deiner Meinung nach eine Alternative (und deren Konsequenzen)?
Dieser Punkt wurde auch behandelt. Wenn man der Überzeugung ist ab Zeitpunkt X ist der Zellhaufen ein "Mensch" im juristischem Sinne ("Person"),
dann gäbe es folgende Konsequenzen:
- Verbot von jeglichem Schwangerschaftsabbruch
- ja letztendlich auch Verbot des Abbrechens, wenn das Leben der Mutter unmittelbar und nach besten Wissen und Gewissen in Gefahr ist, denn:
Eine Objektivierung findet nicht statt (darf nicht stattfinden) (Bundesverfassungsgericht)!
Zitat von: Ridcully am 17. Februar 2011, 07:59:35
Und weil dazu ein Biologismus kommt, der die eigenen ethischen Maßstäbe für durch harte biologische Wissenschaft bewiesen hält, also eine klassischen Schluss vom Sein aufs Sollen zieht, ist es auch mit der Bereitschaft, andere Meinungen anzuhören und sich mit ihnen ernsthaft auseinander zu setzen, nicht besonders weit her. Sind halt alles nur irrationale Sektenangehörige, die an das Rosa Einhorn glauben.
Der Biologismus ist eigentlich tot, da:
1. der von dir erwähnte "Naturalistische Fehlschluss" (Sein=>Sollen)
2. sein szientistisches Fundament ist unbrauchbar wie nur etwas unbrauchbar sein kann, denn die schönen zum eigenen politisch-ideologischem Standpunkt passenden "Fakten" ("Rasse", nuture vs. nature, Evolutions/Darwinismus, Hirn-und Bewusstseinsforschung) sind seit langer Zeit als Trugschluss bzw. unzulässige Behauptungen und Interpretationen entlarvt, meist von neuen Fakten bzw. wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Wieso haben wir überhaupt eine Menschenwürde? Kann ich die irgendwo unterm Mikroskop sehen?
Es gibt keine Menschenwürde, keine Menschenrechte oder Lebensrechte. Sie sind alle nur sozial konstruierte Konventionen, die sich durch absolut nichts begründen lässt. Religionen haben es da einfacher. Sie glauben an einen Gott und behaupten ihre Regeln sind von Gott und da ihr Gott ja Perfekt ist müssen auch seine Regeln Perfekt sein. Universale Prinzipien/Werte, ohne übernatürliche Begründung geht es nicht, denn ohne sie sind alle Regeln und Werte vollkommen willkürlich und lassen sich nicht begründen. Philosophisch führt also der Atheismus geradewegs zum Nihilismus. Aber warum sind dann wenig Atheisten Nihilisten? Einfach weil sie nicht darüber nachdenken. Sie nehmen die Regeln, mit denen sie aufwachsen einfach an und sowieso entscheiden sie aus dem Bauch heraus, also tun, was sie aus Erziehungs- und Sozialisationsgründen als richtig oder gut zu empfinden.
Ich bin agnostiker, was aufs selbe hinausläuft wie bei den Atheisten. Unser Leben ist vollkommen sinnlos weil es ja keinen Sinngeber gibt. Unser Leben ist nicht anders als das Leben von Affen, Ratten, Tintenfischen oder Einzellern. Die gute Seite daran. Wir sind frei, von allem. Wir können alles tun, was wir wollen. Es gibt keinen Grund gut zu sein (eine Definition des guten Handelns ist der kategorische Imperativ Kants) weil gut und schlecht nur eine Erfindung der Menschen ist. Alles ist nichts anderes als Evolution. Selbst unsere Kultur, unsere Werte, Sprache, Technik, Religionen etc.
Ich würde gerne an eine der irrationalen Glaubenssyseme glauben, damit mir das Leben nicht mehr sinnlos erscheint. Als ich als (damals) hochbegabtes Kind eben dies herausfand, wurde ich schwer Deppressiv und bin es immernoch. Ich will glauben aber ich kann nicht, es ist einfach nicht rational und könnte niemals soetwas internalisieren und wirklich glauben.
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Es gibt keinen Grund gut zu sein (eine Definition des guten Handelns ist der kategorische Imperativ Kants) weil gut und schlecht nur eine Erfindung der Menschen ist. Alles ist nichts anderes als Evolution. Selbst unsere Kultur, unsere Werte, Sprache, Technik, Religionen etc.
Falsch, es gibt Gründe "gut" zu sein. Diese müssen (genau so, wie die Bedeutung wie des Wortes "gut") aber nicht metaphysisch begründet werden
Zitates gibt Gründe "gut" zu sein
mehr als die Kombatibilität zu irgend einer Gesellschaft?
Ist das denn kein Grund? Muss es erstmal eine Anzahl X von Gründen geben? Der theologische Grund ist doch auch nur einer: "Deus vult"
Reichlich philosophisch.
@Janus
Ich bin Atheist und Atheismus führt für mich keineswegs philosophisch automatisch zum Nihilsmus.
Atheismus ist nichts anderes wie die Ablehnung eines Gottglaubens, nicht mehr und nicht weniger. D.h. ich kann Atheist und Humanist sein oder aber Atheist und Nationalist usw.
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Universale Prinzipien/Werte, ohne übernatürliche Begründung geht es nicht, denn ohne sie sind alle Regeln und Werte vollkommen willkürlich und lassen sich nicht begründen.
Was ist mit unseren heutigen aufgeklärten Werten? Diese basieren nicht auf einer übernatürlichen Begründung; als Beispiel seien an dieser Stelle die Menschenrechte angeführt, die allgemein gültig sein sollen, unabhängig von jedwedem kulturellen Unterbau des einzelnen Menschen und zudem ist der Rückschluss, dass ohne übernatürliche Entität keine Ethik möglich wäre, bzw. diese willkürlich sein würde für mich unzulässig und falsch.
(Das hat Kant zwar für sich so festgelegt, aber richtig wird es dadurch auch nicht)
Wie wäre es mit dem Einsatz unseres Verstandes bei der Dikussion und der Begründung unter zu Hilfenahme der Wissenschaften?
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Aber warum sind dann wenig Atheisten Nihilisten? Einfach weil sie nicht darüber nachdenken. Sie nehmen die Regeln, mit denen sie aufwachsen einfach an und sowieso entscheiden sie aus dem Bauch heraus, also tun, was sie aus Erziehungs- und Sozialisationsgründen als richtig oder gut zu empfinden.
Gilt das nicht für jeden Menschen oder gilt das ausschließlich nur für Atheisten?
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Ich bin agnostiker, was aufs selbe hinausläuft wie bei den Atheisten. Unser Leben ist vollkommen sinnlos weil es ja keinen Sinngeber gibt.
Laut dieser, deiner eigenen, Definition bist du im Sinne des Wortes ein Atheist und kein Agnostiker, denn du schließt einen Sinngeber aus - Manchmal bin ich eben ein Erbsenzähler.
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Die gute Seite daran. Wir sind frei, von allem. Wir können alles tun, was wir wollen. Es gibt keinen Grund gut zu sein (eine Definition des guten Handelns ist der kategorische Imperativ Kants) weil gut und schlecht nur eine Erfindung der Menschen ist.
Wir sind eben nicht frei von allem, wie du Eingangs selber schon festgestellt hast und es gibt genügend evolutionäre Gründe gut zu sein, zumindest im Hinblick auf die eigene Bezugsgruppe, wobei "gut" tatsächlich nur ein Bewertungskriterium für eine Tat oder ein Verhalten im Hinblick auf den Einzel- bzw Gruppennutzen innerhalb einer Kultur ist.
@Ridcully
Für meine Begriffe hast du das Kind soeben mit dem Bade ausgeschüttet.
Von der Argumentationsweise gleich auf eine Geburtenplanung a la Hitler zu schließen halte ich für übertrieben.
Würde dieser Text als rechtliche Grundlage für die PID dienen, dann wäre er bedenklich, da er quasi dem Einzelnen überlassen würde, sich einen Wunschmenschen zusammenzudoktern, aber das steht da so nicht drin sondern ist einfach nicht klar abgegegrenzt.
Zitat von: Antitainment am 19. Februar 2011, 10:16:04
Laut dieser, deiner eigenen, Definition bist du im Sinne des Wortes ein Atheist und kein Agnostiker, denn du schließt einen Sinngeber aus - Manchmal bin ich eben ein Erbsenzähler.
Ich sags mal vorbeugend: Bitte macht die interessante Diskussion nicht durch einen Agnostiker - Atheisten -Streit kaputt ;D
Mal wieder OT-mäßig am Ziel vorbei geschossen - Dann streichen wir im Geiste meinen @Janus-Beitrag und lassen den @Ridcully-Beitrag stehen.
Zitat von: Adromir am 19. Februar 2011, 09:28:16
Zitat von: Janus am 19. Februar 2011, 06:01:27
Es gibt keinen Grund gut zu sein (eine Definition des guten Handelns ist der kategorische Imperativ Kants) weil gut und schlecht nur eine Erfindung der Menschen ist. Alles ist nichts anderes als Evolution. Selbst unsere Kultur, unsere Werte, Sprache, Technik, Religionen etc.
Falsch, es gibt Gründe "gut" zu sein. Diese müssen (genau so, wie die Bedeutung wie des Wortes "gut") aber nicht metaphysisch begründet werden
Diese können sogar rein empirisch begründet werden, vgl. z.B. die Überlegungen von Sam Harris zu einer Moral, die sich ausschließlich auf der Minimierung menschlichen Leidens bzw. der Maximierung des Wohlbefindens begründet, mit entsprechender Definition von "Leiden" bzw. "Wohlbefinden" i.R. unseres neurowissenschaftlichen Verständnisses.
Zitat von: glatzkopf am 19. Februar 2011, 09:38:06
Zitates gibt Gründe "gut" zu sein
mehr als die Kombatibilität zu irgend einer Gesellschaft?
Das ist doch der beste Grund von allen. (Wenn man den Mensch als Sozialtierchen anerkennt.)
http://de.wikipedia.org/wiki/Reziproker_Altruismus
ZitatKennzeichen des spezifisch reziproken Altruismus zwischen nicht verwandten Individuen sind:
* Das altruistische Verhalten ist zwischen den interagierenden Individuen ausgeglichen.
* In den reziproken Beziehungen wechseln die Individuen zwischen den Rollen des Gebers und des Empfängers.
* Der Gesamtnutzen des reziprok altruistischen Verhaltens übersteigt dessen Gesamtkosten.
Deswegen ist "gut" gut.
Wissenschaftlich untermauert natürlich deutlich besser als als Bauchgefühl - Danke
Zitat von: Graumagier am 19. Februar 2011, 12:14:59
Zitat von: Adromir am 19. Februar 2011, 09:28:16
Falsch, es gibt Gründe "gut" zu sein. Diese müssen (genau so, wie die Bedeutung wie des Wortes "gut") aber nicht metaphysisch begründet werden
Diese können sogar rein empirisch begründet werden, vgl. z.B. die Überlegungen von Sam Harris zu einer Moral, die sich ausschließlich auf der Minimierung menschlichen Leidens bzw. der Maximierung des Wohlbefindens begründet, mit entsprechender Definition von "Leiden" bzw. "Wohlbefinden" i.R. unseres neurowissenschaftlichen Verständnisses.
Das erinnert mich irgendwie an den Utilitarismus von Peter Singer und Co., den ich (aus vermutlich recht irrationalen Gründen) überhaupt nicht mag.
Nein, ich bin weiterhin der Ansicht, dass jede Form der Moral nicht (allein) auf rationalen Annahmen fußt, dass anders ausgedrückt eine rein rationale Moral unmöglich ist. Natürlich benötigen Ethik und Moral nicht zwingend eine Religion (auch wenn die Kirche das gerne mal anders sieht), aber dennoch ein gewisses Maß an Irrationalität, denn
alleine aus dem, was wir über eine wie auch immer geartete Handlung auf rein rationaler Ebene erfassen können, lässt sich noch nicht ableiten, ob diese Handlung gut oder schlecht ist (s. a. Naturalistischer Fehlschluss).
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen. Somit bliebe es wieder eine Sache des recht subjektiven "Bauchgefühls", Wohlbefinden und Leid zu erfassen und gegeneinander abzuwägen.
Das bedeutet übrigens nicht, dass ich frei von jeder Ethik und Moral wäre. Ganz im Gegenteil, ich habe mir durchaus Gedanken darüber gemacht, was gut was schlecht ist, und für einige Bereiche (wenn auch Längst nciht für alle) versucht, "Regeln" dazu aufzustellen (auch wenn ich mich, da ich nicht perfekt bin, aus Feigheit, Faulheit oder Egoismus nicht immer daran halte).
Allerdings habe ich nie behauptet, ein vollständig rationaler Mensch zu sein. Immerhin glaube ich an Gott, und das ist zugegebenermaßen auch nicht unbedingt rational (gehört aber eigentlich nicht hierher).
Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass
jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.
Zitat von: cohen am 19. Februar 2011, 23:19:17
http://de.wikipedia.org/wiki/Reziproker_Altruismus
ZitatKennzeichen des spezifisch reziproken Altruismus zwischen nicht verwandten Individuen sind:
* Das altruistische Verhalten ist zwischen den interagierenden Individuen ausgeglichen.
* In den reziproken Beziehungen wechseln die Individuen zwischen den Rollen des Gebers und des Empfängers.
* Der Gesamtnutzen des reziprok altruistischen Verhaltens übersteigt dessen Gesamtkosten.
Deswegen ist "gut" gut.
Nein. Darum mag sich unsere Vorstellung von "gut" und "schlecht" aus evolutionärer Sicht entwickelt haben, aber es macht für sich genommen nicht automatisch "gut" wirklich gut.
Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Natürlich muss man initial die Schritt machen und gewissermaßen moralische Axiome aufstellen (in diesem Fall eben: Wohlbefinden ist gut, Leid ist schlecht). In der Wissenschaft wird ja auch nichts anderes gemacht. Mit Irrationalismus hat das deswegen noch lange nichts zu tun.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen.
Ich hab den Zugang ja nicht als fertiges moralisches System angepriesen, sondern lediglich als Ansatz, sozusagen als Beleg dafür, dass man die Sache durchaus auch wissenschaftlich angehen kann. Die genauere Ausgestaltung jedes moralischen Systems ist zwangsweise unheimlich schwierig.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.
Andererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).
Die Aussage des Altruismus ist ja gerade, dass die Wohl des Einzelnen unter Umständen nicht im Vordergrund steht. Insofern ist deine Aussage trivial.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.
Zitat von: Antitainment am 20. Februar 2011, 20:21:20
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
[...]
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.
Nunja denkt man darüber nach ist der Begriff "absolute moralische Werte" ein Paradoxon:
"Absolut" (im Sinne von "losgelöst", unabhängig) und Werte, die einen Bewerter (der/die/dasjenige das die Sache/Norm/Konvention/Handlung etc. bewertet) benötigen, also von diesem kausal abhängig sind.
Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:16:44Nunja denkt man darüber nach ist der Begriff "absolute moralische Werte" ein Paradoxon
Nur, wenn du nicht der Meinung bist dass es so etwas wie ein größtmögliches Leid gibt, und es dann wiederum Zustände geringeren Leids bzw. größeren Wohlbefindens gibt. Und dann musst du auch noch der Meinung sein dass Zustände größeren Wohlbefindens nicht absolut besser sind als Zustände größeren Leids. Jetzt mal individuell gesehen, die Umsetzung auf eine Gesellschaft ist dann die andere Geschichte, aber wo soll man sonst anfangen außer beim Individuum?
Das Bewertungsspektrum "Wohlbefinden eines Individuums" gründet auf dem Wert Wohlbefinden, wären Sie damit einverstanden?
Dann sollte doch meine "relativierendes Paradoxon" greifen, oder?
Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:38:37
Das Bewertungsspektrum "Wohlbefinden eines Individuums" gründet auf dem Wert Wohlbefinden, wären Sie damit einverstanden?
Dann sollte doch meine "relativierendes Paradoxon" greifen, oder?
Nicht wenn man berücksichtigt dass es durchaus neurowissenschaftliche Definitionen von "Wohlbefinden" gibt.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 21:41:38
Nicht wenn man berücksichtigt dass es durchaus neurowissenschaftliche Definitionen von "Wohlbefinden" gibt.
Also wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, dann ist mein Argument nichtig, da ihr Wert (und dessen "Bewertungsspektrum" Leid/Freud)
exakt (=innerhalb messtechnischer Schwankungen) definiert werden kann?
Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:46:01Also wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, dann ist mein Argument nichtig, da ihr Wert (und dessen "Bewertungsspektrum" Leid/Freud)
exakt (=innerhalb messtechnischer Schwankungen) definiert werden kann?
In Kombination mit der grundsätzlichen Feststellung, dass die Minimierung von Leid ein erstrebenswertes Merkmal des zu definierenden moralischen Systems ist: Ja.
Okay langsam wirds trotz nachfragens etwas verwirrend ???.
Innerhalb des definierten moralischen Systems gibt es das exakt definierte Summum bonum, das "Höchste Gut" (z.B. Minimierung von Leid).
Korrekt? (Ich frag vorsichtshalber wieder lieber nach)
So. Aber wie schon geschrieben und angemerkt muss man das System vorher definieren.
Das definierte ist aber kausal abhängig von Demjenigen der Definiert. Wenn man an moralische Systeme denkt geschieht das nicht ohne vorherige Wertung von möglichen Handlungen (schlecht/gut).
Wären wir da nicht wieder am Anfang?
Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:59:56So. Aber wie schon geschrieben und angemerkt muss man das System vorher definieren.
Richtig. Frage: Wieso konnte man sich bei der Definition der wissenschaftlichen Methodik auf bestimmte "Grundregeln" einigen (Gesetze der Logik etc. pp.), warum aber traut sich bei der Definition eines moralischen Systems niemand, so was offensichtliches wie "Leid ist schlecht" als Axiom anzunehmen?
Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:59:56Das definierte ist aber kausal abhängig von Demjenigen der Definiert. Wenn man an moralische Systeme denkt geschieht das nicht ohne vorherige Wertung von möglichen Handlungen (schlecht/gut).
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.
:o
Eine sehr schöne Analogie, wenn ich recht drüber nachdenke.
Frage: Was kann ich erkennen?
A: Beschränkung ("Monismus") auf wissenschaftliche Methodik (= ein erkenntnistheoretisches System)
Warum?
Da andere Erkenntnissysteme sich als unpraktisch (= nicht auf alltägliche Probleme anwendbar) und irrational (= nicht zielorientiert) erwiesen haben.
(z.B. Religion, Philosophie, Esoterik, Ideologie/Politik)
Frage: Was soll ich tun?
A: Pluralismus verschiedener ethischer Systeme
Warum, wenn man sich doch auch auf gewisse Grundregeln in der Erkenntnistheorie einigen konnte?
Darüber muss ich tatsächlich ein wenig nachdenken.
Danke dafür ;D
Oh weh, das ist ja wieder eine lange Diskussion geworden.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Natürlich muss man initial die Schritt machen und gewissermaßen moralische Axiome aufstellen (in diesem Fall eben: Wohlbefinden ist gut, Leid ist schlecht). In der Wissenschaft wird ja auch nichts anderes gemacht. Mit Irrationalismus hat das deswegen noch lange nichts zu tun.
Gut, vielleicht ist irrational nicht ganz das richtige Wort; aber mehr oder weniger willkürlich ist das Aufstellen der "moralischen Axiome" auf jeden Fall. Natürlich wird man normalerweise auf den "gesunden Menschenverstand" zurückgreifen, aber der ist bekanntlich recht subjektiv.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen.
Ich hab den Zugang ja nicht als fertiges moralisches System angepriesen, sondern lediglich als Ansatz, sozusagen als Beleg dafür, dass man die Sache durchaus auch wissenschaftlich angehen kann. Die genauere Ausgestaltung jedes moralischen Systems ist zwangsweise unheimlich schwierig.
Natürlich kann die wissenschaftliche Betrachtung eine große Unterstützung dabei sein, aber alleine liefert sie keine Moral. dass sie Ausgestaltung unheimlich schwierig ist, dem würde ich zustimmen; ich würde sogar soweit gehen, dass es keine optimale Lösung gibt bzw. gar nicht klar ist, nach welchen Kriterien man die Lösungen genau bewerten sollte, weswegen auch hier wieder eine gewisse Willkür ins Spiel kommt.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.
Andererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.
Nein, unbedingt brauchen wir sie nicht. Es war auch eher eine Nebenbemerkung, um zu erklären, dass ich Irrationalität nicht in allen Fällen für verwerflich halte.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).
Die Aussage des Altruismus ist ja gerade, dass die Wohl des Einzelnen unter Umständen nicht im Vordergrund steht. Insofern ist deine Aussage trivial.
Ich wollte nur klar stellen, dass Altruismus aus Sicht des Einzelnen nicht immer die optimale Lösung sein muss. Aber du hast recht, genaugenommen ist das trivial, da es in der Natur der Sache liegt.
Zitat von: Antitainment am 20. Februar 2011, 20:21:20
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.
OK, gut, ich schränke ein: Mir ist zumindest keine bekannt. Kennst du eine?
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.
Das habe ich ausdrücklich
nicht behauptet, das behaupte ich ausdrücklich
nicht und ich bin auch ausdrücklich
nicht dieser Ansicht. Ich nehme durchaus "absolute moralische Werte" an in Form von "Regeln", die global für alle gelten, selbst wenn es nicht alle so sehen. Ich behaupte lediglich, dass sich diese Werte nicht aus der wissenschaftlich-rationalen Betrachtung einer Sache ergeben, sondern zusätzliche Annahmen benötigen.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 21:21:15
Nur, wenn du nicht der Meinung bist dass es so etwas wie ein größtmögliches Leid gibt, und es dann wiederum Zustände geringeren Leids bzw. größeren Wohlbefindens gibt. Und dann musst du auch noch der Meinung sein dass Zustände größeren Wohlbefindens nicht absolut besser sind als Zustände größeren Leids. Jetzt mal individuell gesehen, die Umsetzung auf eine Gesellschaft ist dann die andere Geschichte, aber wo soll man sonst anfangen außer beim Individuum?
Die Betrachtung eines Individuums ist noch recht trivial, das Problem ist der Moral ist ja, dass z. B. das Wohlbefinden des einen das Leid des anderen bedingen kann. Außerdem würde ich bezweifeln, dass es objektive Möglichkeiten gibt, alle erdenklichen Handlungsmöglichkeiten auf einer eindimensionalen Skala zwischen größtmöglichem Leid und größtmöglichem Wohlbefinden einzuordnen und so in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. Dazu fehlen meines Erachtens objektive Bewertungsmaßstäbe.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Richtig. Frage: Wieso konnte man sich bei der Definition der wissenschaftlichen Methodik auf bestimmte "Grundregeln" einigen (Gesetze der Logik etc. pp.), warum aber traut sich bei der Definition eines moralischen Systems niemand, so was offensichtliches wie "Leid ist schlecht" als Axiom anzunehmen?
Ich behaupte nicht, dass die Definition solcher Axiome unmöglich ist, sonst könnte ich ja selbst keine Moral haben. Moral, wie immer sie aussehen mag, benötigt zwangsläufig "Grundregeln". Die Grundregeln könnten ganz unterschiedlich aussehen, z. B. "Gut ist das, wovon in der Bibel steht, dass es gut ist.", oder "Gut ist, so zu handeln, wie du meinst, das alle handeln sollten." oder "Gut ist, was dafür sorgt, dass die Gesamtsumme des Leids möglichst klein, die des Wohlbefindens möglich groß wird." oder "Gut ist, was die Rechte der betroffenen Individuen am besten berücksichtigt"
"Leid ist schlecht" ist da sogar ein echt gutes Axiom, denke ich, und ich würde diesem Axiom auch durchaus zustimmen.
Allerdings: Aus rein naturwissenschaftlich-rationaler Betrachtung ergibt sich nicht einmal das. Selbst aus der genauesten wissenschaftlichen Betrachtungen des Leids ergibt sich nicht dessen Schlechtheit.
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.
Es ist aber Sinn der Moral, Handlungen zu bewerten. Allein Zustände zu bewerten, bringt nichts: Wenn ich sehe, dass es jemandem schlecht geht, ihm aber nicht geholfen werden kann, hilft auch eine morlaische Betrachtung der Situation nicht weiter. Erst wenn ich mehrere Handlungsalternativen habe, benötige ich die Moral, um entscheiden zu können, welche davon die beste (im moralischen Sinne) ist.
Natürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.
Das habe ich ausdrücklich nicht behauptet, das behaupte ich ausdrücklich nicht und ich bin auch ausdrücklich nicht dieser Ansicht.
Der Ansicht war ich auch nicht, es ist aber durchaus wichtig sich vor Augen zu halten wozu solche Argumente nur allzu schnell führen.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00Die Betrachtung eines Individuums ist noch recht trivial, das Problem ist der Moral ist ja, dass z. B. das Wohlbefinden des einen das Leid des anderen bedingen kann. Außerdem würde ich bezweifeln, dass es objektive Möglichkeiten gibt, alle erdenklichen Handlungsmöglichkeiten auf einer eindimensionalen Skala zwischen größtmöglichem Leid und größtmöglichem Wohlbefinden einzuordnen und so in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. Dazu fehlen meines Erachtens objektive Bewertungsmaßstäbe.
Meiner Meinung nach nicht. Ich bin aber auch nicht der Meinung dass es (in der Praxis) so etwas wie größtmögliches Wohlbefinden gibt. Sondern viele Zustände, die auf dieser Skala ähnlich gelagert sind, und die dann auch durchaus als moralisch gleichwertig anzusehen sind.
Weiters sehe ich keinesfalls subjektive Kriterien als Lösung für dieses Komplexitätsproblem. Man beachte nur mal wie unfähig der Mensch ist, Einzelschicksale und Massenleiden gegeneinander emotional aufzuwiegen. Und das ist beileibe nicht das einzige Beispiel, das mich dahingehend wenig optimistisch stimmt.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00"Leid ist schlecht" ist da sogar ein echt gutes Axiom, denke ich, und ich würde diesem Axiom auch durchaus zustimmen.
Allerdings: Aus rein naturwissenschaftlich-rationaler Betrachtung ergibt sich nicht einmal das. Selbst aus der genauesten wissenschaftlichen Betrachtungen des Leids ergibt sich nicht dessen Schlechtheit.
Und selbst aus der genauesten empirischen Betrachtung ergibt sich nicht, dass unsere wissenschaftlichen Theorien prinzipiell logisch konsistent sein sollten. Trotzdem betrachten wir das als Grundvoraussetzung, wenn wir Hypothesen und Theorien bewerten.
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.
Es ist aber Sinn der Moral, Handlungen zu bewerten. Allein Zustände zu bewerten, bringt nichts: Wenn ich sehe, dass es jemandem schlecht geht, ihm aber nicht geholfen werden kann, hilft auch eine morlaische Betrachtung der Situation nicht weiter. Erst wenn ich mehrere Handlungsalternativen habe, benötige ich die Moral, um entscheiden zu können, welche davon die beste (im moralischen Sinne) ist.
Natürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.
Zitat
ZitatAndererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.
Nein, unbedingt brauchen wir sie nicht. Es war auch eher eine Nebenbemerkung, um zu erklären, dass ich Irrationalität nicht in allen Fällen für verwerflich halte.
Auf längere Sicht mMn schon. Moralisches Verhalten stärkt ja auch das Vertrauen in einer Gruppe - und damit deren Zusammenarbeit und deren Überlebensfähigkeit.
ZitatZitatNatürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.
Anders ausgedrückt (so wie ich das verstehe) Bewertung der Handlung, durchaus. Allerdings eben im Kontext und nicht nur die Handlung für sich. Und das kann einen riesigen Unterschied ausmachen.
Zitat von: heterodyne am 21. Februar 2011, 13:16:43
ZitatZitatNatürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.
Anders ausgedrückt (so wie ich das verstehe) Bewertung der Handlung, durchaus. Allerdings eben im Kontext und nicht nur die Handlung für sich. Und das kann einen riesigen Unterschied ausmachen.
Natürlich. Aufgabe jeder Moral ist es ja schlussendlich, Handlungen zu bewerten. Und der rationale Ansatz postuliert eben, dass Handlungen rational im Rahmen eines entsprechenden, auf objektiven Kriterien basierenden Systems, bewertet werden – und nicht im Rahmen einer subjektiven Ideologie (und schon gar nicht werden Handlungen ad hoc als "gut" oder "schlecht" bewertet, sondern ausschließlich im Rahmen der Überprüfung durch das moralische System).
Zitat von: Antitainment am 19. Februar 2011, 10:16:04
Reichlich philosophisch.
1.@Janus
Ich bin Atheist und Atheismus führt für mich keineswegs philosophisch automatisch zum Nihilsmus.
Atheismus ist nichts anderes wie die Ablehnung eines Gottglaubens, nicht mehr und nicht weniger. D.h. ich kann Atheist und Humanist sein oder aber Atheist und Nationalist usw.
2.Was ist mit unseren heutigen aufgeklärten Werten? Diese basieren nicht auf einer übernatürlichen Begründung; als Beispiel seien an dieser Stelle die Menschenrechte angeführt, die allgemein gültig sein sollen, unabhängig von jedwedem kulturellen Unterbau des einzelnen Menschen und zudem ist der Rückschluss, dass ohne übernatürliche Entität keine Ethik möglich wäre, bzw. diese willkürlich sein würde für mich unzulässig und falsch.
(Das hat Kant zwar für sich so festgelegt, aber richtig wird es dadurch auch nicht)
Wie wäre es mit dem Einsatz unseres Verstandes bei der Dikussion und der Begründung unter zu Hilfenahme der Wissenschaften?
3.Gilt das nicht für jeden Menschen oder gilt das ausschließlich nur für Atheisten?
4Laut dieser, deiner eigenen, Definition bist du im Sinne des Wortes ein Atheist und kein Agnostiker, denn du schließt einen Sinngeber aus - Manchmal bin ich eben ein Erbsenzähler.
5.Wir sind eben nicht frei von allem, wie du Eingangs selber schon festgestellt hast und es gibt genügend evolutionäre Gründe gut zu sein, zumindest im Hinblick auf die eigene Bezugsgruppe, wobei "gut" tatsächlich nur ein Bewertungskriterium für eine Tat oder ein Verhalten im Hinblick auf den Einzel- bzw Gruppennutzen innerhalb einer Kultur ist.
1. Ja, ich bin Agnostiker, was hier aufs gleiche hinausläuft wie Atheist. Ich bin ebenfalls Nihilist weil es die logische Konsequenz ist.
Naja, kommt drauf an wie man Atheismus definiert. Nur die Ablehnung des abrahamischen Gottglauben oder auch aller weiteren übersinnlichen Positionen, die keinen persönlichen Gott postulieren wie Pantheisten, Deisten oder auch die Buddhisten, die sehr viel übersinnliches glaubt, jedoch ohne einen Schöpfer auskommt. Ich dachte, dass wir hier eh alle Naturalisten sind bis auf ein paar nicht-gebundene Christen vielleicht und werde nun diesen Begriff benutzen, da er alles übernatürliche explizit ausschließt. Aber dadurch, dass es alles übernatürliche wegfällt, woher soll die Moral kommen? Was ist überhaupt gut? Gibt es soetwas überhaupt?
2. Aufgeklärte Werte? Nah, die san's oa Schmarrn. Woher sollen die kommen. Die haben mal ein paar lustige Typen aufgestellt. Diese Werte sind absolut wilkürlich und lediglich, dass was durch Medien, Politik, Erziehung etc. vermittelt wird. Ich denke mal, dass du mit den Werten ja den Humanismus meinst. Humanismus (als Historiker hat das für mich auch noch andere Bedeutungen). Hier sagt man eben, es gebe keinen Gott aber behält die regeln, für dessen rechtfertigung gott ja gemacht wurde. Kant sagte nicht, dass kein ethisches Verhalten möglich ist sondern, dass es keinen Grund dafür gäbe. Und der kategorische Imperativ ist ja etwas individuelles, was nicht an irgendwelche Grundsätze gebunden ist.
Was hat wissenschaft damit zu tun? Naturalistischer Fehlschluss?
3. ersteres. Ich sagte nie, dass nicht-atheisten logisch denken würden. sie tun es wohl sogar noch weniger als atheisten.
4. Siehe 1
5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.
Jegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.
Mich nervt es nur, wenn solche Typen von der Giordano Bruno Stiftung ihrer Moral eine Art wissenschaftlichen Anstrich geben wollen.
Zitat von: Janus5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.
Evolution ist auch nicht die einzige Grundlage, die man als Naturalist anerkennen muss. Die wissenschaftliche Methode hat mit Evolution auch nichts zu tun.
Zitat von: JanusJegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.
Du wirfst hier viele Dinge durcheinander die nichts miteinander zu tun haben. Du erklärst dass Moral irrational sei, implizierst aber andererseits dass Wissenschaft rational wäre. Dem ist sicherlich so, aber nur weil Wissenschaft entsprechend definiert ist – und ebenso kann Moral rational definiert werden.
Aktuell findet auf NeuroLogica übrigens die exakt selbe Diskussion statt: http://theness.com/neurologicablog/?p=2884&utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter
Zitat von: Graumagier am 23. Februar 2011, 10:50:57
Zitat von: Janus5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.
Evolution ist auch nicht die einzige Grundlage, die man als Naturalist anerkennen muss. Die wissenschaftliche Methode hat mit Evolution auch nichts zu tun.
Zitat von: JanusJegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.
Du wirfst hier viele Dinge durcheinander die nichts miteinander zu tun haben. Du erklärst dass Moral irrational sei, implizierst aber andererseits dass Wissenschaft rational wäre. Dem ist sicherlich so, aber nur weil Wissenschaft entsprechend definiert ist – und ebenso kann Moral rational definiert werden.
Aktuell findet auf NeuroLogica übrigens die exakt selbe Diskussion statt: http://theness.com/neurologicablog/?p=2884&utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Schon dieser vergleich hinkt gewaltigt. Die wissenschaftliche Methode is rational aber dennoch ist jegliche Handlung eines Wissenschaftlers irrational. Bei moral ist schon die Methode irrational. Moral ist nur durch Rückgriff auf das übernatürliche möglich. Das Leben, die Existenz an sich ist irrational. Man muss einen Sprung im Glauben machen für die Moral.
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist deine Ansicht. Ich finde unser aktuelles Weltverständnis deutlich spannender als das der letzten 2.000 Jahre.
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32Schon dieser vergleich hinkt gewaltigt. Die wissenschaftliche Methode is rational aber dennoch ist jegliche Handlung eines Wissenschaftlers irrational. Bei moral ist schon die Methode irrational. Moral ist nur durch Rückgriff auf das übernatürliche möglich. Das Leben, die Existenz an sich ist irrational. Man muss einen Sprung im Glauben machen für die Moral.
Hör doch auf mit dem Geschwafel. Deiner Argumentation zufolge ist Wissenschaft genauso irrational (und nicht nur die Handlungen der Wissenschaftler), weil man zu Definition er wissenschaftlichen Methode ebenso Axiome annehmen muss. Nicht mehr und nicht weniger muss man bei der Definition einer Moral – das hat nichts mit Übernatürlichem oder mit Glauben zu tun.
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44
Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Ach, ich würde das nicht so negativ sehen. Rationalität ist ein witziger Seiteneffekt der Evolution. "Huch, wo bin ich da nur reingeraten, und ich soll mich auch noch fortpflanzen? Vergiss es!!"
Das wird schon wieder. Bakterien überleben mit Sicherheit, das Leben an sich ist gesichert.
Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Lehnst du mit dieser Argumentation auch die wissenschaftliche Methode ab?
Moral ist menschgemacht, sie kommt nicht natürlich. Wieso also sollten wir bei der Definition der Moral andere Prinzipien ansetzen als wir das bei der Wissenschaft tun, namentlich logisches Denken und empirische Untersuchungen? Wie könnten wir andere Maßstäbe ansetzen? Jede subjektive, ideologische oder irrationale Moral kann nicht valider sein als der Standpunkt einer einzelnen Person, und dann bräuchten wir gleich gar keine Moral.
Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.
Das sehe ich anders. Auch bei diesen Themen sind doch ganz klar evolutionäre Strukturen zu sehen.
Zitat von: rincewind am 25. Februar 2011, 09:52:20
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.
Das sehe ich anders. Auch bei diesen Themen sind doch ganz klar evolutionäre Strukturen zu sehen.
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:17:13
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.
Vielleicht denke ich da zu simpel. Aber gerade die Wissenschaft ist doch ein Paradebeispiel für eine evolutionäre Struktur. Das tauglichere Modell setzt sich durch. Man ersetze Lebewesen durch Ideen - das funktioniert doch deutlich ähnlich. Dino-Ideen, Schildkröten-Ideen, Hasen-Ideen ... Welche, die verschiedenen Prinzipien folgen, auf Einfachheit oder Komplexität setzen. Und alle "wollen" sie überleben.
Zitat von: rincewind am 25. Februar 2011, 10:30:38
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:17:13
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.
Vielleicht denke ich da zu simpel. Aber gerade die Wissenschaft ist doch ein Paradebeispiel für eine evolutionäre Struktur. Das tauglichere Modell setzt sich durch. Man ersetze Lebewesen durch Ideen - das funktioniert doch deutlich ähnlich. Dino-Ideen, Schildkröten-Ideen, Hasen-Ideen ... Welche, die verschiedenen Prinzipien folgen, auf Einfachheit oder Komplexität setzen. Und alle "wollen" sie überleben.
Geschwafel. Du willst damit doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Wissenschaft natürlich entstanden wäre?
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:54:28
Geschwafel. Du willst damit doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Wissenschaft natürlich entstanden wäre?
Wo behaupte ich das? Ich rede von Strukturen.
Zitat von: rincewind am 25. Februar 2011, 11:50:02
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:54:28
Geschwafel. Du willst damit doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Wissenschaft natürlich entstanden wäre?
Wo behaupte ich das? Ich rede von Strukturen.
Es dreht sich immer noch um dieses Argument:
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Und daraus folgend der Trugschluss, dass Moral irrational sein muss. Weiters wird dein Geschwafel dadurch auch nicht besser, weil es nach wie vor lediglich post hoc-Erklärungen ohne wirkliche Grundlagen sind. Schöne Metaphern möglicherweise, aber nicht mehr.
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 12:11:20
Und daraus folgend der Trugschluss, dass Moral irrational sein muss. Weiters wird dein Geschwafel dadurch auch nicht besser, weil es nach wie vor lediglich post hoc-Erklärungen ohne wirkliche Grundlagen sind. Schöne Metaphern möglicherweise, aber nicht mehr.
Wir reden aneinander vorbei. Macht aber nix. Die Straße ist breit genug.
Huch wie konnte ich das verpassen. Hab gedacht hier gäbs nur langweiliges Mediziner-Palaver.
Sinn gibt sich das Leben selbst. Wer auf einen von außen (durch Gott etc.) servierten Sinn des Lebens wartet, dürfte enttäuscht werden. Wie soll der auch aussehen? Man stelle sich vor, Gott erschiene uns allen am Himmel mit einem großen Neon-Schild auf dem stünde, der Sinn des Lebens sei dieses oder jenes. Wie anti-klimatisch. Erfüllter wäre mein Leben dadurch nicht, im Gegenteil.
Kommen wir zur Moral. Einfache Sache. Die gibts ja in Wirklichkeit nicht. Entsteht in unseren Köpfen. Und in unserem Bauch, wenn man so will. Verbindet Handlung mit Emotionen. Ist der Kitt der uns zusammenhält. Ist ganz praktisch. Tiefgründige Untersuchungen ihrer selbst werden aber niemals herausragende Erkenntnisse zu Tage fördern.
Zitat von: NuEM am 25. Februar 2011, 13:41:49Kommen wir zur Moral. Einfache Sache. Die gibts ja in Wirklichkeit nicht. Entsteht in unseren Köpfen. Und in unserem Bauch, wenn man so will. Verbindet Handlung mit Emotionen. Ist der Kitt der uns zusammenhält. Ist ganz praktisch. Tiefgründige Untersuchungen ihrer selbst werden aber niemals herausragende Erkenntnisse zu Tage fördern.
Und was willst du jetzt damit sagen? Dass wir aus der Beschäftigung mit Moral keine tieferen Erkenntnisse erlangen werden (dem stimme ich zu[1]), oder dass wir uns mit Moral gar nicht zu beschäftigen brauchen (dem stimme ich wiederum überhaupt nicht zu).
[1] In der Tat bin ich, wie schon mehrfach geschrieben, der Meinung dass wir unsere Definition einer Moral auf den tieferen Erkenntnissen gründen sollten, die wir durch die wissenschaftliche Methode erlangt haben.
Natürlich müssen wir uns damit beschäftigen, und können ja auch nicht anders. Was ich ausdrücken möchte ist dass die Moral an sich als Gegenstand der Betrachtung keine besonderen Erkenntnisse und Einsichten liefern kann, weil sie --anders als das meiste Andere-- nicht unabhängig von uns existiert. Ein Blick auf die Moral ist immer ein Blick auf uns selbst. Sie ist nicht gegenständlich, und ihre inneren Strukturen liegen in uns bzw. in den Ergebnissen unserer Interaktion mit der Welt.
Das Ding is. Du musst vorher immer irgendwas postulieren was gut und was schlecht ist. Das ist willkürlich. Und aus der Wissenschaft können wir auch nichts darüber lernen weil die Wissenschaft für die Moral irrelavant ist. Für die Wissenschaft ist moral nur als untersuchungsobjekt interessant, ob zum Beispiel bestimmte soziale gewalthämmnisse angeboren sind.
Zitat von: Janus am 26. Februar 2011, 06:25:12
Das Ding is. Du musst vorher immer irgendwas postulieren was gut und was schlecht ist. Das ist willkürlich. Und aus der Wissenschaft können wir auch nichts darüber lernen weil die Wissenschaft für die Moral irrelavant ist.
Liest du eigentlich was ich schreibe?
Natürlich muss man "willkürliche" Axiome postulieren. Das schreibe ich jetzt schon zum dritten Mal. Aber: das war bei der Definition der wissenschaftlichen Methode genauso der Fall (logische Konsistenz, empirische Untersuchungen und so). Und die Wissenschaft kommt ins Spiel sobald wir diese Grundbedingungen definiert haben (in meinem Fall: "Leid ist schlecht, weniger Leid ist besser"), dann nämlich wenn es darum geht, Handlungen, Zustände etc. im Rahmen der Moral zu bewerten (objektiv: "Verändert diese Maßnahme das Leiden dieses Menschen?"). Das und nichts anderes schreibe ich seit Beginn des Threads.
Zitat von: Janus am 26. Februar 2011, 06:25:12Für die Wissenschaft ist moral nur als untersuchungsobjekt interessant, ob zum Beispiel bestimmte soziale gewalthämmnisse angeboren sind.
Das hat meiner Meinung nach wiederum nichts mit Moral zu tun. Oder meinst du damit die Frage ob Menschen bestimmte (genetisch bedingte) Verhaltenstendenzen eher in ihre Definition der Moral aufnehmen?
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Und daraus folgend der Trugschluss, dass Moral irrational sein muss. Weiters wird dein Geschwafel dadurch auch nicht besser, weil es nach wie vor lediglich post hoc-Erklärungen ohne wirkliche Grundlagen sind. Schöne Metaphern möglicherweise, aber nicht mehr.
Moment! Das war nicht als Argument dafür gedacht, dass Moral Irrational ist, sondern meine Vermutung, warum sich Menschen irrational behalten und in erster Linie als Antwort auf Janus gedacht. Dir wollte ich eigentlich separat noch antworten, bin dann aber leider nicht mehr dazu gekommen.
ZitatGeschwafel. Du willst damit doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Wissenschaft natürlich entstanden wäre?
Wie dann,wenn nicht als Ergebnis einer evolutionären Entwicklung,die entsprechende Strukturen in den neuronalen Systemen hervorgebracht hat?War es Gott?
Zitat von: T-M am 26. Februar 2011, 17:55:25
Moment! Das war nicht als Argument dafür gedacht, dass Moral Irrational ist, sondern meine Vermutung, warum sich Menschen irrational behalten und in erster Linie als Antwort auf Janus gedacht. Dir wollte ich eigentlich separat noch antworten, bin dann aber leider nicht mehr dazu gekommen.
Sorry, dann hab ich deinen Post mit einem anderen verwechselt. Ich wollte dir natürlich keine Worte in den Mund legen, die Original-Argument war nur sehr ähnlich.
Zitat von: ChiliWie dann,wenn nicht als Ergebnis einer evolutionären Entwicklung,die entsprechende Strukturen in den neuronalen Systemen hervorgebracht hat?War es Gott?
Was ist denn an Evolution so besonders? Ist doch auch nur das Ergebnis quantendeterministischer physikalischer Vorgänge. Merkst du wie produktiv dein Argument war? ;)
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 13:47:03
[1] In der Tat bin ich, wie schon mehrfach geschrieben, der Meinung dass wir unsere Definition einer Moral auf den tieferen Erkenntnissen gründen sollten, die wir durch die wissenschaftliche Methode erlangt haben.
Also die Definition einer Definition auf die tiefere Definition einer anderen Definition gründen.
Klingt irgendwie magisch. Wortmagisch.
ZitatWas ist denn an Evolution so besonders? Ist doch auch nur das Ergebnis quantendeterministischer physikalischer Vorgänge.
Ja,na und?Du lenkst ab.Was ist natürlich, was nicht natürlich,das war doch wohl Dein Einwand.Und lasse die arme Quantenphysik aus dem Spiel,die wird von den Esos genug geschunden.
Zitat von: rincewind am 26. Februar 2011, 18:55:03
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 13:47:03
[1] In der Tat bin ich, wie schon mehrfach geschrieben, der Meinung dass wir unsere Definition einer Moral auf den tieferen Erkenntnissen gründen sollten, die wir durch die wissenschaftliche Methode erlangt haben.
Also die Definition einer Definition auf die tiefere Definition einer anderen Definition gründen.
Klingt irgendwie magisch. Wortmagisch.
Gibt's daran auch was Konkretes auszusetzen? Das gleiche müsstest du von der Wissenschaft ansonsten auch behaupten (ersetze halt "wissenschaftliche Methode" duch "Epistemologie" und "Logik"). Aber meinetwegen nochmal ein etwas konkreteres Beispiel: Wir einigen uns darauf dass Leid schlecht ist und weniger Leid besser als mehr Leid (das wäre die Grundannahme). Unser Wissen über neurophysiologische Vorgänge versorgt uns mit einer Definition von "Leid". Und die wissenschaftliche Methode kommt zum Einsatz wenn es darum geht, Zustände, Handlungen etc. zu bewerten.
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 19:00:37
ZitatWas ist denn an Evolution so besonders? Ist doch auch nur das Ergebnis quantendeterministischer physikalischer Vorgänge.
Ja,na und?Du lenkst ab.Was ist natürlich, was nicht natürlich,das war doch wohl Dein Einwand.Und lasse die arme Quantenphysik aus dem Spiel,die wird von den Esos genug geschunden.
Ich lenke nicht ab, der naturalistische Fehlschluss kam ursprünglich nämlich nicht von mir. Natürlich gäbe es ohne durch Evolution entstandene Nervensysteme keine Wissenschaft, aber umgekehrt heißt das noch lange nicht dass uns wissenschaftliches Denken in den Genen liegt, genauso wie das m.M.n. bei der Moral der Fall ist. Insofern basiert Wissenschaft eben genauso auf Evolution wie auf Quantenmechanik.
-- Sorry, Doppelpost --
Nein,der Begriff Leid ist nicht von wiss. Definitionen abhängig.Wenn jemand leidet,empfindet er das originär so und das entspringt unmittelbar seinem Nervensystem.Also bewerten wir eine Situationen als leidvoll bereits schon dann,wenn wir in einer solchen sind und nicht,wenn wir nach einer Definition suchen.Die Definition hat die Wissenschaft erst mit der Untersuchung des Phänomenes als Erklärung geliefert.
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 19:11:39
Nein,der Begriff Leid ist nicht von wiss. Definitionen abhängig.Wenn jemand leidet,empfindet er das originär so und das entspringt unmittelbar seinem Nervensystem.Also bewerten wir eine Situationen als leidvoll bereits schon dann,wenn wir in einer solchen sind und nicht,wenn wir nach einer Definition suchen.Die Definition hat die Wissenschaft erst mit der Untersuchung des Phänomenes als Erklärung geliefert.
Natürlich ist das Gefühl nicht von einer wissenschaftlichen Definition abhängig. Wenn wir aber so etwas wie eine rationale (wissenschaftliche) Moral definieren wollen (und darum geht es schließlich in diesem Thread) brauchen wir auch entsprechend objektive Kriterien. Sonst könnten wir ja "Leid" einfach durch "Seelenheil" ersetzen und wären wieder dort, wo wir die letzten zwei Jahrtausende waren.
Zitat von: Graumagier am 26. Februar 2011, 19:03:05
Insofern basiert Wissenschaft eben genauso auf Evolution wie auf Quantenmechanik.
Und worauf basiert dann Evolution und Quantenmechanik?
Zitat von: Graumagier am 26. Februar 2011, 19:21:58
Natürlich ist das Gefühl nicht von einer wissenschaftlichen Definition abhängig. Wenn wir aber so etwas wie eine rationale (wissenschaftliche) Moral definieren wollen (und darum geht es schließlich in diesem Thread) brauchen wir auch entsprechend objektive Kriterien. Sonst könnten wir ja "Leid" einfach durch "Seelenheil" ersetzen und wären wieder dort, wo wir die letzten zwei Jahrtausende waren.
Ich schätze mal,das geht nicht.Es handelt sich um eine individuelle Sache,die sich aber in einem Konsens in der Gesellschaft niederschlägt.Da spielen teilweise evolutionär alte Mechanismen rein,wie z.B. Altruismus,oder grundlegende Regeln,ohne die eine Geschellschaft nicht existieren kann (keine Gruppenmitglieder ermeucheln, beklauen usw.) Dinge,die das moderne Leben mit sich bringt,müssen neu ausgehandelt werden.Das ist aber kaum auf Basis reiner Wissenschaft möglich,sondern das spielen neben Rationalität andere Befindlichkeiten rein.
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 22:56:55Das ist aber kaum auf Basis reiner Wissenschaft möglich,sondern das spielen neben Rationalität andere Befindlichkeiten rein.
Und genau dazu gibt's eben auch andere Sichtweisen. Ich persönlich finde es ja immer problematisch wenn Menschenmassen und Befindlichkeiten zusammenkommen ;)
Zitat von: rincewind am 26. Februar 2011, 22:48:13
Zitat von: Graumagier am 26. Februar 2011, 19:03:05
Insofern basiert Wissenschaft eben genauso auf Evolution wie auf Quantenmechanik.
Und worauf basiert dann Evolution und Quantenmechanik?
Die Definition, oder die Vorgänge die dahinter stecken?
Das mag schon sein, ist aber wohl nicht zu ändern.Denn eine wiss. Moral-Definition muss auf alle Mensch gleichermaßen zutreffen,von hierzulande,wie wir so satt auf unserem Sofa sitzen bis hin zu jemanden, der sein tgl. Brot mühsam zusammenkratzen muss.Und der wird logischerweise über einige Dinge ganz anders denken als wir.Moral ist außerdem ein kulturabhängiges Konstrukt, Etwas, was wir hier als norml ansehen,könnte z.B. in einem islamischen Land höchst unmoralisch empfunden werden.Und drittens ändert sich Moral auch im Laufe der Zeit.Was z.B. im Mittelalter unmoralisch war,ist heute ganz normal.Und das alles hat mit Befindlichkeiten überhaupt nichts zu tun.
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 23:45:10
Das mag schon sein, ist aber wohl nicht zu ändern.Denn eine wiss. Moral-Definition muss auf alle Mensch gleichermaßen zutreffen,von hierzulande,wie wir so satt auf unserem Sofa sitzen bis hin zu jemanden, der sein tgl. Brot mühsam zusammenkratzen muss.Und der wird logischerweise über einige Dinge ganz anders denken als wir.
Richtig. Aber: Ist denn die Meinung einer einzelnen Person zwangsläufig die beste? Oder die Meinung einer abgegrenzten Gruppe? Bei dem Zugang, den ich hier vertrete, geht es ja gerade darum, einen simplen, universell anerkennbaren Ausgangspunkt zu postulieren. Mehr dazu auf den letzten fünf Seiten…
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 23:45:10Moral ist außerdem ein kulturabhängiges Konstrukt, Etwas, was wir hier als norml ansehen,könnte z.B. in einem islamischen Land höchst unmoralisch empfunden werden.
Du bist also der Meinung, dass die Unterdrückung der Frau moralisch gerechtfertigt ist, weil sie kulturell verankert ist? Die Verfolgung Homosexueller? Verfolgung Anders- oder Nichtgläubiger?
Zitat von: Chili am 26. Februar 2011, 23:45:10Und drittens ändert sich Moral auch im Laufe der Zeit.Was z.B. im Mittelalter unmoralisch war,ist heute ganz normal.Und das alles hat mit Befindlichkeiten überhaupt nichts zu tun.
Also bist du mittlerweile selbst schon so weit dass du anerkennst dass wir einen rationalen Ansatz brauchen!?
Nochmal die Eckpunkte des Ansatzes, den ich hier seit Seite eins propagiere (für alle, die anscheinend nicht gerne lesen): Wir postulieren, dass Leid schlecht ist, und dass weniger Leid besser ist als mehr Leid – das ist unsere Grundbedingung, nicht mehr und nicht weniger. Und wenn wir uns darauf nicht einigen können, haben wir IMO ein ziemliches Problem. Darauf aufbauend verwenden wir dann Ratio, um Handlungen und Zustände zu bewerten: Verursacht Handlung X mehr Leid, oder hilft sie, Leid zu mindern? Dadurch könnten wir schon mal ganz klar sagen, dass Frauenunterdrückung schlecht ist, weil sie Leid verursacht. Und damit ist diese rationale Moral schon mal menschlicher als deine, wie es scheint…
ZitatDu bist also der Meinung, dass die Unterdrückung der Frau moralisch gerechtfertigt ist, weil sie kulturell verankert ist? Die Verfolgung Homosexueller? Verfolgung Anders- oder Nichtgläubiger?
was
Wir, Hier und
Heute denken, spielt für Menschen in anderen Kulturkreisen
nicht unbedingt eine entscheidende Rolle. Für Menschen in islamischen Ländern
sind wir nicht das Maß aller Dinge.
Zitat von: glatzkopf am 27. Februar 2011, 08:16:17
ZitatDu bist also der Meinung, dass die Unterdrückung der Frau moralisch gerechtfertigt ist, weil sie kulturell verankert ist? Die Verfolgung Homosexueller? Verfolgung Anders- oder Nichtgläubiger?
was Wir, Hier und Heute denken, spielt für Menschen in anderen Kulturkreisen
nicht unbedingt eine entscheidende Rolle. Für Menschen in islamischen Ländern
sind wir nicht das Maß aller Dinge.
Du bist also ebenfalls nicht der Meinung, dass es so etwas wie universelles Leid gibt? Leid, das von allen Menschen gleich empfunden wird?
ZitatDu bist also ebenfalls nicht der Meinung, dass es so etwas wie universelles Leid gibt? Leid, das von allen Menschen gleich empfunden wird?
genau so ist es. Es gibt kein universelles Leid.
Haben den römischen Söldnern die Germanen leid getan, die sie, nach Tacitus, wie Vieh abgeschlachtet haben?
Hat es Temüdschin gestört, daß durch seine Truppen halb Europa verwüstet wurde?
Hat dieser seltsame Österreicher sich etwas aus den vergasten Juden gemacht?
Pol Pot, Stalin, Napoleon, soll ich noch weiter machen?
Es gibt für fast jede Lebenssituation Beispiele die kulturelle und/oder persönliche Hintergründe in den Vordergrund treten lassen.
Zitat von: glatzkopf am 27. Februar 2011, 10:45:58
ZitatDu bist also ebenfalls nicht der Meinung, dass es so etwas wie universelles Leid gibt? Leid, das von allen Menschen gleich empfunden wird?
genau so ist es. Es gibt kein universelles Leid.
Haben den römischen Söldnern die Germanen leid getan, die sie, nach Tacitus, wie Vieh abgeschlachtet haben?
Hat es Temüdschin gestört, daß durch seine Truppen halb Europa verwüstet wurde?
Hat dieser seltsame Österreicher sich etwas aus den vergasten Juden gemacht?
Pol Pot, Stalin, Napoleon, soll ich noch weiter machen?
Aha. Und du bist der Meinung dass diese Menschen nicht gelitten haben? Oder wie soll ich dein Argument jetzt verstehen? Dass wir unsere Moral anhand pathologischer Ausreißer definieren sollen? Oder kann es sein dass du schlichtweg nicht verstehst, was ich mit "Leid" meine?
Zitat von: glatzkopf am 27. Februar 2011, 10:45:58Es gibt für fast jede Lebenssituation Beispiele die kulturelle und/oder persönliche Hintergründe in den Vordergrund treten lassen.
Aha. Und dadurch entsteht kein Leid?
Hast du überhaupt gelesen was ich geschrieben habe?
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 09:35:48
Du bist also ebenfalls nicht der Meinung, dass es so etwas wie universelles Leid gibt? Leid, das von allen Menschen gleich empfunden wird?
"Universelles" Leid ist ein sehr hochtrabender Ausdruck.
Vielleicht wäre es möglich, eine Definition für "Leid" zu erstellen, der die Mehrzahl der Menschen zustimmen kann. Aber:
-ist "Leid" objektiv messbar?
-ist es vermeidbar oder verminderbar?
-gibt nur individuelles "Leid" oder auch kollektives?
-kann eine Nichtverminderung/vermeidung von "Leid" manchmal sinnvoll sein?
-und wer fällt in den Geltungsbereich der Definition?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45"Universelles" Leid ist ein sehr hochtrabender Ausdruck.
Heißt ja einfach nur, dass alle Menschen Leid empfinden können.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45-ist "Leid" objektiv messbar?
Prinzipiell ja. Praktisch, derzeit, wohl noch nicht. Fortschritte in den Neurowissenschaften werden möglicherweise bald eine qualitative Erklärung liefern, die quantitative Messung ist natürlich eine ganz andere Geschichte – wie das auch bei vielen anderen Faktoren der Fall ist.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45-ist es vermeidbar oder verminderbar?
Das ist natürlich situationsabhängig.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45-gibt nur individuelles "Leid" oder auch kollektives?
Die Frage der Wertung ist eine schwierige, natürlich. Das Problem betrifft aber jede Moral, und ich behaupte auch nicht darauf eine Antwort zu wissen. Aber wäre das nicht etwas, das man wissenschaftlich untersuchen könnte?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45-kann eine Nichtverminderung/vermeidung von "Leid" manchmal sinnvoll sein?
Sicherlich. Wie gesagt, das Problem der Wertung ist damit noch lange nicht gelöst, hier geht's mir um die prinzipielle Definition.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 11:03:45-und wer fällt in den Geltungsbereich der Definition?
Gute Frage. Ich antworte mal mit "alle die Leid empfinden können". Was natürlich allerlei interessante moralische Probleme hervorbringt, aber meiner Meinung nach die einzige logische Konsequenz ist. Nochmal: das Problem der Wertung bleibt…
Danke übrigens für die Fragen. Manchmal verfängt man sich so in Details, da ist es gut die Sache in größerem Zusammenhang zu sehen. Deine Punkte sind m.M.n. gut dazu geeignet herauszuarbeiten, wo eine rationale Moral weiter gehen kann als kulturell oder ideologisch basierte Systeme.
Ich habe den Eindruck,dass Du nicht verstehen willst oder kannst,was damit gemeint ist.Daher halte ich eine weitere Diskussion für sinnlos:
ZitatDu bist also der Meinung, dass die Unterdrückung der Frau moralisch gerechtfertigt ist, weil sie kulturell verankert ist? Die Verfolgung Homosexueller? Verfolgung Anders- oder Nichtgläubiger?
Das ist absoluter Quatsch!Diese Moral gab es früher hierzulande bzw. gibt es in anderen Ländern,wo die Werte des Humanismus nicht etabliert wren/sind.Wozu soll das meine Meinung sein?Manman,so was Ignorantes hab ich selten erlebt.... ::)
Zitat von: Chili am 27. Februar 2011, 11:52:52Das ist absoluter Quatsch!Diese Moral gab es früher hierzulande bzw. gibt es in anderen Ländern,wo die Werte des Humanismus nicht etabliert sind.Wozu soll das meine Meinung sein?Manman,so ws Ignorantes hab ich selten erlebt.... ::)
Du sagst dass es Quatsch ist, lieferst aber auf der anderen Seite auch keine Begründung, warum denn gerade die Werte des Humanismus die Werte der dort vorherrschenden kulturell/religiös motivierten Moral außer Kraft setzen sollten. Und ich frage dich ja eben ob das deine Meinung ist, und falls nicht (wovon ich ja eigentlich ausgegangen bin) wie du dann deine Indifferenz gegenüber besagten kulturellen Normen logisch argumentieren kannst.
Prinzipiell andere moralische Wertesysteme zu akzeptieren, weil man eben "moralisch liberal" ist, bringt einen argumentativ halt schnell in Teufels Küche, wenn man dann erklären muss warum man selbst andere Werte hat (und warum diese "moralisch besser" sein sollen). Oder man wirft die Argumentation gleich über den Haufen und erklärt sich selbst zum moralischen Relativisten, aber das will hier ja irgendwie auch niemand tun...
1.Moral ist abhängig v. der jeweil. Gesellschaftsordnung (historische+geographische Dimension)
2.Was Leid ist,unterliegt gewissen individuellen Schwankungen
darauf folgt:
eine allgültige wissensch.Morladefinition ist schwierig bis unmöglich.Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften kann man nicht mit nat.-wiss. Methoden angehen.
ZitatDu sagst dass es Quatsch ist, lieferst aber auf der anderen Seite auch keine Begründung, warum denn gerade die Werte des Humanismus die Werte der dort vorherrschenden kulturell/religiös motivierten Moral außer Kraft setzen sollten.
Sag mal, hast Du einen Anfall von bösartigem vorsätzlichem Missverstehen?Quatsch ist Deine Unterstellung,ich würde Unterdrückung usw. gut finden.Dass Humanismus ältere Wertekonstrukten unbedingt ersetzen sollen,habe ich ebenfalls nicht gesagt,sondern,dass diese Werte hierzulande gesellschftlicher Konsens sind.
Zitat von: Chili am 27. Februar 2011, 12:10:03
1.Moral ist abhängig v. der jeweil. Gesellschaftsordnung (historische+geographische Dimension)
2.Was Leid ist,unterliegt gewissen individuellen Schwankungen
darauf folgt:
eine allgültige wissensch.Morladefinition ist schwierig bis unmöglich.Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften kann man nicht mit nat.-wiss. Methoden angehen.
1. ist kein Argument, sondern eine post hoc-Feststellung. Muss ja nicht so sein. Zu 2.: Diese "gewissen individuellen Schwankungen" sind meiner Meinung nach eben sehr wohl objektiv erfassbar. Leid ist schließlich ein neurologischer Zustand. Wir sind im Moment noch nicht in der Lage eine entsprechende zuverlässige Definition zu treffen, prinzipiell denke ich jedoch sehr wohl dass es möglich ist.
Zitat von: Chili am 27. Februar 2011, 12:10:03Sag mal, hast Du einen Anfall von bösartigem vorsätzlichem Missverstehen?Quatsch ist Deine Unterstellung,ich würde Unterdrückung usw. gut finden.Dass Humanismus ältere Wertekonstrukten unbedingt ersetzen sollen,habe ich ebenfalls nicht gesagt,sondern,dass diese Werte hierzulande gesellschftlicher Konsens sind.
Momentan ist das natürlich richtig. Und Harris' Zugang (den ich hier ebenfalls vertrete) ist eben, dass das nicht so sein muss.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51Heißt ja einfach nur, dass alle Menschen Leid empfinden können
Dann schreibs doch auch so; "Universelles" was auch immer hat so einen esoterisch-absoluten Alleinvertretungsanschein. ;)
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Prinzipiell ja. Praktisch, derzeit, wohl noch nicht. Fortschritte in den Neurowissenschaften werden möglicherweise bald eine qualitative Erklärung liefern, die quantitative Messung ist natürlich eine ganz andere Geschichte – wie das auch bei vielen anderen Faktoren der Fall ist.
Ich halte "Leid" für prinzipiell nicht messbar.
Messbar sind neurologische Reaktionen auf Reize, deren Weiterleitung und deren Verarbeitungsgebiete im Nervensystem. Wie der Reiz empfunden wird, ist eine ganz andere Sache. Ob z.B. Schmerz als lediglich lästig oder leidvoll oder positiv stimulierend empfunden wird, ist bei gleichem Ausgangsreiz von Mensch zu Mensch verschieden, sogar beim selben Individuum je nach Situation, Tageszeit und Ort.
"Leid" ist so gesehen kein naturwissenschaftlich objektivierbarer Begriff.
Und Schmerz ist noch ein relativ gut nachvollziehbares Beispiel, wie sieht es im psychologisch/psychiatrischen aus? Sind "Abweichungen" von der gesellschaftlichen Norm für den Betroffenen aus sich heraus leidvoll oder nur, weil ein Ausleben als nicht akzeptabel gilt?
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
Eine prinzipielle Definition als Grundlage eines Systems ist immer bis zu einem gewissen Punkt irrational und damit angreifbar, weil sie notwendigerweise von einem oder mehreren Axiomen ausgehen muss, deren Gültigkeit angezweifelt werden kann.
Das gilt auch für "rationale" Systeme, da ich auf jedes beliebige Axiom ein in sich geschlossenes und in sich folgerichtiges System aufbauen kann, egal wie irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...das Problem der Wertung bleibt...
Genau das; jegliche Wertung wird immer auch von irrationalen Faktoren beeinfflusst, die nie ganz auszuschalten sind.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Danke übrigens für die Fragen. Manchmal verfängt man sich so in Details, da ist es gut die Sache in größerem Zusammenhang zu sehen. Deine Punkte sind m.M.n. gut dazu geeignet herauszuarbeiten, wo eine rationale Moral weiter gehen kann als kulturell oder ideologisch basierte Systeme.
Ich bezweifele, das es jemals eine von allen akzeptierbare "rationale" Moral geben kann, da selbst die wissenschaftliche Basis aus dem Selbstverständnis der Wissenschaft heraus immer nur eine vorläufige sein kann, da Wissenschaft ja (theoretisch) eben kein abgeschlossenes fertiges Gebäude ist.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Prinzipiell andere moralische Wertesysteme zu akzeptieren, weil man eben "moralisch liberal" ist, bringt einen argumentativ halt schnell in Teufels Küche, wenn man dann erklären muss warum man selbst andere Werte hat (und warum diese "moralisch besser" sein sollen).
Man kann ja auch erklären, warum man selbst andere Werte hat (sei es aufgrund anderer religiöser Grundlagen oder anderer kultureller Entwicklungen);
man
muss aber nicht postulieren, dass die eigenen Werte denen der anderen überlegen sind. Eine Moral, die zur Lebenssituation in unserer hochindustrialisierten und technisierten westlichen Welt passt, muss noch lange keine anwendbare Methode für ein Urwaldvolk in Neuguinea sein und umgekehrt.
Die zwei Trugschlüsse sind meines Erachtens:
-meines ist besser (irrational);
-meines passt für alle (dito);
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Oder man wirft die Argumentation gleich über den Haufen und erklärt sich selbst zum moralischen Relativisten, aber das will hier ja irgendwie auch niemand tun...
Warum eigentlich nicht? Letzten Endes ist die Frage, welche moralischen Werte dem Menschen angemessen sind, völlig ungeklärt und alle bestehenden Moralsysteme beruhen auf irrationalen Grundlagen.Das Hauptproblem besteht letztlich doch darin, dass jeder meint, sein System könne Allgemeingültigkeit beanspruchen und müsse daher von allen anderen widerspruchslos akzeptiert werden.
Als Alternative könnte man auch eine friedliche Koexistenz postulieren, in der der einzelne die Freiheit hat, sich sein System auszusuchen (mit allen positiven und negativen Konsequenzen!) und wo der Konsens lediglich darin besteht, nicht aktiv zu missionieren.
Das Ganze läuft doch nur auf eine Qualia-Diskussion raus. Wer Leid messen und quatifizieren kann, kann dann auch Schönheit, Liebe und Ästhetik definieren und auch feststellen, ob jemand die Farbe rot "richtig" wahrnimmt.
Kann ganz witzig sein, aber persönlich brauche ich das nicht mehr, dieses geistige Onanieren.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51Heißt ja einfach nur, dass alle Menschen Leid empfinden können
Dann schreibs doch auch so; "Universelles" was auch immer hat so einen esoterisch-absoluten Alleinvertretungsanschein. ;)
Naja entschuldige, aber das Wort steht nun mal im Wörterbuch…
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Prinzipiell ja. Praktisch, derzeit, wohl noch nicht. Fortschritte in den Neurowissenschaften werden möglicherweise bald eine qualitative Erklärung liefern, die quantitative Messung ist natürlich eine ganz andere Geschichte – wie das auch bei vielen anderen Faktoren der Fall ist.
Ich halte "Leid" für prinzipiell nicht messbar.
Messbar sind neurologische Reaktionen auf Reize, deren Weiterleitung und deren Verarbeitungsgebiete im Nervensystem. Wie der Reiz empfunden wird, ist eine ganz andere Sache. Ob z.B. Schmerz als lediglich lästig oder leidvoll oder positiv stimulierend empfunden wird, ist bei gleichem Ausgangsreiz von Mensch zu Mensch verschieden, sogar beim selben Individuum je nach Situation, Tageszeit und Ort.
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38"Leid" ist so gesehen kein naturwissenschaftlich objektivierbarer Begriff.
Und Schmerz ist noch ein relativ gut nachvollziehbares Beispiel, wie sieht es im psychologisch/psychiatrischen aus? Sind "Abweichungen" von der gesellschaftlichen Norm für den Betroffenen aus sich heraus leidvoll oder nur, weil ein Ausleben als nicht akzeptabel gilt?
Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
Eine prinzipielle Definition als Grundlage eines Systems ist immer bis zu einem gewissen Punkt irrational und damit angreifbar, weil sie notwendigerweise von einem oder mehreren Axiomen ausgehen muss, deren Gültigkeit angezweifelt werden kann.
Das gilt auch für "rationale" Systeme, da ich auf jedes beliebige Axiom ein in sich geschlossenes und in sich folgerichtiges System aufbauen kann, egal wie irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...das Problem der Wertung bleibt…
Genau das; jegliche Wertung wird immer auch von irrationalen Faktoren beeinfflusst, die nie ganz auszuschalten sind.
Vermutlich nicht. Das invalidiert aber nicht den prinzipiellen Ansatz. Immerhin geht es schlussendlich nicht nur um Individualentscheidungen, sondern auch um Gesellschaftsmoral.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Danke übrigens für die Fragen. Manchmal verfängt man sich so in Details, da ist es gut die Sache in größerem Zusammenhang zu sehen. Deine Punkte sind m.M.n. gut dazu geeignet herauszuarbeiten, wo eine rationale Moral weiter gehen kann als kulturell oder ideologisch basierte Systeme.
Ich bezweifele, das es jemals eine von allen akzeptierbare "rationale" Moral geben kann, da selbst die wissenschaftliche Basis aus dem Selbstverständnis der Wissenschaft heraus immer nur eine vorläufige sein kann, da Wissenschaft ja (theoretisch) eben kein abgeschlossenes fertiges Gebäude ist.
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Prinzipiell andere moralische Wertesysteme zu akzeptieren, weil man eben "moralisch liberal" ist, bringt einen argumentativ halt schnell in Teufels Küche, wenn man dann erklären muss warum man selbst andere Werte hat (und warum diese "moralisch besser" sein sollen).
Man kann ja auch erklären, warum man selbst andere Werte hat (sei es aufgrund anderer religiöser Grundlagen oder anderer kultureller Entwicklungen);
man muss aber nicht postulieren, dass die eigenen Werte denen der anderen überlegen sind. Eine Moral, die zur Lebenssituation in unserer hochindustrialisierten und technisierten westlichen Welt passt, muss noch lange keine anwendbare Methode für ein Urwaldvolk in Neuguinea sein und umgekehrt.
Die zwei Trugschlüsse sind meines Erachtens:
-meines ist besser (irrational);
-meines passt für alle (dito);
Keines passt für alle?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Oder man wirft die Argumentation gleich über den Haufen und erklärt sich selbst zum moralischen Relativisten, aber das will hier ja irgendwie auch niemand tun…
Warum eigentlich nicht? Letzten Endes ist die Frage, welche moralischen Werte dem Menschen angemessen sind, völlig ungeklärt und alle bestehenden Moralsysteme beruhen auf irrationalen Grundlagen.Das Hauptproblem besteht letztlich doch darin, dass jeder meint, sein System könne Allgemeingültigkeit beanspruchen und müsse daher von allen anderen widerspruchslos akzeptiert werden.
Als Alternative könnte man auch eine friedliche Koexistenz postulieren, in der der einzelne die Freiheit hat, sich sein System auszusuchen (mit allen positiven und negativen Konsequenzen!) und wo der Konsens lediglich darin besteht, nicht aktiv zu missionieren.
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:05:47
Das Ganze läuft doch nur auf eine Qualia-Diskussion raus. Wer Leid messen und quatifizieren kann, kann dann auch Schönheit, Liebe und Ästhetik definieren und auch feststellen, ob jemand die Farbe rot "richtig" wahrnimmt.
Mal im Ernst, gehst du wirklich davon aus dass Leid (der tatsächliche Zustand, nicht die Auslöser) von Mensch zu Mensch derartig unterschiedlich ist? Das kann man natürlich auch auf andere Emotionen umlegen: Geht bei jedem Menschen was komplett anderes im Gehirn ab, wenn er Freude empfindet? Oder Angst?
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Mal im Ernst, gehst du wirklich davon aus dass Leid (der tatsächliche Zustand, nicht die Auslöser) von Mensch zu Mensch derartig unterschiedlich ist? Das kann man natürlich auch auf andere Emotionen umlegen: Geht bei jedem Menschen was komplett anderes im Gehirn ab, wenn er Freude empfindet? Oder Angst?
Nein, natürlich nicht! Aber Du willst etwas quantifizieren, was nicht quantifizierbar ist. Natürlich sind wir biochemische Roboter. Aber man sollte halt nicht auf Wortmagie hereinfallen. Bei "Leid" solltest Du halt mal als erstes eine Definition abliefern. Wie soll man denn den Unteschied messen zwischen einem "Leid", dass das Frühstücksei zu hart ist und dem, wenn eine nahestehende Person gestorben ist?
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:21:48Nein, natürlich nicht! Aber Du willst etwas quantifizieren, was nicht quantifizierbar ist. Natürlich sind wir biochemische Roboter. Aber man sollte halt nicht auf Wortmagie hereinfallen. Bei "Leid" solltest Du halt mal als erstes eine Definition abliefern.
Ich habe schon geschrieben, dass das momentan noch nicht zuverlässig möglich ist. Ich sehe aber keinen Grund, warum sich das in Zukunft nicht ändern sollte.
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:21:48Wie soll man denn den Unteschied messen zwischen einem "Leid", dass das Frühstücksei zu hart ist und dem, wenn eine nahestehende Person gestorben ist?
Ich bin kein Neurologe, aber ich gehe stark davon aus dass es zwischen diesen beiden Zuständen deutliche Unterschiede gibt, und zwar nicht nur in der Stärke der Reaktion, sondern auch in der Art.
Du begehst den Fehler zu meinen, man könne ev. hinter die Spielregeln von Schach kommen, indem man verschiedenste Ausführungen von Figuren vergleicht.
Es gibt nun mal prinzipielle Unmöglichkeiten. Was ein Phasenraum nicht zulässt, geht halt nicht. Oder es ist dann ein anderer. Selbst bei dem weniger wattigen Begriff "Schmerz" haben wir bereits ein Problem.
Was man neuronal als Impuls messen kann, ist noch lange kein Maßstab für das, was das Hirn daraus macht.
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10
Du begehst den Fehler zu meinen, man könne ev. hinter die Spielregeln von Schach kommen, indem man verschiedenste Ausführungen von Figuren vergleicht.
Öh, nein. Du begehst den Fehler zu glauben dass es keine universellen neurophysiologischen Zustände gibt, die wir als Emotionen bezeichnen.
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10Es gibt nun mal prinzipielle Unmöglichkeiten.
Versuchst du gerade ein Negativ zu beweisen?
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10Was ein Phasenraum nicht zulässt, geht halt nicht. Oder es ist dann ein anderer. Selbst bei dem weniger wattigen Begriff "Schmerz" haben wir bereits ein Problem.
Was man neuronal als Impuls messen kann, ist noch lange kein Maßstab für das, was das Hirn daraus macht.
Ich denke dass du unser derzeitiges Verständnis in dem Bereich deutlich unterschätzt. Nochmal, es geht nicht darum, die "Eingangsimpulse" zu messen, sondern die Zustände, die aus einer Kombination an Impulsen hervorgerufen werden. Und ich denke dass diese deutlich weniger Varianz aufweisen als du glaubst. Es geht ja auch nicht darum zu sagen: "Person X leidet, weil...", sondern schlicht "Person X leidet.". Oder eben "Person X fühlt Schmerz". Da sehe ich überhaupt kein Problem, in letzterem Fall schon heute nicht.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Naja entschuldige, aber das Wort steht nun mal im Wörterbuch...
Klar, aber auf einer Seite, bei der viele der mit Artikeln bedachten Begriffe wie "Universell" beliebig einsetzen, um ihre Ansichten zu adeln, hat es doch ein wenig ..nun ja abwertende Konnotationen.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.
Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.
Dann liefere doch bitte mal eine Konsensfähige Definition für "Leid", die wissenschaftlich/rational begründet ist, damit wir die Endresultate beurteilen können.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
ZitatEine prinzipielle Definition als Grundlage ........irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.
Das ist mir durchaus bewusst, deswegen habe ich ja meine Zweifel an der Möglichkeit einer rationalen Moral, die auf der Wissenschaft gründet.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.
Widersprichst du dir da nicht?
Einerseits sind auch die grundlegenden Axiome der Wissenschaft günstigstenfalls Glaubenssache, wenn nicht sogar irrational; andererseits soll das darauf errichtete Gebäude die Basis für eine rationale Moral liefern.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Keines passt für alle?
Genau das. Selbst wenn alle von einer gemeinsamen Grundlage ausgehen, werden die unterschiedlichen Lebensumstände unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Und das selbst dann, wenn sich alle an die Regeln der Logik halten.
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p
Ich kann mich darüber ärgern, Ich kann Informationen zur Verfügung stellen, aber die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen, auch wenn andere die Entscheidung nicht verstehen oder gutheissen.
Gibt mir eine rationale Moral das Recht, sie anderen aufzuzwingen, deren moral möglicherweise genauso schlüssig herzuleiten ist?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.
Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.
Dann liefere doch bitte mal eine Konsensfähige Definition für "Leid", die wissenschaftlich/rational begründet ist, damit wir die Endresultate beurteilen können.
Wie gesagt, ich kann das nicht, momentan kann es wahrscheinlich niemand, das heißt aber nicht dass es prinzipiell unmöglich ist.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
ZitatEine prinzipielle Definition als Grundlage ........irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.
Das ist mir durchaus bewusst, deswegen habe ich ja meine Zweifel an der Möglichkeit einer rationalen Moral, die auf der Wissenschaft gründet.
Welche Zweifel hast du denn an der wissenschaftlichen Methode? Nur um einschätzen zu können, ob du einfach von der theoretischen Möglichkeit sprichst, Axiome anzugreifen, oder ob du konkrete Kritik hast. Ich spreche ja auch nicht davon, ein absolut bestes (theoretisch unanfechtbares) System aufzustellen, sondern davon, das bestmögliche System aufzustellen – wie die Wissenschaft eben das bestmögliche System ist, um das Universum zu untersuchen.
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.
Widersprichst du dir da nicht?
Einerseits sind auch die grundlegenden Axiome der Wissenschaft günstigstenfalls Glaubenssache, wenn nicht sogar irrational; andererseits soll das darauf errichtete Gebäude die Basis für eine rationale Moral liefern.
Siehe oben. Wenn wir davon ausgehen, dass Moral in gewissem Maße Entscheidungen in der wirklichen Welt werten soll, wieso sollten wir sie dann nicht auf dem Grundgerüst aufbauen, das uns die besten Möglichkeiten zur Untersuchung dieser Welt bietet?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Keines passt für alle?
Genau das. Selbst wenn alle von einer gemeinsamen Grundlage ausgehen, werden die unterschiedlichen Lebensumstände unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Und das selbst dann, wenn sich alle an die Regeln der Logik halten.
Und all diese Lebensumstände müssen moralisch gleichwertig sein?
Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p
Ich kann mich darüber ärgern, Ich kann Informationen zur Verfügung stellen, aber die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen, auch wenn andere die Entscheidung nicht verstehen oder gutheissen.
Gibt mir eine rationale Moral das Recht, sie anderen aufzuzwingen, deren moral möglicherweise genauso schlüssig herzuleiten ist?
Natürlich nicht. Ich sehe nur nicht, wie eine kulturell oder ideologisch bedingte Moral ebenso schlüssig herleitbar ist wie eine rationale Moral. Schon rein logisch nicht. Genauso wie ich nicht sehe wie man beispielsweise Religion und Wissenschaft als gleichwertige epistemologische Systeme ansehen könnte.
Zitat von: Janus am 26. Februar 2011, 06:25:12
Das Ding is. Du musst vorher immer irgendwas postulieren was gut und was schlecht ist. Das ist willkürlich. Und aus der Wissenschaft können wir auch nichts darüber lernen weil die Wissenschaft für die Moral irrelavant ist. Für die Wissenschaft ist moral nur als untersuchungsobjekt interessant, ob zum Beispiel bestimmte soziale gewalthämmnisse angeboren sind.
Mag sein, wir leben aber nicht im Vakuum. Darum ist die Auswahl von Gut und Schlecht nicht völlig willkürlich. Allgemein gilt offenbar z.B.: Leben = gut, Sterben = schlecht, Wohlgefühl = gut, Schmerz = schlecht usw. Das wird dann aber schnell kompliziert. Z.B. Schokolade = gut, Zahnweh = schlecht. Der Trick ist jetzt, die verschiedenen Vorgaben mit möglichst allen Menschen unter einen Hut zu kriegen, sowohl bei kurzfristiger Betrachtung, als auch mittel- und langfristig. Daraus entwickelt man ein Bewertungssystem für Handlungen und deren Konsequenzen.
Auch dabei gibt es schon einige Vorgaben. Wer anderen schadet, fühlt sich oft auch selbst schlecht. Umgekehrt fühlt es sich gut an, anderen zu helfen. Wir fühlen mit. Andererseits können wir auch wütend und aggressiv werden. Hier hat unserer eingebautes Bewertungssystem schon eine wohl evolutionär bedingte Prädisposition mit im sozialen Zusammenleben bewährten Strategien.
Unsere moderne Gesellschaft ist aber sehr komplex, so dass einfache Strategien und Bauchgefühl nicht immer ausreichen. Wir nutzen hier unsere Fähigkeit, unser Bewertungssystem zu verfeinern und auszubauen. Willkürlich vielleicht, aber zielorientiert. Sowohl individuell (vom Kleinkind bis zum reifen Erwachsenen) als auch kollektiv (von der Frühgeschichte bis heute, siehe z.B. Altes Testament vs. Grundgesetz) entwickeln wir ein besseres Verständnis für die Folgen unseres Handelns.
ZitatLeben = gut, Sterben = schlecht
da fängt es schon an kompliziert zu werden.
Märtyrer wurden und werden von den Kirchen heilig gesprochen.
Bei einem Religionszweig bekommen zerfetzte Selbstmordattentäter
sogar Mädchen satt.
Zitat von: glatzkopf am 01. März 2011, 07:44:14
ZitatLeben = gut, Sterben = schlecht
da fängt es schon an kompliziert zu werden.
Märtyrer wurden und werden von den Kirchen heilig gesprochen.
Bei einem Religionszweig bekommen zerfetzte Selbstmordattentäter
sogar Mädchen satt.
Wer sagt denn, dass der Attentäter nicht lieber 99 Jungfrauen in seinem jetzigen Leben hätte? Nur weil er (möglicherweise gezwungenermaßen) eine Entscheidung trifft, von der er glaubt dass sie optimal (im Sinne von "seinem Wohlbefinden am zuträglichsten") wäre (und um nichts anderes geht es auch im Märtyrertum, nur dass eben das diesseitige Wohlbefinden aufs jenseitige Seelenheil umgemünzt wird) heißt das noch lange nicht dass die Entscheidung objektiv optimal ist.
Unterm Strich entsteht dabei viel Leid. Eine Religion mag das als "gut" interpretieren, aber sie entbehrt dabei jeglicher empirischer Grundlage.
Zitatheißt das noch lange nicht dass die Entscheidung objektiv optimal ist
siehst Du; ich nehme an, daß Moral mit eben immer vom gesellschaftlichem
Kontext und der Erziehung der Menschen abhängig ist.
Zitat von: glatzkopf am 01. März 2011, 10:58:47
Zitatheißt das noch lange nicht dass die Entscheidung objektiv optimal ist
siehst Du; ich nehme an, daß Moral mit eben immer vom gesellschaftlichem
Kontext und der Erziehung der Menschen abhängig ist.
Das ist schlichtweg deine Ansicht. Das heißt aber noch lange nicht, dass es der bestmögliche Ansatz ist.
Fuer meine Begriffe gibt es sowohl eine kulturelle Moral wie auch eine menschliche, bzw. evolutionaere Moral.
Unter menschlicher universeller Moral verstehe ich Grundsaetze wie: Ich hau meinem Gruppenzugehoerigen nicht grundlos den Schaedel ein oder ich fuehre meine Gruppe nicht in den Abgrund. Evolutionaer betrachtet heisst das unterm Strich, dass ich Arterhalt betreibe.
Kulturelle Moral ist in vielerlei Hinsicht irrational und nicht immer unserer Natur entsprechend - Der Begriff Moral ist fuer mich in seiner Bedeutung so oder so stark bedenklich, da oft eine Unterteilung in "gut" und "schlecht/boese" stattfindet und dieses Schwarz-Weiss-Denken halte ich fuer irrational.
Da ich aber keine Lust verspuere in einem Sozialdarwinismus zu leben, bedarf es ausserhalb der eigenen Triebe universell anwendbare Regeln und hier schliesst sich auch der Kreis zur Giordano-Bruno-Stiftung, bzw. schliesse ich mich der Meinung von M. Schmidt-Salomon an, dass man den Begriff Moral ueber Bord schmeissen darf und sich lieber Gedanken ueber eine differenzierte Ethik machen sollte.
An dieser Stelle kann fuer meinen begrenzten Horizont die Wissenschaft, vor allem die Neurowissenschaften, Soziobiologie etc. einen Beitrag zur Definition dieser Spielregeln liefern, so dass diese sich an unserer menschlichen Natur orientieren und eben nicht an utopischen uebernatuerlichen Idealen.
@Janus
Eigentlich ad acta aber dennoch: Wie kommt man von Atheismus zu Nihilismus? Fuer mich besteht da kein Zusammenhang und dies ist auch ein Argument, dass gerne von Anti-Atheisten angefuehrt wird - ohne Glaube bricht das Chaos aus und alle Werte gehen floeten...das halte ich fuer voellig abwegig und schlichtweg falsch und die Konsequenz von Atheismus ist keinesfalls der Nihilismus und obwohl ich mich wiederhole, die einzige Konsequenz die aus Atheismus folgt ist die Ablehnung des Uebernatuerlichen aus eklatantem Mangel an Beweisen. (Atheist zu sein heisst auch nicht zwangslaeufig Naturalist zu sein)
(Ich kaempfe immer noch mit der Franzosentastatur, daher gibts bei mir auch keine Umlaute...)
ZitatDas ist schlichtweg deine Ansicht. Das heißt aber noch lange nicht, dass es der bestmögliche Ansatz ist.
habe ich doch gar nicht anders geschrieben.
Selbstverfreilich ist das immer nur meine
subjektive Meinung. Geht doch auch gar
nicht Anders.
:police:
Leute, ich habe beim durchblättern der Diskussion allzuoft den Naturalistischen Fehlschluss entdeckt...
Bitte doch Argumente i.S.v. "Unser Gehirn ist evolutionär dazu getrimmt DIES UND DAS zu belohnen, also ist DIES UND DAS moralisch geboten" unbedingt sein lassen.
:-X Geht gar nicht...
Ob man jetzt von einer Moral erwarten darf, dass sie nicht Unmögliches verlangt steht auf einem anderen Blatt...
(Falls manche Postings von mir fehlinterpretiert wurden: Sorry)
Zitat
Zum geistigen Umfeld dieser sich so furchtbar progressiv gebenden Szene ganz interessant, wenn auch nicht gerade ausgewogen: http://jungle-world.com/artikel/2008/24/22011.html
Was für ein RIIIIESENArtikel... Bringt die G.Bruno Stiftung nicht nur mit Nazis sondern auch mit Anarchisten/Kommunisten zusammen...Hauptsache Pöhse... Ich vermisse noch die Werwölfe... und die Terroristen fehlen auch.
Das wäre super: G.B.Stiftung = Nazi-Kommunisten-Werwolf-Terroristen :laugh:
Hast du den Artikel auch gelesen oder bloss überflogen? Verstanden hast du ihn wohl eher nicht.
Passend zum Moral vs. Wissenschaft OT ;D
Sam Harris: Science can answer moral questions
http://www.youtube.com/watch?v=Hj9oB4zpHww (http://www.youtube.com/watch?v=Hj9oB4zpHww)
(Wer wissenschaftlich genaue Ausfuehrungen erwartet wird evtl. enttaeuscht werden)
Zitat von: Ridcully am 02. März 2011, 21:00:38
Hast du den Artikel auch gelesen oder bloss überflogen? Verstanden hast du ihn wohl eher nicht.
Jemand anderem pauschal zu unterstellen er hätte einen Artikel nicht verstanden empfinde ich jetzt als äußerst unhöflich. Selbstverständlich kann ich das aber nicht ausschließen. Lass uns doch kurz gemeinsam die Struktur des Artikels in Stichwörtern aufdecken. Ich werde vorlegen und du sagst mir was ich falsch verstehe...
1. Abschnitt
-Der neue Atheismus soll nicht unkritisch übernommen werden.
-Es wird auf die umstrittene Figur "Ernst Haeckel" hingewiesen.
2. Abschnitt: Religionskritik und Dialektik der Aufklärung
-Warnung vor rechten Strömungen in der Religionskritik
-Eine Prise Adorno
3. Abschnitt: Ein Kinderbuch
-Abfolge/Analyse des "Ferkelstreits" mit starker Akzentsetzung auf den Antisemitismusvorwurf
4. Abschnitt: Linke, Rechte und Euthanasiebefürworter
- Die Organisationen/Personen, welche die Macher des Ferkelbuchs während des Indiz.verf. unterstützten werden kritisch analysiert, insbesondere DUR und IBKA
- Die Verbindung zu Singer/Hoerster wird hergestellt
5. Abschnitt: Die Kirchenkritiker
-Theologie-Professor Mynarek wird vorgestellt
-Mynarek wird mit der MIZ assoziiert
- Deschner wird vorgestellt und kritisiert
6. Abschnitt: Nach rechts
- Diverse Positionen Schmidt-Salomons werden kritisiert, insbesondere zum Islam
7. Abschnitt: Tierbefreiung und der Mord an Menschen
- Singer-Debatte, Part. XXXXX
- Besonderes Augenmerk auf die Verbindung: Tierschützer - Rechte Szene
8. Abschnitt: Befreiung von Schuld und Sühne
- Abschlussanalyse: Der neue Atheismus ist amoralisch, blind-wissenschaftsfortschrittlich und antisemitsch und muss daher "bekämpft" werden
Also so sehe ich die Kernthemen/Aussagen des Artikels... Wo habe ich denn jetzt falsch angesetzt?!?
Wenn wir uns grob darauf geeinigt haben werde ich meine Kritik noch einmal schön formulieren...
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 02. März 2011, 19:15:50
:police:
Leute, ich habe beim durchblättern der Diskussion allzuoft den Naturalistischen Fehlschluss entdeckt...
Bitte doch Argumente i.S.v. "Unser Gehirn ist evolutionär dazu getrimmt DIES UND DAS zu belohnen, also ist DIES UND DAS moralisch geboten" unbedingt sein lassen.
:-X Geht gar nicht...
Ob man jetzt von einer Moral erwarten darf, dass sie nicht Unmögliches verlangt steht auf einem anderen Blatt...
(Falls manche Postings von mir fehlinterpretiert wurden: Sorry)
Ich weiß nicht, ob Du meine Posts damit meinst. Ich fühle mich mal angesprochen. Wenn es um die Bewertung von Handlungen geht, sind für uns zwei Dinge ausschlaggebend. Das, was diese Handlung in der Welt bewirkt, und das, was sie in uns bewirkt. Beides fließt in die Einordnung mit ein. Ich bin nicht gewillt, z.B. die Vermeidung von Schmerz als moralisches Gebot als einen Naturalistischen Fehlschluss zu sehen. Denn Gefühle wie Freude, Leid, Schmerz etc. dienen ja gerade keinem anderen Zweck als dem, unsere Handlungen zu lenken mit dem Ziel der Selbsterhaltung, welches erweitert auch die Erhaltung anderer Menschen, unseren Zusammenleben so wie dem Leben auf der Erde selbst. Denn ohne das alles können wir auch nicht leben. Somit sind diese "evolutionären Trimmungen" prädestiniert dafür, als Grundlage für eine weiter entwickelte Moral zu dienen.
Man mag fragen, ob denn der Zweck "zu leben" selbst ein moralischer ist. Aber moralisches Handeln, was auch immer das sein mag, hat natürlich das lebendig sein als Voraussetzung. Wer nicht lebt, kann auch nicht handeln, kann auch nicht moralisch handeln. Ein Zirkelschluss? Vielleicht. Setzt man aber voraus, dass in fast allen Situationen es mindestens eine Handlungsalternative gibt, die moralischer ist, als gar nicht zu handeln (nochmal, dies ist unabhängig davon, was nun moralisch ist), so kann man daraus schließen, dass allgemein unser Streben nach Leben selbst moralisch ist, es moralisch ist dieses zu fördern und bestärken, und vor Hindernissen und Gefahren zu schützen.
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 00:39:24Jemand anderem pauschal zu unterstellen er hätte einen Artikel nicht verstanden empfinde ich jetzt als äußerst unhöflich.
Ich kann halt einfach nicht nachvollziehen, wo du da gelesen haben willst, dass die Giordano Bruno Stiftung mit Anarchisten/Kommunisten/Nazis in Verbindung gebracht wird. Ich würde auch eher bezweifeln, dass der Autor Kommunisten für böse hält. Der kommt doch selbst aus der Ecke.
Deine Struktur sagt kaum was darüber aus, wie du den Artikel verstanden hast und deshalb kann ich weitgehend auch schlecht sagen, was du da meines Erachtens falsch verstanden haben könntest. Verbindungen der Tierrechtler zur rechten Szene werden im Artikel nicht thematisiert, es geht um inhaltlich problematische Positionen. Das was du als Abschlussanalyse bezeichnest finde ich nicht im Text:
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 00:39:24Der neue Atheismus ist amoralisch, blind-wissenschaftsfortschrittlich und antisemitsch und muss daher "bekämpft" werden
Wo steht das?
Bisschen spät, aber da sind noch offene Fragen:
Zitat von: Ratiomania am 17. Februar 2011, 11:29:38
Tja das ist das jahrtausendalte Dilemma der Kategorisierung.
Andererseits was wäre deiner Meinung nach eine Alternative (und deren Konsequenzen)?
Mir geht es zunächst darum, dass überhaupt eine Kategorisierung nach festen Merkmalen stattfindet und nicht eine willkürliche Festlegung von Fall zu Fall. Das unterscheidet Recht von Willkür. Wir haben praktisch überall auf der Welt ein Stufensystem: Zellhaufen ohne Schutz, Embryo mit gewissem Schutz, Mensch mit vollen Rechten. Wer das hingegen von der jeweiligen Empfindungsfähigkeit des einzelnen Zellhaufens/Individuums abhängig macht, hat einen gleitenden und jederzeit von den dazu ermächtigten neu bestimmbaren Maßstab von mehr oder weniger Mensch. Und danach hat ein Säugling schlicht weniger Recht zu Leben als Herr Schmidt-Salomon oder sein Hund (so er einen hat). Das sind die Konsequenzen, die mir nicht gefallen und ich bin gerne bereit, seine Ethik schon aufgrund dieser Konsequenzen zu verwerfen.
Zitat von: Ratiomania am 17. Februar 2011, 11:29:38
- ja letztendlich auch Verbot des Abbrechens, wenn das Leben der Mutter unmittelbar und nach besten Wissen und Gewissen in Gefahr ist, denn:
Eine Objektivierung findet nicht statt (darf nicht stattfinden) (Bundesverfassungsgericht)!
Das wäre doch wohl so oder so ein Notstand, keine Ahnung von was für einer Objektivierung du sprichst.
Zitat von: Ratiomania am 17. Februar 2011, 11:29:38Der Biologismus ist eigentlich tot, da:
Sollte, ist er aber nicht. Meines Erachtens taucht der dauernd wieder neu auf und ist gerade ziemlich populär, eben zum Beispiel im Evolutionären Humanismus (Animalismus wäre passender) von Schmidt Salomon oder auch beim ganzen Gefasel von Mann/Frau sind halt so weil schon in der Steinzeit - blablub als wäre da irgendwer dabei gewesen. Sogar Wirtschaftsordnungen werden teilweise mit solchen Natürlichkeitsargumenten gerechtfertigt.
Letzte Sätze des Artikels:
"Wenn es keine Willensfreiheit gibt, sind Schuld und Sühne metaphysische Spinnereien, und moralisch spricht nichts mehr dagegen, Menschen als »Nicht-Personen« abzuwerten und zu behandeln. Darum verzeichnet eine solcherart motivierte Pseudo-Religionskritik [=die der neuen Atheisten und des im Artikel analysierten Umfelds, Anm. von mir] das Judentum in antisemitischer Weise als Strafgericht, wie es Schmidt-Salomon in seinem »Ferkelbuch« tut. Und darum gilt es, diese Sorte Religionskritik genau zu analysieren und zu bekämpfen."
Zum Thema Tierrechtsschützer <-> Rechtes Gedankengut:
"Indem Menschen mit Behinderungen als weniger wertvoll als manche Säugetiere dargestellt werden, wie von Singer, befördert ein Großteil der Tierrechtsszene eine Bioethik, die nur eine zeitgemäße Version der alten faschistischen Rede vom »lebensunwerten« Leben und von den »Ballastexistenzen am Volkskörper« darstellt, die es auszumerzen gelte. Einige Autoren des erwähnten Sammelbandes eiern um diesen Punkt herum, mehrere distanzieren sich oberflächlich von Singer, weil er ihnen zu bürgerlich ist, aber kaum einer mag von seinen Kampfbegriffen »Speziesismus« und Tierrechte lassen. Christoph Türcke, der – mal wieder und ganz wie Hoerster, Mynarek und Singer – Menschen in die per se rassistische Kategorie »Rasse« einteilt, verharmlost und verteidigt gar den Vordenker."
Zur Verbindung mit der Linken Szene:
"Eine Reihe »säkularer Verbände«, so die Eigenbezeichnung, hatte sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Indizierung ausgesprochen. Dazu gehörten der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), der mit dem Alibri-Verlag, in dem das Buch erschien, verbunden ist, die Jungdemokraten/Junge Linke Nordrhein-Westfalen, der Zentralrat der Ex-Muslime, einige Gliederungen des Freidenker-Verbandes, dazu der Bund für Geistesfreiheit, eine Gesellschaft für kritische Philosophie, die Deutsche Unitarier-Religionsgemeinschaft (DUR) aus Hamburg sowie Unitates, die DUR-Stiftung."
Zum Vorwurf des blinden Fortschrittglaubens:
"Eine emanzipatorische Religionskritik darf auch nicht positivistisch sein. Für Fortschrittsoptimismus und Wissenschaftsgläubigkeit, die der traditionelle Marxismus teilt, gibt es keinen Anlass – spätestens seit sich die Wissenschaft in den Dienst des Faschismus stellte und die Vorstellung einer immerwährenden Fortentwicklung der Menschheit von der NS-Barbarei widerlegt worden ist."
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 21:25:04
Letzte Sätze des Artikels:
"Wenn es keine Willensfreiheit gibt, sind Schuld und Sühne metaphysische Spinnereien, und moralisch spricht nichts mehr dagegen, Menschen als »Nicht-Personen« abzuwerten und zu behandeln. Darum verzeichnet eine solcherart motivierte Pseudo-Religionskritik [=die der neuen Atheisten und des im Artikel analysierten Umfelds, Anm. von mir] das Judentum in antisemitischer Weise als Strafgericht, wie es Schmidt-Salomon in seinem »Ferkelbuch« tut. Und darum gilt es, diese Sorte Religionskritik genau zu analysieren und zu bekämpfen."
Das bezieht sich nicht auf die amerikanischen neuen Atheisten (denen wird am Anfang allerdings auch ein Hang zu biologischen Determinismus vorgeworfen) sondern auf die Religionskritik eines Teils der deutschen Atheistenszene. Dein "ist antisemitisch" ist gegenüber dem eh schon strengen Urteil des Autors noch mal deutlich verstärkt. Ich würde vom Aufgreifen antisemitischer Klischees sprechen: der grausame Gott des AT = der Juden versus dem gütigen Gott des neuen Testaments.
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 21:25:04
Zum Thema Tierrechtsschützer <-> Rechtes Gedankengut:
"Indem Menschen mit Behinderungen als weniger wertvoll als manche Säugetiere dargestellt werden, wie von Singer, befördert ein Großteil der Tierrechtsszene eine Bioethik, die nur eine zeitgemäße Version der alten faschistischen Rede vom »lebensunwerten« Leben und von den »Ballastexistenzen am Volkskörper« darstellt, die es auszumerzen gelte. Einige Autoren des erwähnten Sammelbandes eiern um diesen Punkt herum, mehrere distanzieren sich oberflächlich von Singer, weil er ihnen zu bürgerlich ist, aber kaum einer mag von seinen Kampfbegriffen »Speziesismus« und Tierrechte lassen. Christoph Türcke, der – mal wieder und ganz wie Hoerster, Mynarek und Singer – Menschen in die per se rassistische Kategorie »Rasse« einteilt, verharmlost und verteidigt gar den Vordenker."
Ja. Rechtes Gedankengut ist aber nicht dasselbe wie Kontakt zu Nazis.
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 21:25:04
Zur Verbindung mit der Linken Szene:
"Eine Reihe »säkularer Verbände«, so die Eigenbezeichnung, hatte sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Indizierung ausgesprochen. Dazu gehörten der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), der mit dem Alibri-Verlag, in dem das Buch erschien, verbunden ist, die Jungdemokraten/Junge Linke Nordrhein-Westfalen, der Zentralrat der Ex-Muslime, einige Gliederungen des Freidenker-Verbandes, dazu der Bund für Geistesfreiheit, eine Gesellschaft für kritische Philosophie, die Deutsche Unitarier-Religionsgemeinschaft (DUR) aus Hamburg sowie Unitates, die DUR-Stiftung."
Wo ist da die linke Szene? Ich seh da einen regionalen linken Jugendverband. Der IBKA hat eine ziemlich linke Vergangenheit, aber das wird ihm nicht zum Vorwurf gemacht.
Zitat von: MagnaAnimaProdigus am 04. März 2011, 21:25:04
Zum Vorwurf des blinden Fortschrittglaubens:
"Eine emanzipatorische Religionskritik darf auch nicht positivistisch sein. Für Fortschrittsoptimismus und Wissenschaftsgläubigkeit, die der traditionelle Marxismus teilt, gibt es keinen Anlass – spätestens seit sich die Wissenschaft in den Dienst des Faschismus stellte und die Vorstellung einer immerwährenden Fortentwicklung der Menschheit von der NS-Barbarei widerlegt worden ist."
Das ist seine eigene Positionsbestimmung und keine direkte Aussage zu den später Kritisierten.
Zitat von: Ridcully am 04. März 2011, 19:36:19
Bisschen spät, aber da sind noch offene Fragen:
Mir geht es zunächst darum, dass überhaupt eine Kategorisierung nach festen Merkmalen stattfindet und nicht eine willkürliche Festlegung von Fall zu Fall. Das unterscheidet Recht von Willkür. Wir haben praktisch überall auf der Welt ein Stufensystem: Zellhaufen ohne Schutz, Embryo mit gewissem Schutz, Mensch mit vollen Rechten. Wer das hingegen von der jeweiligen Empfindungsfähigkeit des einzelnen Zellhaufens/Individuums abhängig macht, hat einen gleitenden und jederzeit von den dazu ermächtigten neu bestimmbaren Maßstab von mehr oder weniger Mensch. Und danach hat ein Säugling schlicht weniger Recht zu Leben als Herr Schmidt-Salomon oder sein Hund (so er einen hat). Das sind die Konsequenzen, die mir nicht gefallen und ich bin gerne bereit, seine Ethik schon aufgrund dieser Konsequenzen zu verwerfen.
Ich gebe mal meinen persönlichen Senf dazu, und finde, dass Du Recht hast. Ich verstehe das Argument der Verknüpfung der Leidensfähigkeit mit dem Recht auf Leben, sehe es aber als eine Fehlinterpretation bzw. als zu kurz gegriffen. Reduziert man bei der Bewertung des Rechtes auf Leben die Betrachtung derart, steht dahinter eine Haltung und ein Menschenbild, das übelste Folgen haben wird, lässt man es nur gewähren. Das hat schon die Geschichte gezeigt. Nicht allein aus diesem Grund lehne ich ebenfalls eine solche Ethik ab.
Auf die Frage, um die es in diesem Thread ursprünglich geht, habe ich keine einfache Antwort, möglicherweise gibt es die auch nicht.
Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:05:47
Das Ganze läuft doch nur auf eine Qualia-Diskussion raus. Wer Leid messen und quatifizieren kann, kann dann auch Schönheit, Liebe und Ästhetik definieren und auch feststellen, ob jemand die Farbe rot "richtig" wahrnimmt.
Ich habe auch den Eindruck. Als jemand, der selber Psychologie im Bereich kognitive Neurowissenschaften studiert hat, werde ich nicht den Eindruck los, als seien viele Argumentatoren aus dem neurowissenschaftlichen Bereich vom Größenwahn besessen. Manche Leute haben ziemlich Oberwasser, auch, weil viele Laien nicht das Ausmaß der Forschung einschätzen können.
Jedenfalls nehmen nicht wenige den Mund ganz schön voll, wenn sie von "guten neuronalen Zuständen" oder der "sicher bald erklärbaren qualitativen Ausprägung von diesem und jenem" sprechen.
Sieht man dann mal genau hin, stellt man fest, dass die Forschung nicht selten getragen ist von einer Meute unkritischer Anhänger und sich viele Papers in dem Bereich erschöpfen in der Feststellung "da ist
was" (die nebulöse "Aktivität/Aktivierung" in bildgebenen Verfahren).
Ich glaube, dass das ganze ein Irrweg ist und sich nicht wenige ganz schön weit aus dem Fenster lehnen. Aber im Moment ist das wohl trendy.
Zitat von: Manolo am 05. März 2011, 19:15:28Jedenfalls nehmen nicht wenige den Mund ganz schön voll, wenn sie von "guten neuronalen Zuständen" oder der "sicher bald erklärbaren qualitativen Ausprägung von diesem und jenem" sprechen.
Sieht man dann mal genau hin, stellt man fest, dass die Forschung nicht selten getragen ist von einer Meute unkritischer Anhänger und sich viele Papers in dem Bereich erschöpfen in der Feststellung "da ist was" (die nebulöse "Aktivität/Aktivierung" in bildgebenen Verfahren).
Ich habe eigentlich nicht den Eindruck, dass die Argumentation dahingehend aus dem Ruder gelaufen ist. Ich fühle mich hier einfach mal als einer derjenigen angesprochen, der deiner Meinung nach den neurowissenschaftlichen Faktor überrepräsentieren soll. Wie schon mehrmals geschrieben bin ich jedenfalls keinesfalls der Meinung dass es aktuell möglich ist, entsprechende Kriterien zuverlässig zu definieren. Ich bin aber relativ sicher dass es prinzipiell möglich ist. Und das widerspricht zumindest meinem laienhaften Verständnis nach auch keineswegs dem Stand der Forschung. Natürlich lehne ich mich damit "weit aus dem Fenster". Ich glaube aber nicht, dass es ein Irrweg ist.
Wobei ich deine Verdrossenheit mit der allgemeinen Repräsentation der typischen "da ist etwas"-Studien absolut nachvollziehen kann. Du implizierst aber wiederum, dass man die entsprechende Definition des Leids (im Rahmen dieser Diskussion) auf ähnlich wackeligen Beinen errichten würde wie momentan viele "Erkenntnisse" aus wenig spezifischen Neuroimaging-Studien gezogen werden. Davon war aber wiederum ausdrücklich nicht die Rede.
Zitat von: Manolo am 05. März 2011, 19:15:28
Ich glaube, dass das ganze ein Irrweg ist und sich nicht wenige ganz schön weit aus dem Fenster lehnen. Aber im Moment ist das wohl trendy.
Jau. Selten konnte man so schön sehen, wie falsche Fragen zu falschen Antworten führen :D
Zitat von: Graumagier am 05. März 2011, 19:45:21
Ich bin aber relativ sicher dass es prinzipiell möglich ist.
Ein Axiom. Relativ. Gibt es relative Axiome?
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 00:13:09
Zitat von: Graumagier am 05. März 2011, 19:45:21
Ich bin aber relativ sicher dass es prinzipiell möglich ist.
Ein Axiom. Relativ. Gibt es relative Axiome?
Ich bin davon überzeugt, dass wir prinzipiell in der Lage sind, eine neurowissenschaftliche Definition von "Leid" aufzustellen. Wenn du anderer Meinung bist, würde mich interessieren wie deiner Meinung nach das menschliche Gehirn funktioniert. Weiters war "relativ" natürlich nicht auf die Gültigkeit des Axioms "Leid ist schlecht" bezogen, sondern auf meine Überzeugung – i.d.S. dass es natürlich keine absoluten Sicherheiten gibt. Die prinzipielle philosophische Debatte zur Relativität von Axiomen erspare ich mir einfach mal, da ich davon ausgehe dass du das Argument schlicht falsch verstanden hast ;)
Zitat von: Graumagier am 06. März 2011, 00:54:04
Ich bin davon überzeugt, dass wir prinzipiell in der Lage sind,
Ich bin mal fies. Eine "Überzeugung" für eine "prinzipielle" Sache zu haben, ist eine Nullaussage. Prinzipiell kann man von allem überzeugt sein.
Zitat
eine neurowissenschaftliche Definition von "Leid" aufzustellen. Wenn du anderer Meinung bist, würde mich interessieren wie deiner Meinung nach das menschliche Gehirn funktioniert.
Jetzt werd nicht albern. Überlege bitte den Umkehrschluss. Wenn ich das menschliche Hirn nicht erlären kann, hast Du recht.
Zitat
Weiters war "relativ" natürlich nicht auf die Gültigkeit des Axioms "Leid ist schlecht" bezogen, sondern auf meine Überzeugung – i.d.S. dass es natürlich keine absoluten Sicherheiten gibt. Die prinzipielle philosophische Debatte zur Relativität von Axiomen erspare ich mir einfach mal, da ich davon ausgehe dass du das Argument schlicht falsch verstanden hast ;)
Haja, das verstehe ich schon ganz gut ;)
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 01:20:57
Zitat von: Graumagier am 06. März 2011, 00:54:04
Ich bin davon überzeugt, dass wir prinzipiell in der Lage sind,
Ich bin mal fies. Eine "Überzeugung" für eine "prinzipielle" Sache zu haben, ist eine Nullaussage. Prinzipiell kann man von allem überzeugt sein.
Ich schrieb bereits an anderer Stelle, dass diese Überzeugung auf den Fortschritten basiert, die wir in diesem Bereich bereits gemacht haben. Weiters ist "davon überzeugt sein, dass etwas prinzipiell möglich ist" natürlich nicht das gleiche wie "prinzipiell von etwas überzeugt sein". Aber macht ja nix, ist ja schon spät.
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 01:20:57
Zitat
eine neurowissenschaftliche Definition von "Leid" aufzustellen. Wenn du anderer Meinung bist, würde mich interessieren wie deiner Meinung nach das menschliche Gehirn funktioniert.
Jetzt werd nicht albern. Überlege bitte den Umkehrschluss. Wenn ich das menschliche Hirn nicht erlären kann, hast Du recht.
Nein, keineswegs. Als Gegenargument müsstest du mir allerdings eine nicht-naturalistische Hypothese liefern.
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 01:20:57
Zitat
Weiters war "relativ" natürlich nicht auf die Gültigkeit des Axioms "Leid ist schlecht" bezogen, sondern auf meine Überzeugung – i.d.S. dass es natürlich keine absoluten Sicherheiten gibt. Die prinzipielle philosophische Debatte zur Relativität von Axiomen erspare ich mir einfach mal, da ich davon ausgehe dass du das Argument schlicht falsch verstanden hast ;)
Haja, das verstehe ich schon ganz gut ;)
So kann man natürlich auch sagen, dass man nichts zu entgegnen hat.
Zitat von: Graumagier am 06. März 2011, 01:28:12
So kann man natürlich auch sagen, dass man nichts zu entgegnen hat.
Man muss nicht auf alles eine Antwort haben. Geistige Onanie mag witzig sein, zielführend ist sie nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik (http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik)
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 09:55:31
Zitat von: Graumagier am 06. März 2011, 01:28:12
So kann man natürlich auch sagen, dass man nichts zu entgegnen hat.
Man muss nicht auf alles eine Antwort haben. Geistige Onanie mag witzig sein, zielführend ist sie nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik (http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik)
Ich bin normalerweise nicht so pingelig, aber dass du im Rahmen dieser Diskussion scholastische Methoden unterstellst zeigt wirklich dass du das Argument nicht verstanden hast (verstehen willst?).
Es handelt sich gerade nicht um eine rein philosohophische Diskussion, das ist ja gerade der Kern des Arguments. Du kannst natürlich sagen dass alles, was momentan noch nicht möglich ist, von Philosophen diskutiert werden sollte, aber das wäre dann doch eine etwas seltsame Einstellung.
Zitat von: Graumagier am 06. März 2011, 10:19:26
Ich bin normalerweise nicht so pingelig, aber dass du im Rahmen dieser Diskussion scholastische Methoden unterstellst zeigt wirklich dass du das Argument nicht verstanden hast (verstehen willst?).
Welches Argument? :D
Aber nee, lass mal. Kann durchaus sein, dass ich es nicht verstehe. Für mich schaut das nur so aus, dass Du auf Teufel komm raus eine Aussage durchdrücken willst zu einem Thema, bei dem man (aus meiner Sicht) lieber intellektuelle Aufrichtigkeit walten lassen sollte im Sinne von "ich weiß nicht".
Zitat von: rincewind am 06. März 2011, 10:31:37Für mich schaut das nur so aus, dass Du auf Teufel komm raus eine Aussage durchdrücken willst zu einem Thema, bei dem man (aus meiner Sicht) lieber intellektuelle Aufrichtigkeit walten lassen sollte im Sinne von "ich weiß nicht".
Natürlich weiß ich es nicht. Das habe ich jetzt schon oft genug geschrieben. Interessant daran ist die Möglichkeit, aber das diskutiere ich dann auch lieber mit jemandem, der mehr beizutragen hat als "interessiert mich nicht". Da würde ich auch gerne mehr von Manolo lesen, nachdem er ja offenbar einen entsprechenden Hintergrund hat.
Zitat von: Graumagier am 28. Februar 2011, 10:17:43
Welche Zweifel hast du denn an der wissenschaftlichen Methode? Nur um einschätzen zu können, ob du einfach von der theoretischen Möglichkeit sprichst, Axiome anzugreifen, oder ob du konkrete Kritik hast. Ich spreche ja auch nicht davon, ein absolut bestes (theoretisch unanfechtbares) System aufzustellen, sondern davon, das bestmögliche System aufzustellen – wie die Wissenschaft eben das bestmögliche System ist, um das Universum zu untersuchen.
Zum einen sind Axiome immer angreifbar, auch wenn die auf ihnen beruhende Methode brauchbare Ergebnisse erzielt, zum zweiten kann die wissenschaftliche Methode (zur Zeit?) nur den Bereich des Erkennbaren sinnvoll abdecken, der quantitativ messbar ist. Die Frage nach der Qualität ist, da eher subjektiv, mit Messmethoden nicht wirklich zu klären, da die Einschätzung wieder auf Axiomen beruht, die auf subjektiver Beurteilung von Beobachtungen beruht.
Zitat von: Graumagier am 28. Februar 2011, 10:17:43
Und all diese Lebensumstände müssen moralisch gleichwertig sein?
Es ging mir eher darum, wie vom gleichen Startpunkt aus über die Zeit bei Anwendung gleicher logischer Regeln unterschiedliche Ergebnisse herauskommen können.
Zitat von: 71hAhmed am 07. März 2011, 12:31:48
Zitat von: Graumagier am 28. Februar 2011, 10:17:43
Welche Zweifel hast du denn an der wissenschaftlichen Methode? Nur um einschätzen zu können, ob du einfach von der theoretischen Möglichkeit sprichst, Axiome anzugreifen, oder ob du konkrete Kritik hast. Ich spreche ja auch nicht davon, ein absolut bestes (theoretisch unanfechtbares) System aufzustellen, sondern davon, das bestmögliche System aufzustellen – wie die Wissenschaft eben das bestmögliche System ist, um das Universum zu untersuchen.
Zum einen sind Axiome immer angreifbar, auch wenn die auf ihnen beruhende Methode brauchbare Ergebnisse erzielt, zum zweiten kann die wissenschaftliche Methode (zur Zeit?) nur den Bereich des Erkennbaren sinnvoll abdecken, der quantitativ messbar ist. Die Frage nach der Qualität ist, da eher subjektiv, mit Messmethoden nicht wirklich zu klären, da die Einschätzung wieder auf Axiomen beruht, die auf subjektiver Beurteilung von Beobachtungen beruht.
Die Einteilung wäre ja einfach "mehr Leid" oder "weniger Leid", viel genauer müsste man gar nicht werden. Und die Beurteilung wäre natürlich relativ, eine Kategorisierung wie "Person X empfindet 20 Einheiten Leid" halte ich für unmöglich, nicht hingegen eine Aussage wie "Person X empfindet jetzt mehr Leid als vor fünf Minuten".
Zitat von: 71hAhmed am 07. März 2011, 12:31:48Zitat von: Graumagier am 28. Februar 2011, 10:17:43
Und all diese Lebensumstände müssen moralisch gleichwertig sein?
Es ging mir eher darum, wie vom gleichen Startpunkt aus über die Zeit bei Anwendung gleicher logischer Regeln unterschiedliche Ergebnisse herauskommen können.
Natürlich kann das sein, aber das ändert ja nichts an der Bewertung der (End-)Ergebnisse.