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Die PID und die Argumentation der Giordano-Bruno-Stiftung

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Begonnen von Ratiomania, 17. Februar 2011, 01:06:32

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Chili

1.Moral ist abhängig v. der jeweil. Gesellschaftsordnung (historische+geographische Dimension)
2.Was Leid ist,unterliegt gewissen individuellen Schwankungen

darauf folgt:

eine allgültige wissensch.Morladefinition ist schwierig bis unmöglich.Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften kann man nicht mit nat.-wiss. Methoden angehen.

ZitatDu sagst dass es Quatsch ist, lieferst aber auf der anderen Seite auch keine Begründung, warum denn gerade die Werte des Humanismus die Werte der dort vorherrschenden kulturell/religiös motivierten Moral außer Kraft setzen sollten.

Sag mal, hast Du einen Anfall von bösartigem vorsätzlichem Missverstehen?Quatsch ist Deine Unterstellung,ich würde Unterdrückung usw. gut finden.Dass Humanismus ältere Wertekonstrukten unbedingt ersetzen sollen,habe ich ebenfalls nicht gesagt,sondern,dass diese Werte hierzulande gesellschftlicher Konsens sind.

Graumagier

Zitat von: Chili am 27. Februar 2011, 12:10:03
1.Moral ist abhängig v. der jeweil. Gesellschaftsordnung (historische+geographische Dimension)
2.Was Leid ist,unterliegt gewissen individuellen Schwankungen

darauf folgt:

eine allgültige wissensch.Morladefinition ist schwierig bis unmöglich.Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften kann man nicht mit nat.-wiss. Methoden angehen.
1. ist kein Argument, sondern eine post hoc-Feststellung. Muss ja nicht so sein. Zu 2.: Diese "gewissen individuellen Schwankungen" sind meiner Meinung nach eben sehr wohl objektiv erfassbar. Leid ist schließlich ein neurologischer Zustand. Wir sind im Moment noch nicht in der Lage eine entsprechende zuverlässige Definition zu treffen, prinzipiell denke ich jedoch sehr wohl dass es möglich ist.

Zitat von: Chili am 27. Februar 2011, 12:10:03Sag mal, hast Du einen Anfall von bösartigem vorsätzlichem Missverstehen?Quatsch ist Deine Unterstellung,ich würde Unterdrückung usw. gut finden.Dass Humanismus ältere Wertekonstrukten unbedingt ersetzen sollen,habe ich ebenfalls nicht gesagt,sondern,dass diese Werte hierzulande gesellschftlicher Konsens sind.
Momentan ist das natürlich richtig. Und Harris' Zugang (den ich hier ebenfalls vertrete) ist eben, dass das nicht so sein muss.

71hAhmed

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51Heißt ja einfach nur, dass alle Menschen Leid empfinden können

Dann schreibs doch auch so; "Universelles" was auch immer hat so einen esoterisch-absoluten Alleinvertretungsanschein. ;)

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Prinzipiell ja. Praktisch, derzeit, wohl noch nicht. Fortschritte in den Neurowissenschaften werden möglicherweise bald eine qualitative Erklärung liefern, die quantitative Messung ist natürlich eine ganz andere Geschichte – wie das auch bei vielen anderen Faktoren der Fall ist.

Ich halte "Leid" für prinzipiell nicht messbar.
Messbar sind neurologische Reaktionen auf Reize, deren Weiterleitung und deren Verarbeitungsgebiete im Nervensystem. Wie der Reiz empfunden wird, ist eine ganz andere Sache. Ob z.B. Schmerz als lediglich lästig oder leidvoll oder positiv stimulierend empfunden wird, ist bei gleichem Ausgangsreiz von Mensch zu Mensch verschieden, sogar beim selben Individuum je nach Situation, Tageszeit und Ort.
"Leid" ist so gesehen kein naturwissenschaftlich objektivierbarer Begriff.
Und Schmerz ist noch ein relativ gut nachvollziehbares Beispiel, wie sieht es im psychologisch/psychiatrischen aus? Sind "Abweichungen" von der gesellschaftlichen Norm für den Betroffenen aus sich heraus leidvoll oder nur, weil ein Ausleben als nicht akzeptabel gilt?

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...

Eine prinzipielle Definition als Grundlage eines Systems ist immer bis zu einem gewissen Punkt irrational und damit angreifbar, weil sie notwendigerweise von einem oder mehreren Axiomen ausgehen muss, deren Gültigkeit angezweifelt werden kann.
Das gilt auch für "rationale" Systeme, da ich auf jedes beliebige Axiom ein in sich geschlossenes und in sich folgerichtiges System aufbauen kann, egal wie irrsinnig die Basis für andere aussieht.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...das Problem der Wertung bleibt...

Genau das; jegliche Wertung wird immer auch von irrationalen Faktoren beeinfflusst, die nie ganz auszuschalten sind.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Danke übrigens für die Fragen. Manchmal verfängt man sich so in Details, da ist es gut die Sache in größerem Zusammenhang zu sehen. Deine Punkte sind m.M.n. gut dazu geeignet herauszuarbeiten, wo eine rationale Moral weiter gehen kann als kulturell oder ideologisch basierte Systeme.

Ich bezweifele, das es jemals eine von allen akzeptierbare "rationale" Moral geben kann, da selbst die wissenschaftliche Basis aus dem Selbstverständnis der Wissenschaft heraus immer nur eine vorläufige sein kann, da Wissenschaft ja (theoretisch) eben kein abgeschlossenes fertiges Gebäude ist.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Prinzipiell andere moralische Wertesysteme zu akzeptieren, weil man eben "moralisch liberal" ist, bringt einen argumentativ halt schnell in Teufels Küche, wenn man dann erklären muss warum man selbst andere Werte hat (und warum diese "moralisch besser" sein sollen).

Man kann ja auch erklären, warum man selbst  andere Werte hat (sei es aufgrund anderer religiöser Grundlagen oder anderer kultureller Entwicklungen);
man muss aber nicht postulieren, dass die eigenen Werte denen der anderen überlegen sind. Eine Moral, die zur Lebenssituation in unserer hochindustrialisierten und technisierten westlichen Welt passt, muss noch lange keine anwendbare Methode für ein Urwaldvolk in Neuguinea sein und umgekehrt.
Die zwei Trugschlüsse sind meines Erachtens:
-meines ist besser (irrational);
-meines passt für alle (dito);

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Oder man wirft die Argumentation gleich über den Haufen und erklärt sich selbst zum moralischen Relativisten, aber das will hier ja irgendwie auch niemand tun...

Warum eigentlich nicht? Letzten Endes ist die Frage, welche moralischen Werte dem Menschen angemessen sind, völlig ungeklärt und alle bestehenden Moralsysteme beruhen auf irrationalen Grundlagen.Das Hauptproblem besteht letztlich doch darin, dass jeder meint, sein System könne Allgemeingültigkeit beanspruchen und müsse daher von allen anderen widerspruchslos akzeptiert werden.
Als Alternative könnte man auch eine friedliche Koexistenz postulieren, in der der einzelne die Freiheit hat, sich sein System auszusuchen (mit allen positiven und negativen Konsequenzen!) und wo der Konsens lediglich darin besteht, nicht aktiv zu missionieren.


rincewind

Das Ganze läuft doch nur auf eine Qualia-Diskussion raus. Wer Leid messen und quatifizieren kann, kann dann auch Schönheit, Liebe und Ästhetik definieren und auch feststellen, ob jemand die Farbe rot "richtig" wahrnimmt.

Kann ganz witzig sein, aber persönlich brauche ich das nicht mehr, dieses geistige Onanieren.

Graumagier

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51Heißt ja einfach nur, dass alle Menschen Leid empfinden können

Dann schreibs doch auch so; "Universelles" was auch immer hat so einen esoterisch-absoluten Alleinvertretungsanschein. ;)
Naja entschuldige, aber das Wort steht nun mal im Wörterbuch…

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Prinzipiell ja. Praktisch, derzeit, wohl noch nicht. Fortschritte in den Neurowissenschaften werden möglicherweise bald eine qualitative Erklärung liefern, die quantitative Messung ist natürlich eine ganz andere Geschichte – wie das auch bei vielen anderen Faktoren der Fall ist.

Ich halte "Leid" für prinzipiell nicht messbar.
Messbar sind neurologische Reaktionen auf Reize, deren Weiterleitung und deren Verarbeitungsgebiete im Nervensystem. Wie der Reiz empfunden wird, ist eine ganz andere Sache. Ob z.B. Schmerz als lediglich lästig oder leidvoll oder positiv stimulierend empfunden wird, ist bei gleichem Ausgangsreiz von Mensch zu Mensch verschieden, sogar beim selben Individuum je nach Situation, Tageszeit und Ort.
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38"Leid" ist so gesehen kein naturwissenschaftlich objektivierbarer Begriff.
Und Schmerz ist noch ein relativ gut nachvollziehbares Beispiel, wie sieht es im psychologisch/psychiatrischen aus? Sind "Abweichungen" von der gesellschaftlichen Norm für den Betroffenen aus sich heraus leidvoll oder nur, weil ein Ausleben als nicht akzeptabel gilt?
Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...

Eine prinzipielle Definition als Grundlage eines Systems ist immer bis zu einem gewissen Punkt irrational und damit angreifbar, weil sie notwendigerweise von einem oder mehreren Axiomen ausgehen muss, deren Gültigkeit angezweifelt werden kann.
Das gilt auch für "rationale" Systeme, da ich auf jedes beliebige Axiom ein in sich geschlossenes und in sich folgerichtiges System aufbauen kann, egal wie irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...das Problem der Wertung bleibt…

Genau das; jegliche Wertung wird immer auch von irrationalen Faktoren beeinfflusst, die nie ganz auszuschalten sind.
Vermutlich nicht. Das invalidiert aber nicht den prinzipiellen Ansatz. Immerhin geht es schlussendlich nicht nur um Individualentscheidungen, sondern auch um Gesellschaftsmoral.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
Danke übrigens für die Fragen. Manchmal verfängt man sich so in Details, da ist es gut die Sache in größerem Zusammenhang zu sehen. Deine Punkte sind m.M.n. gut dazu geeignet herauszuarbeiten, wo eine rationale Moral weiter gehen kann als kulturell oder ideologisch basierte Systeme.

Ich bezweifele, das es jemals eine von allen akzeptierbare "rationale" Moral geben kann, da selbst die wissenschaftliche Basis aus dem Selbstverständnis der Wissenschaft heraus immer nur eine vorläufige sein kann, da Wissenschaft ja (theoretisch) eben kein abgeschlossenes fertiges Gebäude ist.
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Prinzipiell andere moralische Wertesysteme zu akzeptieren, weil man eben "moralisch liberal" ist, bringt einen argumentativ halt schnell in Teufels Küche, wenn man dann erklären muss warum man selbst andere Werte hat (und warum diese "moralisch besser" sein sollen).

Man kann ja auch erklären, warum man selbst  andere Werte hat (sei es aufgrund anderer religiöser Grundlagen oder anderer kultureller Entwicklungen);
man muss aber nicht postulieren, dass die eigenen Werte denen der anderen überlegen sind. Eine Moral, die zur Lebenssituation in unserer hochindustrialisierten und technisierten westlichen Welt passt, muss noch lange keine anwendbare Methode für ein Urwaldvolk in Neuguinea sein und umgekehrt.
Die zwei Trugschlüsse sind meines Erachtens:
-meines ist besser (irrational);
-meines passt für alle (dito);
Keines passt für alle?

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 14:24:38
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:56:49
Oder man wirft die Argumentation gleich über den Haufen und erklärt sich selbst zum moralischen Relativisten, aber das will hier ja irgendwie auch niemand tun…

Warum eigentlich nicht? Letzten Endes ist die Frage, welche moralischen Werte dem Menschen angemessen sind, völlig ungeklärt und alle bestehenden Moralsysteme beruhen auf irrationalen Grundlagen.Das Hauptproblem besteht letztlich doch darin, dass jeder meint, sein System könne Allgemeingültigkeit beanspruchen und müsse daher von allen anderen widerspruchslos akzeptiert werden.
Als Alternative könnte man auch eine friedliche Koexistenz postulieren, in der der einzelne die Freiheit hat, sich sein System auszusuchen (mit allen positiven und negativen Konsequenzen!) und wo der Konsens lediglich darin besteht, nicht aktiv zu missionieren.
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:05:47
Das Ganze läuft doch nur auf eine Qualia-Diskussion raus. Wer Leid messen und quatifizieren kann, kann dann auch Schönheit, Liebe und Ästhetik definieren und auch feststellen, ob jemand die Farbe rot "richtig" wahrnimmt.
Mal im Ernst, gehst du wirklich davon aus dass Leid (der tatsächliche Zustand, nicht die Auslöser) von Mensch zu Mensch derartig unterschiedlich ist? Das kann man natürlich auch auf andere Emotionen umlegen: Geht bei jedem Menschen was komplett anderes im Gehirn ab, wenn er Freude empfindet? Oder Angst?

rincewind

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Mal im Ernst, gehst du wirklich davon aus dass Leid (der tatsächliche Zustand, nicht die Auslöser) von Mensch zu Mensch derartig unterschiedlich ist? Das kann man natürlich auch auf andere Emotionen umlegen: Geht bei jedem Menschen was komplett anderes im Gehirn ab, wenn er Freude empfindet? Oder Angst?

Nein, natürlich nicht! Aber Du willst etwas quantifizieren, was nicht quantifizierbar ist. Natürlich sind wir biochemische Roboter. Aber man sollte halt nicht auf Wortmagie hereinfallen. Bei "Leid" solltest Du halt mal als erstes eine Definition abliefern. Wie soll man denn den Unteschied messen zwischen einem "Leid", dass das Frühstücksei zu hart ist und dem, wenn eine nahestehende Person gestorben ist?

Graumagier

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:21:48Nein, natürlich nicht! Aber Du willst etwas quantifizieren, was nicht quantifizierbar ist. Natürlich sind wir biochemische Roboter. Aber man sollte halt nicht auf Wortmagie hereinfallen. Bei "Leid" solltest Du halt mal als erstes eine Definition abliefern.
Ich habe schon geschrieben, dass das momentan noch nicht zuverlässig möglich ist. Ich sehe aber keinen Grund, warum sich das in Zukunft nicht ändern sollte.

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:21:48Wie soll man denn den Unteschied messen zwischen einem "Leid", dass das Frühstücksei zu hart ist und dem, wenn eine nahestehende Person gestorben ist?
Ich bin kein Neurologe, aber ich gehe stark davon aus dass es zwischen diesen beiden Zuständen deutliche Unterschiede gibt, und zwar nicht nur in der Stärke der Reaktion, sondern auch in der Art.

rincewind

Du begehst den Fehler zu meinen, man könne ev. hinter die Spielregeln von Schach kommen, indem man verschiedenste Ausführungen von Figuren vergleicht.

Es gibt nun mal prinzipielle Unmöglichkeiten. Was ein Phasenraum nicht zulässt, geht halt nicht. Oder es ist dann ein anderer. Selbst bei dem weniger wattigen Begriff "Schmerz" haben wir bereits ein Problem.
Was man neuronal als Impuls messen kann, ist noch lange kein Maßstab für das, was das Hirn daraus macht. 

Graumagier

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10
Du begehst den Fehler zu meinen, man könne ev. hinter die Spielregeln von Schach kommen, indem man verschiedenste Ausführungen von Figuren vergleicht.
Öh, nein. Du begehst den Fehler zu glauben dass es keine universellen neurophysiologischen Zustände gibt, die wir als Emotionen bezeichnen.

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10Es gibt nun mal prinzipielle Unmöglichkeiten.
Versuchst du gerade ein Negativ zu beweisen?

Zitat von: rincewind am 27. Februar 2011, 15:37:10Was ein Phasenraum nicht zulässt, geht halt nicht. Oder es ist dann ein anderer. Selbst bei dem weniger wattigen Begriff "Schmerz" haben wir bereits ein Problem.
Was man neuronal als Impuls messen kann, ist noch lange kein Maßstab für das, was das Hirn daraus macht. 
Ich denke dass du unser derzeitiges Verständnis in dem Bereich deutlich unterschätzt. Nochmal, es geht nicht darum, die "Eingangsimpulse" zu messen, sondern die Zustände, die aus einer Kombination an Impulsen hervorgerufen werden. Und ich denke dass diese deutlich weniger Varianz aufweisen als du glaubst. Es geht ja auch nicht darum zu sagen: "Person X leidet, weil...", sondern schlicht "Person X leidet.". Oder eben "Person X fühlt Schmerz". Da sehe ich überhaupt kein Problem, in letzterem Fall schon heute nicht.

71hAhmed

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Naja entschuldige, aber das Wort steht nun mal im Wörterbuch...

Klar, aber auf einer Seite, bei der viele der mit Artikeln bedachten Begriffe wie "Universell" beliebig einsetzen, um ihre Ansichten zu adeln, hat es doch ein wenig ..nun ja abwertende Konnotationen.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.

Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.

Dann liefere doch bitte mal eine Konsensfähige Definition für "Leid", die wissenschaftlich/rational begründet ist, damit wir die Endresultate beurteilen können.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
ZitatEine prinzipielle Definition als Grundlage ........irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.

Das ist mir durchaus bewusst, deswegen habe ich ja meine Zweifel an der Möglichkeit einer rationalen Moral, die auf der Wissenschaft gründet.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.

Widersprichst du dir da nicht?
Einerseits sind auch die grundlegenden Axiome der Wissenschaft günstigstenfalls Glaubenssache, wenn nicht sogar irrational; andererseits soll das darauf errichtete Gebäude die Basis für eine rationale Moral liefern.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Keines passt für alle?

Genau das. Selbst wenn alle von einer gemeinsamen Grundlage ausgehen, werden die unterschiedlichen Lebensumstände unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Und das selbst dann, wenn sich alle an die Regeln der Logik halten.

Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p

Ich kann mich darüber ärgern, Ich kann Informationen zur Verfügung stellen, aber die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen, auch wenn andere die Entscheidung nicht verstehen oder gutheissen.
Gibt mir eine rationale Moral das Recht, sie anderen aufzuzwingen, deren moral möglicherweise genauso schlüssig herzuleiten ist?





Graumagier

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Dem stimme ich zu. Aber das Endresultat, denke ich, ist ja trotzdem bei jedem Mensch zumindest hinreichend ähnlich. Sprich: Der (End-)Zustand des Leidens ist bei allen Menschen hinreichend ähnlich, unabhängig davon, was genau denn jetzt dazu geführt hat.

Auch da sollte man sich das Endresultat anschauen.

Dann liefere doch bitte mal eine Konsensfähige Definition für "Leid", die wissenschaftlich/rational begründet ist, damit wir die Endresultate beurteilen können.
Wie gesagt, ich kann das nicht, momentan kann es wahrscheinlich niemand, das heißt aber nicht dass es prinzipiell unmöglich ist.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 11:31:51
...hier geht's mir um die prinzipielle Definition...
ZitatEine prinzipielle Definition als Grundlage ........irrsinnig die Basis für andere aussieht.
Und wie schaut's da mit der Wissenschaft aus? Auf die trifft das nämlich ebenso zu.

Das ist mir durchaus bewusst, deswegen habe ich ja meine Zweifel an der Möglichkeit einer rationalen Moral, die auf der Wissenschaft gründet.
Welche Zweifel hast du denn an der wissenschaftlichen Methode? Nur um einschätzen zu können, ob du einfach von der theoretischen Möglichkeit sprichst, Axiome anzugreifen, oder ob du konkrete Kritik hast. Ich spreche ja auch nicht davon, ein absolut bestes (theoretisch unanfechtbares) System aufzustellen, sondern davon, das bestmögliche System aufzustellen – wie die Wissenschaft eben das bestmögliche System ist, um das Universum zu untersuchen.

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aber die Grundsätze sind klar. Genauso wären die Grundsätze bei einer rationalen Moral eindeutig, die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, hängen dann natürlich von unserem aktuellen Wissensstand ab.

Widersprichst du dir da nicht?
Einerseits sind auch die grundlegenden Axiome der Wissenschaft günstigstenfalls Glaubenssache, wenn nicht sogar irrational; andererseits soll das darauf errichtete Gebäude die Basis für eine rationale Moral liefern.
Siehe oben. Wenn wir davon ausgehen, dass Moral in gewissem Maße Entscheidungen in der wirklichen Welt werten soll, wieso sollten wir sie dann nicht auf dem Grundgerüst aufbauen, das uns die besten Möglichkeiten zur Untersuchung dieser Welt bietet?

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Keines passt für alle?

Genau das. Selbst wenn alle von einer gemeinsamen Grundlage ausgehen, werden die unterschiedlichen Lebensumstände unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Und das selbst dann, wenn sich alle an die Regeln der Logik halten.
Und all diese Lebensumstände müssen moralisch gleichwertig sein?

Zitat von: 71hAhmed am 27. Februar 2011, 18:22:54
Zitat von: Graumagier am 27. Februar 2011, 15:09:23
Aja, und deshalb erbosen wir als Skeptiker/rational denkende Menschen uns ja auch nicht, wenn der Papst gegen Kondome wettert. Oder wenn Kinder an den Masern zugrunde gehen, weil sich die Eltern weigern sie impfen zu lassen. etc. pp. Willkommen in der Postmoderne :p

Ich kann mich darüber ärgern, Ich kann Informationen zur Verfügung stellen, aber die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen, auch wenn andere die Entscheidung nicht verstehen oder gutheissen.
Gibt mir eine rationale Moral das Recht, sie anderen aufzuzwingen, deren moral möglicherweise genauso schlüssig herzuleiten ist?
Natürlich nicht. Ich sehe nur nicht, wie eine kulturell oder ideologisch bedingte Moral ebenso schlüssig herleitbar ist wie eine rationale Moral. Schon rein logisch nicht. Genauso wie ich nicht sehe wie man beispielsweise Religion und Wissenschaft als gleichwertige epistemologische Systeme ansehen könnte.

NuEM

Zitat von: Janus am 26. Februar 2011, 06:25:12
Das Ding is. Du musst vorher immer irgendwas postulieren was gut und was schlecht ist. Das ist willkürlich. Und aus der Wissenschaft können wir auch nichts darüber lernen weil die Wissenschaft für die Moral irrelavant ist. Für die Wissenschaft ist moral nur als untersuchungsobjekt interessant, ob zum Beispiel bestimmte soziale gewalthämmnisse angeboren sind.

Mag sein, wir leben aber nicht im Vakuum. Darum ist die Auswahl von Gut und Schlecht nicht völlig willkürlich. Allgemein gilt offenbar z.B.: Leben = gut, Sterben = schlecht, Wohlgefühl = gut, Schmerz = schlecht usw. Das wird dann aber schnell kompliziert. Z.B. Schokolade = gut, Zahnweh = schlecht. Der Trick ist jetzt, die verschiedenen Vorgaben mit möglichst allen Menschen unter einen Hut zu kriegen, sowohl bei kurzfristiger Betrachtung, als auch mittel- und langfristig. Daraus entwickelt man ein Bewertungssystem für Handlungen und deren Konsequenzen.

Auch dabei gibt es schon einige Vorgaben. Wer anderen schadet, fühlt sich oft auch selbst schlecht. Umgekehrt fühlt es sich gut an, anderen zu helfen. Wir fühlen mit. Andererseits können wir auch wütend und aggressiv werden. Hier hat unserer eingebautes Bewertungssystem schon eine wohl evolutionär bedingte Prädisposition mit im sozialen Zusammenleben bewährten Strategien.

Unsere moderne Gesellschaft ist aber sehr komplex, so dass einfache Strategien und Bauchgefühl nicht immer ausreichen. Wir nutzen hier unsere Fähigkeit, unser Bewertungssystem zu verfeinern und auszubauen. Willkürlich vielleicht, aber zielorientiert. Sowohl individuell (vom Kleinkind bis zum reifen Erwachsenen) als auch kollektiv (von der Frühgeschichte bis heute, siehe z.B. Altes Testament vs. Grundgesetz) entwickeln wir ein besseres Verständnis für die Folgen unseres Handelns.

glatzkopf

ZitatLeben = gut, Sterben = schlecht
da fängt es schon an kompliziert zu werden.
Märtyrer wurden und werden von den Kirchen heilig gesprochen.
Bei einem Religionszweig bekommen zerfetzte Selbstmordattentäter
sogar Mädchen satt.

Graumagier

Zitat von: glatzkopf am 01. März 2011, 07:44:14
ZitatLeben = gut, Sterben = schlecht
da fängt es schon an kompliziert zu werden.
Märtyrer wurden und werden von den Kirchen heilig gesprochen.
Bei einem Religionszweig bekommen zerfetzte Selbstmordattentäter
sogar Mädchen satt.
Wer sagt denn, dass der Attentäter nicht lieber 99 Jungfrauen in seinem jetzigen Leben hätte? Nur weil er (möglicherweise gezwungenermaßen) eine Entscheidung trifft, von der er glaubt dass sie optimal (im Sinne von "seinem Wohlbefinden am zuträglichsten") wäre (und um nichts anderes geht es auch im Märtyrertum, nur dass eben das diesseitige Wohlbefinden aufs jenseitige Seelenheil umgemünzt wird) heißt das noch lange nicht dass die Entscheidung objektiv optimal ist.

Unterm Strich entsteht dabei viel Leid. Eine Religion mag das als "gut" interpretieren, aber sie entbehrt dabei jeglicher empirischer Grundlage.

glatzkopf

Zitatheißt das noch lange nicht dass die Entscheidung objektiv optimal ist
siehst Du; ich nehme an, daß Moral mit eben immer vom gesellschaftlichem
Kontext und der Erziehung der Menschen abhängig ist.