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Die PID und die Argumentation der Giordano-Bruno-Stiftung

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Begonnen von Ratiomania, 17. Februar 2011, 01:06:32

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cohen

http://de.wikipedia.org/wiki/Reziproker_Altruismus

ZitatKennzeichen des spezifisch reziproken Altruismus zwischen nicht verwandten Individuen sind:

    * Das altruistische Verhalten ist zwischen den interagierenden Individuen ausgeglichen.
    * In den reziproken Beziehungen wechseln die Individuen zwischen den Rollen des Gebers und des Empfängers.
    * Der Gesamtnutzen des reziprok altruistischen Verhaltens übersteigt dessen Gesamtkosten.

Deswegen ist "gut" gut.

heterodyne

Wissenschaftlich untermauert natürlich deutlich besser als als Bauchgefühl - Danke

T-M

Zitat von: Graumagier am 19. Februar 2011, 12:14:59
Zitat von: Adromir am 19. Februar 2011, 09:28:16
Falsch, es gibt Gründe "gut" zu sein. Diese müssen (genau so, wie die Bedeutung wie des Wortes "gut") aber nicht metaphysisch begründet werden
Diese können sogar rein empirisch begründet werden, vgl. z.B. die Überlegungen von Sam Harris zu einer Moral, die sich ausschließlich auf der Minimierung menschlichen Leidens bzw. der Maximierung des Wohlbefindens begründet, mit entsprechender Definition von "Leiden" bzw. "Wohlbefinden" i.R. unseres neurowissenschaftlichen Verständnisses.

Das erinnert mich irgendwie an den Utilitarismus von Peter Singer und Co., den ich (aus vermutlich recht irrationalen Gründen) überhaupt nicht mag.

Nein, ich bin weiterhin der Ansicht, dass jede Form der Moral nicht (allein) auf rationalen Annahmen fußt, dass anders ausgedrückt eine rein rationale Moral unmöglich ist. Natürlich benötigen Ethik und Moral nicht zwingend eine Religion (auch wenn die Kirche das gerne mal anders sieht), aber dennoch ein gewisses Maß an Irrationalität, denn alleine aus dem, was wir über eine wie auch immer geartete Handlung auf rein rationaler Ebene erfassen können, lässt sich noch nicht ableiten, ob diese Handlung gut oder schlecht ist (s. a. Naturalistischer Fehlschluss).

Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.

Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen. Somit bliebe es wieder eine Sache des recht subjektiven "Bauchgefühls", Wohlbefinden und Leid zu erfassen und gegeneinander abzuwägen.

Das bedeutet übrigens nicht, dass ich frei von jeder Ethik und Moral wäre. Ganz im Gegenteil, ich habe mir durchaus Gedanken darüber gemacht, was gut was schlecht ist, und für einige Bereiche (wenn auch Längst nciht für alle) versucht, "Regeln" dazu aufzustellen (auch wenn ich mich, da ich nicht perfekt bin, aus Feigheit, Faulheit oder Egoismus nicht immer daran halte).

Allerdings habe ich nie behauptet, ein vollständig rationaler Mensch zu sein. Immerhin glaube ich an Gott, und das ist zugegebenermaßen auch nicht unbedingt rational (gehört aber eigentlich nicht hierher).

Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.

Zitat von: cohen am 19. Februar 2011, 23:19:17
http://de.wikipedia.org/wiki/Reziproker_Altruismus

ZitatKennzeichen des spezifisch reziproken Altruismus zwischen nicht verwandten Individuen sind:

    * Das altruistische Verhalten ist zwischen den interagierenden Individuen ausgeglichen.
    * In den reziproken Beziehungen wechseln die Individuen zwischen den Rollen des Gebers und des Empfängers.
    * Der Gesamtnutzen des reziprok altruistischen Verhaltens übersteigt dessen Gesamtkosten.

Deswegen ist "gut" gut.

Nein. Darum mag sich unsere Vorstellung von "gut" und "schlecht" aus evolutionärer Sicht entwickelt haben, aber es macht für sich genommen nicht automatisch "gut" wirklich gut.

Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).

Graumagier

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Natürlich muss man initial die Schritt machen und gewissermaßen moralische Axiome aufstellen (in diesem Fall eben: Wohlbefinden ist gut, Leid ist schlecht). In der Wissenschaft wird ja auch nichts anderes gemacht. Mit Irrationalismus hat das deswegen noch lange nichts zu tun.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen.
Ich hab den Zugang ja nicht als fertiges moralisches System angepriesen, sondern lediglich als Ansatz, sozusagen als Beleg dafür, dass man die Sache durchaus auch wissenschaftlich angehen kann. Die genauere Ausgestaltung jedes moralischen Systems ist zwangsweise unheimlich schwierig.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.
Andererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).
Die Aussage des Altruismus ist ja gerade, dass die Wohl des Einzelnen unter Umständen nicht im Vordergrund steht. Insofern ist deine Aussage trivial.

Antitainment

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.
Zahlen, Statistiken ... das ist alles total Sarrazin! Ihr müsst richtig fühlen! FÜHLEN! Darum geht es.

Graumagier

Zitat von: Antitainment am 20. Februar 2011, 20:21:20
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.

Ratiomania

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
[...]
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.

Nunja denkt man darüber nach ist der Begriff "absolute moralische Werte" ein Paradoxon:

"Absolut" (im Sinne von "losgelöst", unabhängig) und Werte, die einen Bewerter (der/die/dasjenige das die Sache/Norm/Konvention/Handlung etc. bewertet) benötigen, also von diesem kausal abhängig sind.


Graumagier

Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:16:44Nunja denkt man darüber nach ist der Begriff "absolute moralische Werte" ein Paradoxon
Nur, wenn du nicht der Meinung bist dass es so etwas wie ein größtmögliches Leid gibt, und es dann wiederum Zustände geringeren Leids bzw. größeren Wohlbefindens gibt. Und dann musst du auch noch der Meinung sein dass Zustände größeren Wohlbefindens nicht absolut besser sind als Zustände größeren Leids. Jetzt mal individuell gesehen, die Umsetzung auf eine Gesellschaft ist dann die andere Geschichte, aber wo soll man sonst anfangen außer beim Individuum?

Ratiomania

Das Bewertungsspektrum "Wohlbefinden eines Individuums" gründet auf dem Wert Wohlbefinden, wären Sie damit einverstanden?

Dann sollte doch meine "relativierendes Paradoxon" greifen, oder?

Graumagier

Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:38:37
Das Bewertungsspektrum "Wohlbefinden eines Individuums" gründet auf dem Wert Wohlbefinden, wären Sie damit einverstanden?

Dann sollte doch meine "relativierendes Paradoxon" greifen, oder?
Nicht wenn man berücksichtigt dass es durchaus neurowissenschaftliche Definitionen von "Wohlbefinden" gibt.

Ratiomania

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 21:41:38

Nicht wenn man berücksichtigt dass es durchaus neurowissenschaftliche Definitionen von "Wohlbefinden" gibt.

Also wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, dann ist mein Argument nichtig, da ihr Wert (und dessen "Bewertungsspektrum" Leid/Freud)

exakt (=innerhalb messtechnischer Schwankungen) definiert werden kann?

Graumagier

Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:46:01Also wenn ich Sie nun richtig verstanden habe, dann ist mein Argument nichtig, da ihr Wert (und dessen "Bewertungsspektrum" Leid/Freud)

exakt (=innerhalb messtechnischer Schwankungen) definiert werden kann?
In Kombination mit der grundsätzlichen Feststellung, dass die Minimierung von Leid ein erstrebenswertes Merkmal des zu definierenden moralischen Systems ist: Ja.

Ratiomania

Okay langsam wirds trotz nachfragens etwas verwirrend ???.

Innerhalb des definierten moralischen Systems gibt es das exakt definierte Summum bonum, das "Höchste Gut" (z.B. Minimierung von Leid).

Korrekt? (Ich frag vorsichtshalber wieder lieber nach)

So. Aber wie schon geschrieben und angemerkt muss man das System vorher definieren.

Das definierte ist aber kausal abhängig von Demjenigen der Definiert. Wenn man an moralische Systeme denkt geschieht das nicht ohne vorherige Wertung von möglichen Handlungen (schlecht/gut).

Wären wir da nicht wieder am Anfang?


Graumagier

Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:59:56So. Aber wie schon geschrieben und angemerkt muss man das System vorher definieren.
Richtig. Frage: Wieso konnte man sich bei der Definition der wissenschaftlichen Methodik auf bestimmte "Grundregeln" einigen (Gesetze der Logik etc. pp.), warum aber traut sich bei der Definition eines moralischen Systems niemand, so was offensichtliches wie "Leid ist schlecht" als Axiom anzunehmen?

Zitat von: Ratiomania am 20. Februar 2011, 21:59:56Das definierte ist aber kausal abhängig von Demjenigen der Definiert. Wenn man an moralische Systeme denkt geschieht das nicht ohne vorherige Wertung von möglichen Handlungen (schlecht/gut).
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.

Ratiomania

 :o

Eine sehr schöne Analogie, wenn ich recht drüber nachdenke.



Frage: Was kann ich erkennen?

A: Beschränkung ("Monismus") auf wissenschaftliche Methodik (= ein erkenntnistheoretisches System)

Warum?

Da andere Erkenntnissysteme sich als unpraktisch (= nicht auf alltägliche Probleme anwendbar) und irrational (= nicht zielorientiert) erwiesen haben.

(z.B. Religion, Philosophie, Esoterik, Ideologie/Politik)



Frage: Was soll ich tun?

A: Pluralismus verschiedener ethischer Systeme

Warum, wenn man sich doch auch auf gewisse Grundregeln in der Erkenntnistheorie einigen konnte?



Darüber muss ich tatsächlich ein wenig nachdenken.

Danke dafür  ;D