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Die PID und die Argumentation der Giordano-Bruno-Stiftung

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Begonnen von Ratiomania, 17. Februar 2011, 01:06:32

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T-M

Oh weh, das ist ja wieder eine lange Diskussion geworden.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Natürlich muss man initial die Schritt machen und gewissermaßen moralische Axiome aufstellen (in diesem Fall eben: Wohlbefinden ist gut, Leid ist schlecht). In der Wissenschaft wird ja auch nichts anderes gemacht. Mit Irrationalismus hat das deswegen noch lange nichts zu tun.

Gut, vielleicht ist irrational nicht ganz das richtige Wort; aber mehr oder weniger willkürlich ist das Aufstellen der "moralischen Axiome" auf jeden Fall. Natürlich wird man normalerweise auf den "gesunden Menschenverstand" zurückgreifen, aber der ist bekanntlich recht subjektiv.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Zudem stellt sich die Frage, wie Wohlbefinden und Leid gemessen werden sollen. Natürlich lassen sie sich neurowissenschaftlich erfassen, aber das dürfte für eine sinnvolle Quantifizierung, die erlauben würde, für alle Handlungsalternativen das verursachte Wohlbefinden nach Abzug des verursachten Leids zu berechnen und dann die Alternative mit dem größten Wert zu nehmen nicht ausreichen.
Ich hab den Zugang ja nicht als fertiges moralisches System angepriesen, sondern lediglich als Ansatz, sozusagen als Beleg dafür, dass man die Sache durchaus auch wissenschaftlich angehen kann. Die genauere Ausgestaltung jedes moralischen Systems ist zwangsweise unheimlich schwierig.

Natürlich kann die wissenschaftliche Betrachtung eine große Unterstützung dabei sein, aber alleine liefert sie keine Moral. dass sie Ausgestaltung unheimlich schwierig ist, dem würde ich zustimmen; ich würde sogar soweit gehen, dass es keine optimale Lösung gibt bzw. gar nicht klar ist, nach welchen Kriterien man die Lösungen genau bewerten sollte, weswegen auch hier wieder eine gewisse Willkür ins Spiel kommt.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Ich würde aber so weit gehen, zu sagen, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Irrationalität besitzt, anders wäre ein Überleben kaum möglich.
Andererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.

Nein, unbedingt brauchen wir sie nicht. Es war auch eher eine Nebenbemerkung, um zu erklären, dass ich Irrationalität nicht in allen Fällen für verwerflich halte.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:05:22
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32Und bezogen auf das egoistische Individuum wäre es viel günstiger, als Nicht-Altruist in einer altruistischen Umwelt zu leben, und nur exakt so altruistisch zu sein, dass ebenjene Umwelt nicht merkt, dass sie ausgenutzt wird. Ein solch berechnendes Verhalten wiederum würden die meisten Menschen nicht als "gut" bewerten (was übrigens ebenfalls keine Aussage darüber zulässt, ob etwas wirklich nicht "Gut" ist).
Die Aussage des Altruismus ist ja gerade, dass die Wohl des Einzelnen unter Umständen nicht im Vordergrund steht. Insofern ist deine Aussage trivial.
Ich wollte nur klar stellen, dass Altruismus aus Sicht des Einzelnen nicht immer die optimale Lösung sein muss. Aber du hast recht, genaugenommen ist das trivial, da es in der Natur der Sache liegt.

Zitat von: Antitainment am 20. Februar 2011, 20:21:20
Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 19:42:32
Man kann natürlich annehmen, eine Handlung sei dann gut, wenn sie zur Maximierung des Wohlbefindens bzw. zur Minimierung des Leidens führt. Allerdings kann man dann ganz einfach die Frage stellen: Warum ist das so? Und darauf gibt es keine rationale Antwort, die Annahme ist somit irrational.
Ich hätte da gerne ne Erklärung, weil ich nicht ganz verstehe wie du von der einen Annahme zu der Aussage kommst, dass es keine rationale Antwort gibt.

OK, gut, ich schränke ein: Mir ist zumindest keine bekannt. Kennst du eine?

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.

Das habe ich ausdrücklich nicht behauptet, das behaupte ich ausdrücklich nicht und ich bin auch ausdrücklich nicht dieser Ansicht. Ich nehme durchaus "absolute moralische Werte" an in Form von "Regeln", die global für alle gelten, selbst wenn es nicht alle so sehen. Ich behaupte lediglich, dass sich diese Werte nicht aus der wissenschaftlich-rationalen Betrachtung einer Sache ergeben, sondern zusätzliche Annahmen benötigen.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 21:21:15
Nur, wenn du nicht der Meinung bist dass es so etwas wie ein größtmögliches Leid gibt, und es dann wiederum Zustände geringeren Leids bzw. größeren Wohlbefindens gibt. Und dann musst du auch noch der Meinung sein dass Zustände größeren Wohlbefindens nicht absolut besser sind als Zustände größeren Leids. Jetzt mal individuell gesehen, die Umsetzung auf eine Gesellschaft ist dann die andere Geschichte, aber wo soll man sonst anfangen außer beim Individuum?

Die Betrachtung eines Individuums ist noch recht trivial, das Problem ist der Moral ist ja, dass z. B. das Wohlbefinden des einen das Leid des anderen bedingen kann. Außerdem würde ich bezweifeln, dass es objektive Möglichkeiten gibt, alle erdenklichen Handlungsmöglichkeiten auf einer eindimensionalen Skala zwischen größtmöglichem Leid und größtmöglichem Wohlbefinden einzuordnen und so in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. Dazu fehlen meines Erachtens objektive Bewertungsmaßstäbe.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Richtig. Frage: Wieso konnte man sich bei der Definition der wissenschaftlichen Methodik auf bestimmte "Grundregeln" einigen (Gesetze der Logik etc. pp.), warum aber traut sich bei der Definition eines moralischen Systems niemand, so was offensichtliches wie "Leid ist schlecht" als Axiom anzunehmen?

Ich behaupte nicht, dass die Definition solcher Axiome unmöglich ist, sonst könnte ich ja selbst keine Moral haben. Moral, wie immer sie aussehen mag, benötigt zwangsläufig "Grundregeln". Die Grundregeln könnten ganz unterschiedlich aussehen, z. B. "Gut ist das, wovon in der Bibel steht, dass es gut ist.", oder "Gut ist, so zu handeln, wie du meinst, das alle handeln sollten." oder  "Gut ist, was dafür sorgt, dass die Gesamtsumme des Leids möglichst klein, die des Wohlbefindens möglich groß wird." oder "Gut ist, was die Rechte der betroffenen Individuen am besten berücksichtigt"

"Leid ist schlecht" ist da sogar ein echt gutes Axiom, denke ich, und ich würde diesem Axiom auch durchaus zustimmen.

Allerdings: Aus rein naturwissenschaftlich-rationaler Betrachtung ergibt sich nicht einmal das. Selbst aus der genauesten wissenschaftlichen Betrachtungen des Leids ergibt sich nicht dessen Schlechtheit.

Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.

Es ist aber Sinn der Moral, Handlungen zu bewerten. Allein Zustände zu bewerten, bringt nichts: Wenn ich sehe, dass es jemandem schlecht geht, ihm aber nicht geholfen werden kann, hilft auch eine morlaische Betrachtung der Situation nicht weiter. Erst wenn ich mehrere Handlungsalternativen habe, benötige ich die Moral, um entscheiden zu können, welche davon die beste (im moralischen Sinne) ist.

Natürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.

Graumagier

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 20:43:30
Die Argumentation hört man üblicherweise aus dem Lager des moralischen Relativismus. Moral entsteht demnach aus dem Werteumfeld einer Gesellschaft heraus, woraus folgt dass es keine absoluten moralischen Werte geben kann. Sprich, wenn der Eingeborenenstamm meint dass er seine kleinen Mädchen vergewaltigen will, dann können wir nichts tun außer zuschauen und nicken.

Das habe ich ausdrücklich nicht behauptet, das behaupte ich ausdrücklich nicht und ich bin auch ausdrücklich nicht dieser Ansicht.
Der Ansicht war ich auch nicht, es ist aber durchaus wichtig sich vor Augen zu halten wozu solche Argumente nur allzu schnell führen.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00Die Betrachtung eines Individuums ist noch recht trivial, das Problem ist der Moral ist ja, dass z. B. das Wohlbefinden des einen das Leid des anderen bedingen kann. Außerdem würde ich bezweifeln, dass es objektive Möglichkeiten gibt, alle erdenklichen Handlungsmöglichkeiten auf einer eindimensionalen Skala zwischen größtmöglichem Leid und größtmöglichem Wohlbefinden einzuordnen und so in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. Dazu fehlen meines Erachtens objektive Bewertungsmaßstäbe.
Meiner Meinung nach nicht. Ich bin aber auch nicht der Meinung dass es (in der Praxis) so etwas wie größtmögliches Wohlbefinden gibt. Sondern viele Zustände, die auf dieser Skala ähnlich gelagert sind, und die dann auch durchaus als moralisch gleichwertig anzusehen sind.

Weiters sehe ich keinesfalls subjektive Kriterien als Lösung für dieses Komplexitätsproblem. Man beachte nur mal wie unfähig der Mensch ist, Einzelschicksale und Massenleiden gegeneinander emotional aufzuwiegen. Und das ist beileibe nicht das einzige Beispiel, das mich dahingehend wenig optimistisch stimmt.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00"Leid ist schlecht" ist da sogar ein echt gutes Axiom, denke ich, und ich würde diesem Axiom auch durchaus zustimmen.

Allerdings: Aus rein naturwissenschaftlich-rationaler Betrachtung ergibt sich nicht einmal das. Selbst aus der genauesten wissenschaftlichen Betrachtungen des Leids ergibt sich nicht dessen Schlechtheit.
Und selbst aus der genauesten empirischen Betrachtung ergibt sich nicht, dass unsere wissenschaftlichen Theorien prinzipiell logisch konsistent sein sollten. Trotzdem betrachten wir das als Grundvoraussetzung, wenn wir Hypothesen und Theorien bewerten.

Zitat von: T-M am 20. Februar 2011, 22:55:00
Zitat von: Graumagier am 20. Februar 2011, 22:07:52
Nicht Handlungen werden gewertet, sondern das Befinden von Individuen. Dazu muss man sich nicht im Vorhinein überlegen welche Handlungen gut und welche schlecht sind, das folgt dann ja aus der Moral. Wenn das kein valides Vorgehen wäre hätte Moral ja überhaupt keine Berechtigung.

Es ist aber Sinn der Moral, Handlungen zu bewerten. Allein Zustände zu bewerten, bringt nichts: Wenn ich sehe, dass es jemandem schlecht geht, ihm aber nicht geholfen werden kann, hilft auch eine morlaische Betrachtung der Situation nicht weiter. Erst wenn ich mehrere Handlungsalternativen habe, benötige ich die Moral, um entscheiden zu können, welche davon die beste (im moralischen Sinne) ist.

Natürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.

heterodyne

Zitat
ZitatAndererseits benötigen wir aber auch keine Moral, um zu überleben. Insofern verstehe ich nicht was das eine mit dem anderen zu tun haben soll.
Nein, unbedingt brauchen wir sie nicht. Es war auch eher eine Nebenbemerkung, um zu erklären, dass ich Irrationalität nicht in allen Fällen für verwerflich halte.

Auf längere Sicht mMn schon. Moralisches Verhalten stärkt ja auch das Vertrauen in einer Gruppe - und damit deren Zusammenarbeit und deren Überlebensfähigkeit.

Zitat
ZitatNatürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.
Anders ausgedrückt (so wie ich das verstehe) Bewertung der Handlung, durchaus. Allerdings eben im Kontext und nicht nur die Handlung für sich. Und das kann einen riesigen Unterschied ausmachen.

Graumagier

Zitat von: heterodyne am 21. Februar 2011, 13:16:43
Zitat
ZitatNatürlich ist es eine Möglichkeit, zunächst Zustände zu bewerten und anhand dessen die Handlungen, die von einem Zustand zum anderen führen. Aber auch hier ist das Ziel die Bewertung der Handlungen.
Natürlich ist das Ziel das Bewerten der Handlungen, das habe ich ja ebenfalls geschrieben. Aber Handlungen dienen eben nicht der Definition des Bewertungssystems (der Moral). Ebenso wie man in der Wissenschaft Theorien nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Methode bewertet und nicht umgekehrt die besten Theorien hergenommen und daraus die wissenschaftliche Methode abgeleitet hat.
Anders ausgedrückt (so wie ich das verstehe) Bewertung der Handlung, durchaus. Allerdings eben im Kontext und nicht nur die Handlung für sich. Und das kann einen riesigen Unterschied ausmachen.
Natürlich. Aufgabe jeder Moral ist es ja schlussendlich, Handlungen zu bewerten. Und der rationale Ansatz postuliert eben, dass Handlungen rational im Rahmen eines entsprechenden, auf objektiven Kriterien basierenden Systems, bewertet werden – und nicht im Rahmen einer subjektiven Ideologie (und schon gar nicht werden Handlungen ad hoc als "gut" oder "schlecht" bewertet, sondern ausschließlich im Rahmen der Überprüfung durch das moralische System).

Janus

Zitat von: Antitainment am 19. Februar 2011, 10:16:04
Reichlich philosophisch.

1.@Janus
Ich bin Atheist und Atheismus führt für mich keineswegs philosophisch automatisch zum Nihilsmus.
Atheismus ist nichts anderes wie die Ablehnung eines Gottglaubens, nicht mehr und nicht weniger. D.h. ich kann Atheist und Humanist sein oder aber Atheist und Nationalist usw.

2.Was ist mit unseren heutigen aufgeklärten Werten? Diese basieren nicht auf einer übernatürlichen Begründung; als Beispiel seien an dieser Stelle die Menschenrechte angeführt, die allgemein gültig sein sollen, unabhängig von jedwedem kulturellen Unterbau des einzelnen Menschen und zudem ist der Rückschluss, dass ohne übernatürliche Entität keine Ethik möglich wäre, bzw. diese willkürlich sein würde für mich unzulässig und falsch.
(Das hat Kant zwar für sich so festgelegt, aber richtig wird es dadurch auch nicht)
Wie wäre es mit dem Einsatz unseres Verstandes bei der Dikussion und der Begründung unter zu Hilfenahme der Wissenschaften?


3.Gilt das nicht für jeden Menschen oder gilt das ausschließlich nur für Atheisten?


4Laut dieser, deiner eigenen, Definition bist du im Sinne des Wortes ein Atheist und kein Agnostiker, denn du schließt einen Sinngeber aus - Manchmal bin ich eben ein Erbsenzähler.


5.Wir sind eben nicht frei von allem, wie du Eingangs selber schon festgestellt hast und es gibt genügend evolutionäre Gründe gut zu sein, zumindest im Hinblick auf die eigene Bezugsgruppe, wobei "gut" tatsächlich nur ein Bewertungskriterium für eine Tat oder ein Verhalten im Hinblick auf den Einzel- bzw Gruppennutzen innerhalb einer Kultur ist.

1. Ja, ich bin Agnostiker, was hier aufs gleiche hinausläuft wie Atheist. Ich bin ebenfalls Nihilist weil es die logische Konsequenz ist.
Naja, kommt drauf an wie man Atheismus definiert. Nur die Ablehnung des abrahamischen Gottglauben oder auch aller weiteren übersinnlichen Positionen, die keinen persönlichen Gott postulieren wie Pantheisten, Deisten oder auch die Buddhisten, die sehr viel übersinnliches glaubt, jedoch ohne einen Schöpfer auskommt. Ich dachte, dass wir hier eh alle Naturalisten sind bis auf ein paar nicht-gebundene Christen vielleicht und werde nun diesen Begriff benutzen, da er alles übernatürliche explizit ausschließt. Aber dadurch, dass es alles übernatürliche wegfällt, woher soll die Moral kommen? Was ist überhaupt gut? Gibt es soetwas überhaupt?

2. Aufgeklärte Werte? Nah, die san's oa Schmarrn. Woher sollen die kommen. Die haben mal ein paar lustige Typen aufgestellt. Diese Werte sind absolut wilkürlich und lediglich, dass was durch Medien, Politik, Erziehung etc. vermittelt wird. Ich denke mal, dass du mit den Werten ja den Humanismus meinst. Humanismus (als Historiker hat das für mich auch noch andere Bedeutungen). Hier sagt man eben, es gebe keinen Gott aber behält die regeln, für dessen rechtfertigung gott ja gemacht wurde. Kant sagte nicht, dass kein ethisches Verhalten möglich ist sondern, dass es keinen Grund dafür gäbe. Und der kategorische Imperativ ist ja etwas individuelles, was nicht an irgendwelche Grundsätze gebunden ist.
Was hat wissenschaft damit zu tun? Naturalistischer Fehlschluss?

3. ersteres. Ich sagte nie, dass nicht-atheisten logisch denken würden. sie tun es wohl sogar noch weniger als atheisten.

4. Siehe 1

5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.


Jegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.

Mich nervt es nur, wenn solche Typen von der Giordano Bruno Stiftung ihrer Moral eine Art wissenschaftlichen Anstrich geben wollen.

Graumagier

Zitat von: Janus5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.
Evolution ist auch nicht die einzige Grundlage, die man als Naturalist anerkennen muss. Die wissenschaftliche Methode hat mit Evolution auch nichts zu tun.

Zitat von: JanusJegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.
Du wirfst hier viele Dinge durcheinander die nichts miteinander zu tun haben. Du erklärst dass Moral irrational sei, implizierst aber andererseits dass Wissenschaft rational wäre. Dem ist sicherlich so, aber nur weil Wissenschaft entsprechend definiert ist – und ebenso kann Moral rational definiert werden.

Aktuell findet auf NeuroLogica übrigens die exakt selbe Diskussion statt: http://theness.com/neurologicablog/?p=2884&utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter

Janus

Zitat von: Graumagier am 23. Februar 2011, 10:50:57
Zitat von: Janus5. Da ist der Fehlschluss wieder. Es kein gut in der evolution. Es gibt nur erfolgreich in der weitergabe von genen oder nicht. Evolution beschreibt und erklärt aber kann keinen Sinn geben.
Evolution ist auch nicht die einzige Grundlage, die man als Naturalist anerkennen muss. Die wissenschaftliche Methode hat mit Evolution auch nichts zu tun.

Zitat von: JanusJegliche Moral ist irrational und hat nix mit Wissenschaft zu tun. Das Leben selbst ist irrational. Es gibt schließlich keinen objektiven Grund zur Fortpflanzung. Sie passierte eben nur weil es eben passierte.
Du wirfst hier viele Dinge durcheinander die nichts miteinander zu tun haben. Du erklärst dass Moral irrational sei, implizierst aber andererseits dass Wissenschaft rational wäre. Dem ist sicherlich so, aber nur weil Wissenschaft entsprechend definiert ist – und ebenso kann Moral rational definiert werden.

Aktuell findet auf NeuroLogica übrigens die exakt selbe Diskussion statt: http://theness.com/neurologicablog/?p=2884&utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter

Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.

Schon dieser vergleich hinkt gewaltigt. Die wissenschaftliche Methode is rational aber dennoch ist jegliche Handlung eines Wissenschaftlers irrational. Bei moral ist schon die Methode irrational. Moral ist nur durch Rückgriff auf das übernatürliche möglich. Das Leben, die Existenz an sich ist irrational. Man muss einen Sprung im Glauben machen für die Moral.

Graumagier

Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.
Das ist deine Ansicht. Ich finde unser aktuelles Weltverständnis deutlich spannender als das der letzten 2.000 Jahre.

Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32Schon dieser vergleich hinkt gewaltigt. Die wissenschaftliche Methode is rational aber dennoch ist jegliche Handlung eines Wissenschaftlers irrational. Bei moral ist schon die Methode irrational. Moral ist nur durch Rückgriff auf das übernatürliche möglich. Das Leben, die Existenz an sich ist irrational. Man muss einen Sprung im Glauben machen für die Moral.
Hör doch auf mit dem Geschwafel. Deiner Argumentation zufolge ist Wissenschaft genauso irrational (und nicht nur die Handlungen der Wissenschaftler), weil man zu Definition er wissenschaftlichen Methode ebenso Axiome annehmen muss. Nicht mehr und nicht weniger muss man bei der Definition einer Moral – das hat nichts mit Übernatürlichem oder mit Glauben zu tun.

T-M

Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.

Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.

rincewind

Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44

Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.

Ach, ich würde das nicht so negativ sehen. Rationalität ist ein witziger Seiteneffekt der Evolution. "Huch, wo bin ich da nur reingeraten, und ich soll mich auch noch fortpflanzen? Vergiss es!!"

Das wird schon wieder. Bakterien überleben mit Sicherheit, das Leben an sich ist gesichert.

Graumagier

Zitat von: T-M am 24. Februar 2011, 23:32:44
Zitat von: Janus am 24. Februar 2011, 03:23:32
Über diese Dinge zu reden macht mich immer noch depressiver. Ich kann die esos schon verstehen. Wir leben in einer kalten, grausamen welt. Was ist ein Menschenleben? Nicht mehr als das einer Ameise. Unsere größten Kulturen, nur ein Staubkorn im Universum. Die Welt wurde von ihrer Magie befreit.

Das ist der Grund, warum ich ein irrationaler Mensch bin, und warum ich annehme, dass alle Menschen mehr oder weniger irrational sind: Die absolut rationale Betrachtung der Welt kann vermutlich niemand lange überleben, ohne an Depressionen zugrunde zu gehen. Wann man wollte, könnte man sagen, Irrationalität ist evolutionär begründet.
Lehnst du mit dieser Argumentation auch die wissenschaftliche Methode ab?

Moral ist menschgemacht, sie kommt nicht natürlich. Wieso also sollten wir bei der Definition der Moral andere Prinzipien ansetzen als wir das bei der Wissenschaft tun, namentlich logisches Denken und empirische Untersuchungen? Wie könnten wir andere Maßstäbe ansetzen? Jede subjektive, ideologische oder irrationale Moral kann nicht valider sein als der Standpunkt einer einzelnen Person, und dann bräuchten wir gleich gar keine Moral.

Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.

rincewind

Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.

Das sehe ich anders. Auch bei diesen Themen sind doch ganz klar evolutionäre Strukturen zu sehen.

Graumagier

Zitat von: rincewind am 25. Februar 2011, 09:52:20
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 09:35:12
Weiters hat Irrationalität im alltäglichen Denken nichts mit rationalem Denken in den Bereichen zu tun, die wir praktisch selbst erschaffen haben. Die Wissenschaft erlaubt uns, die Grenzen unserer eigenen Irrationalität zu überschreiten, und das mit erstaunlichen Ergebnissen. Das evolutionäre Argument geht meiner Meinung nach völlig an der Sache vorbei, weil weder Wissenschaft noch Moral evolutionäre hervorgebracht wurden.

Das sehe ich anders. Auch bei diesen Themen sind doch ganz klar evolutionäre Strukturen zu sehen.
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.

rincewind

Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:17:13
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.

Vielleicht denke ich da zu simpel. Aber gerade die Wissenschaft ist doch ein Paradebeispiel für eine evolutionäre Struktur. Das tauglichere Modell setzt sich durch. Man ersetze Lebewesen durch Ideen - das funktioniert doch deutlich ähnlich. Dino-Ideen, Schildkröten-Ideen, Hasen-Ideen ... Welche, die verschiedenen Prinzipien folgen, auf Einfachheit oder Komplexität setzen. Und alle "wollen" sie überleben.

Graumagier

Zitat von: rincewind am 25. Februar 2011, 10:30:38
Zitat von: Graumagier am 25. Februar 2011, 10:17:13
Da würden mich weitere Ausführungen interessieren. "Ganz klar" ist das meiner Meinung nach keineswegs.

Vielleicht denke ich da zu simpel. Aber gerade die Wissenschaft ist doch ein Paradebeispiel für eine evolutionäre Struktur. Das tauglichere Modell setzt sich durch. Man ersetze Lebewesen durch Ideen - das funktioniert doch deutlich ähnlich. Dino-Ideen, Schildkröten-Ideen, Hasen-Ideen ... Welche, die verschiedenen Prinzipien folgen, auf Einfachheit oder Komplexität setzen. Und alle "wollen" sie überleben.
Geschwafel. Du willst damit doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Wissenschaft natürlich entstanden wäre?