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Havanna-Syndrom

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Begonnen von Peiresc, 03. Mai 2021, 05:10:51

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Peiresc

ZitatCNN:
More than a dozen US officials who work at the US Embassy in Colombia and their family members have reported symptoms consistent with "Havana syndrome" in recent weeks, according to a US official and a source familiar with the situation.
https://edition.cnn.com/2021/10/12/politics/havana-syndrome-symptoms-colombia/index.html

Mit der Aufklärung ist man, scheint's, bisher nicht weiter gekommen. Im Auditorium ruft man nach gründlicherer Untersuchung.
ZitatMark S. Zaid @MarkSZaidEsq
Why isn't USG acknowledging or media reporting on the countless UHI* incidents that occurred to our overseas intelligence officials between 1969 - 2016?

Mark S. Zaid ist durchaus kein Hysteriker. (Aber Mediziner ist auch er nicht, sondern Sicherheitsfachmann). Ich denke, das wäre der richtige Weg der Klärung. Entscheidend wäre aber die Einbeziehung von Vergleichsgruppen.

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* was UHI ist, habe ich nicht sicher herausgefunden. Irgendwo finde ich: ,,Synonyme beunruhigend - Bedeutung, gleichbedeutende Wörter angsteinflößend, beängstigend, bedenklich, besorgniserregend". Passend wäre es.

sailor

UHI = aus der Hüfte: Unidentified Health issues.

Bachblüte

Zitat"In coordination with our partners across the U.S. Government, we are vigorously investigating reports of possible unexplained health incidents (UHI) among the U.S. Embassy Vienna community or wherever they are reported," a State Department spokesperson said.

https://www.cbs58.com/news/about-two-dozen-reports-of-mysterious-health-incidents-on-us-personnel-in-vienna


Peiresc

Ich finde es kennzeichnend, dass die a) für so was einen festen Begriff haben und b) dass der an UFO's denken lässt. Die werden genauso ernst genommen. UHI = UFO, hüben wie drüben.

Bachblüte

Und nun zu den Nachrichten. Die Nachrichten werden Ihnen präsentiert von TVC News Nigeria.

[LATEST]Havana Syndrome Reported At US Embassy In Colombia
https://www.youtube.com/watch?v=cpcLRTlVBI0

Das scheint die Welt zu beschäftigen.  :laugh:

sailor

Staatliche Stellen in den USA LIEBEN Abkürzungen und Akronyme... es hat was von Geheimsprache/Geheimwissen, macht das Ganze interessanter und klingt so wichtig. ASAP hat sich ja auch in D schon etabliert, auf AWOL und FUBAR warte ich noch :D

Die Frage, die sich mir stellt: Gibt es ein Monitoring der Krankheitstage und -Ursachen bei Botschaftspersonal der USA? Normalerweise haben die entweder eigene Ärzte oder Vertrauensärzte für ihr Personal... vieleicht kommen die UHIs/UHUs :D daher, dass man nur die Krankheitstage zählt, ohne die Diagnose mit zu erfassen. Wer weiss, wieviel Jetlag dahintersteckt...

HAL9000

Zitat von: sailor am 14. Oktober 2021, 11:29:38
Staatliche Stellen in den USA LIEBEN Abkürzungen und Akronyme...
Außer der AAAAA (American Association Against Acronym Abuse)... ;-)

Zum Syndrom: Wenn das mit den Krankschreibungen so läuft, wie hierzulande, wird es eher keine Ursachenaufzeichnung geben.
Meinen Arbeitsgeber hat es nicht zu interessieren, woran ich erkrankt bin, solange ich vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung habe.
Ob das bei Botschaftsangestellten (der USA) anders ist, weiß ich aber nicht.

sailor

Deine Krankschreibung enthält sehr wohl eine Diagnose, die an die Krankenkasse geht. Den AG hats nicht zu interessieren, das ist wahr. Bei Botschaftspersonal, welches tlw. in ziemlich ungesunden Ländern eingesetzt wird ist ein Monitoring (bspw. zu ansteckenden Krankheiten) in meinen Augen Teil der Fürsorgepflicht. Kann man aber auch anders sehen...

Was zum Grundsatz der "Diskussion": Ich hab mal von einer anderen Seite drüber nachgedacht und zwar, warum "nur" Botschaftspersonal und nicht das Militär? Das wäre ein deutlich größeres und saftigeres Ziel als Schreibkräfte in der Passstelle... und dazu noch die plötzliche aufregung der Rechtskonservativen... Sehr seltsam. Bis mir einfiel, dass das DoS (Aussenministerium) nicht gerade beliebt bei den Rechten ist (wegen Diplomatie mit allen Möglichen, in rechtsdeutsch würde man es mit "linksgrün versifft" übersetzen). Denen stinkt, dass die USA über das DoS zB. Abrüstungskontrollen vereinbart oder Handelsabkommen... Trump hat ja Eisenfresser in alle Welt geschickt (Grenell anyone?). Vieleicht ist das Hypen des Syndroms der Versuch, das DoS als Arbeitgeber und staatliches Instrument zu schwächen?

HAL9000

Zitat von: sailor am 14. Oktober 2021, 12:01:27... das DoS als Arbeitgeber und staatliches Instrument zu schwächen?
Was die GOPler betrifft, würde ich da eher Hanlon's Razor ansetzen.
Es mag sein, dass das vermehrt die Rechten pushen, aber über Symprome klagen ja die Mitarbeiter. Die sind sicher nicht alle rechtskonservativ.
Eine Massenpsychose ist meiner laienhaften Meinung nach immer noch der am meisten einleuchtende Grund (noch ein Razor, das von Ockham).
Dass sich die Rechten aus den von dir genannten Gründen vielleicht auf diesen Hype draufsetzen und pushen kann sein, verursacht habe sie
ihn aber eher nicht.

sailor

Es geht auch nicht um verursachen... aber wenn man einer Hysterie verstärkte Aufmerksamkeit schenkt, dann verstärkt sie sich. Mir ging es jetzt nur darum, dass in den letzten Wochen verstärkt Trumpansen zu dem Phänomen auftreten. Um die Betroffenen geht denen gar nicht wirklich (Rechtskonservative kümmert das Fußvolk nie solange sie hoch und trocken sitzen).

HAL9000

Es könnte aber auch sein, dass sich Rechtskonservative deswegen da so reinhängen, weil diese Kreise grundsätzlich anfälliger für Verschwörungstheorien sind.
Wer glaubt, dass ein verstorbener südamerikanischer Präsident Wahlmaschinen manipulieren kann, glaubt auch leichter an mysteriöse "Energiewaffen".

Bachblüte

Jippie, es gibt wieder Popcorn-Kino!  :laugh:

The 3 Best Explanations for the Havana Syndrome
https://www.youtube.com/watch?v=g9C3ZKWLZG4

Peiresc

Zitat von: Bachblüte am 20. November 2021, 16:36:01
Popcorn-Kino!  :laugh:

Die Arbeit, die Hossenfelder im ersten Teil erwähnt und als Hauptargument gegen die ,,Massenhysterie" anführt, die mit den strukturellen Hirnveränderungen, ist hier:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31334794/
Volltext verfügbar.

Verma et al. finden Unterschiede im Volumen der Weißen Substanz, aber nicht bei der Grauen Substanz. Die Betroffenen haben sogar mehr Graue Zellen:
ZitatAmong patients compared with controls, there were significantly greater ventral diencephalon and cerebellar gray matter volumes and significantly smaller frontal, occipital, and parietal lobe white matter volumes
Die Unterschiede sind subtil und nur im Gruppenvergleich mit elaborierter Technik zu sehen, d. h. für eine individuelle Diagnosenstellung ganz unbrauchbar.

Man kann aus dieser Arbeit keine weitreichenden Schlüsse ziehen.

1) Die Einschlusskriterien sind unklar.
ZitatThis is especially challenging in a clinical sample in which patients did not receive clinical testing uniformly. This was further complicated by the small number of patients and large degree of heterogeneity arising from multiple sources, including (1) difficulty in determining the presence or absence of an "exposure" beyond clinical history; (2) not knowing the character or relative "dose" of the potential exposure; (3) a highly varying time interval between the reported exposure and the clinical and MRI evaluations; (4) the existence of premorbid conditions and routine health problems; and (5) varying degrees of clinical symptom severity at the time of clinical evaluation, leading to different clinical treatment and intervention paradigms.
Sicher, das war jetzt anders kaum möglich, aber sie werden nicht klarer davon.

2) Es sind weder pathogenetische noch klinische Folgerungen möglich.
ZitatThese patterns of volumetric differences do not conform readily to any established mechanisms of pathogenesis, nor do they form an anatomical basis for a specific behavioral dysfunction observed in other brain disorders.

3) und wichtigstens: gesunde (und damit suboptimale) Kontrollgruppe.

Im "Limits"-Abschnitt schreibt die Arbeitsgruppe:
ZitatSecond, the ideal control cohort, composed of unaffected personnel who were identical to those deployed in Cuba, was not feasible to obtain.
Nein, das wäre nicht die richtige ideale Kontrollgruppe. Die richtige Kontrollgruppe hängt ab von der Fragestellung. Im Video führt Hossenfelder den Befund als Beleg gegen eine funktionelle Störung (Hossenfelder sagt ,,Massenhysterie") an, und dafür ist die Frage nicht ,,was unterscheidet die Betroffenen von nichtbetroffenen Botschaftsangehörigen", sondern dafür wäre die richtige Vergleichsgruppe ,,was unterscheidet die Betroffenen von Angst-, Depressions- oder Tinnituspatienten".

Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass sich funktionelle Veränderungen hirnmorphologisch wiederfinden lassen. Form follows function, z. B. hier.
https://forum.psiram.com/index.php?topic=12497.msg202860#msg202860
Seit es ein CT gibt  (d. h. seit Anfang 70er J), weiß man z. B. dass eine Anorexie oder eine Alkoholabhängigkeit zur Hirnatrophie führt. Inzwischen ist klar, dass es sich in vielen Fällen um reversible Hirnvolumenminderungen handelt.

:Popcorn:

Peiresc

Achso, da fällt mir ein, ich habe noch ein PS.

Zitat von: Peiresc am 20. November 2021, 19:23:06Die Unterschiede sind subtil und nur im Gruppenvergleich mit elaborierter Technik zu sehen, d. h. für eine individuelle Diagnosenstellung ganz unbrauchbar.
Das heißt, in der Einzeluntersuchung ist das Gehirn morphologisch unauffällig. Das bedeutet, Marco Rubio (#29) hat offenbar keine Ahnung, was er gemeint hat mit ,,very traumatic brain injuries", und Susan Collins (ebd.) ist entweder tendenziös gebrieft worden oder hat die Befunde auf eigene Kappe überinterpretiert.

Peiresc

PS 2.

Das begleitende Editorial in JAMA ist diplomatischer und kürzer, gelangt aber zu dem gleichen Schluss:
Zitatthe clinical relevance of these differences is uncertain, and the exact nature of any potential exposure and the underlying etiology of the patients' symptoms still remain unclear
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2738529

Ein Leserbrief meint:
ZitatOne concern is the choice of controls. To show that directional phenomena might be responsible for brain changes in this cohort, another unexposed group of patients with the same symptoms, such as those found in a general neurology clinic, should have been selected, rather than demographically similar healthy individuals.
https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2757221
(leider kein Volltext verfügbar, aber der sichtbare Teil beginnt mit der ungenügenden Charakterisierung der Stichprobe).