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Schulmedizin und Anteilnahme

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Begonnen von Davos, 26. September 2014, 00:33:30

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Hildegard

Zitat von: Pelacani am 26. September 2014, 15:48:11
Zitat von: Davos am 26. September 2014, 14:46:31
Weil es keine unmenschlichen Ärzte geben kann
Um ein letztes Mal ernst zu bleiben: bei dieser Kombination denke ich an Mengele o. ä.
Ich auch. Sind alle einverstanden, "unmenschlich" durch "gleichgültig" zu ersetzen?
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

Davos

Mengele kam mir eben auch in den Sinn. Aber ich wollte nicht ein so schweres Geschütz auffahren. Aber gemäß meines Verständnisses des Begriffs "Menschlichkeit" war Mengele ein menschlicher Arzt. Weil er Arzt war. Und weil er menschlich war. Jedenfalls wenn das Adjektiv nicht nur Füllwort ist. Denn es gibt ja keine Ärzte, die keine Menschen sind. Ich finde es also sinnvoller, den Arzt Mengele als grausam und abscheulich zu beschreiben.

Was man machen könnte, wäre, einfach dasjenige als unmenschlich zu bezeichnen, was von der Norm abweicht. Dann müsste man aber auch solche Menschen als unmenschlich bezeichnen, die sich um das Wohl anderer Menschen besonders verdient gemacht haben. Macht also keinen Sinn.

ZitatSind alle einverstanden, "unmenschlich" durch "gleichgültig" zu ersetzen?

Ersetzen ja. Aber individuell.

Groucho

Zitat von: Davos am 26. September 2014, 16:10:25
Aber gemäß meines Verständnisses des Begriffs "Menschlichkeit" war Mengele ein menschlicher Arzt. Weil er Arzt war. Und weil er menschlich war. Jedenfalls wenn das Adjektiv nicht nur Füllwort ist.

Lies halt nochmal, was Gefährliche Bohnen zur Definition des Begriffes "menschlich/Menschlichkeit" geschrieben hat. Es ist etwas problematisch, einen Begriff für sich selbst so umzudefinieren, dass er ziemlich das Gegenteil von dem bedeutet, als was er im Allgemeinen gilt. Mit Deiner Definition wird der Begriff auch ziemlich sinnlos, weil man adjektive Zuschreibungen gewöhnlich für Differenzierungen des Subjektes benutzt und nicht als 100% Dopplung des Subjektes.

Davos

Zitat von: Groucho am 26. September 2014, 16:54:20Mit Deiner Definition wird der Begriff auch ziemlich sinnlos, weil man adjektive Zuschreibungen gewöhnlich für Differenzierungen des Subjektes benutzt und nicht als 100% Dopplung des Subjektes.

Sinnlos wird der Begriff nicht. Nur seltener einsetzbar. Ich sehe darin aber kein Problem, weil sich das, was oft als unmenschlich oder menschlich bezeichnet wird, auch anders beschreiben lässt, u. z. konkreter. Ich definiere Begriffe auch selten um. Der Begriff "Menschlichkeit" ist eine Ausnahme. Mir fällt gerade kein anderer Begriff ein, den ich radikal anders gebrauche als allgemein üblich. "Tierisch" vielleicht noch. Nutze ich normalerweise nicht als Abgrenzung zu menschlich, weil der Mensch Teil der Menge der Tiere ist.

Übrigens habe ich den Begriff am Anfang dieser Diskussion ja selbst so gebraucht, wie es allgemein üblich ist. Dass es zu Missverständnissen führt, Begriffe anders als üblich zu verwenden, ohne darauf aufmerksam zu machen, weiß ich ja.

Davos

Zitat von: Groucho am 26. September 2014, 16:00:42
Zitat von: Davos am 26. September 2014, 15:32:13
Die Humanisten. Man sollte meinen, die seien Experten für Menschlichkeit. [...] Diese Definition ist Selbstverleugnung. [...]

Ich glaube, da verwechselst Du was. Das hat doch alles mit Humanismus nichts zu tun. Und von DEM Humanismus zu sprechen, ist sowieso viel zu grob.

http://de.wikipedia.org/wiki/Humanismus

Im fünften Absatz des Wikipedia-Artikels heißt es:

Als verbindendes Element alter und neuer Ansätze kann der Anthropozentrismus gelten, die Konzentration des Interesses und der Bemühungen auf den Menschen und seine Einzigartigkeit, im Gegensatz etwa zu Weltanschauungen, die Gott oder das Naturganze in den Mittelpunkt stellen oder die menschliche Lebensform nur als eine unter vielen auffassen.

Und im ersten Absatz:

Gemeinsam ist ihnen eine optimistische Einschätzung der Fähigkeit der Menschheit, zu einer besseren Existenzform zu finden. Es wird ein Gesellschafts- und insbesondere Bildungsideal entworfen, dessen Verwirklichung jedem die bestmögliche Persönlichkeitsentfaltung ermöglichen soll.

Mit der humanistischen Definition des Begriffes "Menschlichkeit" wurde ebenfalls ein Ideal entworfen. D. h. der Begriff richtet sich nicht nach dem, was ist, sondern was sein könnte.

Er ist optimistisch, nicht realistisch.

Und er grenzt das Unerwünschte, also z. B. das Tierische, vom Erwünschten ab.

Und da halte ich nichts von. Nehmen wir z. B. Tierversuche oder Abtreibung. Da wird oft von den selben Leuten mit zweierlei Maß gemessen. Dabei sollte das Hauptkriterium bei der moralischen Beurteilung die Leidensfähigkeit der betroffenen Organismen sein. Wobei im Falle der Tierversuche nicht nur die Leidensfähigkeit der Tiere relevant ist, sondern auch die menschliche, wenn sie dazu dienen, menschliches Leid zu lindern. Und bei der Frage, wie Abtreibungen menschlicher Embryonen ethisch einzuordnen sind, besteht das zu berücksichtigende Leid maximal in der zerstörten Hoffnung der Angehörigen und der narzisstischen Kränkung Gottesgläubiger.

pelacani

Ich verstehe immer weniger, was Du uns eigentlich sagen willst.  :gruebel

Davos

Zitat von: Pelacani am 27. September 2014, 10:38:34
Ich verstehe immer weniger, was Du uns eigentlich sagen willst.  :gruebel

Kann ich nachvollziehen, weil nach dem letzten Absatz meines letztens Beitrags das Risiko besteht, dass die Diskussion vom Thema wegführt. Also von der Schulmedizin und der Anteilnahme zu Tierversuchen und Abtreibung.

Mir geht es in Bezug auf den Begriff "Menschlichkeit" um Folgendes: Als Skeptiker sollte man auch skeptisch gegenüber der Neutralität des Begriffes sein. Der Begriff ist aber positiv besetzt. Und das, obwohl die Welt ein Schlachtfeld ist.

Gefährliche Bohnen

[immernochkrümelkack]

Noch mehr ot, aber das Thema liegt mir am Herzen und ich muss mal einen kleinen Rant abgeben.

Worte haben grob gesagt u.a. zwei Eigenschaften: ihre Etymologie und ihre aktuelle Bedeutung. Meiner Meinung nach ist es aus folgenden Gründen nicht sinnvoll beide Ebenen zu vermischen:
Während ich persönlich den historischen Werdegang, die Herkunft, den philosophischen Background etc. von Worten sehr spannend finde, ist es höchst unpraktikabel diesen Rattenschwanz beim Gebrauch von Worten im Hier und Jetzt allgegenwärtig hinterherzuschleifen. Wichtig ist doch, dass man sich auf eine Bedeutung einigt, sonst wird's mit der Kommunikation schwierig. Man könnte statt Menschlichkeit (um mal bei diesem Beispiel zu bleiben) auch ... äh... Brackelschlaps sagen, man muss sich nur drauf einigen. In Wirklichkeit ist es nämlich völlig schnurzpiepegal, wie man zu irgendwas sagt, solange alle verstehen was man damit meint.

Man hört ja beispielsweise auch oft, dieses oder jenes Wort bedeute doch eigentlich was ganz anderes, weil es ursprünglich ja dieses oder jenes bedeutet habe oder weil man ja auch dieses oder jenes damit assoziieren könnte. Nur ist das eben für die aktuelle Bedeutung eines Begriffes nicht ausschlaggebend.

Ein Beispiel: Das Wort "Sympathie" könnte aufgrund seiner Zusammensetzung einfach "Mitleid" bedeuten (was es im Englischen ja auch tut). Im Deutschen heißt es aber soviel wie Zuneigung, denn so wird das Wort hier und jetzt gebraucht, egal was es ursprünglich bedeutet hat oder auch bedeuten könnte oder in einer anderen Sprache bedeutet.

Diese Vermischung zweier Ebenen fällt mir auch immer wieder in der Debatte um geschlechtergerechte Sprache auf. Die Sache ist halt, wenn ich jetzt alle Begriffe modifiziere und auswechsle, weil sie ursprünglich was anderes bedeutet haben, können wir das mit den natürlichen Sprachen vergessen.
Wieder ein Beispiel: das Wörtchen "man" wird ja mittlerweile gern durch "mensch" ersetzt, weil "man" bedeutet natürlich eigentlich "Mann". Also mal eben den Kluge rausgeholt, unter "Mensch" nachgeschlagen und festgestellt:

ZitatMensch Sm std. (8.Jh.), mhd. mensch(e) m./n., ahd. men(n)isco u.ä., as. mennisko. Wie afr. mann(i)ska, menn(i)ska Substantivierung eines Zugehörigkeitsadjektivs zu Mann in der alten Bedeutung [...]

Na sowas aber auch.
Reden wir doch am besten alle nur noch Esperanto oder so und gut ist.

Sprache verändert sich, ja. Aber das bedeutet nicht nur, dass sich Begriffe ein neues Kleid anziehen, neue Begriffe dazu kommen und andere wegfallen, sondern auch, dass sich Bedeutungen von Worten ändern können.

[offtopickrümelkackrantoff]
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

pelacani

Zitat von: Gefährliche Bohnen am 27. September 2014, 11:27:55
dieses oder jenes Wort bedeute doch eigentlich was ganz anderes, weil es ursprünglich ja dieses oder jenes bedeutet habe
Völlig korrekt. Ein Humanist ist nur einer, der griechisch kann. Weiter nix.

Davos

Zitat von: Gefährliche Bohnen am 27. September 2014, 11:27:55

Ein Beispiel: Das Wort "Sympathie" könnte aufgrund seiner Zusammensetzung einfach "Mitleid" bedeuten (was es im Englischen ja auch tut). Im Deutschen heißt es aber soviel wie Zuneigung, denn so wird das Wort hier und jetzt gebraucht, egal was es ursprünglich bedeutet hat oder auch bedeuten könnte oder in einer anderen Sprache bedeutet.

Echt? Jetzt kann ich nicht mehr unbeschwert den Stones-Song "Sympathy for the devil" hören. Vielen Dank auch!

Spaß beiseite: Ich stimme dir im Wesentlichen zu. In diesem Thread hat der Schwanz, den ich der Ratte "Menschlichkeit" hinterhergezogen habe, vom Thema weggeführt. Mein Fehler. Ich finde nur, dass gerade der Begriff "Menschlichkeit" die eigentliche ursprüngliche naheliegendste Bedeutung extrem verzerrt. Der Begriff ist eines der Ornamente in der Krone der Schöpfung. Ich breche die Ornamente halt zu gerne heraus.

Zum Glück sind wir aber nicht auf Neuschöpfungen wie "Brackelschlaps" angewiesen, sondern haben einen soliden Vorrat an Wörtern, mit denen wir den Begriff Menschlichkeit füllen können, bis er Bedeutung hat. Und das, ohne die Sprache oder die Typografie zu verschandeln wie bei der Debatte um geschlechtergerechte Sprache.

Hildegard

Zitat von: Pelacani am 27. September 2014, 10:38:34
Ich verstehe immer weniger, was Du uns eigentlich sagen willst.  :gruebel
Er will seine missglückte Wortwahl verteidigen, um keinen Fehler zugeben zu müssen. Das kommt in den besten Familien vor ;-)
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Hawkeye

@ Davos:

Ich verstehe irgendwie Dein Problem nicht: wenn ich die Wahl habe zwischen einem kompetenten aber unfreundlichem und einem schleimig freundlichen aber total inkompetenten Arzt, weiss ich bereits genau, wo ich hingehe.

Die arroganten A****löcher unter den Ärzten sind übrigens im Regelfall schon vor ihrem Medizinstudium so. Noch mehr: nicht wenige von ihnen studieren dieses Fach überhaupt erst, um sich später ungestraft so benehmen zu können.
Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen. Aus ihnen nicht zu lernen, ist dumm. Sie immer wieder zu machen, ist töricht.

Davos

Bei solchen Alternativen gehe ich gar nicht zum Arzt. Und zwar aus Angst. Natürlich will ich beides, Kompetenz und Freundlichkeit. Einen Markt für Homöopathie u. ä. wird es immer geben. Aber ich bin überzeugt davon, dass er sich verkleinern ließe, wenn die "arroganten A****löcher" schon zu Beginn des Studiums ausselektiert werden würden. Das bedeutet ja nicht, dass sich dadurch die Anzahl inkompetenter Ärzte erhöht.

Siehe auch "http://blog.gwup.net/2013/04/20/homoopathie-ganzheitlichkeit-und-die-sprechende-medizin/".

Aus dem Artikel:

Letztendlich holen wir so [durch Unfreundlichkeit, Gleichgültigkeit u. s. w.] die Patienten aus einem gut funktionierenden medizinischen System in ein zweites [Alternativmedizin]. Viel sinnvoller wäre es, sich darüber klar zu werden, dass auch in der Schulmedizin das Reden die wesentliche ärztliche Tätigkeit ist.

Hawkeye

Zitat von: Davos am 03. Oktober 2014, 15:00:02Aber ich bin überzeugt davon, dass er sich verkleinern ließe, wenn die "arroganten A****löcher" schon zu Beginn des Studiums ausselektiert werden würden.

Und wie würdest Du das anstellen wollen? Psychologische Gutachten von allen Studienplatzbewerbern?
Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen. Aus ihnen nicht zu lernen, ist dumm. Sie immer wieder zu machen, ist töricht.

Hildegard

Zitat von: Hawkeye am 03. Oktober 2014, 15:22:34
Zitat von: Davos am 03. Oktober 2014, 15:00:02Aber ich bin überzeugt davon, dass er sich verkleinern ließe, wenn die "arroganten A****löcher" schon zu Beginn des Studiums ausselektiert werden würden.

Und wie würdest Du das anstellen wollen? Psychologische Gutachten von allen Studienplatzbewerbern?
Klar, auf den Weg zum Medizinertest einen "Verunfallten" mit ordentlich Ketchup hinlegen. Wer weitergeht, wird aussortiert :-)
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