Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Der Mollath-Prozess

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von Plinius, 28. Juni 2014, 11:05:22

« vorheriges - nächstes »

Plinius

Zitat von: sweeper am 16. August 2014, 09:05:40
Kann das zur Folge haben, dass bei einer erneuten Gewalttätigkeit der Weg in die Forensik gebahnt ist?

Naja, das war ja damals. Heute müsste natürlich wieder ein Gutachten her und die meisten Gutachter werden wahrscheinlich, selbst eine Gewalttat unterstellt, alles tun, um bei Mollath eine Allgemeingefährlichkeit zu verneinen. Das könnte ich angesichts dessen, was den Gutachtern in der Causa Mollath widerfahren ist, menschlich nachvollziehen.

pelacani

Zitat von: sweeper am 16. August 2014, 09:05:40
Kann das zur Folge haben, dass bei einer erneuten Gewalttätigkeit der Weg in die Forensik quasi schon gebahnt ist?
Das ist nun schon reichlich spekulativ. Dann wäre zu prüfen, ob sich Nedopil bei seiner Prognosestellung geirrt haben könnte - diesmal zu Lasten der Allgemeinheit.   :-X. Allerdings hielt ich seine Überlegungen in dieser Frage für nachvollziehbar.

pelacani

Strate wird im FOCUS zitiert:
ZitatInsgesamt habe er 1400 Stunden am Fall Mollath pro bono gearbeitet, sagte Strate FOCUS. Hinzu kämen 50.000 Euro Unkosten, die er zum Teil mit einer Summe verrechne, die Mollath als Schadenersatz vom Autovermieter Sixt bekommen habe. ,,Die eigentliche Arbeitszeit und ein großer Teil der Unkosten werden unbezahlt bleiben." Er gehe ,,nicht davon aus", dass er von Dritten oder von Mollath noch Geld erhalten werde. Darauf habe er aber auch nicht spekuliert.
http://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-34-2014-verteidiger-strate-kritisiert-seinen-mandanten-mollath_id_4064008.html
Ein Jammer. Es wäre nun an Frau Wolff, einen Spendenaufruf zugunsten des Herrn Strate zu veröffentlichen. Die Markterwartungen der Mollath-Rechte an zukünftigen Veröffentlichungen werden vielleicht nicht genügen, die Finanzierungslücke zu decken.

Ach, ganz nebenbei,
ZitatMuschelschloss ‏@Muschelschloss [12.08.2013]

Lt. #Strate wird #Mollath nachträglich angebotenes Honorar von #Sixt nicht annehmen http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/mollath-sixt-werbung-102.html ... Tja, Gustl ist nicht käuflich ^^

(und, eigentümlich: Der Beitrag des br ist anzitiert, aber wenn man dem Link folgt:)
ZitatFehler 404
Seite nicht gefunden

Zitat von: ErpelderNacht am 06. September 2013, 11:55:20

sweeper

Oliver García bei Beck - unstoppable...:

http://blog.beck.de/2014/08/14/salomonisches-urteil-mit-schalem-beigeschmack-finale-im-prozess-gegen-gustl-mollath#comment-60716
Zitat#2
Oliver Garcia

16.08.2014

@Wall
Sie machen mir Spaß. Sie wollen wirklich den Beweis, daß es keinen Justizskandal gab, führen durch eine Erklärung der Justiz? Das wäre wie die Beweisführung, daß es keinen Einbruch gab, durch eine Erklärung des Einbrechers.
Selbstverständlich kann es nur darum gehen, die in der jetzigen Hauptverhandlung auf den Tisch gekommenen Tatsachen selbstständig zu bewerten. Und nach rechtsstaatlichen Maßstäben wird die Entscheidung der Strafkammer weder im Ergebnis noch in der Begründung von den Tatsachen getragen. Die gesamte Entscheidung ist erkennbar enggeführt an dem Ziel, das damalige Verfahren reinzuwaschen. OStA Meindl sagte richtig: "Wenn im Namen des Volkes entschieden wird, so darf nicht irgendwelchen Strömungen, Meinungen oder Ansichten gefolgt werden, sondern das Gericht muss sich eine eigene Überzeugung von den Geschehnissen schaffen." Genau dagegen hat das Gericht verstoßen, indem es dringlichen Strömungen, Meinungen und Ansichten aus dem Bereich der Justiz und der Psychiatrie gefolgt ist. Das Hauptziel des Gerichts war die Rehabilitierung der Justiz und hierzu war es bereit, juristische Redlichkeit zu opfern.
Gerade das von Ihnen triumphierend herausgestellte Zitat aus der das mündliche Urteil zusammenfassenden Pressemitteilung ("Es fehlten jedoch wichtige, im Ausgangsverfahren noch vorhandene Sachbeweise.") zeigt die manipulative Methode des Gerichts bei dem Versuch, das damalige Verfahren reinzuwaschen, drastisch: Selbst wenn im damaligen Verfahren Sachbeweise vorlagen, auf die - so insinuiert das Zitat - eine Verurteilung gestützt werden könnte (wie Autoreifen), so wurden sie auch im damaligen Verfahren gerade nicht verwendet. Die damalige Überführung erfolgte auf einer wesentlich dünneren Grundlage als der (echte) Freispruch jetzt. (Dies als vorläufige Einschätzung, das Wortprotokoll liegt ja noch nicht vor.)
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

gesine2

Zitateigentümlich
Das muß nichts heißen, Pelacani, denn auch dieses Ergebnis einer schnellen Suchanfrage führt ins eNirwana. Da wird wohl kürzlich etwas umgestellt bzw bereinigt oder was auch immer worden sein. Es soll aber noch akustische Reste von vor fast nem Jahr geben (ganz unten aktuell, 18.8.1013, nicht angehört)
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2

pelacani

Zitat von: gesine2 am 16. August 2014, 12:46:38
akustische Reste
Danke, Gesine! 16:31-17:10. Bei 16:48 heißt es:
ZitatSixt bietet nachträglich ein Honorar an. Mollath lehnt ab.
Also: Mollath hat abgelehnt, aber wie hat's Strate dann "verrechnet"? Oder vielleicht, hat Herr M. seine Empörung öffentlich kundgetan, aber dann (nicht öffentlich) abklingen lassen? Das wäre durchaus ein Zeichen geistiger Gesundheit. Im Gutachten Simmerl, welches ihm attestiert, in finanziellen Dingen zurecht zu kommen, heißt es:
ZitatEr war ebenso dazu in der Lage einige seiner Thesen kritisch zu hinterfragen u. einzuräumen, dass er sich in gewissen Ausnahmesituationen in seinen Überzeugungen "etwas verrannt" haben könnte.
Vielleicht war das so eine These?

sweeper

Passt irgendwie alles nicht:
ZitatNach einem Shitstorm im Internet schaltete Sixt jetzt einen Gang zurück, Mollath wurde ein nachträgliches Honorar angeboten. Mollaths Anwalt Gerhard Strate aus Hamburg kündigte dennoch rechtliche Schritte gegen das Unternehmen an. Besonders die Verwendung des Begriffs ,,verrückt" sei problematisch, so Strate.

http://mobil.mopo.de/politik-wirtschaft/nach-sixt-werbung-mollath-anwalt-strate-prueft-rechtliche-schritte,23477932,24011642.html
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

MountainKing

Zitat von: sweeper am 16. August 2014, 09:05:40
@ Pelacani:
Ich bilde mir ein, unter den abgelehnten 27 Beweisanträgen war auch, ein psychiatrisches Gutachten über Frau M. einzuholen.
Aber ich kann mich täuschen und habe auch keine Lust, es zu verifizieren.

Strates Vulkan-Vergleich lässt Befürchtungen hinsichtlich der Impulskontrolle und Steuerungsfähigkeit von Mollath aufkommen.
Da der Hinweis auf möglicherweise eingeschränkte Schuldfähigkeit Eingang in die Urteilsbegründung gefunden hat:
Kann das zur Folge haben, dass bei einer erneuten Gewalttätigkeit der Weg in die Forensik quasi schon gebahnt ist?

Du erinnerst dich völlig richtig, auf die Schnelle die Mitschrift von Prem vom 15. Verhandlungstag:

Zitat»Sie, nicht ich, könnte Wahnvorstellungen haben«, führt er unter Hinweis auf die neue Tätigkeit seiner Ex-Frau als Geistheilerin aus und benennt als Beweismittel ihre Website. Dabei handle es sich um die Vermarktung eigener Wahnvorstellungen mittels krimineller Energie, weshalb er ein aussagepsychologisches Gutachten anrege.

Schon bemerkenswert, wie schnell und wie deutlich Strate Mollath inzwischen in die Pfanne gehauen hat, erst stellt er ihn als Lügner bloß und nun als brodelnden Vulkan, was für Mollath angesichts der mehrfachen Körperverletzungsvorwürfe oder des mysteriösen kürzlichen Tankstellenstreits nun auch nicht gerade hilfreich ist. Beziehungsweise wäre, wenn man es mit dem nötigen neutralen Abstand betrachtet...

Auch die Erklärungen bezüglich der Schwarzgeldgeschäfte sind sehr dürftig, "es bringt wahrscheinlich nichts, weil die Spitzen von Banken schwer zur Verantwortung zu ziehen sind" - nun ja, wenn man doch so klare Beweise hat, könnten die vielen Mollath wohlgesonnenen Journalisten doch wenigstens mal weiterrecherchieren. Strate wird wohl inzwischen wissen, dass GM auch in dieser Hinsicht wohl nicht zu glauben ist...

MountainKing

Sehr guter Kommentar IMO:

http://strafblog.de/2014/08/16/ach-ja-der-gustl-ein-freispruch-ist-ein-freispruch-ist-ein-freispruch/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=ach-ja-der-gustl-ein-freispruch-ist-ein-freispruch-ist-ein-freispruch

ZitatIch kenne den Gustl Mollath nicht persönlich, habe allerdings eher zufällig einige seiner Unterstützer(innen) kennengelernt. Die kamen mir recht fanatisch vor und hatten keinerlei Zweifel daran, dass der Mann keinesfalls seine Frau misshandelt hat und offensichtlich das Opfer einer groß angelegten Intrige geworden ist, als er im Jahr 2006 vom Nürnberger Landgericht wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und in die Psychiatrie eingewiesen worden ist. ...
Es erscheint offensichtlich, dass die Nürnberger Justiz seinerzeit nur ein bedingtes Aufklärungsinteresse hatte und jedenfalls reichlich nachlässig gearbeitet hat, als es dem zum Teil reichlich verquasten Verteidigungsvorbringen Mollaths keine Bedeutung beimaß und weitgehend darauf verzichtet hat, dieses zu überprüfen. Es spricht vieles dafür, dass es sich das Gericht zu leicht gemacht hat, als es die ebenfalls angeklagten Reifenstechereien trotz dürftiger Beweislage als nachgewiesen angesehen hat, weil das einfach ins Bild eines wahnbesessenen Täters passte. Es hat den Anschein, dass die psychiatrischen Sachverständigengutachten über den Gustl  nicht unbedingt lege artis zustande gekommen sind, was aber zumindest zum Teil daran gelegen haben dürfte, dass der sich schlichtweg nicht untersuchen lassen wollte. ...

Der zwischenzeitlich für manche seiner Unterstützer zum Helden mutierte Herr Mollath hat es seiner Verteidigung im Wiederaufnahmeprozess nicht gerade leicht gemacht. Mandatsintern muss schon Einiges passiert sein, wenn sich die bis dahin überaus engagierte Verteidigung veranlasst sah, das Mandat während der Hauptverhandlung niederzulegen und später – allerdings ohne Erfolg – darum zu bitten, die dann erfolgte Pflichtverteidigerbeiordnung wegen eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses zurückzunehmen. ...

Rechthaberisch ist der Mann, und irgendwie vielleicht doch ziemlich wahnhaft in seinen Ideen gefangen. Seine im Verfahren erörterten Briefe an Bundestagsabgeordnete, den Papst, an Gerhard Schröder, Kofi Annan und die Uno und die Vielzahl seiner noch angekündigten bzw. gestellten Beweisanträge deuten in diese Richtung.

Ich denke, dass der Freispruch samt Begründung in Ordnung geht und so jedenfalls gut vertretbar ist, zumal der in Regensburg angehörte Sachverständige Prof. Dr. Nedopil – ebenfalls auf eigentlich zu dünner Grundlage, weil Mollath sich auch von ihm nicht explorieren ließ – konstatiert hat, dass von dem Mann jedenfalls heute keine Gefährlichkeit ausgeht.

sweeper

@Mountainking:
Vielen Dank, dass du das rekonstruiert hast!
Inzwischen ist mir die Quelle wieder eingefallen:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Beweisermittlungsantrag-Mollath-2014-08-08.pdf

S.3
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

pelacani

Zitat von: sweeper am 16. August 2014, 13:53:09
@Mountainking:
Vielen Dank, dass du das rekonstruiert hast!
Inzwischen ist mir die Quelle wieder eingefallen:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Beweisermittlungsantrag-Mollath-2014-08-08.pdf

S.3

Steigt ein Betrunkener am Kudamm in ein Taxi. "Zum Kudamm bitte" - Der Taxifahrer dreht sich um und sagt: "Mein Herr, wir sind am Kudamm!" - "Hier hamse 10 Euro, beim nächsten Mal fahrnse nich so schnell!"

vgl. #777  (zitiert die Beweisanträge).

;)

MountainKing

Sorry Pelacani, ich wollte dir die Lorbeeren nicht stehlen. :)

Beate Lakotta könnte demnächst als Hassobjekt Nr. 1 in bestimmten Blogs abgelöst werden durch Susanne Stemmler, ihre Kollegin von der Nürnberger Zeitung (die allerdings auch noch Jura studiert hat):

ZitatKlar, dass Gustl Mollath mit dieser Art von Freispruch nicht zufrieden ist und er sich nicht restlos reingewaschen fühlt, hält ihn doch das Gericht der gefährlichen Körperverletzung für überführt. Ja sogar Wahnvorstellungen zur Tatzeit haben die Regensburger Richter nicht ausgeschlossen. Zu seinen Gunsten wurde bei ihm von Schuldunfähigkeit ausgegangen. Dass Mollath nun auch noch diesen Freispruch am liebsten anfechten würde, zeigt seine Verbohrtheit.

Vergeblich hat er darauf gewartet, dass sich die Justiz auf Knien bei ihm für seine verlorenen Jahre entschuldigt. Der 57-Jährige muss sich mit einer Entschädigung zufriedengeben, die im fünfstelligen Euro-Bereich liegt.

Und das war ein weiterer Irrtum in dem Verfahren: Die Nürnberger Richter hatten Mollath 2006 nicht sieben Jahre lang in die Psychiatrie geschickt. Im Zuge des damaligen Strafverfahrens ordneten sie seine Unterbringung an, weil er als gefährlich für die Allgemeinheit galt. Es lag jedoch einzig an ihm, in Gesprächen mit diversen Gutachtern mitzuwirken und so klarzustellen, dass er ,,normal" ist. Bis zum Schluss hat Mollath aber nicht mit Psychiatern kooperiert. Hätte er dies getan, wäre er viel schneller entlassen worden. Keine forensische Einrichtung behält ihre Insassen gern länger als nötig, wird doch jede Entlassung als Erfolg verbucht.

Noch ein dritter Irrtum schwebte über dem Mollath-Verfahren. Dass dieser Strafprozess ein politischer war, stimmt schlichtweg nicht. Im Grunde ging es um eine Beziehungstat, um Animositäten zwischen einem Paar, das sich getrennt hatte. Dass Mollath immer wieder von seinen Taten ablenkte, zeigt nur eins: Er hatte sich in eine Verschwörungstheorie verrannt. Auch wenn seine Ex-Frau Schwarzgelder von A nach B geschafft hat, wäre dies kein Rechtfertigungsgrund für gewaltsame Übergriffe gewesen. Und noch ein letzter Irrtum: Dass hier ein falsches Urteil des Nürnberger Landgerichts revidiert werden sollte, war keineswegs Ziel des Wiederaufnahmeverfahrens. Vielmehr galt es, ergebnisoffen den Prozess neu zu führen und die alte Anklage neu zu bewerten. Das ist in Regensburg vorbildlich gelungen.

http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/nz-news/nach-urteil-die-irrtumer-im-fall-gustl-mollath-1.3829453?searched=true

pelacani

Im Rückblick auf die Causa Mollath sollte nicht völlig untergehen, dass es offenbar im ersten Prozess 2006 einige Verfahrensfehler gegeben hat. Die bestrittene Rechtmäßigkeit der stationären Begutachtung beispielsweise. Sie werden hier nicht besprochen, weil sie auch im Wiederaufnahmeprozess nur indirekt verhandelt worden sind.

Das Gutachten Nedopil aus allgemein-psychiatrischer Sicht und aus der Ferne. Unsystematische Bemerkungen.

Die folgenden Bemerkungen kranken natürlich an dem Umstand, dass weder eine hinreichende Kenntnis der Akten vorhanden ist, noch je eine persönliche Begegnung mit dem Hauptakteur stattgefunden hat. So etwas wird allerdings lediglich in der Fachwelt als Hinderungsgrund gesehen, sich überhaupt zu äußern. Allgemein gilt: je weniger Sachkenntnis in psychiatrischen Angelegenheiten, umso beredter, globaler, schärfer, anklagender die Stimmen in der Öffentlichkeit, z. B. von Juristen (vom Lehrstuhlinhaber bis zum Alleskönner, vom Ressortleiter einer überregionalen Tageszeitung zum quasi-anonymen Vordenker der Verteidigung). Auch der Kronzeuge der Psychiatrie-Demaskierung, Herr Gert Postel, kam zu Wort (wenn seine Äußerungen nicht gefaked oder hochgestapelt waren).

Der eine oder andere Quasi-Experte lag der Öffentlichkeit im Ohr - vom Psychiater, der gegen den Politischen Missbrauch der Psychiatrie in der Bundesrepublik und gegen die psychiatrische Fachgesellschaft engagiert ist, bis hin zum Psychologen, der seine forensische Begabung nach Bekanntwerden der Causa Mollath entdeckt und liebevoll im Alleingang kultiviert hatte (alle übrigens pensioniert, sozusagen zornige alte Männer). Die Scheinwerferkegel waren in der allerjüngsten Vergangenheit nur etwas kleiner.

Nedopil selbst (auch pensioniert, aber nicht zornig) spricht nicht von Gutachten, sondern von Stellungnahme. Er betont also das Vorläufige, das Suboptimale. Jedenfalls lehnt er damit eine Verantwortung für ein ,,Übernahmeverschulden" ab. Man weiß nicht recht, ob er sich damit der stürmischen Forderung nach Selbstkritik der beschämten Psychiatrie gestellt oder entzogen hat.

Da sich die mittlerweile vom Mandanten ungeliebte Verteidigung nebst ihrem stählernen Rückgrat weiterhin in bombastischen wenn auch diffusen Anklagen gegen die Psychiater ergeht, die ,,allesamt gefehlt" hätten, will auch ich ein bisschen den Mond ankläffen.

Ich stütze mich auf das Strate-Protokoll vom 13. Verhandlungstag. Offensichtliche orthografische Fehler, Wortdoppelungen o. ä. wurden stillschweigend korrigiert.

1. Mündliches Gutachten

ZitatUm diese Überlegungen für den konkreten Fall des Herrn Mollath plastisch darzulegen, kann auf die Aussage der Frau Dr. Krach in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 18.09.03 hingewiesen werden. Es ist aus klinischer Sicht nachvollziehbar, wenn sie den Verdacht einer ernst zu nehmenden psychiatrischen Erkrankung äußert. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht wäre allerdings zwangsläufig darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Anknüpfungstatsachen um einseitige Informationen handelt, die zu dem Zusatz hätten führen müssen, ,,wenn man den Angaben der Frau Mollath folgt".
Niemand hat je bestritten, dass das Attest auf den Angaben von Frau Mollath beruht. Allerdings erwähnt Nedopil hier nicht, aus welchen Gründen sich Frau K. in dieser Weise von den Angaben der Frau M. hätte distanzieren müssen. Woraus hat er geschlossen, dass die Geschichte, wie sie von Frau M. geschildert worden ist, nicht glaubhaft gewesen ist, dass die Fachärztin nicht unterscheiden kann zwischen gewaltbedrohtem, ratlosen Angehörigen psychisch Erkrankter und – meinetwegen raffinierter – Rosenkriegerin? Gemessen an der Schärfe der Schlussfolgerung ist das ein eher seidenweiches Infragestellen des Verdachts auf Vorliegen einer schweren psychischen Erkrankung.

ZitatGleichwohl wäre aus psychiatrischer als auch aus forensisch-psychiatrischer Sicht eine Abklärung zwingend erforderlich gewesen, denn eine Erkrankung ist etwas Gravierendes, das ist ein Verdacht, dem nachzugehen ist.
Wie geht man einem Verdacht nach, der nicht einmal den eigenen Patienten betrifft? Die Auseinandersetzung mit Hausärzten kann unbequem sein. Wenn der Hausarzt des Herrn M. existiert, gefunden worden ist, ein Kontakt hergestellt ist, dann könnte der ja sagen: Gehen Sie doch selber zum Hausbesuch, was soll ich da machen! Auch Sozialdienste leisten gelegentlich hinhaltenden Widerstand. Dennoch hätte man es versuchen können, vielleicht müssen. Ein grundsätzlicher Einwand, ein Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verdachtsdiagnose, lässt daraus sich m. E. nicht ableiten.

ZitatIm ersten Verfahren stand Herr Mollath mit dem Rücken an der Wand: Gericht und die Prozessbeteiligten wollten nicht das gleiche verhandeln wie Herr Mollath. Erstere wollten ein Verfahren über häusliche Gewalt führen, Herr Mollath wollte einen Finanzskandal und Geldschiebereien anprangern. Das Gericht wollte den Routinefall schnell über die Bühne bringen, abhaken und vergessen. Herr Mollath tat dies nachvollziehbarerweise nicht und er wollte es auch nicht. Für ihn ging es um Existentielles. Man sprach also grundsätzlich aneinander vorbei.
Herr M. und Herr B. werden hier so dargestellt, als wäre ihr jeweiliges Anliegen in gleicher Weise angemessen oder legitim gewesen. Das mag die subjektive Seite korrekt schildern; objektiv war das natürlich nicht der Fall. Ich finde nicht, dass das unwesentlich ist.

ZitatAllerdings ist Herr Mollath zu vorübergehender Kompromissbildung fähig, wie das Herr Simmerl berichtet. Allerdings scheint dies nur vorübergehend möglich, wie die Niederlegung des Mandats durch die Verteidigung belegt.
Es wäre zu ergänzen, dass weiter differenziert werden sollte, in welchen Angelegenheiten Herr M. zu Kompromissen in der Lage ist und in welchen nicht. Simmerl schreibt in seinem Befund:
ZitatDie Stimmung war dabei indifferent, der Affekt war adäquat, die Schwingungsfähigkeit war nicht eingeschränkt. Psychomotorisch war er auffällig ruhig, ließ auch kritische Zwischenfragen problemlos zu [Hervorhebung durch mich] u. beantwortete diese durchaus differenziert. Der formale Gedankengang war geordnet, kein Hinweis für eine umschriebene Denkstörung.
Inhaltlich berichtete der Betroffene ausführlich von seiner Vorgeschichte, wobei er doch erheblich auf die vermeintlichen oder tatsächlichen Schwarzgeldkonten seiner geschiedenen Frau in der Schweiz eingeengt war. In dieser Richtung besteht weiterhin eine hohe subjektive Überzeugung bzw. Gewissheit. Alle weiteren, zum Teil paranoid anmutenden Verhaltensweisen u. Erlebnisse werden aus der subjektiv empfundenen Vorgeschichte ableitbar u. nachvollziehbar begründet. [Gutachten Simmerl]
und in seiner Beurteilung:
ZitatHerr Mollath schilderte bei der ausführlichen Exploration umfangreich, detailversessen, aber jederzeit nachvollziehbar u. geordnet seine subjektive Sicht der in den letzten Jahren vorgefallenen Ereignisse, die schließlich zur Unterbringung im Maßregelvollzug führten. Er wirkte dabei psychomotorisch ruhig, im Affekt adäquat u. ließ auch kritische Nachfragen zu. Er war ebenso dazu in der Lage einige seiner Thesen [Hervorhebung durch mich] kritisch zu hinterfragen u. einzuräumen, dass er sich in gewissen Ausnahmesituationen in seinen Überzeugungen "etwas verrannt" haben könnte.
Mit absoluter Gewissheit blieb er allerdings bei seiner Darstellung der tatsächlichen oder vermeintlichen Schwarzgeldkonten seiner geschiedenen Ehefrau in der Schweiz, die er als Ausgangspunkt sämtlicher folgender Ereignisse sieht. [Gutachten Simmerl]
In der ausführlichen Wiedergabe der Anamnese verzichtet Simmerl zugunsten einer zusammenhängenden Darstellung darauf, seine Zwischenfragen zu erwähnen. Wir wissen also nicht, zu welchen Thesen genau Herr M eingeräumt hat, er könnte sich ,,verrannt" haben. Auch zu der These, er wäre zwecks Deckung der Banken verurteilt worden, und die Psychiater, Betreuungsanwälte etc. steckten mit unter der Decke? Das ist wichtig, denke ich.
ZitatOb es sich dabei tatsächlich um Wahneinfälle, um verzerrt wahrgenommene Begebenheiten mit "gewissem realistischen Kern" oder tatsächlich um die Wahrheit handelt, vermag der Unterzeichner nicht mit Sicherheit zu sagen. [Gutachten Simmerl]
Dies bedeutet: der Gutachter kann nicht sicher zwischen den Diagnosen ,,schizophrener Wahn", ,,wahnhafte Störung" und ,,psychische Gesundheit/Persönlichkeitsstörung" unterscheiden, weil ein Außenkriterium für die Inhalte gefehlt hat. Es wäre möglicherweise angemessen gewesen, hier darauf zu verweisen, dass die Strafakte nicht zur Verfügung stand. So, wie es im Gutachten formuliert ist, wird letztlich unterstellt, dass Herr M möglicherweise tatsächlich wegen seiner Aufdeckung der Schwarzgeldverschiebung verurteilt worden ist. Retrospektiv ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich dabei ,,tatsächlich um die Wahrheit handelt", derart gering, dass das in der Differenzialdiagnose nicht ernsthaft infrage kommt. Weiter schreibt Simmerl:
ZitatEs kann allerdings festgestellt werden, dass die Schilderungen des Betroffenen nicht bizarr, völlig unrealistisch oder "kulturfremd" waren. Diese Kriterien, die für schizophrenietypische Wahnideen genannt werden, sind mit Sicherheit nicht erfüllt. Auch ansonsten fand sich bei der Untersuchung keinerlei Hinweis für eine psychotische Symptomatik. [Gutachten Simmerl]
Dies spricht gegen eine psychotische Erkrankung, aber noch nicht gegen eine wahnhafte Störung. Im Weiteren entscheidet sich Simmerl für die Diagnose einer auffälligen Grundpersönlichkeit mit fanatisch-querulatorischen Zügen; für irgendetwas musste er sich entscheiden (er hatte nicht die Ausrede, dass er nicht habe explorieren können). Eine explizite Differenzialdiagnose zwischen wahnhafter Störung und Persönlichkeitsstörung nimmt er nicht vor, und auf diese Weise favorisiert er nachträglich, implizit, die Wahrheit der Schwarzgeldgeschichte. Die Schwarzgeldgeschichte als solche wurde in der Wiederaufnahme als wahr unterstellt, aber als eigentlicher Grund der Verurteilung ist sie erweislich unwahr.

Weiter wieder mit Nedopil.
ZitatDa sowohl Frau Mollath wie auch Herr Mollath unterschiedliche Angaben machen und auch Angaben machen, die offensichtlich nicht verifiziert worden sind, z.B. Waffenbesitz, z.B. Verletzungen, die er erlitten hat, die sich als nicht belegbar herausstellten (s. das Attest über Herrn Mollath vom 29.11.2002).
Nedopil spricht von 6000 Seiten, die er gesichtet habe. Die Möglichkeiten, der Ehrgeiz oder das Interesse von Herrn Dr. h. c. Strate haben natürlich nicht so weit gereicht, diese 6000 Seiten ins Netz zu stellen. Das wäre also ein diskreter Hinweis darauf, dass es dem Publikum aus der Ferne natürlich so gut wie unmöglich ist, zu gültigen Schlüssen zu gelangen – auch wenn die bekannten Umstände zu einer begründeten Meinung reichen sollten. Dieses Attest vom 29.11.2002 kenne ich nicht.

ZitatDer Inhalt der Schriftsätze geht jedoch in den Jahren 2004 und 2005 über das hinaus, was aufgrund des allgemeinen Menschenverstandes und auch aufgrund psychiatrischer Überlegungen als realitätskonform zu bezeichnen ist. So ist es nicht mit der Realität zu vereinbaren, dass ein Arzt zu Schwarzgeldschieberkreisen gehört, nur weil er der Nachbar eines Mitarbeiters einer Bank ist, bei der möglicherweise Schwarzgeld verschoben wird, und es ist auch nicht mit dem allgemeinen Erfahrungshintergrund zu vereinbaren, dass ein Arzt im Sinne einer Bank begutachten würde, weil er ein Konto bei dieser Bank hat. Herr Lippert hat das in der Hauptverhandlung verneint.
M. a. W.: normalpsychologisch nicht erklärbar.

ZitatGegenüber Dr. Simmerl räumte Herr Mollath ein, dass er sich in der damaligen Ausnahmesituation etwas ,,verrannt" haben könnte. Gemäß Protokoll der Gerichtsverhandlung des AG Nürnberg vom 25.9.03 habe er gesagt, dass er sich in einer Grenzsituation befindet. Es entspricht meinem Erfahrungswissen, dass Menschen in besonders bedrohlichen Situationen und in emotionalen Krisen übermäßig misstrauisch, ängstlich und verzweifelt sind und Befürchtungen hegen, die der Realität nicht entsprechen. Sie sind dann, wenn Ausnahmesituation abgeklungen ist, wieder in der Lage, die Umstände realitätsgerecht wahrzunehmen und zu interpretieren und frühere Fehleinschätzungen zu revidieren.
Es ist aber schon sehr ungewöhnlich, dass solche Ausnahmesituationen zwei Jahre anhalten.

ZitatIn keinem Gutachten wurde begründet, inwiefern diese Taten wahnhaft motiviert gewesen sein könnten, oder inwieweit ein Wahn die Schuldfähigkeit oder Einsichtsfähigkeit tangiert haben sollte. Das fällt auch insofern schwer, als Autoreifen von Personen angestochen waren, die Herr Mollath als Gegner sehen konnte - und dazu gehören auch Psychiater, die einen Menschen einweisen, wie auch Menschen, die nicht in die Kategorie der Gegner fallen wie der Manager aus München. Wenn aber ein Zusammenhang zwischen Wahn und Handlung nicht hergestellt werden kann, ist es wenig nachvollziehbar, warum für diese Handlung eine verminderte Steuerungsfähigkeit angenommen werden müsste. Es ist dann auch nicht schlüssig, warum aus dem Wahn eine Gefährlichkeit abzuleiten ist. Das bedeutet nun wiederum nicht, dass die Annahme eines Wahns und auch die Annahme von Gefährlichkeit widerlegt wären, es bedeutet nur, dass eine angenommene Gefährlichkeit nicht aufgrund einer psychischen Störung bestand, die bei Herrn Mollath diagnostiziert wurde.
Gemeint ist: wenn ein ,,Nicht-Gegner" betroffen war, dann war es kein Wahn. Und bei ,,Gegner" wäre darüber hinaus die Frage, ob Gegner aus einem krankhaften Verfolgt-Erlebnis heraus oder ob aus einer normalpsychologisch verstehbaren Reaktion heraus. Später wird herausgearbeitet:
ZitatDas Aufstechen von Reifen von Personen, die keinen Bezug zu Herrn Mollath hatten, ist motivational kaum auf einen Wahn zurückzuführen. Auch bei Personen, die er als Gegner ansah, wäre eine normalpsychologische Motivation ebenso plausibel, ebenso plausibel wie eine wahnhafte. Er hat ja eine Wut gehabt, ob er Reifen aufgestochen hat oder nicht, aber wenn, dann wäre eine normalpsychologische Reaktion ebenso wahrscheinlich wie eine wahnhafte. Insbesondere bestehen auch bezüglich dieser Deliktserie, wenn sie Herrn Mollath zugeordnet wird, erhebliche Unsicherheiten bzgl. der Motivation.
Es wäre also eine wahnbedingte Motivation (bei den ,,Gegnern") möglich gewesen; nur lässt sich das eben ohne Exploration nicht klären.

ZitatBei Herrn Mollath werden von allen Gutachtern, die im Auftrag von Staatsanwaltschaften und Gerichten mit ihm befasst waren, auffällige Persönlichkeitszüge attestiert [...]
Mit dieser scheinbar harmlosen, redundanten Formulierung wird das ,,Gutachten" Weinberger ad acta gelegt.

ZitatHerr Mollath hat bis zu seinem Rechtsstreit in den 90er Jahren offensichtlich eine weitgehend unauffällige Entwicklung genommen [...] er ist erst seither mit dem auffällig geworden, was Herr Simmerl als querulatorisch-fanatische Züge bezeichnet hat. [...] Allein aus diesem Querschnittsbefund ist die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht abzuleiten. [...] Es ist nämlich notwendig, dass die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung fundiert wird auf einer das Leben begleitenden Störung, d.h. eine Störung, die in der Jugend beginnt und sich dann bis zum Alter fortsetzt und eher im Alter abnimmt, als dass sie zunimmt. Dies lässt sich zumindest mit den vorliegenden Erkenntnissen nicht begründen. Es ist deshalb aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem jetzigen Wissen die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht zu begründen, aber auch nicht auszuschließen.
Das ist sicher korrekt. Aber wenn es keine Persönlichkeitsstörung ist, dann bleibt nur die wahnhafte Störung als Diagnose übrig, denn außer der ,,Harald-Schmidt-Episode", die sich als Erstrangsymptomatik interpretieren lässt, gibt es kaum Anhalt für eine Psychose i. e. S. Tatsächlich ist eine Psychose in keinem Gutachten als führende Differentialdiagnose angenommen worden.

ZitatZum Zeitpunkt der Herrn Mollath vorgeworfenen Taten befand er sich in einer Ausnahmesituation, die psychodynamisch zu einer Änderung der Persönlichkeit geführt haben kann.
Eine Änderung der Persönlichkeit unterstellt eine dauerhafte Veränderung deutlichen Ausmaßes, ansonsten wäre es korrekter, entweder von einer Anpassungsstörung (geringeres Ausmaß; vorherrschende Symptomatik häufig eher depressiv) oder von einer kurzdauernden psychotischen Episode (schwerwiegend, aber Dauer nur wenige Wochen) zu sprechen. Im Zusammenhang mit den von Nedopil in den Vorbemerkungen angestellten Überlegungen nehme ich an, dass er hier an den Umschlag von einer sensitiven Persönlichkeit (Kretschmer) in die wahnhafte Störung denkt, dazu unten noch ausführlicher.

ZitatDeshalb ist die Diagnose einer wahnhaften Störung bei prospektiver Betrachtung, ausgehend vom Jahr 2004/2005, nachvollziehbar,
In der Tat.

ZitatAllerdings bleibt eine solche diagnostische Einschätzung so lange eine Hypothese, solange nicht durch eine Exploration überprüft wurde, ob Herr Mollath in dem geschlossenen System wahnhafter Überzeugungen gedacht und gelebt hat.
Es wäre aber doch noch die Frage zu stellen, welche Differentialdiagnose Nedopil in Betracht ziehen will, wenn er einerseits klassische Symptome eines Wahns und normalpsychologisch nicht mehr erklärbare psychische Auffälligkeiten über einen Zeitraum von wenigstens zwei Jahren sieht (möglicherweise, wenn auch keineswegs sicher, auch schon seit Mitte der 90er Jahre), andererseits diese Diagnose aber nicht stellen will. Salopp gesagt: gesund ist das ja auch nicht.

ZitatWer für die Konsequenzen verantwortlich ist, wenn die Überprüfung einer Krankheitshypothese nicht möglich ist, ist von mir nicht zu beurteilen.
Man muss sich seine Zweifel halt leisten können.

Was die Schuldfähigkeit angeht: ich bin froh, dass ich den Job nicht habe. Was die forensische Prognose angeht, finde ich die Darlegungen Nedopils überzeugend.

pelacani

2. Die Befragung.

ZitatVRiinLG Escher: [...] Wir haben das jetzt so verstanden, dass das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung i.S. einer wahnhaften Störung zu den angeklagten Tatzeiten beim Herrn Mollath aus medizinischer Sicht weder zu belegen noch auszuschließen ist. Richtig?
Prof. Nedopil: Im Prinzip ja, im Detail nicht.
Er erläutert dann, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Diagnosen handelt, und worin sie sich unterscheiden. Schließlich:
ZitatAlso insofern richtig, dass ich sage: ich kann keine dieser beiden Störungen positiv belegen, ich kann aber auch nicht ausschließen, dass die Persönlichkeitsstörung vorhanden ist und ich kann auch nicht ausschließen, dass zum Zeitpunkt dieser Krise, dass sich das so zugespitzt hat, dass eine wahnhafte Störung vorgelegen haben könnte.
Zu erinnern ist aber daran, dass Nedopil zuvor die möglichen Einwände gegen eine Persönlichkeitsstörung vorgebracht hat: Bis Mitte der 90er Jahre war Herr M. wahrscheinlich in dieser Hinsicht unauffällig. Der Einwand gegen die wahnhafte Störung dagegen war in erster Linie die fehlende Explorationsmöglichkeit, in zweiter Linie das Erfahrungswissen um eine zeitweilige Ausnahmesituation, s. o. Nicht diskutiert wird hier die theoretische Möglichkeit der völligen geistigen Gesundheit. Die ist fernliegend.

ZitatVRiinLG Escher: [...] Die Annahmen von Herrn Mollath hatten einen realen Kern, so dass ein Handeln aus wahnhafter Motivation kaum angenommen werden kann?
Prof. Nedopil: Also: erstens hatten die einen realen Kern, in dem Sinn, dass Frau Mollath ja tatsächlich wiederholt an die Justiz herangetreten ist, an die StA, an das Gericht, wann bringt ihr den denn endlich unter. Das ist ein realer Kern, der ist nicht zu bestreiten.
Das ist klar. Allerdings wird die Frage nicht berührt, was Herrn M. in die Aufdeckung des Schwarzgeldskandals getrieben hat. Die psychischen Auffälligkeiten, die von Frau M der Frau Krach geschildert wurden, liegen zeitlich vor der Trennung der Eheleute am 30.05.02; der Beginn des ,,Bankenkriegs" danach. Bereits die Aufdeckungstätigkeit könnte also noch etwas anders motiviert gewesen sein als durch einen Racheakt im Rosenkrieg. Der Begriff ,,real" wird dann relativ.

ZitatDer zweite: Dass im Revisionsbericht steht, es könnte sein, wenn Herr Mollath an die Öffentlichkeit tritt, dass dies Konsequenzen für die Bank hat. Das ist auch ein realer Kern. Das sind auch die Kerne, die Grundlage seiner Überzeugungen sind. Das wussten aber zumindest in Bezug auf die Bank der damalige Gutachter und der damalige Psychiater nicht. Dieser Revisionsbericht ist ja erst später in die Öffentlichkeit gekommen, obwohl er schon vorher da war.
Das ist sicher ein Beleg für die Ernsthaftigkeit der Vorwürfe gegen die Bank, bzw. ihre Mitarbeiter. Der Satz im Urteil:
ZitatMag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt
[Urteil LG Nürnberg-Fürth, 2006]
wäre aber dennoch in diesem Kontext zu diskutieren. Die Schwarzgeldverschiebungen werden hier nämlich implizit ,,als wahr unterstellt".

ZitatVRiinLG Escher: [...] Bedeutet das, dass § 20/21 offen geblieben ist?
Prof. Nedopil: Ja. Also kaum - also nicht angenommen werden kann. Aus meiner Überzeugung: das Handeln hat so viel realen Hintergrund, dass ich aus heutiger Sicht und zwar mit dem Wissen um den Revisionsbericht sagen würde, da ist so viel mehr an realen Grundlagen da, dass ich eine wahnhafte Motivation gar nicht mehr wirklich annehmen kann, obwohl er durchaus wahnhafte Aspekte drin hat wie bspw. die Übertragung, dass Wörthmüller Teil des Systems ist, dass Lippert Teil des Systems ist. Das sind sicher Sachen, die die Realitätsbasis verlassen. Aber der Kern – ok - übermäßiges Misstrauen, wo die Grenze überschritten ist, kann man nicht sagen aus der Ferne. Ich würde sagen, dass es bzgl. Wörthmüller und Lippert die Grenze überschritten hat, aber nicht bzgl. der Auseinandersetzungen der Frau.
Heißt: er hatte einen Wahn, aber N. glaubt nicht, dass dieser Ursache für die Körperverletzung der EF gewesen ist. Da würde ihm der Rosenkrieg offenbar genügen. An dieser Stelle werden das Krach-Attest mit den Auffälligkeiten vor dem Bankenkrieg und die sonstigen Hinweise auf eine Bedrohlichkeit nicht erwähnt (z. B. Dolmany, Observierungen, Pflasterstein). Das Krach-Attest allein war nicht detailliert, d. h. für den späteren Leser in seiner Folgerung nicht nachvollziehbar; dafür war es aber auch nicht gedacht. Bei der Krach-Vernehmung war Nedopil leider nicht zugegen. Das Strate-Protokoll der in Bezug auf die Vorgeschichte interessanten Vernehmung des ehem. Autohändlers Joachim Z. (8. Verhandlungstag am 16.07.14) liegt nicht vor (Stand 16.08.14). Weder aus dem SpON-Bericht noch aus Pascal.Durain ist erkennbar, ob Nedopil dabei gewesen ist [edit: Nach dem Bericht von Regensburg-Digital war Nedopil anwesend, vgl. #444.]   

Zitatdass er damals in einer tatsächlichen Ehekrise war, dass es zu Auseinandersetzungen kam, dass es auch aus der affektiven Belastung zu einer Beeinträchtigung hätte kommen können, die nicht zur Aufhebung führt. Das ist wahrscheinlich - das ist aber auch nicht so, dass ich davon überzeugt bin, wie ich auch - das muss ich auch sagen - wie ich auch von der Diagnose des Wahnes auch nicht wirklich überzeugt bin. Das habe ich, glaube ich, deutlich genug gesagt.
Komfortabel, aber was ist denn dann gemeint mit ,,Ich würde sagen, dass es bzgl. Wörthmüller und Lippert die Grenze überschritten hat"? Er hätte da doch ein wenig deutlicher werden können, finde ich.

Zum aktuellen Verhalten. Meindl erwähnt, dass M. jeden befragt (ausforscht könnte man vielleicht auch sagen), in welcher Beziehung er zu Herrn Maske stehe, und Nedopil antwortet:
ZitatWas aber gegen den Wahn spricht, dass er sich hier dann mit der Feststellung, ich habe nichts damit zu tun/ich kenne den nicht, ich kenne den nicht oder weniger gut, dass er sich damit zufrieden gegeben hat, was bei einem Wahnkranken in aller Regel nicht der Fall gewesen wäre. Ich würde sagen: das passt in eine misstrauische Einstellung, aber es nicht ein Wahn.
Leider konnte er ja Herrn M nicht coram publico oder sonstwie befragen, ob Herr M nach einer Negativauskunft auch - zumindest ein bisschen - davon abgerückt ist, diese Beziehungen weiterhin anzunehmen, oder ob er weiter von der Existenz solcher Verbindungen unverrückbar überzeugt ist (und sich sozusagen nur aus taktischen Gründen in der Verhandlung zurückgehalten hat). Ich finde, Nedopil hätte an dieser Stelle, wie er es an mehreren anderen Stellen auch getan hat, auf die fehlende Explorationsmöglichkeit hinweisen können. Ist es wirklich nur ein nachvollziehbares Misstrauen, die Beisitzerin nach ihrem Geburtsnamen zu fragen (egal, was Schlötterer dazu schreibt), oder sollte man das nicht offenlassen?

ZitatSteht drin, dass 3-83 entfernt wurden. Weil da Informationen aus der §81-Unterbringung enthalten sind und das ja außen vor bleiben muss,
Die stationäre Begutachtung und eigentlich das gesamte Gutachten Leipziger stehen außerhalb der Kritik, sie sind wie nicht gewesen.

Strate ist oder gibt sich empört, dass die Mandatsveränderung von Nedopil als Zeichen fehlender Kompromissfähigkeit gedeutet wird:
ZitatRA Dr. Strate: Und das ist dann schon möglicherweise ein Anzeichen, welches von der Psychiatrie betrachtet werden muss.
Ja, das ist es, wenn es sich über die Jahre hinzieht. Anschließend versucht Strate es mal wieder mit der Wörthmüller-Episode (:gaehn:). Dann fordert er Nedopil zur Kritik an Leipziger und Wörthmüller auf. Nedopil erwidert:
ZitatWenn dann die Informationsquellen oder die Tatsachen, auf die er sein Gutachten stützt, als unzureichend ansieht, muss er das deutlich machen. Das ist - wenn Sie so wollen - nicht deutlich in der Vergangenheit geschehen. [Wenig später, auf eine Frage von Herrn M:]  Deshalb kann ich es nicht nachvollziehen, dass Sie sich jemanden widersetzen, der ein kritische Sicht auf die eigene Zunft hat.
Dies ist ebenso sehr die Zusammenfassung seiner eigenen Auffassung wie die Kritik der Vorgutachten.

ZitatG. Mollath: Grüß Herr Prof. Dr. Nedopil.
Der Angeklagte darf den Sachverständigen befragen – aber nicht umgekehrt.

Die folgende Sequenz verdient es, komplett wiedergegeben zu werden:
ZitatVRiinLG Escher: Vielleicht kann ich mal eine Fragen dazwischen stellen. Das scheint den Herrn Mollath sehr zu bewegen mit dem häufigen Anwaltswechsel. Wenn man die rausnehmen würde aus Ihrer Einschätzung, ändert sich am Ergebnis was? Hätten wir dann ein klares Ergebnis?
Prof. Nedopil: Ich sage mal folgendes: Was ich zu meinem großen Nachteil mal in einem anderen Prozess gesagt habe, das ist das, was ich als Salamitaktik bezeichnet habe: ich denke das weg, dann noch das weg, dann ... Dann bleibt nichts mehr.
RA Dr. Strate: Das ist der Punkt.
Prof. Nedopil: Wenn Sie aus einem Mosaik ein Stück nach dem anderen herausnehmen, dann bleibt halt keines mehr da. So ist es in allem, was wir tun – wir bauen aus Einzelbausteinen natürlich ein übergeordnetes Bild. Und man kann immer sagen: nehmen Sie das und das weg. Wenn das Gericht davon ausgeht, dass es keinen Anwaltswechsel gegeben hat, dann muss ich sagen, mangelnde Kompromissfähigkeit vielleicht ein falscher Begriff. An der Gutachtenseinschätzung der anderen Sachen ändert das nichts. Aber ich wehre mich gegen die Salamitaktik.
VRiinLG Escher: Ich habe nur versucht, das damit abzukürzen.
RA Dr. Strate: Wer hat Salamitaktik gesagt?
Prof. Nedopil: Ich hatte mal eine Schwurgerichtssache. Da habe ich erklärt: Ich bin kein Cola-Automat, wo Sie Münzen reinwerfen und dann kommt irgendwann die gewünschte Coladose raus.

pelacani

3. Die vorbereitende psychiatrische Stellungnahme und Schluss

Das Gutachen (:teufel) stützt sich auf A) Aktenlage und B) die Teilnahme an der Hauptverhandlung. Mehr Details werden dazu nicht mitgeteilt. Man darf unterstellen, dass es alle Strafakten gewesen sind, vermutlich auch die Betreuungsakte; 6000 Seiten. Die früheren zivilrechtlichen Akten eher nicht, die Scheidungsakte definitiv nicht.

Die Aktenauszüge fehlen aber im Text, weil ,,sie auch Aktenauszüge enthalten, die gemäß Auftrag während der Hauptverhandlung für die Beurteilung nicht berücksichtigt werden können (Unterbringung nach § 81 StPO)". Es liegt also keine systematische Kritik der Einzelheiten der Vorgutachten vor, seien es die Anknüpfungstatsachen, die Befunde oder die Bewertungen. Auf Seite 83 setzt sich das Gutachten die Stellungnahme fort mit B) Zusammenfassung und Beurteilung.

ZitatHerr Mollath ist bislang zu den hier relevanten Fragen noch nicht psychiatrisch exploriert worden, weil er die Mitwirkung bei psychiatrischen Untersuchungen, die dieser Frage nachgingen, abgelehnt hat.
An dieser Stelle bleibt es noch offen, ob er nur die jetzige Gutachtensituation meint, aber:
ZitatAuch bei der jetzigen Beauftragung konnte eine Untersuchung und Exploration von Herrn Mollath aufgrund seiner Weigerung nicht erfolgen.
Dies bedeutet, dass auch das Gutachten Pfäfflin nicht bzw. kaum berücksichtigt wird. Pfäfflin sollte eigentlich nicht unter das §81-Verdikt gefallen sein: er hat aus seinem Gutachten vorgetragen (11. Verhandlungstag), aber seine Interpretation war unter die ,,Schweigepflicht" geraten. Am Rande wird er z. B. hier erwähnt:
ZitatAus den ihm [dem fachkundigen Betrachter, Prof. Nedopil] zur Verfügung stehenden Informationen wurde von den Gutachtern einschließlich Prof. Pfafflin und Dr. Simmerl ein nachvollziehbarer psychopathologischer Persönlichkeitsbefund rekonstruiert
Über die Gründe lässt sich trefflich spekulieren. Es ist aber nicht zu verkennen, dass sich Pfäfflin und Nedopil deutlich unterscheiden.

Ansonsten gibt dieser vorbereitende Text im Wesentlichen das wieder, was in der Verhandlung als mündliches Gutachten :teufel abgegeben worden ist. Ein Kernsatz:
ZitatDer Inhalt der Schriftsätze geht jedoch in den Jahren 2004 und 2005 über das hinaus, was aufgrund des allgemeinen Menschenverstandes und auch aufgrund psychiatrischer Überlegungen als realitätskonform zu bezeichnen ist.
Oder, nebenbei:
ZitatGemäß Protokoll der Gerichtsverhandlung des AG Nürnberg vom 25.9.2003 (S. 5 dieses GA) habe er von einer Grenzsituation berichtet.
Dieses Protokoll ist also durchaus wichtig (nach Nedopil als Indiz für die Möglichkeit einer lediglich nachvollziehbaren Störung, somit die ,,Wahndiagnose" relativierend); leider ist auch diese Seite 5 für uns nicht zugänglich.

ZitatAus Sicht des Unterzeichners ist es nachvollziehbar, dass die Diagnose einer wahnhaften Störungen deshalb ernsthaft erwogen werden muss, weil die Persönlichkeit von Herrn Mollath, soweit sie sich dem lediglich beobachtenden und nicht explorierenden Fachmann erschließt, jene Persönlichkeitszüge enthält, die nach Kretschmer solche Persönlichkeiten kennzeichnen, die in besonderen Belastungssituationen wahnhafte Störungen entwickeln,
Sensitive Persönlichkeit i. S. von Kretschmer? Die Persönlichkeit von Herrn M wird von Nedopil so geschildert:
Zitat... ein Charakterzug, den man positiv als beharrlich, geradlinig, unbeugsam bezeichnen kann, negativ als stur, starrsinnig und engstirnig und, wie man bei der Befragung des Obergerichtsvollziehers Hösl gesehen hat, unerbittlich und detailverliebt. Psychiatrischerseits nennt man das neutral übernachhaltig, anankastisch und wenig anpassungsfähig.
Kretschmer beschreibt den sensitiven Charakter als vorwiegend asthenisch [nachgiebig, schwach, kraftlos, verunsicherbar], mit einer gewissen Gemütsweichheit, zarten Verwundbarkeit und skrupulöser Ethik, die in einem Spannungsverhältnis steht zu einem selbstbewussten Ehrgeiz und Eigensinn, mit entschiedener Selbstachtung und doch schüchtern, mit ausgesprochener sozialer Tüchtigkeit, dabei bescheiden und zugänglich (z. B. altmodische Kleinstadtjungfer, einspänniger Bauernbursche, strebsamer Autodidakt). Nicht alle diese Züge würde man bei Herrn M. vermuten. Auslösend für den fluktuierenden Wahn wäre das Erlebnis einer beschämenden Insuffizienz, einer ethischen Niederlage, begünstigend die Anspannung des Selbstgefühls in demütigender Lage. Dies mag man in der konkreten Situation, in der sich Herr M befand, durchaus wiederfinden. Allerdings wird eine Ausgestaltung des Wahns mit deutlich querulatorischen Zügen eher nicht angetroffen. Übrigens schreibt Kretschmer, dass es keine aggressiven Durchbrüche trotz gespanntestem Affekt gäbe.

Weiter:
Zitatund weil die Überzeugungen, in die sich Herr Mollath nach eigenen Worten ,,verrannt" hat, mit der Realität nicht mehr in Einklang zu bringen waren.
Das ist mir ein bisschen unklar. ,,Mit der Realität nicht mehr in Einklang zu bringen", würde ,,Wahn" nahelegen, aber ,,verrannt" eine Korrigierbarkeit, mithin keinen Wahn. Kretschmer schildert den Verlauf des sensitiven Beziehungswahns als ,,relativ gutartig", mit zackiger Intensitätskurve und lebhafter psychologischer Reaktivität – das würde also möglicherweise gerade noch zu dem passen, was Nedopil als seinen Eindruck festhält.

Ich finde aber, dass hier die Gefahr einer Über-Interpretation besteht. Wir wissen nicht, von welchen Überzeugungen Herr M später gesagt hat, dass er sich in sie verrannt habe, und es gibt wenig Anhalt dafür, dass damit alle diejenigen Überzeugungen gemeint waren, die mit der Realität nicht mehr in Einklang zu bringen waren.

Der zentrale Wahninhalt kann in der Tat nicht der Umstand sein, dass er ,,Schwarzgeldverschiebungen" nachgewiesen hat (überdies hat er sie ja nicht i. S. einer investigativen Tätigkeit nachgewiesen, sondern seine in der Ehe erworbenen Detailkenntnisse genutzt, seine Frau zu "schützen"). Psychopathologisch in dieser Hinsicht grob auffällig ist aber der Umstand, dass er alle und jeden, auch seine Stationsärzte, auch seine Anwälte, in den Kampf auf die eine oder andere Weise einbezogen hat, sei es als ,,Gegner", sei es als – versagende – zum Mitkämpfen Verpflichtete (,,stromlinienförmiger" Anwalt Dolmany). Ebenso grob auffällig ist seine offenbar bis heute anhaltende, wohl unkorrigierbare Überzeugung, er sei wegen der Schwarzgeldgeschichte verurteilt worden:
Zitat(M)eine unglaubliche Geschichte oder: wie es einer Bank mit Regierungsbeteiligung fast gelungen wäre, Schwarzgeldverschiebungen zu vertuschen, und wie einer ihrer Kritiker ohne Lobby über den Missbrauch forensischer Psychiatrie und fachlicher Gutachten fast mundtot gemacht worden wäre.
http://www.gustl-for-help.de/, abgerufen am 16.08.14
Hierzu finde ich in den Ausführungen Nedopils wenig.

Ich bin nicht hinreichend kompetent, zu den forensisch-psychiatrischen Aspekten eine Meinung zu entwickeln. Das war's.