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Der Mollath-Prozess

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Begonnen von Plinius, 28. Juni 2014, 11:05:22

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Plinius

Kammer: Wahnhafte Störung sei möglich gewesen.

pelacani

ZitatThomas Polnik, Sprecher des Landgerichts Regensburg:

"Das Gericht hat den Angeklagten in sämtlichen Anklagepunkten auf Kosten der Staatskasse freigesprochen und ihm eine Entschädigung für alle vollzogenen Unterbringungsmaßnahmen zuerkannt. Das Gericht hält den Angeklagten bezüglich der gefährlichen Körperverletzung für überführt, kann aber nicht ausschließen, dass er zur Tatzeit schuldunfähig war. In den beiden anderen Anklagepunkten geht das Gericht von keinem ausreichend sicheren Tatnachweis aus."

Näher dran scheint es im Moment nicht zu gehen. afp und SPIEGEL korrekt, dpa liegt daneben.

pelacani

ZitatGerhard Strate sagte am 14. August 2014 um 12:24 : 

Liebe Leser dieses Blogs! Das Urteil entspricht zwar nicht vollen Umfangs unseren Erwartungen. Auch ist es ärgerlich, dass die Zeugen Simbek weiterhin für glaubwürdig gehalten worden ist. Andererseits hat das Gericht vor allen Dingen den Sachbeschädigungsvorwurf detailliert auseinandergenommen und gezeigt, dass dies von Anfang an reiner Humbug war. Gleiches gilt für den zweiten Anklagevorwurf. Insgesamt zeigt sich, dass das Nürnberger Urteil ein Unrechtsurteil war und die Psychiatrisierung Mollaths nie hätte stattfinden dürfen. Das ist die entscheidende Botschaft dieses Urteils. Ich werde morgen noch einmal in einer Erklärung der Verteidigung etwas ausführlicher Stellung nehmen. Herzliche Grüße an alle! Gerhard Strate.

Strates Sieg war also in jedem Fall gewiss. Welche Art von Urteil, das auch nur entfernt a priori wahrscheinlich gewesen wäre, hätte er denn als Niederlage ausgelegt? Kein Wunder, dass er die Posaunen schon vorab erschallen lassen konnte.

Nur, dass eben selbst die aktuelle Kümmerform der einstigen Banken-Verschwörung, die Rache der Ehefrau wegen Arbeitsplatzverlust (letzte Scheinblüte: Plädoyer der Verteidigung), mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist. Inzwischen ist die Verschwörung noch weiter degeneriert: zur Intrige zwecks Vermeidung von Unterhaltszahlung. Egal, Hauptsache Intrige.

sweeper

Henning Ernst Müller tut sich schwer mit dem Urteil - vor allem aber mit den Aussagen von Prof. Eisenmenger, auf die sich die Einschätzung des Gerichts, gebahnt durch das Plädoyer des OStA, stützt:

http://blog.beck.de/2014/08/14/salomonisches-urteil-mit-schalem-beigeschmack-finale-im-prozess-gegen-gustl-mollath

Und hier noch mal eine Zusammenfassung des differenzierten Urteils:
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.freispruch-vor-dem-landgericht-regensburg-urteil-mollath-trotz-einschaetzung-als-gewalttaeter-freigesprochen.b86b5e5d-425c-4b0c-b177-06f71c465108.html
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Belbo

Sehr guter Beitrag im Tagesspiegel, schon fast was für den blog.

Jost Müller-Neuhof

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/freispruch-fuer-gustl-mollath-wir-haben-uns-verrueckt-gemacht/10331302.html

ZitatEine Enttäuschung also? Ja, für alle, die in dem eigenwillig bis verbohrten, in vielerlei Hinsicht Gescheiterten irgendeine Freiheitsfigur zwischen Nelson Mandela und Che Guevara imaginiert haben, die Opfer einer politisch-privaten Großintrige geworden sein soll.

ZitatDenn die Ergebnisse des Verfahrens weisen ihn als Gewalttäter aus, der fortwährend über sein Tun gelogen oder es verdrängt hat. Anhaltspunkte für die von ihm behauptete größte Schwarzgeldverschiebung aller Zeiten haben sich bis heute nicht gefunden. An Mollaths vielen und überwiegend wirren Behauptungen war etwas dran, das ist wahr - aber sie trafen nicht im Kern zu, wie beständig wiederholt wurde.

ZitatDer Freigesprochene wird auch dies als Symptom einer gelenkten Justiz deuten, die ihm eins auswischen will. Ihm ist da nicht zu helfen
.

ZitatDoch das Grundübel lag darin, Mollath später immer wieder eine Gefährlichkeit zu attestieren, nur weil er sich weigerte, mit den Gutachtern zu kooperieren. Im Zweifel für die Freiheit, müsste es hier eigentlich heißen. Aber im Alltag der forensischen Psychiatrien gilt noch viel zu oft das Gegenteil. Dies beschreibt die politische Seite seines Falls. Aber sie macht aus ihm noch keinen politischen Fall. Dass er dennoch einer werden konnte, mit Einfluss bis in die bayerische Landtagswahl, liegt an etwas anderem. Wir haben uns verrückt machen lassen.


sweeper

Beate Lakotta - da werden wieder einige aufheulen:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/gustl-mollath-trotz-freispruch-ueber-urteil-enttaeuscht-a-986161.html
Zitat...Und der Angeklagte? Mal hatte er behauptet, seine Frau habe sich bei einem Sprung aus dem fahrenden Auto verletzt, aber das passte nicht zu einer Bisswunde und Würgespuren. Dann wieder sagte er, er habe sich nur gewehrt. "Das ist viel zu pauschal, um Beißen und Würgen zu erklären", stellte Escher klar. "Und anzunehmen, der Arzt habe einer ihm bis dahin fremden Person Verletzungen attestiert, die nicht da sind, dafür spricht nun wirklich gar nichts."

Dann kam die Vorsitzende zur letzten, vielleicht größten Enttäuschung für den Angeklagten: Das Gericht könne nicht ausschließen, "dass er damals aufgrund einer wahnhaften Erkrankung nicht in der Lage war, sein Verhalten zu steuern" - womöglich lagen die ganzen Psychiater doch nicht so falsch.
Zitat"Die Briefe an Bundestagsabgeordnete, an den Papst, an Gerhard Schröder, an Kofi Annan und an die Uno", zählte die Vorsitzende auf. "Da prangerte er Missstände an und ging wie selbstverständlich davon aus, Gehör zu finden." Dazu die bizarre Überzeugung, Harald Schmidt antworte im Fernsehen auf seine Briefe, die Behauptung, er habe die größten Friedensdemonstrationen der Welt initiiert, die verdunkelte Wohnung, das Ausbreiten der Schriften über die Nürnberger Prozesse in seiner Verhandlung vor dem Amtsgericht, das Einbeziehen der Psychiater in die angeblichen Schwarzgeldschieberkreise - all das zusammengenommen sei doch ein Anzeichen für Realitätsverlust und das Unvermögen, aus einem geschlosssenen System herauszutreten.
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pelacani

Zitat von: sweeper am 14. August 2014, 17:12:59
Beate Lakotta - da werden wieder einige aufheulen:

Aber es wird niemand mehr zuhören. Der Fall ist Geschichte.

Belbo

Zitat von: Pelacani am 14. August 2014, 17:28:10
Zitat von: sweeper am 14. August 2014, 17:12:59
Beate Lakotta - da werden wieder einige aufheulen:

Aber es wird niemand mehr zuhören. Der Fall ist Geschichte.

Dafür sind m.E. viel zu viele daran interessiert ihn weiter am Laufen zu lassen...., Gustls Image ist zwar ramponiert er wird aber weiterhin als Aushängeschild für diverse Interessen funktionieren..., an der VT kann also immer weiter gestrickt werden.

pelacani

Zitat von: Belbo am 14. August 2014, 17:31:16
Dafür sind m.E. viel zu viele daran interessiert ihn weiter am Laufen zu lassen...., Gustls Image ist zwar ramponiert er wird aber weiterhin als Aushängeschild für diverse Interessen funktionieren..., an der VT kann also immer weiter gestrickt werden.

Aber es bleibt nun eine Clan-Geschichte mit wenigen Eingeweihten, die nicht mehr die Deutungsmacht in der Presse haben. Es ist nicht mehr der Jahrhundertskandal, M. ist nicht mehr das fleckenlose Justizopfer, nicht mehr der Leitstern gegen was auch immer, es sind keine Enthüllungen mehr zu erwarten, die Zeit der Betroffenheitslyrik in den Zeitungen ist vorbei. Der Zauber der Empörung ist weg. Genauer betrachtet wird dieser Clan keine gemeinsame Ansicht mehr vertreten. Lohnt nicht. Und Psychiatrie versteht sowieso keiner.

pelacani

Frau Lakotta ist aber auch wirklich scharf:
ZitatUrteil im Fall Gustl Mollath: Freispruch dritter Klasse
Und es sieht ganz so aus, als dürfte sie, als "Depp", und trotz des Leserbriefs von Strate, ihren Job behalten.  :teufel

sweeper

Zumindest ein gewisser Oliver García glaubt zu wissen, wie man ggfs doch in Revision gehen könnte:

http://gabrielewolff.wordpress.com/2014/07/04/der-fall-gustl-mollath-die-neue-hauptverhandlung/comment-page-4/#comment-41576
ZitatO. García zu 14. August 2014 um 17:01
@A. Hirsch

Richtig, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ist eine Revision statthaft. Vorausgesetzt, der LG-Pressesprecher ist richtig zitiert worden. Oder, Herr García?

Ich bin nicht dieser Meinung, will das aber vorerst nicht weiter ausführen, weil es sein Gutes hat, wenn das Gericht sich in falscher Sicherheit wiegt. :-)

Für profilierungssüchtige Anwälte wirft der Fall vielleicht noch etwas ab?!
Und nun, wo G:M seine Entschädigung zugesprochen bekommen hat, ist doch Geld zum
Verballern da - denn dass irgendeine Rechtsschutzversicherung Mollath als Kunden annimmt, bezweifle ich ernsthaft.
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sweeper

Treffender Kommentar im Beck-Blog, der mir aus der Seele spricht:

http://blog.beck.de/2014/08/14/salomonisches-urteil-mit-schalem-beigeschmack-finale-im-prozess-gegen-gustl-mollath#comment-60579
Zitat#22
Wall

14.08.2014

Und, Herr Prof. Müller, lassen Sie mich auch ein paar Worte an Sie richten:
Abgesehen davon, dass die meisten Ihrer "Prophezeiungen" (ich kann gerne zitieren) nicht eingetroffen sind, erachte ich es als sehr bedauerlich, dass ein Hochschullehrer, ein Mann der Wissenschaft, in dieser Causa zum politischen Aktivisten mutiert ist. Den Zweifel, der steter Begleiter eines Wissenschaftlers sein sollte, haben Sie schon vor langer Zeit zugunsten einer m.E. unreflektierten Parteinahme zu Grabe getragen.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass Ihre Rolle im Fall Mollath Ihrem Renommee im Wissenschaftsbetrieb nicht gerade zuträglich war.

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pelacani

ZitatEntschädigung: Landgericht München spricht Mollath 7 Extra-Lebensjahre zu
http://www.der-postillon.com/2014/08/entschadigung-landgericht-munchen.html

MountainKing

Zitat von: Belbo am 14. August 2014, 16:54:34

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/freispruch-fuer-gustl-mollath-wir-haben-uns-verrueckt-gemacht/10331302.html


ZitatDoch das Grundübel lag darin, Mollath später immer wieder eine Gefährlichkeit zu attestieren, nur weil er sich weigerte, mit den Gutachtern zu kooperieren. Im Zweifel für die Freiheit, müsste es hier eigentlich heißen. [/b].

Grundsätzlich sehr guter Artikel, aber das ist doch eine völlig absurde Forderung, an der man mal wieder sieht, dass viele anscheinend nicht mehr fähig sind, zu abstrahieren und von den konkreten Verhältnisses eines spezifischen Falls auf grundsätzliche Regeln zu schließen, die aber  im Justizbereich nun mal sein müssen. Diese Forderung bedeutete ja, wenn ein als gemeingefährlich verurteilter Gewalttäter sich nicht therapieren lässt sowie keine Krankheits- und Unrechtseinsicht zeigt, muss man ihm eine positive Prognose stellen.