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Der Mollath-Prozess

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Begonnen von Plinius, 28. Juni 2014, 11:05:22

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sweeper

@ErpelderNacht:
Was sagt uns das aber?
Dass Herr Nedopil (gemeinsam mit den meisten seiner Kollegen) eine ziemlich realistische Selbstwahrnehmung hat und sich in Bescheidenheit hinsichtlich der Prognosen übt

Das System des 63er ist eben derzeit so "gestrickt" - man müsste einen anderen gesellschaftlichen Konsens über den Umgang mit straffällig gewordenen psychisch Kranken finden.

Mit Herrn Mollath hat das Ganze nur insofern etwas zu tun, dass er durch sein Verhalten des Totalrückzugs die Grenzen therapeutischer Bemühungen vorgeführt hat - ob bewusst/willentlich oder krankheitsbedingt, sei mal dahingestellt.
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

Plinius

Zitat von: Belbo am 03. Juli 2014, 09:02:15
Zitat von: sweeper am 02. Juli 2014, 22:47:45
Dieser hier?

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/kontrovers/mollath-wiederaufnahmeverfahren-prozess-102.html

Hab noch nicht geschaut...

Fragen zum Inhalt des Prozesses, an Herrn Mollath, also die angeklagten Würger- und Stechereien hab ich überhört?

Eben. Das meine ich mit faktenfrei. Wieder einmal wurden Mollath überhaupt keine kritischen Fragen gestellt und es wurde wieder einmal die von Strate verbreitete Version vorgetragen, wonach ein unbequemer Kauz, der völlig gesund ist, ohne jedes Verschulden in die Mühlen der Justiz geriet. Das ist doch kein Journalismus.


Plinius

Hier auch nochmal Beate Lakotta über einseitige Berichterstattung:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/lakotta103.html

EDIT: Habe einen neuen Link eingefügt, da der alte falsch war.

pelacani

Es scheint da wirklich eine gefestigte Fraktionsbildung zu geben. In der SZ eine bewundernde Überhöhung, nicht die kleinste Nachfrage an den Herrn M.
ZitatIm Zuge des Rechtsstreits und seiner Entmündigung habe er auch zuschauen müssen, wie er seinen gesamten Besitz verlor. Ein Haus in Nürnberg, das ihm seine Eltern vererbt hatten, 200 Quadratmeter groß, wurde zwangsversteigert und fiel dabei an seine Ex-Frau. Jene Frau also [...]
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/41980/1/1
Nach allem, was sonst an plausiblen Informationen zum Komplex der Vermögensverhältnisse öffentlich zugänglich ist, ist das völlig falsch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ritzer und Przybilla das nicht wissen. Sie halten das nicht für erwähnenswert: es könnte das makellose Bild trüben. Das einzige Zugeständnis an die Realität ist der Konjunktiv - so kann ihnen niemand an den Karren fahren. Profis eben.

P.G.

Zitat von: sweeper am 03. Juli 2014, 09:08:36
@ErpelderNacht:
Was sagt uns das aber?
Dass Herr Nedopil (gemeinsam mit den meisten seiner Kollegen) eine ziemlich realistische Selbstwahrnehmung hat und sich in Bescheidenheit hinsichtlich der Prognosen übt


Nein. Das zeigt uns wie manipulativ der Bericht ist. Nedopil redet hier von Spezifität (hier 0,5 bzw. 50%) und Sensitivität. Das hat überhaupt nichts mit einem Münzwurf zu tun.
Und dann zeigt es mir wie wenig du von Statistik verstehst. So ehrlich muss man sein.


P.S.:Ich muss mich kurz korrigieren. Es hat schon etwas mit Münzwurf zu tun. Aber nur in der Gruppe der tatsächlich positiven Prognosen, die aber unbekannt sind.
[url="http://www.alltrials.net/"]http://www.alltrials.net/[/url]

Belbo

Zitat von: P.G. am 03. Juli 2014, 11:39:57
Zitat von: sweeper am 03. Juli 2014, 09:08:36
@ErpelderNacht:
Was sagt uns das aber?
Dass Herr Nedopil (gemeinsam mit den meisten seiner Kollegen) eine ziemlich realistische Selbstwahrnehmung hat und sich in Bescheidenheit hinsichtlich der Prognosen übt


Nein. Das zeigt uns wie manipulativ der Bericht ist. Nedopil redet hier von Spezifität (hier 0,5 bzw. 50%) und Sensitivität. Das hat überhaupt nichts mit einem Münzwurf zu tun.
Und dann zeigt es mir wie wenig du von Statistik verstehst. So ehrlich muss man sein.

...yepp ein hübsches Beispiel für investigativen Journalismus via Schnittechnik. Ein bauernschlaues Bürschchen dieser Mollath, soll da wohl suggeriert werden.

http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/alpha-forum/norbert-nedopil-gespraech-100.html

....ein sehr interessantes Interview mit Nedopil

Und hier noch eins wo seine Aussagen nicht aus dem Zusammenhang gerissen wurden.
Vorsicht Lakotta inside!

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-108794776.html
Zitat
Wie viele der mehr als 7000 Menschen im Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter sind in Wahrheit gesund?

Nedopil: Weniger als zehn Prozent. Die sind aus unterschiedlichen Gründen drin.




sweeper

Sorry, P.G. Ich habe in guter Erinnerung, wie Dr. Hesse, der Leiter der Forensik Moringen, während der Podiumsdiskussion mit H.E.Müller genau das herausgestellt hat:

dass es (bei bestem Wissen und Gewissen) eben nicht möglich ist, eine hieb-und stichfeste Risikoprognose zu erstellen.
Mich hat beeindruckt, mit welcher Offenheit er das im gut gefüllten Hörsaal sagte. "Ich kann auch für mich selbst nicht garantieren, was ich in 5 Jahren tun werde. Können Sie für sich garantieren? - Laut Statistik haben wir hier im Raum so und so viele xyz...[in etwa: Ladendiebe, Drogenabhängige, Psychotiker usw]"

Ich will mich mit dir nicht streiten.
Mir geht es eigentlich darum:

die Gesellschaft bürdet letztlich mit der Erwartung an eine sichere Gefährlichkeitsprognose den Sachverständigen eine Verantwortung auf, die diese in dieser Absolutheit nicht tragen können.

Das sieht man v.a. dann, wenn mal wieder auf Freigang oder nach Entlassung etwas passiert. Diese Fälle sind selten, aber sie schlagen große Wellen in der Presse.
Da stimmt es mit den Erwartungen oder mit den gesetzten Signalen nicht.

Das hat aber nur am Rande mit dem Fall Mollath zu tun.
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Terry Pratchett

P.G.

Zitat von: sweeper am 03. Juli 2014, 12:00:34
Sorry, P.G. Ich habe in guter Erinnerung, wie Dr. Hesse, der Leiter der Forensik Moringen, während der Podiumsdiskussion mit H.E.Müller genau das herausgestellt hat:

dass es (bei bestem Wissen und Gewissen) eben nicht möglich ist, eine hieb-und stichfeste Risikoprognose zu erstellen.
Mich hat beeindruckt, mit welcher Offenheit er das im gut gefüllten Hörsaal sagte. "Ich kann auch für mich selbst nicht garantieren, was ich in 5 Jahren tun werde. Können Sie für sich garantieren? - Laut Statistik haben wir hier im Raum so und so viele xyz...[in etwa: Ladendiebe, Drogenabhängige, Psychotiker usw]"

Ich will mich mit dir nicht streiten.
Mir geht es eigentlich darum:

die Gesellschaft bürdet letztlich mit der Erwartung an eine sichere Gefährlichkeitsprognose den Sachverständigen eine Verantwortung auf, die diese in dieser Absolutheit nicht tragen können.

Das sieht man v.a. dann, wenn mal wieder auf Freigang oder nach Entlassung etwas passiert. Diese Fälle sind selten, aber sie schlagen große Wellen in der Presse.
Da stimmt es mit den Erwartungen oder mit den gesetzten Signalen nicht.

Das hat aber nur am Rande mit dem Fall Mollath zu tun.
Du hast nicht verstanden, was ich geschrieben habe.
Was du hier schreibst ist richtig und widerspricht meinem Beitrag überhaupt nicht.
[url="http://www.alltrials.net/"]http://www.alltrials.net/[/url]

pelacani

Zitat von: Plinius am 03. Juli 2014, 09:27:44
Hier auch nochmal Beate Lakotta über einseitige Berichterstattung:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/lakotta103.html

Sie sagt, als sie begonnen hat, in dem Fall zu recherchieren, war das Narrativ in der Öffentlichkeit schon fixiert. Deshalb erschienen ihre Beiträge als einseitig parteinehmend.

Aus meiner Sicht am interessantesten ca 14:45 – 19:00, sie spricht über den Untersuchungsausschuss. Die Zeugenaussagen haben die Legende Stück für Stück demontiert. Der Revisor der HVB ist über den HVB-Bericht befragt worden. Es waren keine Verschiebungen nicht versteuerter Gelder nachweisbar, nur nicht versteuerte Kapitalerträge in sehr niedriger Höhe, die eher zu einer Rückerstattung geführt hätten. Der berühmte Satz ,,alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt" ist eigentlich falsch; es gab auch Behauptungen, die falsch waren.
In der Presseberichterstattung wurden ausschließlich die polemischen Fragen / Äußerungen der Opposition wiedergegeben. Es wurde nicht berichtet, was die Zeugen eigentlich gesagt haben, es war völlig egal, was die gesagt haben.

[das ist jetzt meine freie Wiedergabe; es sind keine Zitate, außer das "völlig egal"]

sweeper

@P.G. Wir reden aneinander vorbei, oder?

Meine Antwort an ErpelderNacht bezog sich nicht auf den statistischen Aspekt, sondern genau auf diesen grundsätzlichen.

Vielleicht war "Was sagt uns das?" ein irreführender Auftakt.
Und damit Schluss von meiner Seite.
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Terry Pratchett

Belbo

Zitat von: Pelacani am 03. Juli 2014, 12:24:52
Zitat von: Plinius am 03. Juli 2014, 09:27:44
Hier auch nochmal Beate Lakotta über einseitige Berichterstattung:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/lakotta103.html

Sie sagt, als sie begonnen hat, in dem Fall zu recherchieren, war das Narrativ in der Öffentlichkeit schon fixiert. Deshalb erschienen ihre Beiträge als einseitig parteinehmend.

Aus meiner Sicht am interessantesten ca 14:45 – 19:00, sie spricht über den Untersuchungsausschuss. Die Zeugenaussagen haben die Legende Stück für Stück demontiert. Der Revisor der HVB ist über den HVB-Bericht befragt worden. Es waren keine Verschiebungen nicht versteuerter Gelder nachweisbar, nur nicht versteuerte Kapitalerträge in sehr niedriger Höhe, die eher zu einer Rückerstattung geführt hätten. Der berühmte Satz ,,alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt" ist eigentlich falsch; es gab auch Behauptungen, die falsch waren.
In der Presseberichterstattung wurden ausschließlich die polemischen Fragen / Äußerungen der Opposition wiedergegeben. Es wurde nicht berichtet, was die Zeugen eigentlich gesagt haben, es war völlig egal, was die gesagt haben.

[das ist jetzt meine freie Wiedergabe; es sind keine Zitate, außer das "völlig egal"]

Ein sehr schönes Interview mit Herrn Mollath, gnade Gott den kritischen Journalisten.
Jörg van Hooven von München TV traut sich mal richtig nachzufragen.

http://www.muenchen.tv/mediathek/video/gustl-mollath-man-wird-in-die-hoelle-geschickt/#.U7VYnrH058E

P.G.

Zitat von: sweeper am 03. Juli 2014, 12:26:36
@P.G. Wir reden aneinander vorbei, oder?

Meine Antwort an ErpelderNacht bezog sich nicht auf den statistischen Aspekt, sondern genau auf diesen grundsätzlichen.

Vielleicht war "Was sagt uns das?" ein irreführender Auftakt.
Und damit Schluss von meiner Seite.

Du hattest nur das Pech, dass du damit indirekt den Blödsinn mit den 50% bestätigt hast. Mehr wars nicht.
Hier nochmal zur Veranschaulichung, was ich versuchte deutlich zu machen. Mit n=110 und einer Spezifität 50% und  Sensitivität von 95%.


                                                     Tatsächlich
                                             ProgNeg        ProgPos       
Nedopils Prognose negativ         95                5                100
Nedopils Prognose positiv           5                 5                10
                                               100              10              110

[url="http://www.alltrials.net/"]http://www.alltrials.net/[/url]

Plinius

@ Belbo:

Danke, das Video ist der Hammer. Es ist typisch für Wahnkranke, dass es ein Körnchen Wahrheit ist, das dann zum Zirkulationspunkt des Wahns wird. Aus dem Konto in der Schweiz, das es tatsächlich gab und das nach allem, was wir wissen, völlig legal war, wurde der größte Schwarzgeldskandal aller Zeiten. Als Frau Mollath dies zurückwies, wurde sie offensichtlich schwer misshandelt. Auch jetzt, 7,5 Jahre nach der Einweisung wird Mollath immer ungehaltener, wenn er darüber spricht, bis er maßlose Übertreibungen benutzt und diese ständig wiederholt, dabei alles andere um sich herum vergisst.

Lakotta meint, dass er früher hätte freikommen müssen. Ich bin mir gar nichtmal sicher, ob er nicht heute noch besser untergebracht wäre. Klar ist, dass er wohl harmlos ist, solange es nicht um bestimmte Trigger-Wörter wie "Bank", "Geld" oder "Schweiz" geht. Aber was passiert, wenn es doch dazu kommt, dass er zufällig mit all diesen Begriffen massiert konfrontiert wird (zB im TV)?

pelacani

Zitat von: Plinius am 03. Juli 2014, 18:38:59
Klar ist, dass er wohl harmlos ist, solange es nicht um bestimmte Trigger-Wörter wie "Bank", "Geld" oder "Schweiz" geht. Aber was passiert, wenn es doch dazu kommt, dass er zufällig mit all diesen Begriffen massiert konfrontiert wird (zB im TV)?
Das finde ich ein wenig zu spekulativ. Man kann auch anders spekulieren: Im Untersuchungsausschuss ist er ja offenbar auch ausführlich zu diesem Komplex befragt worden, und da war er wohl diffus, aber hatte keinen aggressiven Durchbruch - da wäre wohl ein Reflex bis in die Presse gelangt. Bisschen Krakeehl reicht nicht für Unterbringung, meine ich; das muss die Gesellschaft halt ertragen. Nach meinem Eindruck könnte es sein, dass er nicht mehr so floride ist wie 2002/2003. Auf Simmerl hat er ja auch einen geordneten Eindruck hinterlassen. 

Allgemeiner denke ich, dass die Diskussion von Fakten sinnvoller ist, soweit sie verschieden interpretiert werden, als die Diskussion freischwebener Hypothesen.