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Artikel 'Antipsychiatrie'

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Begonnen von Endgegner, 07. April 2023, 08:25:31

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zimtspinne

Zitat von: Peiresc am 11. April 2023, 17:55:13
Zitat von: Endgegner am 11. April 2023, 16:55:53Hier sind 2 Beispiele für eine zeitgemäße Kritik an der Psychiatrie.

Witzloses Gelaber. Wir haben diese Thesen schon bis zum Erbrechen durchgehechelt. Such' Dir was davon raus, und ich verlinke Dir die Posts, wo das Thema gewesen ist.

Moin Peiresc,

verlinkst du das noch oder wartest du auf Endgegners Aussuchen?
Mich würden diese Theman auch interssieren.

Das hatte ich gestern schon angefragt, ist scheinbar im Nirwana verschwunden.


@ Endgegener

Strafvollzugsanstalten sind sicher nicht gerade die schönsten und durchoptimiertesten Errungenschaften der Menschheit und das Potential einiger Gruppen der Insassen wird verschenkt.
Auf der anderen Seite gibt es einen Teil Menschen, die einfach nicht resozialisierbar sind bzw gar nicht sozialisierbar. Leider landen viele davon gar nicht mal hinter geschlossenen Toren, sondern treiben samt ihrer antisozialen Persönklichkeitsstrukturen (usw) Unheil, manchmal im Verborgenen, oftmals aber sogar recht offen. Nein, ich denke dabei nicht an gewisse Berühmtheiten in Politik und Co  ::)

Dazu fallen mir gleich als nächstes all die Täter und Mittäterinnen im Spektrum "Kindesmissbrauch" ein, die auch kaum jemals verurteilt werden und die sich irgendwie sehr geschickt in ihrem System einrichten, so dass sie im Alltag nicht mal auffällig sind. Jeder von uns kennt wahrscheinlich einige davon, ohne es zu wissen oder ahnen.
Ich habe aber sehr viele ihrer Opfer leider kennengelernt und mich dann auch mal näher mit diesem Abgrund befasst und tja.... alles sehr trostlos und aussichtslos.
Ich beneide da echt nicht Leute, die sich professionell damit beschäftigen müssen - mir haben schon die Einblicke gereicht für ein ganzes Leben.

Wie wäre es,, wenn du zu diesen ganz konkreten und realen Theman mal einen Vorschlag zur Verbesserung der Lage machen würdest?
Ich ahne aber schon, dass du dich mit konkreten, realen Dingen gar nicht befassen willst, sondern dich viel lieber in wischiwaschi Schwurbeleien verfängst.
Reality is transphobic.

Peiresc

Zitat von: zimtspinne am 12. April 2023, 06:37:58verlinkst du das noch oder wartest du auf Endgegners Aussuchen?
Es steht doch im Satz davor, welche Voraussetzung erfüllt sein muss: die These muss wenigstens genannt werden, die kommentiert werden soll. Es gibt falsche Auffassungen auf einer hochabstrakten Ebene, deren Widerlegung nur verständlich wird, wenn man in Grundzügen Kenntnis davon hat, worum es eigentlich geht. Der Unterschied zwischen hohler Phrase und Argument ist: letzteres könnte mit interpretierbaren Beispielen unterlegt werden. Nicht umsonst kann ein Narr in 10 Minuten mehr Unsinn erfinden, als in 14 Tagen richtig gestellt werden kann.

Hast Du die Fäden gelesen, die ich schon verlinkt habe (in #3, #33)?

Von den jüngeren Fäden vielleicht noch dieser (eher schlicht, abhängig vom Eingangspost)
https://forum.psiram.com/index.php?topic=16711.0
oder der, etwas gehaltvoller (der Eingangsposter war ein Soziologe):
https://forum.psiram.com/index.php?topic=12864.0


Zitat von: Endgegner am 11. April 2023, 22:55:27
Zitat von: Peiresc am 11. April 2023, 22:45:10
Zitat von: Endgegner am 11. April 2023, 22:21:10
Zitat von: Peiresc am 11. April 2023, 21:51:07Kurz: nein. Nächste Frage: hattest Du jemals ein stinknormales Lehrbuch für Psychiatrie in der Hand?
Auf Kritik scheinst Du nicht gern einzugehen? Lieber ganzen Wissenschaftsgebieten pauschal die Kompetenz absprechen, wa.  ;)
Also auch nicht. Hast Du mal ein Pflegepraktikum in einer psychiatrischen Klinik gemacht?
Nein. [...] in gewisser Hinsicht das Versagen der Gesellschaft
Ich habe keine weiteren Fragen.

ZitatAnruf einer besorgten Mutter. Diese berichtet, dass sich ihr 22-jähriger Sohn seit etwa zwei Monaten zunehmend verändert habe. Er sei sehr misstrauisch, fühle sich schnell angegriffen und rede stellenweise wirr durcheinander. Seit ca. drei Tagen habe er kaum geschlafen. Er berichte, dass er Botschaften von fremden Mächten bekomme und dass er Dinge tun müsse, die man ihm befehle. Er fühle sich ferngesteuert. Vor zwei Jahren habe er eine ähnliche Symptomatik gehabt, die jedoch nur zwei Wochen angehalten habe. Damals habe er von einem niedergelassenen Psychiater Haldol ® erhalten, worunter sich die Symptomatik sehr schnell zurückgebildet habe. Er habe Haldol ® jedoch sehr schlecht vertragen, er sei ganz ,,steif" geworden, habe ausgesehen wie ein Mensch mit Parkinson-Erkrankung und habe deshalb die Medikation schnell abgesetzt.
Der Sohn befinde sich jetzt im 6. Studiensemester für Maschinenbau, habe aber erst zwei Fachsemester abgeschlossen. In der jetzigen Phase sei er noch nicht beim Arzt gewesen.

Lieb et al: 50 Fälle Psychiatrie und Psychotherapie. Typische Fallgeschichten aus der Praxis, 5. Aufl. 2016
(meine Hervorhebung)
Das ist eine prototypische Geschichte (derart prototypisch, dass ich nicht sicher bin, ob sie nicht ein Destillat aus verschiedenen Einzelfällen ist), die allerdings hier nur angerissen ist. Die Mutter war nicht in der Lage, ihn zu verstehen – wahrscheinlich ist sie von den Psychiatern verbildet worden.

zimtspinne

@ Peiresc

mein Fehler, hatte mich auf Endgegners Themengehoppse und vermeintliche Inhalte der Videos bezogen, die ich nur angestippt hatte und wegen red flags (normalize, acceptance, blabla) gleich wieder verlassen hatte.

Habe die nebenbei nun stückweise gehört und finde an sich einige diskussionswürdige Ansätze, aber hat alles gar nichts mit Antipsychiatrie zu tun.

Ich hatte mich auf Endgegners Interpretationen und eingestreuten Schnipsel bezogen, in den Videos (was ich bisher hörte) gehts aber im Kern um ganz andere Fragen.

Übersehe ich etwas? Ich bin nicht sensibilisiert für Antipsychiatrie-Themen und erkenne daher vielleicht verdächtige Satzschlingen gar nicht.

In deinen links gehts wiederum klar und unmissverständlich um Antipsychiatrie - muss ich aber erst lesen. Zumindest die Titel sind klar, was ja noch nichts über die Richtungen sagt, die die Diskussionen nehmen oder welche Haken einzelne Kommentatoren da wieder schlagen.

Trotzdem schwillt mir gerade schon am frühen Morgen wieder der Kamm bei dieser Diskussion über die Kombi: Depression-Bewältigung-coping-Vorschläge!? Kann ja nicht wahr sein, kann nur jemand so herumfabulieren, der davon nicht wirklich so viel Ahnung hat.

Außerdem fällt mir da auch wieder verstärkt auf, was schon immer ein Kernproblem mit Soziologen und idealistischen Linksabgedrifteten war: Die sehen die Menschen, wie sie sein sollten (ihrer Meinung nach) und nicht wie sie sind. Die sehen die Welt, sie sie sein sollte (ihrer Meinung nach), aber nicht, wie sie ist.

dass man das Prinzip Wolkenkuckucksheim auch auf Krankheiten anwenden kann, war mir neu, aber andererseits auch wieder nicht.
Reality is transphobic.

Peiresc

PS: hier noch eine Fallgeschichte, die auf mich weniger stilisiert, realer, wirkt:
ZitatEin 21-jähriger Patient kommt mit seiner Mutter zur Erstaufnahme auf Station. Er wirkt ängstlich und angespannt, blickt immer wieder misstrauisch im Zimmer umher. Als eine Tür im Nachbarzimmer zufällt, schreckt er nervös auf und wird auch durch andere Geräusche leicht abgelenkt. Nach seinen Beschwerden befragt, antwortet er verzögert, führt seine Gedanken häufig nicht zu Ende und bricht ohne erkennbaren Grund mitten im Satz ab. Nachdem er aus seinem Indienurlaub zurückgekehrt sei. hätten sich die Dinge verändert. Seit er die Passkontrolle durchschritten habe, sei ihm die Polizei auf den Fersen. Er werde verdächtigt, mit islamistischen Terroristen in Kontakt zu stehen, das hätte ihm der Grenzbeamte durch ein verschwörerisches Kopfnicken zu verstehen gegeben. Er werde in seiner Wohnung abgehört und man versuche ihn durch Laserstrahlen ,,weich" zu kriegen, bis er alles zugebe. Bereits in der Tagesschau hätte der Moderator Andeutungen gemacht, dass man ihn bald festnehmen werde. Weil der Patient Angst habe, dass auch seine Mutter, mit der er zusammenwohnt, in die Geschichte hineingezogen werde, habe er sich auf ihr Drängen bereit erklärt, zeitweise in der Klinik ,,unterzutauchen".

Frieboes et al, Psychiatrie in Frage und Antwort, 7. Aufl. 2008

Und man kann von Glück sagen, dass er bereit ist "unterzutauchen", denn eine Krankheitseinsicht besteht nicht; ihr Fehlen ist geradezu konstituierend. Das sind keine Fälle, in denen sozialpsychologische ,,Einsichten" über Machtmissbrauch u. ä. weiterhelfen, und da kannst Du hundertmal wiederholen, dass das DSM keine Krankheiten abbilde.

zimtspinne

Sind solche schillernden Krankengeschichten/-verläufe nicht eine Ausnahme?

Auch weil sie junk science auf die Spitze treiben und alles einsammeln, was der Pseudohimmel so anbietet?

Während Depressive aller Grade und Schattierungen zu viel und zu gerne Medikamente einnehmen, (mit löchriger Wirksankeit oder auch gar keiner, nicht mal auf den guten alten Placebo kann man sich dort verlassen) tendenziell zumindest in den USA offenbar(?), scheint das wiederum bei psychotischen, schizophrenen u.ä Krankheitsbildern -krankheitsbedingt- das Gegenteil zu sein.

Die (ihre Erziehungsberechtigten und rechtl Betreuer) vermeiden wirksame Medikamente, wo es geht.
Die Angehörigen vielleicht auch, weil sie Angst vor der Realität und den Konsequenzen haben.

Und manchmal ist das auch schwierig. Thema Ruhigstellen, um Personal zu entlasten.
Habe im engeren Freundinnenkreis so einen Fall.
Meine Freundin ist komplett überfordert, will aber auch keine Verantwortung abgeben, die sie ohnehin gar nicht trägt, aber aus Gründen übernommen hat.
Einerseits betreut sie rechtlich und am WE auch organisatorisch ihren schwerbehinderten Sohn (der wochentags in einer Einrichtung ist), was schon absolut krass ist in den Einzelheiten, die ich da immer so mitbekomme und weiterhin betreut sie ihren schizophrenen, hochgradig aggressiven und glaube auch geistig behinderten Bruder, wobei ich nicht weiß, was er genau hat, das ist ein schwieriges Thema, da sie offenbar auch die familiäre Häufung sehr belastet (man darf da um Himmels Willen niemals Wörter wie "erblich" gebrauchen oder auch nur andeuten, da rastet sie aus, nur sie selbst darf sowas im Kontext mal andeuten).
Der Bruder ist dauerhaft auf einem umfangreichen Medikamentencocktail, es gibt aber immer wieder Stress, weil ohne sie zu informieren oder einzubeziehen, die Medikation häufig mal geändert wird und nun wohl einiges dazu gekommen ist, das zu noch stärkeren Nebenwirkungen führt, so dass er nur noch rumsabbert, gar nicht mehr ansprechbar ist und eher einem Zombie gleicht als einem Menschen. So ihre Schilderung. Ich hatte ihn einmal (schon vor 2 Jahren) kennengelernt, als ich in der Psychiatrie jemanden anderes besuchte und sie mich mitgenommen hatte... das war ein sehr guter Tag und ich möchte da echt nicht wissen, wie schlechte Tage früher und heute aussehen.

Die Frage ist nun, ob es ein anderes Behandlungskonzept geben könnte, das menschenwürdiger ist, für alle Beteiligten? Ist das nur zu teuer oder sind auch einfach nicht alle Patienten dafür geeignet?

ok, ich hab eben mal nachgeschaut, Psychose ist der Regenschirm/Oberbegriff.

Reality is transphobic.

Endgegner

Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 09:57:40PS: hier noch eine Fallgeschichte, die auf mich weniger stilisiert, realer, wirkt:
ZitatEin 21-jähriger Patient kommt mit seiner Mutter zur Erstaufnahme auf Station. Er wirkt ängstlich und angespannt, blickt immer wieder misstrauisch im Zimmer umher. Als eine Tür im Nachbarzimmer zufällt, schreckt er nervös auf und wird auch durch andere Geräusche leicht abgelenkt. Nach seinen Beschwerden befragt, antwortet er verzögert, führt seine Gedanken häufig nicht zu Ende und bricht ohne erkennbaren Grund mitten im Satz ab. Nachdem er aus seinem Indienurlaub zurückgekehrt sei. hätten sich die Dinge verändert. Seit er die Passkontrolle durchschritten habe, sei ihm die Polizei auf den Fersen. Er werde verdächtigt, mit islamistischen Terroristen in Kontakt zu stehen, das hätte ihm der Grenzbeamte durch ein verschwörerisches Kopfnicken zu verstehen gegeben. Er werde in seiner Wohnung abgehört und man versuche ihn durch Laserstrahlen ,,weich" zu kriegen, bis er alles zugebe. Bereits in der Tagesschau hätte der Moderator Andeutungen gemacht, dass man ihn bald festnehmen werde. Weil der Patient Angst habe, dass auch seine Mutter, mit der er zusammenwohnt, in die Geschichte hineingezogen werde, habe er sich auf ihr Drängen bereit erklärt, zeitweise in der Klinik ,,unterzutauchen".

Frieboes et al, Psychiatrie in Frage und Antwort, 7. Aufl. 2008

Und man kann von Glück sagen, dass er bereit ist "unterzutauchen", denn eine Krankheitseinsicht besteht nicht; ihr Fehlen ist geradezu konstituierend. Das sind keine Fälle, in denen sozialpsychologische ,,Einsichten" über Machtmissbrauch u. ä. weiterhelfen, und da kannst Du hundertmal wiederholen, dass das DSM keine Krankheiten abbilde.

Das klingt für mich nach dem typischen Verschwörungstheoretiker, wie man ihn z.B. aus dem QAnon-Umfeld kennt, der überall feindliche Mächte am Werk sieht. Man könnte sich hier fragen, ob dies nicht ein Ausdruck eines realen Problems in der Gesellschaft bzw. Politik ist, wenn Menschen generell jedem und allem misstrauen.

Evolutionär gesehen stellten unsere Mitmenschen vermutlich eine größere Gefahr für unser Leben dar als die Tiere in unserer Umwelt. Vorsicht im Bezug auf andere Menschen, ist also in gewissen Maße rational. Auch aus evolutionärer Perspektive könnten sich Erklärungsansätze für so ein Verhalten ergeben.

Peiresc

Zitat von: zimtspinne am 12. April 2023, 12:05:34Sind solche schillernden Krankengeschichten/-verläufe nicht eine Ausnahme?
Nein, sie sind exemplarisch. Sie sind nicht die Mehrheit, aber sie sind auch nicht selten. Geschildert wird hier die Akutphase (je plötzlicher der Beginn, um so besser die Prognose). Die Schizophrenie hat eine Prävalenz von 1%, aber das Hauptproblem dieser Erkrankung ist eher das dauerhaft reduzierte soziale Funktionsniveau.

Zitat von: zimtspinne am 12. April 2023, 12:05:34Auch weil sie junk science auf die Spitze treiben und alles einsammeln, was der Pseudohimmel so anbietet?
Verstehe ich nicht. Geschildert wird zunächst ein dürrer Fakt. Was soll das mit junk science zu tun haben?

edit.
Vielleicht meinst Du die Wahninhalte mit "Pseudohimmel". Aber die Inhalte sind austauschbar, die formale Struktur, das Erleben des Gemachten, die Beeinflussungserfahrung, ist dagegen personübergreifend. Dies ist der Kern des (schizophrenen) Wahns. Wahninhalte sind nicht ihre Ursachen.

Zitat von: zimtspinne am 12. April 2023, 12:05:34Während Depressive aller Grade und Schattierungen [meine Hervorhebung - P.] zu viel und zu gerne Medikamente einnehmen,
Auch das ist nicht richtig. Der schwerst Depressive fühlt sich wahnhaft schuldig oder gelähmt von der Katastrophe, die die Welt für ihn bedeutet. Er fühlt sich nicht krank.

Edit: und auch für viele der leicht Depressiven stimmt das nicht: "Ham'se nicht was Pflanzliches?" Zum Medikamentenübergebrauch (insbesondere von Benzodiazepinen) neigen eher die Angstpatienten (klar, es gibt fließende Übergänge).

Peiresc

Zitat von: Endgegner am 12. April 2023, 12:31:10Das klingt für mich nach dem typischen Verschwörungstheoretiker
Thema verfehlt, siehe meinen vorherigen Post. Zieh' Dir die Definition der Schizophrenie nach DSM oder ICD rein.

Edit. Ich vermute, dass Du mit den Definitionen ebenso nichts anfangen kannst. Wenn Du verstehen willst, was damit gemeint ist: Der Klassiker dazu ist Klaus Conrad, ,,Die beginnende Schizophrenie. Versuch einer Gestaltanalyse des Wahns" (1958). Wird immer mal wieder aufgelegt, weil es halt ein Klassiker ist.

https://psychiatrie-verlag.de/product/die-beginnende-schizophrenie/

Endgegner

Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 12:35:36
Zitat von: zimtspinne am 12. April 2023, 12:05:34Während Depressive aller Grade und Schattierungen [meine Hervorhebung - P.] zu viel und zu gerne Medikamente einnehmen,
Auch das ist nicht richtig. Der schwerst Depressive fühlt sich wahnhaft schuldig oder gelähmt von der Katastrophe, die die Welt für ihn bedeutet. Er fühlt sich nicht krank.


Und was soll das sein, außer verkappte Existenzphilosophie ala Heidegger?

Peiresc

Zitat von: Endgegner am 12. April 2023, 12:55:30Und was soll das sein, außer verkappte Existenzphilosophie ala Heidegger?

Quark. Das ist schlichte Psychopathologie. Kein Mensch liest Heidegger, bevor ihm solche Gedanken einkommen.

Endgegner

Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 13:03:28
Zitat von: Endgegner am 12. April 2023, 12:55:30Und was soll das sein, außer verkappte Existenzphilosophie ala Heidegger?

Quark. Das ist schlichte Psychopathologie. Kein Mensch liest Heidegger, bevor ihm solche Gedanken einkommen.

Das ist schlechte Philosophie im medizinischen Gewand.

Für Heidegger ist die Welt nicht nur ein physischer Ort, sondern vielmehr der Rahmen, in dem wir existieren und handeln. Die Welt ist ein Raum, in dem wir als menschliche Wesen unser Leben führen und uns mit anderen Dingen und Wesen um uns herum auseinandersetzen.

"In-der-Welt-sein" bedeutet Vertrautsein mit Welt, Sich-zurechtfinden in ihr.
Im Johannesevangelium heißt es "In der Welt habt ihr Angst". Allein das in-der-Welt-sein macht Angst, weil in der Welt das Feindliche, Dämonische und Dunkle herrscht.

Heidegger hat auch über den Begriff der Schuld geschrieben, der eng im Zusammenhang damit steht, Existenzmöglichkeiten zu realisieren.


Natürlich wird niemand depressiv wenn er Heidegger oder die Bibel ließt. Aber diese Bücher beschreiben allgemein menschliches Verhalten und Erleben, ohne auf pseudowissenschaftliche Erklärungsversuche, wie  Genetik oder ein chemisches Ungleichgewicht in der Hirnphysiologie zurückzugreifen.

Peiresc

Zitat von: Endgegner am 12. April 2023, 13:15:51Das ist schlechte Philosophie im medizinischen Gewand.

Nochmal: das ist schlicht Unsinn. Es handelt sich nicht um abgehobenes oder tragikkomisches Gewäsch, sondern um wirkliches Erleben. Solche Patienten stehen morgens nicht mehr auf, sie bedienen nicht mehr ihre vitalen Bedürfnisse, Einkaufen, soziale Kontakte und so was, von Miete zahlen oder Briefkasten leeren, geschweige denn Amtspost lesen, rede ich gar nicht erst.

Der Klassiker hierzu ist Hubertus Tellenbach: "Melancholie. Problemgeschichte, Endogenität, Typologie, Pathogenese, Klinik", 1961. Auch der ist in jüngeren Auflagen zu kriegen.

Schwuppdiwupp

Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 12:35:36Auch das ist nicht richtig. Der schwerst Depressive fühlt sich wahnhaft schuldig oder gelähmt von der Katastrophe, die die Welt für ihn bedeutet. Er fühlt sich nicht krank.

Edit: und auch für viele der leicht Depressiven stimmt das nicht:

Ich habe den subjektiven Eindruck, dass zumindest in meinem Umfeld Depression als "echte" Krankheit wahrgenommen wird, die unter Umständen lebensbedrohlich - nicht wegen der Suizidgefahr - sein kann. Deshalb wird Betroffenen auch als "Erste Hilfe" der Besuch beim Hausarzt angeraten.

Das ist natürlich nur eine anekdotische Sichtweise.
Ach, was weiß denn ich ...

Gefährliche Bohnen

Zitat von: Schwuppdiwupp am 12. April 2023, 13:36:09
Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 12:35:36Auch das ist nicht richtig. Der schwerst Depressive fühlt sich wahnhaft schuldig oder gelähmt von der Katastrophe, die die Welt für ihn bedeutet. Er fühlt sich nicht krank.

Edit: und auch für viele der leicht Depressiven stimmt das nicht:

Ich habe den subjektiven Eindruck, dass zumindest in meinem Umfeld Depression als "echte" Krankheit wahrgenommen wird, die unter Umständen lebensbedrohlich - nicht wegen der Suizidgefahr - sein kann. Deshalb wird Betroffenen auch als "Erste Hilfe" der Besuch beim Hausarzt angeraten.

Das ist natürlich nur eine anekdotische Sichtweise.

Was das Umfeld (und mitunter auch der Betroffene) weiß und was der Betroffene fühlt, sind zwei Paar Schuhe.
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Endgegner

Zitat von: Peiresc am 12. April 2023, 13:19:13
Zitat von: Endgegner am 12. April 2023, 13:15:51Das ist schlechte Philosophie im medizinischen Gewand.

Nochmal: das ist schlicht Unsinn. Es handelt sich nicht um abgehobenes oder tragikkomisches Gewäsch, sondern um wirkliches Erleben. Solche Patienten stehen morgens nicht mehr auf, sie bedienen nicht mehr ihre vitalen Bedürfnisse, Einkaufen, soziale Kontakte und so was, von Miete zahlen oder Briefkasten leeren, geschweige denn Amtspost lesen, rede ich gar nicht erst.

Der Klassiker hierzu ist Hubertus Tellenbach: "Melancholie. Problemgeschichte, Endogenität, Typologie, Pathogenese, Klinik", 1961. Auch der ist in jüngeren Auflagen zu kriegen.

Heidegger benutzt hier den Begriff der Entschlossenheit. Die Entschlossenheit bezieht sich darauf, wie der Mensch in Anbetracht seiner Endlichkeit und der damit einhergehenden Verantwortung für sein Leben und Handeln eine Entscheidung trifft und in die Tat umsetzt.

Dieser Herausforderung muss sich jeder Mensch stellen. Manchen gelingt das besser als anderen.

Wie gesagt, liefert die psychiatrische Psychopathologie nicht unbedingt neue Erkenntnisse. Wenn ich gehässig wäre, würde ich vielleicht sagen, dass es der Psychiatrie nicht einmal gelingt, auf das Niveau von Philosophie und Geisteswissenschaften zu kommen, geschweige denn auf das von Medizin an sich.