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Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig

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Begonnen von bayle, 21. September 2012, 16:18:14

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bayle

Zitat von: Truhe am 25. September 2012, 10:30:45
Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:12:26
richtig. Aber es ist trotzdem eine sehr interessante Untersuchung, die dort gemacht wurde.
Interessant sicher. Aber Deine Behauptung, dass die Medikamente wirksamer sind, ist damit falsch.
Nun sei mal nicht so kleinlich :grins2: Es ist schon das Richtige gemeint.

Aber die Frage ist dennoch bedeutsam. Die Wirksamkeit der gesamten Paramedizin ist letztlich die des Placebo-Effekts. Einige ihrer Vertreter haben das erkannt, aber welche Schlussfolgerungen ziehen sie? Sie möchten mit einer Überinterpretation von Studien und allerlei gedanklicher Akrobatik dem Placebo-Effekt eine Mächtigkeit in der Behandlung von Krankheiten zusprechen ("harnessing the placebo effect") und so ihre Verfahren (TCM usw.) gewissermaßen aus der Kritik nehmen. Wer gegen Paramedizin ist, sei gegen Placebo und beraube somit die Patienten einer wirksamen Therapie. Bekannter Vertreter dieser Haltung ist Ted Kaptchuk. Er klingt vernünftig, ist aber im Kern ein Unsinns-Prophet. Placebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter - das ist der Knackpunkt.

Truhe

Genau deshalb bin ich an der Stelle so kleinlich. :police:

Dr. Ici Wenn

Zitat von: bayle am 25. September 2012, 10:59:24
Aber die Frage ist dennoch bedeutsam. Die Wirksamkeit der gesamten Paramedizin ist letztlich die des Placebo-Effekts. Einige ihrer Vertreter haben das erkannt, aber welche Schlussfolgerungen ziehen sie?

Sie reden nicht mehr von alternativ, sondern komplementär.
Zitat
Sie möchten mit einer Überinterpretation von Studien und allerlei gedanklicher Akrobatik dem Placebo-Effekt eine Mächtigkeit in der Behandlung von Krankheiten zusprechen ("harnessing the placebo effect") und so ihre Verfahren (TCM usw.) gewissermaßen aus der Kritik nehmen. Wer gegen Paramedizin ist, sei gegen Placebo und beraube somit die Patienten einer wirksamen Therapie. Bekannter Vertreter dieser Haltung ist Ted Kaptchuk. Er klingt vernünftig, ist aber im Kern ein Unsinns-Prophet.

Das Gleiche versuchen Witt und Co. an der Chartié. Placebo magisch überhöhen. Würd ich an Stelle der Homöos auch versuchen.

Zitat
Placebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter - das ist der Knackpunkt.

Und auf ernsthafte Erkrankungen schon gleich gar nicht. Was auch kein Wunder ist, ändert doch Placebo hauptsächlich (ich weiß, da spielt noch mehr rein) die Wahrnehmung.

bayle

ZitatDas Gleiche versuchen Witt und Co. an der Chartié

Willich ist definitiv der Nachbeter von Kaptchuk

skeptizistiker

@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?

Dr. Ici Wenn

Zitat von: skeptizistiker am 25. September 2012, 14:51:56
@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?


Der Wikipediaartikel ist einigermaßen brauchbar.
http://de.wikipedia.org/wiki/Placebo#Placeboeffekt.2C_Placeboantwort_und_Placebowirkung

Das Problem ist, dass dieser Effekt nicht wirklich monokausal ist, sondern kaskadisch und rückkoppelnd wirken kann (Eine veränderte Wahrnehmung kann z.B. den Cortisolspiegel verändern, der wiederum die Wahrnehmung etc). Zu allem Überfluss muss man noch unterscheiden zwischen "Studien-Placebo", wo statistische Effekte mit reinspielen können und "echtem Placebo". Das in kurzen Worten zu erklären, ist schwierig.

Edit: Vergessen: Über diese ganze Geschichte ist es dann auch etwas nachvollziehbar, dass keine dauerhaften Effekte, schon gar nicht auf ernsthafte organische Erkrankungen auftauchen.


bayle

Zitat von: skeptizistiker am 25. September 2012, 14:51:56
@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?

Die wesentliche Meta-Analyse ist schon etwas älter, aber von neueren Analysen durch die Bank nicht widerlegt:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11372012
Alle, auch neuere, Arbeiten, die über Erfolge von Placebo berichten, versagen regelmäßig in dem Punkt des Nachweises von objektiven Veränderungen (z. B. Lungenfunktionsprüfungen bei Asthma). Bei Parkinson scheint es eine Verbesserung der Beweglichkeit mit Placebo geben zu können, aber die Dauerhaftigkeit dieses Effekts ist nicht nachgewiesen.

sumo

okay, Wirksamkeit von Placebo ist ein Streitthema.
In der von mir gelesenen Untersuchung haben Dan Ariely und Kollegen das Schmerzempfinden gesunder Studenten untersucht und sicnd dabei zu dem Schluß gekommen, daß teure Tabletten besser den Schmerz dämpfen als billige und rote besser als andersfarbige. Ob die Verringerung des Schmerzempfindens eine "Wirkung im medizinischen Sinne" ist, kann ich nicht beurteilen, da ich kein Arzt bin.
Die Untersuchungen liefen natürlich auf Placebowirkungen hinaus, da einer der Schlußeffekte war, daß alle(!) verwendeten Tabletten eines Studiendurchganges völlig ohne Wirkstoff waren.

bayle

Das war eine typische Untersuchung an Gesunden, die kaum Aussagen über Krankheiten zulässt, und schon gar nicht über anhaltende Störungen wie z. B. chronische Schmerzen. Aber schon die alten DDR-Ärzte wussten, dass Aspirin von Bayer (r) im Silber-Blister aus dem Westen um vieles wirksamer war als die in weiß-gelbes Papier eingepressten Acetylsalizylsäure-Tabletten für 35 Ostpfennige. Dafür haben die keine Studien gebraucht. Der Placebo-Effekt wächst mit dem Quadrat der Entfernung, die der Patient zurücklegen muss; je aufwändiger um so besser. Meditationen in Tibet sind (für den Westeuropäer) deutlich wirksamer als die beim Ayurveda-Fritzen 2 Querstraßen weiter, dafür aber nicht für den Tibeter.

Ich gebe zu, das alles sind Meinungen aus dem Wunderland der Hypothesen.  :grins2:

71hAhmed

Zitat von: bayle am 24. September 2012, 06:04:11
Als Zwischenergebnis also vielleicht: Bildung ist notwendig, aber nicht hinreichend
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.

P.Stibbons

Zitat von: bayle am 23. September 2012, 21:13:13
ZitatGenericum
Den meisten Zoff, den man mit Generica hat, hat man aus der Gewöhnung, der Ängstlichkeit und den leichten kognitiven Einschränkungen der älteren Patienten; die Galenik spielt nach meiner Erfahrung eine völlig untergeordnete Rolle. Wartet, ich krieg' gleich den Schlenker: das wäre eine lohnende Aufgabe für die Versorgungsforschung; und nicht die Feststellung, dass "Homöopathika helfen", wie von Frau Prof. Witt. Der Vorwurf, den ich an die Politik habe, ist ein etwas anderer: die wollen keine Forschung, weil dabei herauskommen könnte, dass Generika wirklich problematisch sind, und die bequeme Geldsparmethode nicht einfach so weiterliefe. Im Übrigen aber glaube ich nicht, dass das ein Grund für das Abdriften von Ärzten in die Paramedizin ist: dazu ist das Phänomen einfach zu global, zu alt und zu allgemein.
Zitatevidenzbasiert
evidenzbasiert ist nicht dasselbe wie wissenschaftlich ist nicht dasselbe wie Schulmedizin

Hatte Conina im Smalltalk-Faden geposted, gehört aber auch hierher:

http://www.schnurz-egal.de/Schnurz-Egal-Patienteninformation.pdf

ZitatDie Einnahme von Schnurz-Egal® Hauptsache billig über einen längeren Zeitraum, z.B. als Dauermedikation, kann durch das
ständig wechselnde Aussehen von Schnurz-Egal® Hauptsache billig zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust und einer
Verdrossenheit gegenüber der Therapie führen.
Der Placebo- Effekt, also jener Anteil der Wirkung, der alleine über das Vertrauen in die Therapie zustande kommt, kann dadurch
stark beeinträchtigt werden.
Auch das Auftreten eines Nocebo-Effekts, also von negativen physiologischen Reaktionen aufgrund einer negativen
Erwartungshaltung ist im Zusammenhang mit der Einnahme von Schnurz-Egal® Hauptsache billig nicht auszuschließen.
Bei älteren Menschen ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Nocebo-Effektes höher als bei Jüngeren.
Nocebo-Symptome treten signifikant häufiger bei Frauen auf.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: 71hAhmed am 25. September 2012, 20:17:02
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.

Müsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.

Omikronn

ZitatAuch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.
ZitatMüsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.
Um mal meine 2 cents einzuwerfen: Ich denke dass Bildung vermutlich nicht viel damit zu tun hat, m.A. nach spielt die Mischung aus prägenden Ereignisssen und die Persönlichkeit der Betroffenen eine grössere Rolle. Die Bildung und die nicht-Bildung vergleiche ich in diesem Fall mit einer geteerten Strasse und einem holprigen Feldweg: Auf der Strasse kann man schneller fahren, es geht aber  u.U. auch schneller in die falsche Richtung.
Don't try to argue with idiots, first they tear you down to their level, then they beat you with their experience.

Dohle

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 26. September 2012, 13:31:36
Zitat von: 71hAhmed am 25. September 2012, 20:17:02
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.

Müsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.

Ja das ist o.k., Bildung ist ja grundsätzlich reine Privatsache solange die öffentliche Hand nicht mitspielt, sollte es sein!

Doch wie hier zu sehen, geht alles einen Schritt weiter, wenn ein Landeshauptmann, sein Brotberuf war so nebenbei bemerkt "Religionslehrer" eine
Veranstaltung im öffentlichen Raum wie die hier eröffnet:
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/steyr/art68,976133
im Detail:
http://www.progesundheitsteyr.at/aktionen/details/article/messetage-der-pro-gesundheit-steyr-am-28-und-29-9-2012/?no_cache=1&cHash=ebf44a24324f60551231e24f21ff1c14

und hier sieht man ganz genau was Bildungsinstitutionen machen und in welchem Umfeld sie ihre Vertretungen haben, nicht nur die VIADRINA gehört zu diesen
seltsamen Bildungseinrichtungen. Wie soll man es da einem Mediziner übel nehmen wenn er sein Hauptgebiet die "Heilkunst" etwas erweitert, vielleicht sogar mit irrationalem Wissen?
Nur weil eine Mehrzahl etwas macht, muss ich das nicht zwingend nachmachen.

The Doctrix

Zitat von: Dohle am 28. September 2012, 07:00:21
Wie soll man es da einem Mediziner übel nehmen wenn er sein Hauptgebiet die "Heilkunst" etwas erweitert, vielleicht sogar mit irrationalem Wissen?

Weil es seine verdammte Pflicht ist, sich erst einmal über eine Methode und vor allem deren Wirksamkeit sachkundig zu informieren, bevor er seine Patienten damit malträtiert!     >:(
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!