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RELOADED: Gibt es auch "gute" Heilpraktiker?

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Begonnen von Swen, 18. Februar 2011, 13:01:16

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Swen

Hallo!

Ich bin schon seit einiger Zeit Mitleser auf psiram.com und bin letztens über einen Thread im Forum gestolpert, zudem ich mal gerne meinen Senf abgeben würde...

http://forum.psiram.com/index.php?topic=4590.0

Die Frage des Threadstarters war ja, ob es ,gute Heilpraktiker' gibt – im Sinne von jemandem der diese ganzen esoterischen und/oder pseudowissenschaftlichen Theorien ablehnt.
Nun, ich kenne zumindest einen Heilpraktiker der das macht: Mich selbst!

In der ganzen Zeit, die ich als Heilpraktiker arbeite als auch in der Zeit ,vorher', habe ich keinen ,Kollegen' getroffen der genau so wie ich diesen ganzen Krempel ablehnt. Ich beschäftige mich nicht erst seit gestern mit diesem Zeug, da mir (genau wie dem gemeinen Esowatch-Leser selber) diese ganze Thematik ein Dorn im Auge ist (ein Baumstamm wäre treffender). Und egal wo oder wie man es versucht...ich kenne keinen ,Kollegen' der nicht zumindest ansatzweise eine dieser esoterischen und/oder pseudowissenschaftlichen Diagnostikverfahren oder Therapien oder was auch immer anwendet und voll dahinter steht.

Genau das ist ja das schlimme: Die meisten Heilpraktiker glauben das wirklich! Es geht vielen nicht nur darum dem Patienten mal eben schnell das Geld aus den Rippen zu leiern – nein! Die sind von diesem Dingen vollkommen überzeugt. Gegen diese Leute sind z.B. die Anhänger der Mondlandungsverschwörung (oder wie sich das nennen soll) wahre Chorknaben!

Ich sehe das fast jeden Tag bei meiner Arbeit, da ich natürlich auch versuche, bei meinen Patienten Aufklärungsarbeit zu leisten. Sei es das viele Patienten sich weiß der Geier wo Infos zusammentragen und von irgendwelchen hirnrissigen Dingen überzeugt sind (bestes Beispiel: Thema Impfung) oder das sie von anderen Heilpraktikern ,aufgeklärt' wurden wie die Welt wirklich tickt.

Von daher müsste man die Frage des Threadstarters eigentlich mit ,Nein' beantworten....

Gruss
Swen

P.S.: Liebe Moderatoren! Falls Ihr der Meinung seit dieser Kommentar sollte in den Thread auf den ich mich beziehe, verschiebt den bitte. Danke!

Graumagier

Nur aus Interesse, wie genau praktizierst du dann?

heterodyne

Ich finde das auch sehr interessant: Warum bist du Heilpraktiker und wie praktizierst du?

rincewind

Hallo Sven, willkommen!
schließe mich an, berichte doch mal, wie das dann bei Dir abläuft.

Truhe


71hAhmed

hi Swen,

da bin ich jetzt auch neugierig, ich kenne nämlich keinen HP, der rein "dieseitig" arbeitet.

Binky

Für einen "guten" Heilpraktiker git es eigentlich nur noch wenige Betätigungsfelder. Was außerdem interessant ist, wie reagieren die Patienten, die haben doch auch eine Erwartungshaltung, in Bezug auf Homöopathie & Co. Sind die enttäuscht? Oder erfreut, ob der Aufklärung?


Swen

Ich versuche mal ein bisschen zusammenzufassen...

Ihr habt schon recht, das viele Leute dann erst mal denken: ,Da bleibt ja nix an Therapien übrig.'
Das ist nicht so ganz korrekt, da die Therapien der Ärzte (soweit sie erfolgen und der Patient nicht 'direkt' bei mir landet) durch die Tätigkeit des Heilpraktikers maximal ergänzt, nicht ersetzt werden sollen (klar, sehen viele Kollegen-Heilpraktiker vollkommen anders  ;)). Somit gibt es natürlich durchaus ein weites Betätigungsfeld, da bei vielen Patienten die Möglichkeit besteht Ihnen noch mehr an die Hand zu geben als das, was der behandelnde Arzt leistet. Und genau da sollte ein Heilpraktiker meiner Meinung nach arbeiten.

Therapien die ich persönlich einsetzte wären z.B. die Phytotherapie, Ernährungsberatung, Ordnungstherapie und Umweltmedizin. Alles immer unter dem Aspekt: Was kann der Patient zusätzlich zur ärztlichen Therapie noch selber tun um seine Lebensqualität (wieder) zu verbessern oder wurde vielleicht ein Aspekt übersehen (viele Patienten trauen sich beim Arzt nicht alles anzusprechen, da der Faktor Zeitdruck ja bekannt ist. Manches wird auch schlichtweg vergessen oder nicht bedacht).

Und exakt das ist der Punkt: Der Vorteil den wir Heilpraktiker haben ist der Faktor Zeit. Bei vielen (besonders bei chronischen) Erkrankungen hat der Patient die Möglichkeit neben z.B. der medikamentösen Therapie durch den Arzt auch selber noch was zur Verbesserung seiner Lebensqualität beizusteuern. Nur ist das leider nichts was in dem durchschnittlich 10-Minütigen Arztbesuch ,ausgearbeitet' werden kann. Und eben da versuche ich einzugreifen, indem man mit dem Patient praktisch versucht individuell zu überlegen, was noch ergänzend getan werden kann. Sei es z.B. durch Kostumstellung, Bewegung, Änderungen im Tagesablauf oder auch dem Einsatz von Phytotherapeutika (wenn z.B. dadurch die Möglichkeit besteht die vielleicht von Nebenwirkungen besetzte bisherige Medikation zu reduzieren und durch ein weniger mit Nebenwirkungen besetztes Arzneimittel zu ,ergänzen'). Auch wenn es abgedroschen klingt: Fast jeder kann irgendwo was für seine Gesundheit tun, was er bisher nicht tut. Und das ist das Ziel – wenn er es denn will!

Hier kam die Frage auf, was die Erwartungshaltung der Patienten betrifft:

Nun, die Patienten die eine ganz klare Erwartungshaltung (z.B. in Form einer Bestimmten Therapie) von Heilpraktikerbesuch haben sind gar nicht so häufig. Der überwiegende Teil ist ,offen für alles'. Genau das ist ja oft das Problem warum dieser ganze Murks wie Homöopathie usw. ,probiert' wird. Ich höre den Satz von immer mal wieder: ,Man kanns ja mal versuchen.' Diesen Patienten versuche ich dann natürlich meine Sicht der Dinge zu erläutern. Aber in der Regel ist das nicht notwendig da die Patienten die speziell wegen Homöopathie, Reiki, Gesundbeten oder weiß der Geier was kommen würden eh Ihre Spezis...äh...Therapeuten haben und erst gar nicht ,bei mir aufkreuzen'. Über die Aufklärung ,enttäuscht' war bisher übrigens noch keiner. Entweder dankbar oder unbelehrbar. Schlimm genug! 

Gruss
Swen

71hAhmed

Hört sich erst mal alles sinnvoll an, aber wo ziehst du die Grenze zum pseudowissenschaftlichen bis esoterischen bei deinen Therapieansätzen?
Bei allen von dir genannten Ansätzen ist der Übergang von real nachvollziehbaren Ansätzen zum esoterischen Geschwafel fliessend und können bis zum lebensgefährlichen Unsinn reichen.

Und was den Faktor Zeit angeht, wenn ich meinem Hausarzt privat das bezahle, was ich dem HP pro Stunde Bezahle, hat der auch mehr Zeit, als wenn er nur den Kassensatz bekommt.


Swen

@71hAhmed

Naja, man muss da differenzieren. Diese ,Übergänge' wie du es nennst sind unter anderem deshalb fliessend, da Therapeuten die sich mit diesem pseudowissenschaftlichen Krempel auseinandersetzen und praktizieren diese 'Grenzen' verschieben (würde am liebsten sagen missbrauchen). Du findest sicherlich in jedem Therapieansatz den ich genannt habe auch Teile die in der Pseudowissenschaft oder Esoterik zu Hause sind. Nur eben exakt davon distanziere ich mich. Das heißt die ganze Sache muss wissenschaftlich (in diesem Fall halt medizinisch) verifizierbar bzw. falsifizierbar sein um nur mal ein Beispiel zu nennen. Das sind die pseudowissenschaftlichen bzw. esoterischen Therapien (und auch Diagnoseverfahren) halt definitiv nicht – wie wir ja alle wissen. Auch wenn die entsprechenden dies ausübenden Heilpraktiker das tausendmal behaupten, wie Ihr ja sicherlich auch alle zu genüge wisst. Im Grunde müsste ich also sagen: Ich ziehe die Grenze da, wo jeder Mensch der nen gesunden (naturwissenschaftlichen) Verstand besitzt Sie halt auch zieht. Man kann Naturheilkunde betreiben ohne sich dieser dubiosen Methoden zu bedienen. Tut nur kaum einer...

Übrigens: Sorry für die ganzen ,Anführungszeichen' und (Klammern)...ist ne blöde Angewohnheit von mir... ;D

rincewind

Bin jetzt grad überrascht, einen HP zu erleben, der vernünftig redet  ;D

Aber sag mal, wie hast Du Dir Wissen angeeignet? Dass die HP-Prüfung dazu nicht taugt, da wirst Du mir vermutlich zustimmen. Am Anfang steht ja die Diagnose. Und da kann man oft gar gründlich daneben liegen. Wie stellst Du sicher, dass Dir das möglichst nicht passiert, so die Kundschaft direkt zu Dir kommt?

71hAhmed

@ Swen:
Das Problem ist nicht der naturwissenschaftlich anerkannte Bereich und auch nicht der offenkundig(oder auch nicht?) völlig abgedrehte Bereich des Esoterischen Wahnsinns, sondern der Bereich, wo das eine ins andere übergeht.
Da, wo man eher im psychologischen Bereich mit Modellvorstellungen etwas bewirken kann, die einem Patienten weiterhelfen können, die aber nicht mit harter Wissenschaft zu beweisen sind und die von viele deiner Kollegen und den Eso-Gurus als Realität verkauft werden.
Als Beispiel: das östliche Bild des harmonischen Flusses der Lebensenergie durch den Körper kann, auch wenn man sich bewusst ist, das es nicht der Realität entspricht, hilfreich sein, um jemandem Entspannungstechniken beizubringen.


Swen

@ricewind
Grundsätzlich stehen einem Heilpraktiker viele diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung über die ein Arzt in seiner Praxis auch verfügt (Ich beziehe das natürlich auf diagnostische Mittel und Methoden die auch ein Arzt verwendet...also nix Pendel oder Irismikroskop ;)). Im Rahmen der Sorgfaltspflicht wird von uns Heilpraktikern natürlich erwartet, dass viele Krankheitsbilder bekannt sind und erkannt werden (du weißt ja sicherlich, dass in der Überprüfung beim Amtsarzt keine therapeutischen Fähigkeiten sondern praktisch nur die ,Unbedenklichkeit' geprüft wird – natürlich in Augenmerk auf die Diagnostik und dem Bewusstsein wo die eigenen Grenzen sind). Ich habe, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, bereits lange vorher im medizinischen Bereich und in der Krankenpflege gearbeitet und bin somit nicht ,fachfremd' gewesen. Ich habe mich vor der Überprüfung in nahezu jeder erdenklichen Weise vorbereitet...sei es autodidaktisch durch z.B. Fachbücher, Besuch einer ,Heilpraktikerschule', diverse Lehrgänge und besonders auch aufgrund meiner vorherigen Tätigkeit. Vernünftige Diagnostik lernt man natürlich nur durch Erfahrung, in der Medizin ob nun beim Arzt oder beim Heilpraktiker heißt das ganz klar: In der praktischen Erfahrung. Anders geht es nicht. Man darf dabei natürlich nicht vergessen: Das Fachwissen eines Arztes ich Meilenweit weg von dem Fachwissen eines Heilpraktikers. Aber auch das sollte jedem Heilpraktiker eigentlich bewusst sein.
In der Praxis heißt das für mich folgendes: Entweder ich weiß was ich zu tun haben wenn ein Patient direkt zu mir kommt oder ich überweise ihn zum Hausarzt bzw. bei einer Verdachtsdiagnose zum entsprechenden Facharzt. Ich kann halt nur im Rahmen meiner Möglichkeiten handeln und muss mir meiner Grenzen bewusst sein. Allerdings ist es nicht die Regel, dass ein Patient ,direkt' kommt. In der Regel liegt eine längere Krankengeschichte nebst entsprechender Behandlung meist direkt mehrerer Ärzte vor. Aber klar: Wenn ein Notfall eintritt (ob jetzt in der Praxis oder auf der Straße) sollte man wissen was man zu tun hat, als Heilpraktiker halt noch in nem anderen Umfang als ein ,normaler Passant'.

@71hAhmed
Ich glaube ich weiß zwar worauf du hinaus willst, aber es ist auch möglich einem Patienten Entspannungsmethoden beizubringen ohne dabei auf...äh...Metaphern aus dem esoterischen Bereich zurückzugreifen. Man kann die Grenze meiner Meinung nach schon recht genau ziehen. Nur wie ich schon erwähnt habe wird diese Grenze leider allzu oft missbraucht. Nehmen wir nur mal die Homöopathie und den Placebo-Effekt.

71hAhmed

Ist schon klar, dass es auch ohne geht, ausserdem war es als Beispiel gedacht. Aber es gibt diese Übergangszone, in der man durchaus hilfreiches finden kann, immerhin ist ein Teil der klassischen Esoterik ja durchaus als Vorläufer der Wissenschaft anzusehen, auch wenn uns die wissenschaftliche Sprache der Zeit nicht mehr vertraut ist.

Swen

@71hAhmed

Es mag sein, dass es irgendwo in diesem Grenzbereichen Teilaspekte gibt, die man billigen könnte, wenn es zum Wohl des Patienten wäre. Über Sinn oder Unsinn kann man da sicherlich streiten. Nur muss ich als Therapeut, (der so über dieses Thema denkt wie ich es tue) gucken, nicht in den Bereich zu kommen...nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Dann wäre ich ja doch irgendwo an dem Punkt wo sich die Kollegen-Heilpraktiker tummeln. Klar, nüchtern gesehen gibt es diesen sich überschneidenen Grenzbereich, da hast du recht. Das blöde ist nur, dass es diese ,vernünftige Grenze' bei den meisten Heilpraktikern schlichtweg nicht gibt...nur das 'gegenüber'.