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Das Licht des Marxismus (war: Re: Krise in der Ukraine)

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Begonnen von Peiresc, 12. Oktober 2022, 05:55:46

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Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 11. Oktober 2022, 22:34:07
Zitat
ZitatIt is no longer the economy, it is the identity.

Glaube ich nicht.

Weißt Du, warum der Marxismus untergegangen ist? Weil er schon alles wusste.

Max P

Zitat von: Peiresc am 12. Oktober 2022, 05:55:46
Zitat von: Bratmaxe am 11. Oktober 2022, 22:34:07
Zitat
ZitatIt is no longer the economy, it is the identity.

Glaube ich nicht.
Weißt Du, warum der Marxismus untergegangen ist? Weil er schon alles wusste.
Dass Geschichte deine Stärke ist, glaube ich auch nicht.  ;)

Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 08:38:32Dass Geschichte deine Stärke ist, glaube ich auch nicht.  ;)
Verlangt auch keiner.

Kommen wir zur jüngsten Zeitgeschichte:
ZitatBoris N. Moellers:
#Wagenknecht, kurz vor Kriegsausbruch: "Können heilfroh sein, dass Putin nicht so ist, wie er dargestellt wird! Nämlich als ein durchgeknallter russischer Nationalist, der sich daran berauscht, Grenzen zu verschieben. Wenn das so wäre, dann wäre Diplomatie hoffnungslos verloren!"
https://twitter.com/BorisNMoellers/status/1580065107039526913
(mit Videoclip). Was meinst Du, Max, sieht sie sich als Marxistin?

Max P

Zitat von: Peiresc am 12. Oktober 2022, 08:45:59Kommen wir zur jüngsten Zeitgeschichte:
ZitatBoris N. Moellers:
#Wagenknecht, kurz vor Kriegsausbruch: "Können heilfroh sein, dass Putin nicht so ist, wie er dargestellt wird! Nämlich als ein durchgeknallter russischer Nationalist, der sich daran berauscht, Grenzen zu verschieben. Wenn das so wäre, dann wäre Diplomatie hoffnungslos verloren!"
https://twitter.com/BorisNMoellers/status/1580065107039526913
(mit Videoclip). Was meinst Du, Max, sieht sie sich als Marxistin?
Ich fürchte ja. Und weiter?

sailor

@Bratmaxe: Ich sage es mal so: Wenn die Ökonomie nicht das macht, was sie einigen Menschen zufolge tun soll, nämlich end-, investitions- und wahllos Wohlstand in irgendwelche Gruppen zu pumpen, dann greifen diese Menschen auf Identität zurück. Für mich sind "die Ostdeutschen" ein Paradebeispiel: Ökonomisch im Sinne von allgemeinem Lebensstandard ging es seit 1990 steil bergauf; Transferleistungen und Investitionen flossen, jene, die sich nicht so "ostdeutsch" fühlten, sind abgewandert. Nun stehen gerade dort Menschen auf/an der Straße, die meinen, sie bekommen nicht genug und ihnen stünde als "Ostdeutschen" doch viel mehr zu. Andere Ausprägung bei den russen, dort wurde die Ökonomie nur zum Nutzen bestimmter Gruppen genutzt, der Rest des Volkes wurde mit billiger Identitätspropaganda "ruhig" gestellt. China ist auch ein großartiges Beispiel, dort wird gerade mit Han-Nationalismus, Chauvinismus und paternalistisch-rückwärtsgewandtem Menschenbild von den selbstverursachten ökonomischen Problemen der KOMMUNISTISCHEN Partei Chinas abgelenkt. Identitätspolitik ist ein Fakt und diese Identitäten werden von Regimes dazu benutzt, die jeweiligen Völker und Gruppen abzuschotten. Gleichzeitig sind diese Politiken so wirksam, weil sie auf existierende kulturelle Normen und Werte zurückgreifen, die der "Westen" gern als irrational und überkommen abtut. Borrell sieht es in so fern richtig, als dass europäische Diplomatie dort anknüpfen muss: Beim Begreifen des Gegenüber und Bauen einer Brücke zwischen unseren Werten und deren Werten... das ist leichter als man denkt, wenn man einmal grundlegend ähnliche Werte erkannt hat, die es ohne Frage mit den meisten Kulturen gibt. Dazu gehört auch das Verstehen der Sprache und der Begriffe.

Max P

Zitat von: sailor am 12. Oktober 2022, 13:14:32Für mich sind "die Ostdeutschen" ein Paradebeispiel: Ökonomisch im Sinne von allgemeinem Lebensstandard ging es seit 1990 steil bergauf; Transferleistungen und Investitionen flossen, jene, die sich nicht so "ostdeutsch" fühlten, sind abgewandert.
Na ja, für Viele ging es auch bergab (und nein, ich meine nicht ehem. SED-Chefkader). Die Geschichte der Treuhand muss noch geschrieben werden -als Kriminalgeschichte. Aber das ist ein anderes Thema.

ZitatAndere Ausprägung bei den russen, dort wurde die Ökonomie nur zum Nutzen bestimmter Gruppen genutzt, der Rest des Volkes wurde mit billiger Identitätspropaganda "ruhig" gestellt.
Wenn mit Identitätspolitik Ablenkungspolitik gemeint ist, sehe ich das auch so. Ich hatte Borrells Satz so verstanden, dass er meint, ökonomische Interessen seien gegenüber Identitätspolitik nachrangig geworden. Das ist natürlich nicht der Fall, zumal mit Nationalchauvinismus seit 200 Jahren Politik gemacht wird. 

ZitatChina ist auch ein großartiges Beispiel, dort wird gerade mit Han-Nationalismus, Chauvinismus und paternalistisch-rückwärtsgewandtem Menschenbild von den selbstverursachten ökonomischen Problemen der KOMMUNISTISCHEN Partei Chinas abgelenkt.
Da du KOMMUNISMUS wieder so betonst: Bekanntlich ist nach Marx eine entwickelte bürgerliche Gesellschaft notwendige Voraussetzung für Sozialismus und dieser wiederum für Kommunismus. Insofern waren u.a. China und Russland in keiner Weise Kandidaten für Sozialismus, von Kommunismus ganz zu schweigen. Aber auch das hier nur nebenbei.

ZitatIdentitätspolitik ist ein Fakt und diese Identitäten werden von Regimes dazu benutzt, die jeweiligen Völker und Gruppen abzuschotten. Gleichzeitig sind diese Politiken so wirksam, weil sie auf existierende kulturelle Normen und Werte zurückgreifen, die der "Westen" gern als irrational und überkommen abtut. Borrell sieht es in so fern richtig, als dass europäische Diplomatie dort anknüpfen muss: Beim Begreifen des Gegenüber und Bauen einer Brücke zwischen unseren Werten und deren Werten... das ist leichter als man denkt, wenn man einmal grundlegend ähnliche Werte erkannt hat, die es ohne Frage mit den meisten Kulturen gibt. Dazu gehört auch das Verstehen der Sprache und der Begriffe.
Ja, Zustimmung.

Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 18:45:13Bekanntlich ist nach Marx eine entwickelte bürgerliche Gesellschaft notwendige Voraussetzung für Sozialismus
Das ist eine insuffizient begründete theoretische Überlegung aus dem 19. Jhd., durch keinerlei Empirie belegt und durch zahlreiche Umstände falsifiziert. Ich hätte kein Problem damit, weiter ins Detail zu gehen (dafür reichen meine Geschichtskenntnisse), möchte aber diesen Faden nicht sprengen. Mach bitte einen neuen für Deine Antwort auf; am besten fängst Du mit der Definition für "Proletariat" an. 

Max P

Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 20:00:31
Zitat von: Peiresc am 12. Oktober 2022, 19:43:11
Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 18:45:13Bekanntlich ist nach Marx eine entwickelte bürgerliche Gesellschaft notwendige Voraussetzung für Sozialismus
Das ist eine insuffizient begründete theoretische Überlegung aus dem 19. Jhd., durch keinerlei Empirie belegt und durch zahlreiche Umstände falsifiziert.
Ersters stimmt leider, letzteres nicht.

ZitatIch hätte kein Problem damit, weiter ins Detail zu gehen (dafür reichen meine Geschichtskenntnisse), möchte aber diesen Faden nicht sprengen. Mach bitte einen neuen für Deine Antwort auf; am besten fängst Du mit der Definition für "Proletariat" an. 
Danke für die Anregung, aber im Moment mag ich sie nicht aufgreifen. Am Ende brennen wieder fruchtlos die Büsche und die Hasen verschlucken sich.  ;D Ein andermal.

Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 20:00:31Am Ende brennen wieder fruchtlos die Büsche und die Hasen verschlucken sich.  ;D
In der Tat. Der Sozialismus/Kommunismus leidet an Parusieverzögerung.  8)

Max P


Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 12. Oktober 2022, 20:05:41
Zitat von: Peiresc am 12. Oktober 2022, 20:02:08Parusieverzögerung.  8)

Da, du fängst ja schon wieder an.  :grins

Wieso ich? Der erste, dem diese Parallele aufgefallen ist, war ... Friedrich Engels (oder genauer, einer der ersten).

sailor

Parusieverzögerung im Zusammenhang mit Marxismus ist richtig gut^^ :D

Erste Regel des Kommunismus: Es KANN nicht sein, was nicht sein DARF! Das versuchen mir immer wieder "Linke" beizubringen, SU, DDR, China, NK, Kuba, alles keine richtigen Sozialisten und schon gar keine Kommunisten, was die sich einbilden, sich so zu nennen... die Sessel-Linken in der durchkapitalisierten BRD wissen es immer besser und ohne Regierungsverantwortung theoretisiert es sich immer noch am besten ;)

Da ich mich aber gern auf theoretisierende Diskussionen einlasse: Warum hats dann in der DDR nicht geklappt? Bürgerliche Gesellschaft gabs hier doch?

Peiresc

Zitat von: Bratmaxe am 13. Oktober 2022, 23:04:06
Zitat von: Peiresc am 13. Oktober 2022, 22:31:06
Zitat von: Bratmaxe am 13. Oktober 2022, 22:05:30Sehr vereinfacht könnte man sagen, "der Westen" besteht aus zwei Hauptströmungen: Zum einen "pragmatisch" verfolgte, grenzenlose Gier, die die hochgelobten Werte nur noch als Makulatur und zynische Fassade erscheinen lassen.
Das ist doch, so allgemein gesprochen, Unfug, in dem man nur sich selber voller moralischer Überlegenheit sonnen kann. Ein solcher Durchblick ist eimerweise zum Rabatt zu haben. Vor dem Weltändern kommt der Durchblick - warum sind die Verhältnisse wie sie sind? Dafür reicht es nicht, im Kapital zu blättern, denn da stehts nicht drin. Mit ein paar Floskeln hat man da nichts gerissen, die deuten eher auf Faulheit.
:taetschel:

ZitatWenn es (berechtigte) Kritik an Pharmakonzernen wie Novartis etc. gibt, sind dann Medikamente abzulehnen? Wenn es Kritik an der Deutschen Bank gibt, sind dann Kredite Teufelszeug? Wenn es Kritik am VW-Konzern gibt, wirst Du dann Deinen Audi abfackeln? Nein, höchstens den von anderen Leuten.

Peiresc

Zitat von: Max P am 23. Dezember 2022, 20:50:29Ja, nach der Oktoberrevolution hat man den Gemeinsinn und das politische Engagement im Zarenreich schmerzlich vermisst.
Ich vermute, das sollte eine Ironie sein, aber sicher bin ich nicht. Weil wenn es ironisch war, dann wären Bürgerkrieg (von beiden Seiten mit äußerster Härte geführt) und Kriegskommunismus "Gemeinsinn und politisches Engagement".

Zitat von: Max P am 23. Dezember 2022, 20:50:29Nein, Sowjetunion und linke Gesellschaftspolitik waren sich so ähnlich wie die Bergpredigt und ein Autodafé.
Für beide Fälle gilt: was Du für eine Perversion hältst, ist in Wirklichkeit eine Konsequenz.



Max P

Du hättest bitte auch das Zitat von sailor, auf das ich geantwortet hatte, mit zitieren sollen: #3972 (Krise in der Ukraine) . Ja, es war eine ironische Antwort auf sailors Ansicht, das sowjetische Modell sei die Ursache der heutigen politischen Apathie in Russland. Damit hat er einerseits recht, ignoriert aber andererseits, dass Russland noch nie eine Bürgergesellschaft war, schon gar nicht unter dem Zaren. Und wie irgendwo schon gesagt, die russ. Revolution krankte u.a. daran, dass es keine wirklich entwickelte bürgerliche Gesellschaft gab. Es lebten in Russland 1917 mehr Adlige als Industrierarbeiter.
Sowie: #3969 (Krise in der Ukraine) .