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Lustige Dinge

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Begonnen von Sauropode, 23. Oktober 2019, 18:54:56

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Typee

Zitat von: Bachblüte am 15. März 2021, 18:47:18
Zitat von: Typee am 15. März 2021, 13:20:37
Bei Gelegenheit erzähle ich Euch, wie das Heiligs Blechle ins Schwäbische kam, das ist auch sehr erheiternd.

Spann uns bitte nicht auf die Folter!  :D

Also dann:
Der Ursprung dieses Ausdrucks liegt im Französischen, genauer: in einer bestimmten Art, auf Französisch zu fluchen. Die Franzosen fluchen gerne ihres Gottes, allerdings galt es lange als dégôutant, Seinen Namen dabei anzurufen. Nun trifft es sich, dass Gott und die Farbe Blau auf Französisch ziemlich ähnlich klingen: dieu und bleu. So fluchte der vornehme Mann eben nicht MON DIEU (bei meinem Gott!), SACRE DIEU (beim heiligen Gott!) oder, noch schärfer, MORDIEU (beim Tode Gottes!), sondern PARBLEU, SACREBLEU oder MORBLEU.
Deutschlands Südwesten und Frankreichs Osten stehen sich kulturell nahe, man teilt nicht nur einige alemannische Wurzeln, sondern auch politisch-territoriale Gemeinsamkeiten. Das Königreich Württemberg reichte zeitweise bis über die Vogesen hinaus nach Westen. Die alte württembergische Stadt Mömpelgard etwa, deren Standort an der Autobahn zwischen Mulhouse und Dijon liegt, trägt heute den klangvolleren Namen Montbéliard. Durch diese linguistische burgundische Pforte sickerte dann das Fluchen á la francaise ins Schwäbische ein: aus SACREBLEU wurde ein Heiligs Blau, und wegen der schwäbischen Vorliebe für Diminuitive auf -le ein Heiligs Blaule. Vermutlich weil sich kein Mensch darunter etwas vorstellen konnte, wandelte sich das Blau zum Blech, beziehungsweise das Blaule zum Blechle.
Diese Version wurde mir von einem schwäbischen Mundartexperten aus dem württembergischen Teil der Stadt Villingen-Schwenningen verraten.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Bachblüte

Vielen Dank Typee, das ist herrlich  :laugh:

Zitat von: Typee am 15. März 2021, 19:11:50
aus SACREBLEU wurde ein Heiligs Blau, und wegen der schwäbischen Vorliebe für Diminuitive auf -le ein Heiligs Blaule. Vermutlich weil sich kein Mensch darunter etwas vorstellen konnte, wandelte sich das Blau zum Blech, beziehungsweise das Blaule zum Blechle.

...unter dem Blechle kann ich mir durchaus was vorstellen. Es wäre interessant mal so zu erfahren, was bei anderen Menschen für ein Kopfkino abläuft.  :laugh:

HAL9000

Zitat von: Bachblüte am 15. März 2021, 19:33:17... ...unter dem Blechle kann ich mir durchaus was vorstellen. Es wäre interessant mal so zu erfahren, was bei anderen Menschen für ein Kopfkino abläuft.  :laugh: ...
Also in Wien gibt es das 16er-Blech im Zusammenhang mit "A Eitrige, an Bugl und a 16er-Blech". Kopfkino ab!

simpel

:D danke für die Erklärung! Ich dachte immer es hätte was mit dem Daimler zu tun.

celsus

Zitat von: Bachblüte am 15. März 2021, 19:33:17Es wäre interessant mal so zu erfahren, was bei anderen Menschen für ein Kopfkino abläuft.  :laugh:

Ich habe da ein paar Jahre gewohnt und mir nichts dabei gedacht, weil die Schwaben sowieso lauter seltsame Sachen sagen.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Bachblüte


Juliette

Zitat von: Typee am 15. März 2021, 19:11:50
Also dann:
Der Ursprung dieses Ausdrucks liegt im Französischen, genauer: in einer bestimmten Art, auf Französisch zu fluchen. ..
Deutschlands Südwesten und Frankreichs Osten stehen sich kulturell nahe, man teilt nicht nur einige alemannische Wurzeln, sondern auch politisch-territoriale Gemeinsamkeiten...

Es gibt viele tolle Beispiele (in beide Richtungen):

Klingt mutterseelenallein nicht nach deutschen Wurzeln par excellence? Nein. Erst war das französische moi tout seul (ich ganz allein, gesprochen "moatusöl"). Daraus wurde phonetisch eingedeutscht das sinnlose mutterseel. Den Sinn allein hat man dann wieder hinzugefügt: mutterseelenallein.

Muckefuck kommt von mocca faux.

Ein seltsames Wort ist auch das französische choucroute (Sauerkraut). Zusammengesetzt aus chou (Kohl) und Kraut (Sammelbezeichnung für einzelne Kohlarten). Sozusagen Krautkraut oder Kohlkohl.

Auch Soldaten oder die Mode, an deutschen Adelshöfen französisch zu sprechen, trugen zur Vermischung der Sprachen bei.

Kann zu dem Thema das Buch Was die Wörter erzählen von Waltraud Legros sehr empfehlen.

biomango

 Im Jahrgang 1808 von Hebels «Schatzkästlein» findet sich die Geschichte «Missverstand»: «Im 90er Krieg, als der Rhein auf jener Seite von französischen Schildwachen, auf dieser Seite von schwäbischen Kreissoldaten besetzt war, rief ein Franzos zum Zeitvertreib zu der deutschen Schildwache hinüber: ‹Filou! filou!› Das heisst auf gut deutsch: Spitzbube. Allein der ehrliche Schwabe dachte an nichts so Arges, sondern meinte, der Franzose frage: Wieviel Uhr? und gab gutmütig zur Antwort: ‹Halber vieri.›»

celsus

Noch ein prominentes Beispiel:

Zitat,,Als Deutschland Anfang des 19. Jahrhunderts weitgehend unter französischer Besetzung stand, versuchten immer wieder französische Soldaten, deutsche Mädchen zum Zeitvertreib in ihr Lager zu locken, z. B. mit der Einladung: « Visitez ma tente » (dt. besuchen Sie mein Zelt) oder auch « Voici ma tente » (dt. sieh dort mein Zelt). Stand also abendlicher Ausgang an, wurde den jungen Frauen ein mach' aber keine Fisi ma tenten mit auf den Weg gegeben."

https://de.wikipedia.org/wiki/Fisimatenten
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Typee

Zitat von: biomango am 16. März 2021, 13:44:11
Im Jahrgang 1808 von Hebels «Schatzkästlein» findet sich die Geschichte «Missverstand»: «Im 90er Krieg, als der Rhein auf jener Seite von französischen Schildwachen, auf dieser Seite von schwäbischen Kreissoldaten besetzt war, rief ein Franzos zum Zeitvertreib zu der deutschen Schildwache hinüber: ‹Filou! filou!› Das heisst auf gut deutsch: Spitzbube. Allein der ehrliche Schwabe dachte an nichts so Arges, sondern meinte, der Franzose frage: Wieviel Uhr? und gab gutmütig zur Antwort: ‹Halber vieri.›»

Etwas neueren Datums ist das Folgende:
1919 bis 1920 war Frankfurt am Main vorübergehend von französischen Truppen besetzt, und natürlich kam es zu den üblichen Einquartierungen. Ein französischer Korporal erhielt von der Frau des Hauses sein Mittagessen vorgesetzt, und der Soldat lobte:

"Ah, c'est bon, c'est bon!"
... was die Hausfrau mit der Richtigstellung quittierte:

"Naa, du Simbel, des sin kaa Säubohne, des is Blummekohl!".
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Frozen Cock XXL

Zitat von: Typee am 15. März 2021, 19:11:50
Diese Version wurde mir von einem schwäbischen Mundartexperten aus dem württembergischen Teil der Stadt Villingen-Schwenningen verraten.

Da kann ich nur sagen:
Zitat von: celsus am 15. März 2021, 21:05:15
Ich habe da ein paar Jahre gewohnt[...]


Ich auch. Sogar im badischen und im schwäbischen Teil VSs, was sich bislang noch kein RTL2-Brennpunkt-Docutainment-Kamerateam getraut hat und selbst der Wallraff würde bestimmt kneifen!!

Seit dieser Zeit weiß ich nur eins sicher: erzähl einem Villinger dass du das von einem Schwenninger gehört hast und der wird dir eine komplett andere Story darüber erzählen, woher der Begriff stammt und dich bestenfalls als en Bachl oder seeglbleeder(s) Dibbel(e) bezeichnen, einfach weil du einem von denen die Story geglaubt hast. Das ist sicher und garantiert. Wahrscheinlich gibt's auch wenigstens ein Dätscherle ins Gesicht während sie dich weiterhin "en saudomme Granadabachl" schimpfen, und fragen ob du noch rechd bacha bist. Erfahrungswerte.

Zitat von: celsus am 15. März 2021, 21:05:15
und mir nichts dabei gedacht, weil die Schwabensowiesolauter seltsame Sachen sagen.
Zom Donndrweddr abbr au! Erschämmol geits dafier a Roda, abbr koi Fläschle oda Viertele, a roda Kart: :rotekarte:

Ond no von jeddz uff glei, kommd de schwäbsche Schbrachbollizei!!

:police:: Ja sag omal, wos isch bei eich loas? Doa griag I glei Zuaschdänd! Dass des füar eich armleichdr glei widdr komisch klingd odr nach'am dommen linguistischen Extrameedala vom Schwobaländle war joa widdr omal klah wia Wurschdbriah ond so gwieß wia se beim Bägg morge uffbachene Brezla vrkaufa. Abbr dodrmet seid'er scho a ganz schees Schdüggle uffm Holzweg, Fraind! Ond darom lass I eich au glei mol dr Rauch nei, wengscht en bissle! NADIERLICH ka sich des äbbes "seltsam" ahöre, wenn'n Schwob schwäddzd, weil se bsässe drvo senn na dr Regl "Amma nondrgschluggta Word isch no koinr gschdorba."  z'schwäddza (was abbr au bessr isch als des domme dromromgschwäddza (I woiß des wohl  ;D :P 8) !)), abbr beim baadscha nemme se au emmr glei 15 Diphtonge her (emm Hochdoidsche hen'se 4!). Drvo dass'se au no nasalisationsb'gscheiderde Leit senn fang I bessr garned ersch a)...

....Da kommsch hald au schnell en d'Bredull ond s'isch glei ned meh oifach "seltsam". Selbschd d'Wikipedia schmeißd do da Bettl na :P:

ZitatIm Lauf der Entwicklung des Schwäbischen wurden, ähnlich wie in der Entwicklung des Standarddeutschen, sowohl mittelhochdeutsche Monophthonge diphthongiert, als auch bereits bestehende Diphthonge weiterentwickelt, letztere aber fast immer in anderer Richtung als im Standarddeutschen. Die Entwicklungsprozesse der Diphthonge und ihre Ergebnisse sind im Schwäbischen derart kompliziert, dass hier für Einzelheiten auf die Fachliteratur verwiesen werden muss.[7]

Mr sodd nedd emmr glei dr Schdab ibbr äbbr brecha, bloß weil der red' wie en all Dauma lang von dr Schauggl Gschuggder.

I mag eich Leit hier a ned nondrschwäddza, so en Idipfelescheißer ben'e ned, vielleichd en Allrweltsg'scheidle abbr koi Idipfelescheißer.

Drom will I eich a noch äbbes midgäba. Äbbes aus eim sießa schwäbische Geschle, dass de schwäb'sche Schbrochlogik en bissle bessr ond g'naur vrgliggera duad, falls'r ned glei dodal debbad werd von. A Schdüggle vom schenschden schwäbische G'schwäddz hald, ond des isch au olles ga(no)nedd so obache schwer wie's erschdmol klingt!

Damit mr's net iebrdreiba ("Wer Schdiaga fega will, muass oba afanga."), fang'mr mit drei werdr on'am oifache Sätzle a, des jedr Schwob ond soddiche, die's wern wolln, a diregd na'em uffwegge, wurschd ob Diafschlof oder Niggerle, vrschdeha ond a froga kenna muass:
1. Dr Schwoab schwäddzd glei erschmol ned von "etwas", wenn'r "etwas" moind, sondern von "äbb(e)s".
2. "Jemand" isch donn "äbb(e)r".
3. Abbr uffbassd! Oaschdadd "Eben" saga mr ebbe"ebbe". (*1)

Dodrmit kön'mr au glei en g'scheide Saddz zammabäschdle, z.B. "Hot diar ebbe ebber ebbes doa?". Des bedeid oifach "Hat dir gerade jemand etwas getan?"

(*1)Außr dodroba bei de Fischkebbf, wo mr äll Schaldjohr amol beim Urlaub zom zammaläbbra in'd Son ligge kenna, bis ons d'Brieh da Ranza nab laufd..

Ond fir älle, dia moina "sell drobe isch koi kunschd" ond "Wemmr große Schridd machd, schbard mr Absäddz ond kommd au no schnellr vora!": Da henner no en baar schbaßich Zongabrächr, die mr au äwwl so auf dr Gass höra kennd - des isch doa gang ond gäb!
Zitat
I hann's Schbäddzlesbschdegg zschbäd bschdelld
(Ich habe das Spätzlebesteckt zu spät bestellt.)

Schellat se net an sellre Schella, selle Schella schellat net, schellat se an sellre Schella, selle Schella schellat.
(Betätigen Sie nicht jene Türklingel, jene Türklingel läutet nicht, betätigen Sie diese Türklingel, diese Türklingel läutet).

Butz'sch z'erscht d'Zäh, oder bend'sch z'erscht d'Schuah?
(Putzt du zuerst die Zähne oder bindest du dir zuerst die Schuhe?)

Do laufd nix? - Heul no a bissle, no muasch nemme soviel soicha!


Dschiss, adeele ond gsond!
- Eier eiskalde Goggl  8)

celsus

Mein Aufklärungsbuch. Vielleicht hat es deswegen bisher nicht so recht mit der Vermehrung geklappt.

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Frozen Cock XXL

Zitat von: celsus am 17. März 2021, 20:42:56
Mein Aufklärungsbuch.

:o Ja do schnallsch ab! Dann kannsch'd des bissle Schwäble ja ab!  8) :2thumbs:

Dankschee für den Tipp!

Obwohl ich dort lange als Freiland-Schwobeland-Goggl unterwegs war (Hey Chicks und Masthühner!  ;) ) und das sogar schon und noch zuzeiten als Aufklärung Not getan hätte (Hey... Ihr annern Chicks und Masthühner...  :-\ ), kannte ich das Büchle nicht, gab ebbe die praktische Anwendung eines  Der Bua wirds scho lerna!, wobei sie bei dem Thema da ja immer noch b'sonders sind.  :unschuldig:

Das Schmuddlthemabüchle hat's sogar zum Theaterstück geschafft:


...und vermutlich mehr schwäbische Kinder aufgeklärt, als es durch direkte Gespräche mit ihren Eltern wurden.  ;D



Danke hierfür, Dr. Thaddäus Troll!




Habra

Zitat von: Frozen Cock XXL am 17. März 2021, 20:03:49
...

Ich auch. Sogar im badischen und im schwäbischen Teil VSs, was sich bislang noch kein RTL2-Brennpunkt-Docutainment-Kamerateam getraut hat und selbst der Wallraff würde bestimmt kneifen!!

...

Gut, VS ist ein schlechtes Beispiel für Völkerverständigung. Der richtige Villinger läßt seine Frau selbstverständlich in Bad Dürrheim gebären, weil das Krankenhaus für Villingen-Schwenningen eventuell noch auf schwäbischer (Schwenninger) Gemarkung liegen könnte. ;D

Und ich selbst warte immer noch vergeblich auf einen Baden-Württembergischen Verdienstorden: Ich bin ein nach Südbaden ausgewanderter Kurpfälzer (nicht Pfälzer), der im Schwäbischen arbeitet.  :2thumbs:

Für alle Nichtbadenwürttemberger: Hier haben in den Grenzregionen Baden und Württemberg (= Schwaben) wir immer noch Probleme mit der Volksabstimmung vom 9. Dezember 1951.
Gottseidank ist diese Fehde für 99% der Einwohner Baden.Württembergs lediglich Folklore.

celsus

Zitat von: Frozen Cock XXL am 17. März 2021, 21:34:38Dann kannsch'd des bissle Schwäble ja ab!  8) :2thumbs:

'S gaht scho.

Zur Feier das Tages und zur Erinnerungsauffrischung gab es heute Gaisburger Marsch und Trollinger (wirklich).

Kocha kenna's scho, d'Schwobe. Un schaffe.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.