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Darf man den Placeboeffekt duch Aufklärung schwächen?

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Begonnen von grim, 03. Mai 2009, 18:37:06

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rincewind

Leute, erstaunlich, dass sich selbst hier eine Art Mystifizierung von Placebo verdeutlicht.

Placebo ist zum größten Teil ein schlichter Wahrnehmungseffekt bedingt durch die zwangsläufige Fokussierung auf (der Wahrnehmung "würdigen") Themen. Mit Tendenzen zur Rückkopplung, die aber eher marginal sind.

Dazu eine statistische Komponente, die sich wiederum aufsplittert. (Meine Hypothese: Placebo beginnt mit der Beobachtung) . Bin zu müde, aber als Faustformel kann man wohl unumstritten sagen: Je ernster krank, desto marginaler Placebo. Es wird viel zu viel Bohei darum gemacht.


Conni

Aber erklärt das auch Resilienz?

Irgendwie kommt man dann doch wieder zur Genetik. Oder besser gesagt, man kommt daran nicht vorbei.

Heinz-Rüdiger

Auf jeden Fall (gäähn) erklärt das nicht, inwiefern die Gabe von Gummibärchen oder Rescuetropfen Suchtverhalten erzeugt. Mannmannmann...

AnnaLena

Zitat von: Achter am 05. Mai 2009, 22:27:06
Auf jeden Fall (gäähn) erklärt das nicht, inwiefern die Gabe von Gummibärchen oder Rescuetropfen Suchtverhalten erzeugt. Mannmannmann...

Das funktioniert über die "orale Befriedigung". Solche Verhaltensweisen werden ankonditioniert, und zwar ab einem Alter von wenigen Monaten. Die allgegenwärtige Teeflasche ist der Anfang, die Bierflasche das Ende.
Diese Konditionierung ist suchtbegünstigend, das weiss heute jeder Psychiater, weswegen ja auch Kinderärzte zunehmend vor sowas warnen.

Auf Spielplätzen siehst du manchmal so konditionierte Kinder, die bei jedem Stolpern wie ein Vögelchen sperren, um ihre Zuckerkügelchen abzuholen. Im frühkindlichen Alter besteht Erziehung im Wesentlichen aus Konditionierung.

Conni

Zitatsuchtbegünstigend

ja, aber nicht als alleiniger Faktor. Es muss dadurch das Belohnungssystem entsprechend angesprochen und nachhaltig beeinflusst werden.

Dieses
Zitatwie ein Vögelchen sperren
muss das nicht zwangsweise, es kann (muss nicht!) auch reine Gewohnheit sein, ohne Stimulierung des Dopaminsystems.

Adromir

Bitte vergesst nicht, daß das Dopaminsystem nicht nur durch Substanzen angeregt wird, sondern letztendlich durch alles, was vom Individuum als "Belohnung" empfunden wird. Das kann auch die Zuwendung durch andere sein, oder die Beendigung einer als unangenehm empfundenen Situation. Wäre das anders, könnten wir das operante Konditionieren ebensoschlecht erklären.

Das Kind kann lernen, daß es in unangenehmen Situationen nur etwas zu nehmen braucht, damit es besser wird. Das wird uU. als Problemlösungsstrategie etabliert.
Vielleicht ist es nicht direkt auslösend für die Sucht an sich, ich kann mir aber gut vorstellen, daß dies eine Hinwendung zu Suchtauslösenden Substanzen begünstigt, wenn man merkt, daß die Gummibärchen nicht mehr helfen, aber an dem Grundprinzip der Lösungsstrategie festhält.

AnnaLena

Zitat von: Conni am 06. Mai 2009, 06:58:50
Zitatsuchtbegünstigend

ja, aber nicht als alleiniger Faktor.

Das sagt auch keiner.
Zum REst: Natürlich, das ist der nächste Schritt, das implizierte ich.

Diese Mechanismen sind eigentlich gut bekannt, es ist ein Risiko für eine Sucht, und zwar eines, das eher leicht zu vermeiden ist. An der genetischen Disposition kann man nicht drehen.

Adromir

Und man weiß leider nicht im Vorfeld, welche Disposition vorliegt.

Aber nochmal, daß einzige, was wir in dieser Diskussion ziemlich sicher wissen ist, daß es unter anderem genetische, psychologische und soziale Faktoren gibt, die das Suchtverhalten beeinflussen. Wie stark einzelne Faktoren letztendlich sind, wissen wir nicht.

Wir können das erst sagen, welche Faktoren wie stark sind, wenn wir zum Beispiel wissen, welche genetischen Faktoren an der Entstehung von Sucht beteiligt sind und wie diese in der Bevölkerung bzw. Süchtigenpopulation verbreitet sind.
Wenn unter den Süchtigen eine Verbreitung von Annähernd 100% vorhanden ist und die Verbreitung in der Bevölkerung ziemlich nahe der Zahl der süchtigen entspricht, erst dann können wir sagen, daß Sucht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, daß Suchtverhalten fast ausschließlich durch die genetische Disposition determiniert ist.

Ist die Verbreitung innerhalb der Süchtigenpopulation deutlich geringer, oder die Verbreitung in der Gesamtpopulation deutlich höher als der Prozentsatz von süchtigen, dann scheinen noch weitere Fatoren einen entscheidenden Einfluss (abhängig vom Grad der Abweichung) zu haben.

Aber vorher ist die pauschale Behauptung, daß nur die Genetik für die Entstehung von Suchtverhalten ausschlaggebend ist, wissenschaftlich gesehen nicht haltbar.

Mal Hand aufs Herz, wie oft hat hier jeder von uns mit Anhängern von Parawissenschaften darauf hingewiesen, daß eine Studie noch kein Beweis ist, sondern höchstens ein Hinweis. Das man die Ergebnisse einer angeführten Studie auch anders Interpretieren kann, oder das eine Übertragung der Studienergebnisse nicht einfach so durchgeführt werden darf (hier die Übertragung von Ergebnissen bei Ratten auf Menschen).

Also, warum das klammern an der Aussage "nur/hauptsächlich die Genetik ist schuld", wenn die Faktenlage noch nichts genaues her gibt?

Adromir

Nachtrag: Hier noch eine (meiner Meinung nach) gute Übersicht über verschiedene Faktoren von Suchtentstehung: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/Aetiologie.shtml

Conni

ZitatAber vorher ist die pauschale Behauptung, daß nur die Genetik für die Entstehung von Suchtverhalten ausschlaggebend ist, wissenschaftlich gesehen nicht haltbar.

Ich bitte Dich, Adromir, das hat doch niemand hier behauptet. Uneinig sind wir uns über den Anteil, den ein Faktor am Gesamtgeschehen hat. Aber das Problem können wir hier nicht lösen.

Und selbst in deinem Link oben steht:

ZitatZur Suchtentstehung gibt es viele Erklärungsmodelle und verschiedene Fachdisziplinen beschäftigen sich mit den Ursachen und Bedingungen von Sucht jeweils aus ihrer Perspektive. Da eine genaue fachliche Abgrenzung kaum möglich ist, gibt es deutliche Überschneidungen in den Erklärungsmodellen. Süchtiges Verhalten kann insgesamt als Ergebnis unterschiedlicher personaler und umweltlicher Faktoren gesehen werden. Die individuelle Disposition - mit für die Süchtigen jeweils ganz unterschiedlicher Bedeutung und Stellung des süchtigen Verhaltens im Lebenszusammenhang - macht Sucht zu einem Phänomen, das äußerst schwer zu erfassen ist.

So, und nun ist für mich die Diskussion an einem Punkt angekommen, wo ich mich nur noch wiederholen kann.

Conni

Aber nochmal zu Deinem Link:

ZitatTreten in dieser  Entwicklung tiefgreifende Störungen in Form von Nahrungsentzug oder Versagung anderer elementarer Bedürfnisse auf, kommt es zum Trauma, das sich letztlich beinahe unwiderruflich durch das gesamte zukünftige Leben der betreffenden Person zieht und sich in gestörten Umweltbeziehungen manifestiert, z.B. stark gesteigerter Furchtsamkeit, Reizbarkeit, Mißtrauen, Aggressivität etc..

Jaja, die bösen Mütter wieder. wobei niemand der Damen und Herren Analytiker den Begriff ,,tiefgreifend" definiert, sondern nur drum herum schwurbelt. Dass bei Vernachlässigung die so unterschiedlichen Folgen

Zitatz.B. stark gesteigerter Furchtsamkeit, Reizbarkeit, Mißtrauen, Aggressivität etc

entstehen, ist auch so schön schwammig formuliert (Wann kommt es zu welchen konkreten Folgen? Und bei den Zusätzen wie ,,z.B". und ,,etc" oder ,,usw". läuten bei mir die Schwurbelalarmglocken).
Und das Phasenmodell der Psychoanalyse ist ja auch nicht wissenschaftlich belegt, ebensowenig wie Homöopathie. Ich könnte mich gleich wieder aufregen.

*Ooooohmmmm*

Heinz-Rüdiger

Senf:

Ich denke daß Sucht schon immer Teil des Menschseins war, und zwar völlig unabhängig wann und wo welche Erziehungsideologie gerade vorgeherrscht hat oder vorherrscht. Man weiß sogar daß Tiere süchtig werden und es nicht bekannt, daß die ihren Nachwuchs daraufhin "konditionieren".
Und selbst wenn diese Konditionierungshypothese das Auftreten von Sucht um wenige Prozent hin oder her erklärt, rechtfertigt das nicht Aussagen wie weiter oben getätigt wurden (ich zitiers nicht nochmal).

Das ist als wenn jemand behauptet, ADHS sei eine Folge von Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft und sich dann auf entsprechende Studien beruft.

Ich behaupte mal frech: Der tatsächliche Einfluß von Gummibärchen auf spätere Sucht liegt beim Einzelnen wenn überhaupt bei unter 5%. Der Rest macht die Biologie/Chemie des Gehirns und die Verfügbarkeit der Drogen.

Conni

Elterliches Suchtverhalten muss nicht unbedingt Ausdruck einer psychischen Konditionierung (Vorbildfunktion), sein, ebenso kann das auch Ausdruck einer erblichen, biologischen Veranlagung sein. Die Kinder sind so, weil es die Eltern auch sind und es den Kindern genetisch verbert haben.

Ich für mich lasse aber offen, was welchen Anteil hat. Ich kann das nicht endgültig beurteilen.


Adromir

Auch wenns unter 5 Prozent sind, woher weiß man im Vorfeld, wer zu den 5 Prozent gehört.
Und klammere dich bei dem Wort Konditionierung nicht immer an Erziehung. Das kann mit einander zu tun haben, muss es aber nicht. Eine Konditionierung muss auch nicht immer eine Absicht eines anderen Implizieren, sondern kann durch die Umstände "zufällig" von statten gehen.

Es kommt nur auf den Mechanismus Verhalten+ Positie Konsequenz = Häufigkeit des Verhaltens steigt .