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Impflicht gegen Masern- Kommt sie oder nicht?

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Begonnen von Sir David Attenborough, 22. Februar 2015, 16:30:03

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Patches O Houlihan

jep, da bin ich ganz bei dir, und lockerer Ketten eher unverdächtig, hoffe ich.

ist halt etwas, was offensichtlich oft in Diskussionen um Rechte hereinschlupft, erstrecht, wenn auch das Wort "Pflicht" fällt:

Aus einem Kinderrecht auf Impfung bei Nicht-Impfung bereits eine Form der Kindesmisshandlung zu sehen ist schon ein starkes Stück, denn diese Formulierung kriminalisiert das Nicht-Impfen und politisiert/polemisiert den Sachverhalt (als Meinungsäußerung gedeckt? - Ja. Auf Sachebene zutreffend? Nein, Nicht-Impfen ist keine Straftat).
Positiv gewendet erhebt die Kriminalisierung des Nicht-Impfens dadurch Impfen zum Standard legalen Wohlverhaltens. Will man folglich gesetzestreu sein, muss man eben auch Impfen, faktisch also eine Pflicht, wie Steuern zahlen, StVO einhalten, ... Mir schwindelt vor lauter Pflichtbewusstsein der Pflichtbewussten in Deutschland, die sich schon an existierende gesetzliche Normen nicht halten. Dann noch weitere hinzuzudichten verfehlt es.

duester

Zitat von: Typee am 15. April 2015, 13:25:44
Das alles sind ein paar grobe rechtliche Anmerkungen, an die man auch mal denken sollte.

Das stimmt absolut, allerdings ist nicht eindeutig, dass bei einer Güterabwägung das Zünglein an der Waage gegen die Impfpflicht ausschlagen muss.

Ja, eine Impfung ist ein Eingriff die körperliche Unversehrtheit. Allerdings kann die Nicht-Impfungen Konsequenzen haben, die über den Nicht-Geimpften hinausgehen. Bei einem Straftäter, der wiederholt die körperliche Integrität anderer missachtet, kann in Sicherungsverwahrung genommen werden. Eine lebenslange Quarantäne oder auch nur der soziale Ausschluss sind bei einer Impfung unverhältnismäßig, weil es mit der Impfung eine viel handhabbarere Alternative gibt.

Ja, die Masern weisen eine geringere Letalität auf als z.B. die Blattern. Damit besteht auch bei einer Masernepidemie (insbesondere dann, wenn man voraussetzt, dass 80% der Bevölkerung geimpft sind) nicht die Gefahr, dass das Gemeinwesen zusammenbricht. Allerdings unterliegt die Gesundheitspolitik einem Wandel. Die heutigen Herausforderungen heißen Alzheimer, Diabetes, MRSA usw. Das Gesundheitswesen ist damit schon strapaziert, im Falle der Masern wäre eine Entlastung relativ einfach möglich.

Und dass Demokratie und Rechtsstaat Antagonisten sind, möchte ich in Frage stellen. Demokratie muss durch verfestigte Rechte geschützt und gleichzeitig in ihren Auswüchsen begrenzt werden. Gerade der Minderheitenschutz ist in einer Demokratie eine Herausforderung - und das schließt eben auch ein, Kinder nicht vollkommen ihren Eltern auszuliefern.

Belbo


editor

Zitat von: Patches O Houlihan am 16. April 2015, 17:10:29

Aus einem Kinderrecht auf Impfung bei Nicht-Impfung bereits eine Form der Kindesmisshandlung zu sehen ist schon ein starkes Stück,

Wieso eigentlich- in der Vorimpfära waren ca 6 Mio Maserntote Kinder pro Jahr zu beklagen. Und in der KInderrechtskonvention Art 24 steht das Recht der Kinder auf höchstmögliche Gesundheit- dies wir u.a. durch Impfungen vermittellt.

Es gibt ja kein Kinderrecht auf Tod durch impfpräventable Erkrankungen- ganz im Gegenteil.

Sieht übrigens auch WHO und Unicef so hier zB

http://www.unric.org/html/german/kinder/presse/7.htm

Jerder Mensch in DE oder Österreich hat das Recht auf Behandlung nach Stand der medizinischen Wissenschaften- warum soll man das Kindern vorenthalten?


Patches O Houlihan

deshalb, weil Kindesmisshandlung ein bereits mit Inhalt gefüllter Begriff ist , der eben in eine andere Richtung weist.
Wenn nun Impfbefürworter anfangen, den Misshandlungsbegriff auf Nicht-Impfung auszuweiten, relativieren sie den Begriff der Kindesmisshandlung enorm. Man darf sich dann auch die Frage stellen, wie Opfer von Kindesmisshandlung (nach gegenwärtiger Definition) das finden, wenn der Begriff so strapaziert wird.
Eine vergleichbare Diskussion kannst du in den USA zum Thema sexuelle Belästigung beobachten, die schon bei geahndet wird, wenn ein 5jähriger seiner 3jährigen Schwester beim Töpfchen hilft. Deswegen ist das ein Trolljob.

Wenn du unbedingt die Kinderrechtskonvention zücken willst, hast du in Artikel 5 die "Respektierung des Elternrechts" und erst in Artikel 6 das "Recht auf Leben". Religionsfreiheit (Art. 14) kommt vor Zugang zu Medien (Art. 17)... und dann in Art 24 kommt die "Gesundheitsvorsorge".
Nunja, alles bestens.

Zitat von: editor am 17. April 2015, 10:18:12
Jerder Mensch in DE oder Österreich hat das Recht auf Behandlung nach Stand der medizinischen Wissenschaften- warum soll man das Kindern vorenthalten?
Gegenfrage, wie kommst du darauf, dass irgendwas vorenthalten wird?
Es wird nichts vorenthalten. Kindern wird Medizin nicht vorenthalten. Der Zugang zur Medizin wird durch die elterliche Sorge geregelt, außer in ganz schweren Fällen. Der Zugang zur Medizin beinhaltet aber eben weder bei Kindern noch bei Erwachsenen regelmäßig zwangsweise Behandlung gegen deren Willen (bzw. den des gesetzlichen Vormunds). Nur Außnahmsweise und meistens nur im Notfall ist das anders.

Außerdem gibt es öfters mal Verwunderung darüber, was als Kassenleistung noch bezahlt wird oder eben nicht. Zahnheilkunde ist da ein schönes Beispiel und verdeutlicht, dass es auch um Geld geht und der Stand der Medizin maßgeblich von der Investitionsbereitschaft und -fähigkeit des Patienten abhängig ist.

Deshalb nochmal: so wünschenswert eine hohe Durchimpfquote ist, wird man sich schwerlich mit halbseidener Pseudoargumentation erreichen, denn die Leute fühlen sich dann zurecht verarscht und machen etwas Gutes womöglich nur deshalb nicht, weil die irritierend unterirdische Argumentation, die handwerklich an den Schwachfug von Impfgegnern erinnert...

duester

Zitat von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 14:57:27
Wenn du unbedingt die Kinderrechtskonvention zücken willst, hast du in Artikel 5 die "Respektierung des Elternrechts" und erst in Artikel 6 das "Recht auf Leben". Religionsfreiheit (Art. 14) kommt vor Zugang zu Medien (Art. 17)... und dann in Art 24 kommt die "Gesundheitsvorsorge".
Nunja, alles bestens.
...
Gegenfrage, wie kommst du darauf, dass irgendwas vorenthalten wird?
Es wird nichts vorenthalten. Kindern wird Medizin nicht vorenthalten. Der Zugang zur Medizin wird durch die elterliche Sorge geregelt, außer in ganz schweren Fällen. Der Zugang zur Medizin beinhaltet aber eben weder bei Kindern noch bei Erwachsenen regelmäßig zwangsweise Behandlung gegen deren Willen (bzw. den des gesetzlichen Vormunds). Nur Außnahmsweise und meistens nur im Notfall ist das anders.

Der Respekt vor dem Elternrecht kommt plausibel vor der Gesundheitsvorsorge, weil der Konflikt nicht der Normalfall ist. In locker 99% der gesundheitlichen Entscheidungen, die Eltern für ihre Kinder treffen, kann man davon ausgehen, dass sie im Interesse ihrer Kinder handeln. Kontrovers ist nur ein kleiner Prozentsatz. Was aber die Impffrage von anderen Streitfällen (z.B. Passivrauchen) unterscheidet, ist, dass hier die elterliche Entscheidung die Möglichkeit anderer Eltern beschränken kann, für ihr Kind Sorge zu tragen. Wie Eckhard von Hirschhausen überspitzt, aber ganz richtig festgestellt hat: Es kann nicht sein, dass Kinder, die schwere Erkrankungen überstanden haben, danach Schwierigkeiten haben, geeignete Kindergärten zu finden, weil die Eltern nicht mehr davon ausgehen können, dass alle Kinder, die geimpft werden können, auch geimpft wurden. ImFall des Passivrauchens könnte andere Eltern dagegen den Umgang einschränken (was vermutlich auch geschieht).

Dass in anderen Fällen "nur" im Notfall eingegriffen wird, ist so auch nicht ganz richtig. In vielen dieser Fälle (z.B. Olivia Pilhar oder Bluttransfusionen bei Mitgliedern der Zeugen Jehovas) gibt es einfach keine präventive Alternative. Man kann nicht allen Mitgliedern der Artamanen vorsorglich das Sorgerecht entziehen, nur für den Fall, dass dort ein Kind an Diabetes erkrankt. Wenn es aber eine Impfung gegen Diabetes gäbe (ja, ich weiß, liebe Mediziner, ist ja auch nur hypothetisch ... ), könnten sich die Artamanen nicht mit dem Hinweis auf die Glaubensfreiheit dieser Impfung entziehen - niemand hat das Recht einem anderen Menschen gesundheitlichen Schaden zuzufügen (auch wenn es sich nur um einen mittelbaren Schaden handelt), "nur" um seinem Glauben zu folgen. Schon allein daraus, dass wegen gesundheitsrelevanter Sorgerechtsverletzungen das Sorgerecht entzogen wurde (z.B. im Fall Petra Heller) folgt eine abschreckende Wirkung. Damit zeigt der Staat die Grenze auf, wie weit er bereit ist, Ideologie und Verblendung der Eltern zu dulden: Eben genauso lange, wie das gesundheitliche Wohl des Kindes nicht gefährdet wird.

Patches O Houlihan

Zitat von: duester am 17. April 2015, 15:25:50
Der Respekt vor dem Elternrecht kommt plausibel vor der Gesundheitsvorsorge, weil der Konflikt nicht der Normalfall ist. In locker 99% der gesundheitlichen Entscheidungen, die Eltern für ihre Kinder treffen, kann man davon ausgehen, dass sie im Interesse ihrer Kinder handeln.
Da du für deine Zahl keinen Beleg hast, verzichten wir mal auf diese.
Nicht-Impfen-Eltern machen genau das, was sie für ihre Kinder für richtig halten.
Übrigens machen das auch die Eltern, die ihre Kinder schon im zarten Alter verheiraten, auch an Erwachsene...

Elternrecht, Religionsfreiheit und vergleichbarer Inhalt sind deshalb drin, damit die Kinderrechte so weit wie möglich mehrheitsfähig sind, auch für UN-Mitglieder wie Afghanistan, Saudi-Arabien, Oman, Pakistan, Indien und zahlreiche afrikanische Staaten.
Und wir wissen aus langer Anschauung, gerade in den genannten Gesellschaften sind Kinderrechte, auch Frauen-/ Mädchenrechte kein Thema.

ZitatKontrovers ist nur ein kleiner Prozentsatz.
nein, eben nicht. siehe oben.

Zitat[...]
Dass in anderen Fällen "nur" im Notfall eingegriffen wird, ist so auch nicht ganz richtig. In vielen dieser Fälle (z.B. Olivia Pilhar oder Bluttransfusionen bei Mitgliedern der Zeugen Jehovas) gibt es einfach keine präventive Alternative. Man kann nicht allen Mitgliedern der Artamanen vorsorglich das Sorgerecht entziehen, nur für den Fall, dass dort ein Kind an Diabetes erkrankt. Wenn es aber eine Impfung gegen Diabetes gäbe (ja, ich weiß, liebe Mediziner, ist ja auch nur hypothetisch ... ), könnten sich die Artamanen nicht mit dem Hinweis auf die Glaubensfreiheit dieser Impfung entziehen - niemand hat das Recht einem anderen Menschen gesundheitlichen Schaden zuzufügen (auch wenn es sich nur um einen mittelbaren Schaden handelt), "nur" um seinem Glauben zu folgen. Schon allein daraus, dass wegen gesundheitsrelevanter Sorgerechtsverletzungen das Sorgerecht entzogen wurde (z.B. im Fall Petra Heller) folgt eine abschreckende Wirkung. Damit zeigt der Staat die Grenze auf, wie weit er bereit ist, Ideologie und Verblendung der Eltern zu dulden: Eben genauso lange, wie das gesundheitliche Wohl des Kindes nicht gefährdet wird.
Glaubensfreiheit bzw. Religionsfreiheit sind in der Güterabwägung aus verschiedenen Gründen gewichtiger als viele andere Freiheiten, wie etwa die Freiheit frei von Krankheit zu sein, also das Recht auf Gesundheit. Zwar wird das Recht auf körperliche Unversehrtheit im GG vor der Religionsfreiheit genannt, auch aus Gründen der Wertigkeit und Bedeutung, doch kommen wir schon bei der Beschneidung an die Grenzen der deutschen Verfassung. Es ist eine Frage der Macht, und die verliert sich in religionsbedingte Aufständen schneller als bei Krankheit., Tod oder Krieg, gegen die zu Protestieren ohnehin aus der Mode gekommen ist.
Zynisch gesagt, sind die Leute eher bereit wegen ihrer unsichtbaren Freunde Gewalt auszuüben, als wegen Krankenhausbakterien. Von Impfen kann da gar keine Rede sein.

duester

Zitat von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 15:43:02
Zitat von: duester am 17. April 2015, 15:25:50
ZitatKontrovers ist nur ein kleiner Prozentsatz.
nein, eben nicht. siehe oben.

Wir wissen es beide nicht. Was wir aber tun können, ist an dieser Stelle eventuell mitlesende Health professionals zu bitten, eine Schätzung abzugeben: Handelt es sich bei den Eltern, die gesundheitlichen Empfehlungen von Experten bewusst zuwider handeln, um den Normal- oder um den absoluten Ausnahmefall?




Zitat[...]
Glaubensfreiheit bzw. Religionsfreiheit sind in der Güterabwägung aus verschiedenen Gründen gewichtiger als viele andere Freiheiten, wie etwa die Freiheit frei von Krankheit zu sein, also das Recht auf Gesundheit. Zwar wird das Recht auf körperliche Unversehrtheit im GG vor der Religionsfreiheit genannt, auch aus Gründen der Wertigkeit und Bedeutung, doch kommen wir schon bei der Beschneidung an die Grenzen der deutschen Verfassung. Es ist eine Frage der Macht, und die verliert sich in Aufständen schneller bei Religion als bei Krankheit., Tod oder Krieg.
Zynisch gesagt, sind die Leute eher bereit wegen ihrer unsichtbaren Freunde Gewalt auszuüben, als wegen Krankenhausbakterien. Von Impfen kann da gar keine Rede sein.

Nunja. In der Praxis verliert die Glaubensfreiheit dann doch recht häufig. Z.B. ist das Schächten von Tieren ohne Betäubung nicht erlaubt, genauso wenig wie die Beschneidung von Mädchen und auch die Beschneidung von Jungen ist höchst umstritten - der Staat lässt sich gottlob nicht von der abstrakten Gefahr von "Aufständen" einschüchtern. Und mal ernsthaft: Gewaltpotential als Argument gegen eine Impfpflicht? Von dem gleichen Nutzer, der sich gerade dagegen verwehrt hat, dass man hier den Begriff der "Kindesmißhandlung" aushöhlt? Was sollen die ganzen Walddorf-Eltern denn schon machen? Den Namen des BGH tanzen? Genauso wenig wie wir wissen, in wie vielen Fällen elterliche Sorge und gesundheitliches Wohl des Kindes konfligieren, wissen wir, wie viel Unterstützung Impfverweigerer genießen. Ich traue mich zu sagen, dass wir hier der Mainstream und nicht die letzte Enklave der Vernunft sind.

Patches O Houlihan

duester, du weichst aus.
Zitat von: duester am 17. April 2015, 15:55:17
Wir wissen es beide nicht. 
aber siehst du den Unterschied zwischen dir und mir? ich verzichte auf Zahlen, die ich nicht belegen kann.  ;)
ZitatWas wir aber tun können, ist an dieser Stelle eventuell mitlesende Health professionals zu bitten, eine Schätzung abzugeben: Handelt es sich bei den Eltern, die gesundheitlichen Empfehlungen von Experten bewusst zuwider handeln, um den Normal- oder um den absoluten Ausnahmefall?
Schätzungen? Auf welcher Grundlage?
Ich argumentiere gerade halbwegs an der Legaldefinition und der ihr zugrundeliegenden Argumentation. Das kannst du erkennen, oder?
ZitatNunja. In der Praxis verliert die Glaubensfreiheit dann doch recht häufig. Z.B. ist das Schächten von Tieren ohne Betäubung nicht erlaubt, genauso wenig wie die Beschneidung von Mädchen und auch die Beschneidung von Jungen ist höchst umstritten - der Staat lässt sich gottlob nicht von der abstrakten Gefahr von "Aufständen" einschüchtern. Und mal ernsthaft: Gewaltpotential als Argument gegen eine Impfpflicht? Von dem gleichen Nutzer, der sich gerade dagegen verwehrt hat, dass man hier den Begriff der "Kindesmißhandlung" aushöhlt? Was sollen die ganzen Walddorf-Eltern denn schon machen? Den Namen des BGH tanzen? Genauso wenig wie wir wissen, in wie vielen Fällen elterliche Sorge und gesundheitliches Wohl des Kindes konfligieren, wissen wir, wie viel Unterstützung Impfverweigerer genießen. Ich traue mich zu sagen, dass wir hier der Mainstream und nicht die letzte Enklave der Vernunft sind.
du reduzierst das Problem der Religionsfreiheit auf Waldorf-Eltern und ignorierst den zugrundeliegenden Konflikt, der es eben generell schwierig macht, gegen Religionsfreiheit oder elterliche Sorge zu entscheiden, nicht nur in Impffragen. Würde man in Impffragen entsprechend nachgeben, könnte das zu einem anderen Dammbruch führen, dazu sind die beteiligten Kreise bisher (seit sehr langer Zeit) nicht bereit, Kollateralschäden werden über alle Parteien hinweg gebilligt, das darf einem dann doch zu denken geben oder?

Auf meine Argumentation zur Kinderrechtskonvention bist du nun nicht mehr eingegangen, obwohl du die Karte doch gespielt hast. Ich hacke dann mal die Kinderrechtskonvention ab.

Belbo

ZitatHandelt es sich bei den Eltern, die gesundheitlichen Empfehlungen von Experten bewusst zuwider handeln, um den Normal- oder um den absoluten Ausnahmefall?

Zwar schon aus 2011 und der Schweiz, dort scheint man aber eine vermehrte Tendenz zur Kindsschädigung zu bemerken.

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Wenn-Eltern-den-Tod-der-eigenen-Kinder-in-Kauf-nehmen/story/13930467

Der Hausgeburts- Hebammenwahnsinn dürfte da zusätzlich zur ein oder anderen Schädigung beitragen......

Zitat"Meine Kinder sind alle ungeimpft, und dazu kam es weil die Hebamme, die mich unter der ersten Schwangerschaft betreute mich rechtzeitig darauf hin wies, dass ich nach der Geburt mit einer Reihe Präventions-Medizin überrumpeln und konfrontieren würde, über die wir uns vorher gut informieren sollten, da wir eine feste Haltung dazu brauchen, wenn wir die ablehnen möchten.

Sie hatte zu allem eine kritische Haltung bis auf Impfungen, da war sie schwammig. Sie meinte z.B. sie hätte zur Impfung bei der U4 früher abgeraten und sei deshalb öfters abgemahnt worden, weshalb sie jetzt nicht mehr davon abraten kann, als ich sie

fragte, ob sie mir zur Impfung bei der U4 abrät. Etwas verwirrt meinte ich. "Also nein?" und sie zuckte mit den Schultern.

Ich fragte was dagegen spricht, und sie rollte mit den Augen und flüsterte es wäre furchtbar. Jedes dritte Kind das sie betreut müsste sie nach der U4 auf erste Anzeichen chronischer Erkrankungen wie Neurodermitis (trockene Wangen) behandeln.

http://www.n-tv.de/wissen/Hebammen-mit-Impfluecken-article39986.html

ZitatJede fünfte deutsche Hebamme glaubt, dass eine homöopathische Behandlung eine Impfung überflüssig machen kann.

Patches O Houlihan

ZitatJede fünfte deutsche Hebamme glaubt, dass eine homöopathische Behandlung eine Impfung überflüssig machen kann.
Das sind doch nur Einzelfälle.
:rofl

duester

Zitat von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 16:29:22
aber siehst du den Unterschied zwischen dir und mir? ich verzichte auf Zahlen, die ich nicht belegen kann.  ;)

Zitat
du reduzierst das Problem der Religionsfreiheit auf Waldorf-Eltern und ignorierst den zugrundeliegenden Konflikt, der es eben generell schwierig macht, gegen Religionsfreiheit oder elterliche Sorge zu entscheiden, nicht nur in Impffragen. Würde man in Impffragen entsprechend nachgeben, könnte das zu einem anderen Dammbruch führen, dazu sind die beteiligten Kreise bisher (seit sehr langer Zeit) nicht bereit, Kollateralschäden werden über alle Parteien hinweg gebilligt, das darf einem dann doch zu denken geben oder?

Die 99% waren eher figurativ, um deutlich zu machen, dass wir an dieser Stelle nicht die ganz großen Systemfragen stellen müssen (Sind wir noch ein Rechtsstaat oder wenden wir uns mit einer Impfpflicht gegen die Bevölkerung? Ist die UN-Kinderrechtskonvention das Papier wert auf dem sie steht?) sondern davon ausgehen können, dass das Elternrecht in der Regel sinnvoll und vernünftig ausgeübt wird und als solches deswegen auch zu schützen ist - ganz besonders auch vor dem Staat, nur für den Fall dass dem einfallen sollte, ab demnächst 16jährige Soldaten zu rekrutieren und so.

Ähnliches gilt für das "Dammbruch"-Argument: Ja, jede Ausweitung von Bürgerpflichten und jeder Entzug von autonomer Gestaltungsfreiheit birgt die Gefahr, dass wir unsere Socken mit rutschfesten Noppen ausziehen und eine nasse Rutsche entlangschliddern (auch bekannt als slippery slope). Nur ist die Impflicht gegen die Masern in diesem Fall ein schlechtes Beispiel, um auf die Gefahr der Aushöhlung individueller Rechte hinzuweisen, weil es ja nunmal eine hochansteckende Krankheit ist. Wenn das Individuum nicht genügend Anstrengungen unternimmt, um sich selbst zu schützen, und so andere gefährdet, dann wird es sogar zur Aufgabe des Staates einzugreifen. In Deutschland wird wenig so ernst genommen wie "Freie Fahrt für freie Bürger" (ein schönes Beispiel das zeigt, wie Partikularinteressen fälschlich mit vermeintlichen Verletzungen der Grundrechte verknüpft werden, so dass alles zur Systemfrage wird ...) - und trotzdem haben wir den Führerschein, mit dem man zeigen muss, dass man sich verantwortungsbewusst auf den Straßen bewegen kann. Wenn man die Diskussion in den Medien verfolgt kann man den Eindruck gewinnen, in Sachen Impfung stünden sich zwei etwa gleichstarke Lager gegenüber, die da "The Stand" nachspielen und beide glauben, nur sie wüssten wie das mit dem Grundgesetz wirklich gemeint ist. Das möchte ich bezweifeln. Ich bezweifele, dass sich wirklich so viele Menschen gegen eine Impfpflicht stellen würden und ich bezweifele, dass es sich um einen entscheidenden Fall in Sachen Rechtsstaat, Demokratie, Gut, Böse usw. handelt. Größenordnungsmäßig bewegt sich das eher im Bereich der Kopftuchdebatte oder dem Entzug des Führerscheins im Alter. Weit weg von den wirklich relevanten Fragen: Gleichberechtigung, Gewaltmonopol des Staates, Wirtschaftsform usw. Meine Prognose: Wird jetzt noch ein bisschen hochgekocht und dann in einer moderaten Version (z.B. gesetzlich verankert, aber ohne Sanktionen) verabschiedet, ohne dass Demokratie und Rechtsstaat Schaden genommen haben.


Zitat
du reduzierst das Problem der Religionsfreiheit auf Waldorf-Eltern und ignorierst den zugrundeliegenden Konflikt, der es eben generell schwierig macht, gegen Religionsfreiheit oder elterliche Sorge zu entscheiden, nicht nur in Impffragen. Würde man in Impffragen entsprechend nachgeben, könnte das zu einem anderen Dammbruch führen, dazu sind die beteiligten Kreise bisher (seit sehr langer Zeit) nicht bereit, Kollateralschäden werden über alle Parteien hinweg gebilligt, das darf einem dann doch zu denken geben oder?


Zitat
Auf meine Argumentation zur Kinderrechtskonvention bist du nun nicht mehr eingegangen, obwohl du die Karte doch gespielt hast. Ich hacke dann mal die Kinderrechtskonvention ab.
Habbisch eigentlich nicht (Karte gespielt). Ich könnte auch schlecht mit einer supranationalen Vereinbarung argumentieren, weil ich an mehreren Stellen unterstelle, dass die Impfpflicht mit unseren Wertvorstellungen, unserem kulturellen Hintergrund, unserem Rechtsverständnis und schließlich auch unserem Gesundheitssystem vereinbar sein könnte. Dass ich die Vorrangstellung des Elternrechts grundsätzlich für sinnvoll halte, steht damit ja nicht im Widerspruch (s.o.), denn in der Tendenz sorgt ja gerade das Interesse am Wohl der nächsten Generation für Frieden, Wohlstand und den anderen Klumpatsch. Und gerade hier und jetzt verlieren religiöse Argumentationen ja an Durchschlagskraft, in dem Sinne, dass die Rechtssprechung die Religion auf die Bereiche verweist, in denen kein bleibender Schaden entstehen kann (so ist z.B. die Zirkumzision durch nicht-medizinisches Personal strikt verboten).

duester

Zitat von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 16:53:34
ZitatJede fünfte deutsche Hebamme glaubt, dass eine homöopathische Behandlung eine Impfung überflüssig machen kann.
Das sind doch nur Einzelfälle.
:rofl

Grmpf. Sch***-Hebammen. Da muss man sich fragen, wer was anzieht: Der Beruf die Spinnerinnen oder die Spinnerinnen den Beruf.... Moooooment! Kein Gesetzestext redet vom "Hebammenrecht". Soll heißen: Dass eine Berufsgruppe durchseucht ist, muss nicht heißen, dass Eltern diese fehlgeleiteten Ratschläge systematisch und unkritisch übernehmen. Die Tendenz ist aber sicher gefährlich, da stimme ich zu.

Patches O Houlihan

danke für deine Antwort.
Stimmt, habe zu kurz gescrollt, Editor hat die Karte Kinderrechte gespielt, mein Fehler.
Weitgehend stimme ich deiner Argumentation zu.
Das Elternrecht ist eine sehr ambivalente Einrichtung.
Selbstredend geht es um Partikluarinteressen, danke fürs explizite aussprechen. Gleichwohl, das ist das Spiel, und kleinere Gruppen haben es da einfacher, als sehr große, sich durchzusetzen.

Was eine Impfpflicht (z.B. Masern) angeht, die ohne Sanktionen gelten soll, nunja.
Besser ists, man führt keine Regeln ein, als welche, die man nicht durchsetzen kann. Das Nichteinhalten solcher Regeln hintertreibt den Sinn und Nutzen von Gesetzen. Sprich, ein Gesetz, dessen Bruch straffrei ist, ist keines und kann man sich getrost sparen. Das ist auch kaum mehrheitsfähig und würde jeder seriösen Impfpflicht-Überlegung bzw. Impfbefürwortern einen Bärendienst erweisen.

duester

Zitat von: Patches O Houlihan am 17. April 2015, 17:21:06
Was eine Impfpflicht (z.B. Masern) angeht, die ohne Sanktionen gelten soll, nunja.
Besser ists, man führt keine Regeln ein, als welche, die man nicht durchsetzen kann. Das Nichteinhalten solcher Regeln hintertreibt den Sinn und Nutzen von Gesetzen. Sprich, ein Gesetz, dessen Bruch straffrei ist, ist keines und kann man sich getrost sparen. Das ist auch kaum mehrheitsfähig und würde jeder seriösen Impfpflicht-Überlegung bzw. Impfbefürwortern einen Bärendienst erweisen.
;D Wir waren so knapp vor einem Konsens. Sooo knapp. Ich bin keine Juristin, aber so wie ich die Sache mit den Gesetzen verstanden habe, gibt es nicht nur Ver- sondern auch Gebote. Und da unterscheidet sich die Impfpflicht dann wohl vom Impfzwang: Es soll wann immer möglich geimpft werden, aber sich die Pflicht zu entziehen wird nicht dazu führen, dass der Staat alle Muskeln spielen lässt (sprich: die Horrorszenarien, die Impfgegner skizzieren, müssen nicht eintreffen). Wichtig wäre vielleicht erstmal, dass den Kinderärzten etwas an die Hand gegeben wird, mit dem sich Diskussionen abkürzen ließen. So wird in einschlägigen Foren geraten, dem Kinderarzt die Zusicherung abzuverlangen, dass er für etwaige Impfschäden haftet. Bei ungeklärter Rechtslage kann das den KiA in eine Zwickmühle bringen, die er in der Regel nur lösen kann, indem er den Patienten abgibt - im schlimmsten Fall an einen impfkritischen Kollegen. Von den jetzt nicht impfenden Eltern ist wiederrum nur ein Teil den echten Verweigerern zuzuordnen oder wird durch den vermeintlichen staatlichen Druck dazu werden. Die impfen auch mit Impfpflicht nicht - aber im Idealfall kann die Herdenimmunität auch ohne sie erreicht werden.