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Mal wieder GBS

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Begonnen von Groucho, 13. Mai 2014, 12:19:22

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sweeper

@Groucho:
Vor allem wird so eine Art Strohmann/Popanz aufgebaut, als ob (religiöse) Ethik im Gegensatz dazu blind irgendwelchen Absoluta folgen müsste.

Die jüdischen Schriften beinhalten durch die Jahrhunderte den rabbinischen Disput, wie denn nun ein bestimmtes Gebot im konkreten Fall auszulegen sei.
Die überlieferten Streitgespräche zwischen Jesus und den Schriftgelehrten ("Ist es erlaubt, am Schabbat zu heilen? - Gelten die Reinheitsvorschriften, wenn man einen Menschen retten kann?" /Samaritergleichnis ; Feindesliebe - auch wenn das Gesetz/die Tradition Härte gebietet...) überall begegnet einem dieser moralische Konflikt. Über den religiösen Bereich hinaus ist das der Stoff der antiken Tragödien und der großen Dramen aller Epochen.

Der "Tyrannenmord" war nach meiner Kenntnis DER große moralische Konflikt des Kreisauer Kreises.

Es ist einfach lächerlich, wenn MSS das nun als besondere Errungenschaft der GBS darstellen will.
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

Hildegard

Zitat von: sweeper am 13. Mai 2014, 15:18:10
begegnet einem dieser moralische Konflikt. Über den religiösen Bereich hinaus ist das der Stoff der antiken Tragödien und der großen Dramen aller Epochen.

Der "Tyrannenmord" war nach meiner Kenntnis DER große moralische Konflikt des Kreisauer Kreises.

Es ist einfach lächerlich, wenn MSS das nun als besondere Errungenschaft der GBS darstellen will.
Ja, das gab's schon.  Kohlbergs 6. moralische Stufe ist auch nichts anderes. Insofern sehe ich den Inhalt auch nicht so negativ wie die Hybris, mit der das verkündet wird. Aber die Frage "wer beurteilt, beurteilt der richtig?" bleibt natürlich bestehen.
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

Arokh

Mir ist jetzt nicht ganz klar inwiefern sie damit nicht recht haben. Hitler war einfach ein Beispiel man kann ihn auch gegen irgendjemanden ersetzen der für den Tod von Tausenden/Millionen verantwortlich ist. Und so wie sich die Kritik jetzt liest sagt ihr, die Attentäter von Hitler waren im Unrecht, Mord ist immer falsch egal wen egal unter welchen Umständen und ich glaube nicht, dass dem wirklich viele zustimmen würden.
Und das hat auch nichts mit Godwin zu tun, das ist kein Hiter-/Nazivergleich, er dient lediglich als einfach verfügbares, nachvollziehbares Beispiel (wobei das hier "Jetzt müssen wir nur noch die Gegner des Humanismus, als Unterhumane definieren und es ist wieder angerichtet." streng genommen einer war...).
Der wichtige Satz ist eigentlich:"Ethisches Handeln bedeutet keineswegs, blind irgendwelchen moralischen Geboten oder Verboten zu folgen, sondern in der jeweiligen Situation abzuwägen" und das ist meiner Meinung nach auch absolut richtig.
Und ja, der Zweck heiligt die Mittel, sie müssen nur in einem sinnvollen Verhältnis stehen und letztendlich leben wir auch alle danach.

F. A. Mesmer

... bedauerlich, dass die heilige Mutter Kirche so viel an Einfluss eingebüßt hat, die wusste schon immer, wie mit Ketzern und Abtrünnigen umzugehen ist.
Wenn Gewinnaussichten nicht genügen, Bestechung, wenn das nicht geht oder unnötig kostspielig ist, Drohung, Folter und ansonsten die reinigende Kraft der Flammen...


Da soll noch einer sagen, die Kirche wüsste nicht zu differenzieren oder situative Lösungen zu entwickeln.
Tut mir leid, mir leuchtet nicht ein, warum Leute, die GLAUBEN, denkend zu sein, das auch noch hinausschreien müssen und anschließend ödipale Kodizes verfassen. Warum? Zu wenig Sex? Zu viel Freizeit? Zu unkonzentriert für Erwachsenen-Bücher? Zuviel Kokain?

Und weil wir es im AfD-Faden hatten, sollten solche Humanisten vereinfachten Zugang zu Handfeuerwaffen haben? Ich meine: besser nicht. Erstrecht nicht die Tierethiker, Transhumanisten, Tierbefreier, PETA, und viele viele andere auch nicht. Die meisten sollten ganz Vieles nicht und da ist es doch ganz gut, dass Vieles so kompliziert ist, dass praktisch Nichts auf Anhieb klappt. Das bindet überschüssige Energien...

Krebskandidat

Zitat von: Arokh am 13. Mai 2014, 21:24:22
Und so wie sich die Kritik jetzt liest sagt ihr, die Attentäter von Hitler waren im Unrecht, Mord ist immer falsch egal wen egal unter welchen Umständen und ich glaube nicht, dass dem wirklich viele zustimmen würden.

Nein. Zumindest nicht meine Meinung, für die anderen Foristen kann ich nicht sprechen.
Das mit dem Töten wenn die Umstände nichts anderes zulassen geht für mich in Ordnung. Das mit dem Lügen und Betrügen dagegen weniger, weil hier kein unmittelbarer Zwang vorliegt (ebenso verhält es sich mit der Todesstrafe, wenn die Gefahr bereits gebannt ist). Überzeugungsarbeit ist das Mittel der Wahl.
Aber der eigentliche Knackpunkt, was vermutlich auch die anderen Kommentatoren stört, ist der absolutistische, religiöse Anspruch auf die alleinige Wahrheit und den höheren Wert dieser Ideologie.
ZitatDu sollst nicht lügen, betrügen, stehlen, töten – es sei denn, es gibt im Notfall keine anderen Möglichkeiten, die Ideale der Humanität durchzusetzen!

Dass man jeden Preis bezahlt um die Ideale einer Ideologie durchzusetzen, was auf subjektiver Ebene wiederum nichts anderes als eine Moral ist. Diese kann jeder Mensch anders auslegen. MSS hat in seinen Büchern doch selbst geschrieben, dass wir für unsere Handlungen zwar verantwortlich sind, aber nichts für unser Handeln können. Unser Gehirn ist darauf ausgelegt immer die bestmögliche Entscheidung zu treffen, aber wenn die Datenbasis korrumpiert ist, kommt es zu fatalen Entscheidungen. Hitler wollte auch nur das Beste für das deutsche Volk. MSS hat dies erkannt und daher verwundert es mich, dass er dann solche gefährlichen Sätze niederschreibt.
Generell sind solche "Gebote" unzulässige Vereinfachungen, die unbedarfte, fanatische oder denkfaule Individuen (Leute mit einem einfachen Weltbild - die übrigens die GBS derzeit geradezu infiltrieren, siehe Veganer, Tierrechtler) gerne als Abkürzungen in ihrer Handlungsweise nutzen und sie als Rechtfertigungen für diverse Vergehen missbrauchen.


Zitat von: Arokh am 13. Mai 2014, 21:24:22
Der wichtige Satz ist eigentlich:"Ethisches Handeln bedeutet keineswegs, blind irgendwelchen moralischen Geboten oder Verboten zu folgen, sondern in der jeweiligen Situation abzuwägen" und das ist meiner Meinung nach auch absolut richtig.

Ganz meine Meinung. Aber warum wurden dann diese Gebote (im Text "Angebote") verfasst?


Zitat von: Arokh am 13. Mai 2014, 21:24:22
Und ja, der Zweck heiligt die Mittel, sie müssen nur in einem sinnvollen Verhältnis stehen und letztendlich leben wir auch alle danach.

Wenn der Zweck die Mittel heiligt und dieser in einem sinnvollen Verhältnis steht, ist es "verhältnismäßig" und damit ok.
Dieser Zusatz ist bei dem Ausspruch "Zweck heiligt (jedes)* Mittel" aber nicht inhärent. Gibt es eine weitere Bedingung heiligt der Zweck eben nicht jedes Mittel. Ergo ist auf diese Formulierung zu verzichten.

*Auch wenn "jedes" nicht ausgesprochen wird, ist es in solchen Sätzen dennoch immer gemeint.
"wenn gott nicht das universum und unsere physik gesetze geschaffen hat dann wie kann es sein dass wasser bei genau 0 Grad friert und bei genau 100 Grad kocht? Zufällig 2 runde zahlen, was wäre die wahrscheinlichkeit?"

Belbo

Zitat
Und das hat auch nichts mit Godwin zu tun, das ist kein Hiter-/Nazivergleich, er dient lediglich als einfach verfügbares, nachvollziehbares Beispiel (wobei das hier "Jetzt müssen wir nur noch die Gegner des Humanismus, als Unterhumane definieren und es ist wieder angerichtet." streng genommen einer war...).

Yepp, aber auch er dient nur als einfach verfügbares, nachvollziehbares Beispiel, der Gefahr die besteht wenn ich Mord und Totschlag zur Durchsetzung einer Ideologie oder Glaubenslehre freigebe. Gerade bei der GBS stellt sich doch die Frage welche Gewalt ich nun anwenden darf um z.b. das Schwein vorm Metzger zu retten? In den Händen von ALF und PETA sind diese s.g. Angebote Dynamit.

pelacani

Ich versteh sowieso nicht, warum die GBS das Fahrrad neu erfindet, und mit quadratischen Rädern. Geht eleganter:


Typee

Mensch, jetzt begreife ich das mit den 10 Thesen von MSS.

Die stammen von MoSeS
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

sweeper

Zitat von: Typee am 14. Mai 2014, 19:07:09
Mensch, jetzt begreife ich das mit den 10 Thesen von MSS.

Die stammen von MoSeS

:rofl2
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Terry Pratchett

Arokh

Zitat
Das mit dem Töten wenn die Umstände nichts anderes zulassen geht für mich in Ordnung. Das mit dem Lügen und Betrügen dagegen weniger, weil hier kein unmittelbarer Zwang vorliegt (ebenso verhält es sich mit der Todesstrafe, wenn die Gefahr bereits gebannt ist). Überzeugungsarbeit ist das Mittel der Wahl.

Auch beim Lügen war ein Beispiel dabei, in dem Lügen vollkommen richtig wäre. Und auch stehlen geht sehr gut, z.B. Snowden, das war letztendlich eine Form von Diebstahl und trotzdem nicht moralisch falsch. 
Das ganze ist nicht so gemeint dass man lügen sollte um andere von der Richtigkeit seiner Argumente zu überzeugen oder dergleichen.
Die Todesstrafe ist nach dieser Denkweise auch moralisch falsch, der einzige echte Zweck ist Rache und das ist kein Zweck der Mord rechtfertigt. Alle anderen angeblichen Gründe wie Abschreckung (und damit andere Leben zu retten) wären zwar eine angemessene Begründung, wenn sie denn funktionieren würden, was aber nicht der Fall ist

ZitatMSS hat in seinen Büchern doch selbst geschrieben, dass wir für unsere Handlungen zwar verantwortlich sind, aber nichts für unser Handeln können. Unser Gehirn ist darauf ausgelegt immer die bestmögliche Entscheidung zu treffen, aber wenn die Datenbasis korrumpiert ist, kommt es zu fatalen Entscheidungen. Hitler wollte auch nur das Beste für das deutsche Volk.

Wenn man eine Denkweise hat, die letztendlich den eigenen Verstand und die eigenen Logik als oberste Instanz stellt, muss man zwangsläufig damit leben dass man sich auch irren kann und daraus negative Dinge entstehen können, deswegen auch der ganze Rest mit dem sich selbst hinterfragen und sich nie zu sicher sein. Das ist der Lauf der Welt und lässt sich nicht umgehen.

Zitat
Ganz meine Meinung. Aber warum wurden dann diese Gebote (im Text "Angebote") verfasst?

Lies den Text der direkt über den Erklärungen steht:
"Diese zehn ,,Angebote" wurden von keinem Gott erlassen und auch nicht in Stein gemeißelt. Keine ,,dunkle Wolke" sollte uns auf der Suche nach angemessenen Leitlinien für unser Leben erschrecken, denn Furcht ist selten ein guter Ratgeber. Jedem Einzelnen ist es überlassen, diese Angebote angstfrei und rational zu überprüfen, sie anzunehmen, zu modifizieren oder gänzlich zu verwerfen."
Das es Angebote und nicht Gebote heißt ist kein Zufall.

Zitat
Wenn der Zweck die Mittel heiligt und dieser in einem sinnvollen Verhältnis steht, ist es "verhältnismäßig" und damit ok.
Dieser Zusatz ist bei dem Ausspruch "Zweck heiligt (jedes)* Mittel" aber nicht inhärent. Gibt es eine weitere Bedingung heiligt der Zweck eben nicht jedes Mittel. Ergo ist auf diese Formulierung zu verzichten.

Wenn der Zweck nur gut genug ist heiligt es auch praktisch alles, er muss nur gut genug sein und das wird irgendwann schwierig, lässt sich aber zumindest in der Theorie sehr weit treiben und bei Mord hört es ganz sicher nicht auf und um den ging es im ersten Beitrag in dem der Satz benutzt wurde.



Zitat
Yepp, aber auch er dient nur als einfach verfügbares, nachvollziehbares Beispiel, der Gefahr die besteht wenn ich Mord und Totschlag zur Durchsetzung einer Ideologie oder Glaubenslehre freigebe.

Also stimmst du dem zu, dass Hiterls Attentäter im Unrecht waren? Wenn du das tust, dann ist es vollkommen in Ordnung dem ganzen nicht zuzustimmen, aber wie schon erwähnt:"Jedem Einzelnen ist es überlassen, diese Angebote angstfrei und rational zu überprüfen, sie anzunehmen, zu modifizieren oder gänzlich zu verwerfen"
Und praktisch alle anderen Angebote widersprechen dem Nazigedanken ganz extrem, nämlich eben nicht blind auf Autoritäten zu hören, sondern den eigenen Verstand zu verwenden.
Aber das ganze kann sich ja auch nicht nur auf Mord beziehen sondern bei allen Dingen, bei denen man selbst etwas für richtig hält und man jemandem anderen dadurch möglicherweise schadet. Der eigene Verstand ist es, der einem sagt, ob etwas richtig oder falsch ist und der kann sich nun mal irren.
Die einzige Möglichkeit wie man dem ausweichen kann ist wenn man irgendjemanden oder irgendetwas über den eigenen Verstand stellt und sagt dass dieses etwas bestimmt dann ob irgendetwas richtig oder falsch ist.

ZitatGerade bei der GBS stellt sich doch die Frage welche Gewalt ich nun anwenden darf um z.b. das Schwein vorm Metzger zu retten? In den Händen von ALF und PETA sind diese s.g. Angebote Dynamit.

Tja, das ist eben der Preis wenn man denkt dass es keine objektive Moral gibt, alles ist relativ und unterschiedliche Interessen stehen immer gegenüber. Auch etwas was hier schon drin steht: "Es gibt in der Welt nicht ,,das Gute" und ,,das Böse", sondern bloß Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Bedürfnissen und Lernerfahrungen."
Würden sich Tierrechtler und Co. nicht nur an das eine "Angebot" halten sondern auch noch an die anderen, hätten die wenigsten überhaupt ein Problem mit ihnen.

sweeper

@Arokh:
Auf die Gefahr hin, dir nur punktuell auf dein langes Posting zu antworten:

Mir scheint, dass es MSS "gelungen" ist, das Wesen des moralischen Konflikts auf den Kopf zu stellen.
Die beschriebenen Szenarien gab es archetypisch schon immer - aber bei MSS geht es eigentlich um das Gegenteil.

Beispiel: Graf Stauffenbergs moralischer Konflikt bestand darin, seine hohen Ideale zu verraten -> um Menschen ( die er eigentlich von seinem Standesdenken her für minderwertig hielt!) zu retten. Dafür hat er das höchste Ideal preisgegeben, welches ihm möglich war:
das Ehrenwort und den Eid, den er auf Hitler geleistet hatte. Es ging nicht primär um Töten, sondern um Verrat an seinen "adeligen"= "edlen" Prinzipien ( nämlich ein Ehrenwort und einen Fahneneid bis in den Tod zu halten), um "Gewöhnlichen" Witwen und Waisen noch ins Gesicht schauen zu können -> siehe WP

Bei Schmidt-Salomon ist es umgekehrt:
um abstrakten Prinzipien von "Humanismus" und "Aufklärung" Geltung zu verschaffen ( was immer er darunter versteht..), proklamiert er (und dies als "Gebot", nicht als Ausnahme!)
dass es notfalls angemessen sei, dafür zu lügen, zu betrügen, zu töten.

Kannst du den Unterschied/Gegensatz erkennen?

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Terry Pratchett

Belbo

Ich denke da an den Kommissar der dem Entführer des kleinen Jungen Folter angedroht hat, wenn er das Versteck nicht verrät, und der dafür zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Das was die GBS verlangt ist Folter, in so einem Fall, ausdrücklich zu fordern. Der Bruch der Regeln eines Glaubensmodels kann zur Rettung des Modells immer nur die Ausnahme sein, nie die Regel.

F. A. Mesmer

Zitat von: sweeper am 14. Mai 2014, 19:35:14
Beispiel: Graf Stauffenbergs moralischer Konflikt bestand darin, seine hohen Ideale zu verraten -> um Menschen ( die er eigentlich von seinem Standesdenken her für minderwertig hielt!) zu retten. Dafür hat er das höchste Ideal preisgegeben, welches ihm möglich war:
das Ehrenwort und den Eid, den er auf Hitler geleistet hatte. Es ging nicht primär um Töten, sondern um Verrat an seinen "adeligen"= "edlen" Prinzipien ( nämlich ein Ehrenwort und einen Fahneneid bis in den Tod zu halten), um "Gewöhnlichen" Witwen und Waisen noch ins Gesicht schauen zu können -> siehe WP
zumindest ist das die legende.

Das Problem bei solchen Wertediskussionen besteht darin, dass absolute Werte bzw. Normen (z.B. "Du sollst nicht töten.") relativiert werden ("Für den guten Zweck.") und das ist falsch.
Einerseits lassen sich immer Grund und Begründung finden, selbst wenn es sehr lange dauert und das erst im Nachhinein erkennbar wird - das kann man eben nicht ernst nehmen. Diese Spinnerei beruht auf der grundverkehrten Annahme, dass es eine richtige Lösung gibt und dem Versuch, Verantwortung zu vermeiden.

Fakt ist doch, dass eben Menschenleben nicht gegeneinander aufgewogen werden sollten, weil das eben ungut ist. Gerade die Mediziner hier werden das wissen, schließlich versuchen die ja alle zu heilen und nicht nur die Guten, Reichen, Schönen oder was auch immer.
Richtig bleibt auch, dass ein Mord nix anderes ist, egal, ob er an einem schlafenden Tyrannen/Mörder usw. vollzogen wird oder an einem Unschuldslamm (Mensch oder Tier).
Dennoch könnte es, aus diversen Interessen heraus, sehr sinnig sein, ein Leben zu beenden. Eventuell würde man juristisch nicht belangt, etwa mangels Justiz oder weil es im Interesse derer war, die in der Justiz sind, usw. Objektiv (soweit man das sagen kann) bliebe es dennoch ein Mord.

Menschen handeln nicht unbedingt besonders ethisch, schlimmer als das ist allerdings, das sie nicht dazu stehen. Also was soll das Rationalisieren hier, das ist hier nicht klassische Mechanik, evtl. gibt es keine saubere Lösung. Willkommen in der Nichtigkeit materieller Existenz!

@Belbo: ich stimme dir voll zu.


Arokh

Zitat
Mir scheint, dass es MSS "gelungen" ist, das Wesen des moralischen Konflikts auf den Kopf zu stellen.
Die beschriebenen Szenarien gab es archetypisch schon immer - aber bei MSS geht es eigentlich um das Gegenteil.

Niemand hat behauptet dass da irgendetwas neues erfunden wurde, das Konzept ist uralt, nur wird es hier wohl abgelehnt.

Zitat
das Ehrenwort und den Eid, den er auf Hitler geleistet hatte. Es ging nicht primär um Töten, sondern um Verrat an seinen "adeligen"= "edlen" Prinzipien ( nämlich ein Ehrenwort und einen Fahneneid bis in den Tod zu halten), um "Gewöhnlichen" Witwen und Waisen noch ins Gesicht schauen zu können -> siehe WP

Das macht ihn dann wohl hier zu einem schlechten Beispiel wenn das töten selbst eigentlich gar nicht das Problem ist. Wobei dann nicht Mord sondern Verrat das eine Übel ist das man gegen das andere abwegen muss, im Grunde bleibt es das selbe.
Oder man nimmt einfach einen anderen Attentäter, Hitler hatte ja genug. Das Prinzip ändert sich meiner Meinung nach nicht wirklich, alles was man versucht zu sagen ist das Moral nichts ist dem man blind folgt sondern etwas das man je nach Situation abgewägt werden sollte. Das ganze Mord und Raub Zeug ist letztendlich nur ein mögliches Extrem, eines bei dem die wenigsten auch nur die Nähe kommen werden, aber das Prinzip dahinter, bleibt das gleiche auch bei irgendwelchen alltäglichen Dingen.

Zitat
Bei Schmidt-Salomon ist es umgekehrt:
um abstrakten Prinzipien von "Humanismus" und "Aufklärung" Geltung zu verschaffen ( was immer er darunter versteht..), proklamiert er (und dies als "Gebot", nicht als Ausnahme!)
dass es notfalls angemessen sei, dafür zu lügen, zu betrügen, zu töten.

Das kann ich aus dem Text beim besten Willen nicht herauslesen. Die Regeln sind, wie du ja auch selbst gesagt hast, nichts was er erfunden hat, sie sind uralt, dort werden sie nur noch mal zusammengefasst und es wird versucht sie zu erklären. Man versucht hier nicht sich irgendwie wichtiger zu machen.

Angenommen der selbe Text würde nicht von Schmidt-Salomon stammen und hätte auch nichts mit der GBS zu tun. Würdest du ihm dann zustimmen? Was wenn man den Humanismus/ Aufklärung mit etwas anderem ersetzen würde, mit etwas das mehr in Richtung Moralempfinden gehen würde (das verstehe ich ohnehin eher darunter)?



ZitatIch denke da an den Kommissar der dem Entführer des kleinen Jungen Folter angedroht hat, wenn er das Versteck nicht verrät, und der dafür zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Das was die GBS verlangt ist Folter, in so einem Fall, ausdrücklich zu fordern..

Die Regeln hier fordern es auf keinen Fall. Das ist nur ein Verschieben der Mittel in einen Grenzbereich in dem du (und ich auch) der Meinung bist dass es nicht gerechtfertigt war. Verschiebe die Mittel, den Zweck oder die Umstände und die Sache sieht möglicherweise ganz anders aus. Das Problem an dem Fall dass es auch weniger um den Mittel ging, sondern mehr um die Konsequenzen, wenn so ein Verhalten toleriert werden würde und die sind es die in dem Fall durch den Zweck gerechtfertigt werden müssten und das ist verflucht schwer.


ZitatDer Bruch der Regeln eines Glaubensmodels kann zur Rettung des Modells immer nur die Ausnahme sein, nie die Regel

Ich würde mal sagen dass es eine ziemlich große Ausnahme ist, wenn ein Umstand wirklich etwas wie Mord rechtfertigen würde, wir nehmen nicht umsonst ständig Hitler als Beispiel, weil er eines ist bei dem die meisten einsehen dass es hier gerechtfertigt war.



Zitat
Das Problem bei solchen Wertediskussionen besteht darin, dass absolute Werte bzw. Normen (z.B. "Du sollst nicht töten.") relativiert werden ("Für den guten Zweck.") und das ist falsch.

Das Grundkonzept des Ganzen ist aber ja gerade dass es diese absoluten Normen nicht gibt, zumindest nicht in dieser allgemeinen Form. Es gibt nur verschiedene Umstände und in 99,9999% ist töten falsch, aber eben nicht immer. Wenn du sagst, nein töten ist nie gerechtfertigt (also auch im Falle von Hitler) dann bleibt immer noch das Problem mit jedem anderen Verhalten, das eigentlich im leeren Raum ohne Kontext als schlecht gilt und es ist einfach absurd zu sagen dass das richtig wäre.

ZitatDiese Spinnerei beruht auf der grundverkehrten Annahme, dass es eine richtige Lösung gibt und dem Versuch, Verantwortung zu vermeiden.

Verantwortung zu vermeiden?? Es ist doch genau das Gegenteil man selbst übernimmt ja gerade die Verantwortung für sein eigenes Handeln.

Zitat
Fakt ist doch, dass eben Menschenleben nicht gegeneinander aufgewogen werden sollten, weil das eben ungut ist. Gerade die Mediziner hier werden das wissen, schließlich versuchen die ja alle zu heilen und nicht nur die Guten, Reichen, Schönen oder was auch immer.

Das wäre in dem Fall auch etwas doof da hier dem Tod überhaupt nichts gegenüber steht außer dass er eben tot ist.

Zitat
Richtig bleibt auch, dass ein Mord nix anderes ist, egal, ob er an einem schlafenden Tyrannen/Mörder usw. vollzogen wird oder an einem Unschuldslamm (Mensch oder Tier).

Da du hier Tiere erwähnst, sind also Tierversuche nicht richtig? Letztendlich tötet man damit Tiere um Menschen zu retten und wenn man nicht abwägen darf, ist es eindeutig moralisch falsch.

Zitat
Dennoch könnte es, aus diversen Interessen heraus, sehr sinnig sein, ein Leben zu beenden. Eventuell würde man juristisch nicht belangt, etwa mangels Justiz oder weil es im Interesse derer war, die in der Justiz sind, usw. Objektiv (soweit man das sagen kann) bliebe es dennoch ein Mord.

Die Frage ist nicht ob es Mord ist, das bezweifelt niemand, die Frage ist ob es moralisch das richtige sein kann.

ZitatAlso was soll das Rationalisieren hier, das ist hier nicht klassische Mechanik, evtl. gibt es keine saubere Lösung. Willkommen in der Nichtigkeit materieller Existenz!

Das passt aber viel eher zu meiner Denkweise, selbstverständlich gibt es keine saubere Lösung, darüber rede ich ja die ganze Zeit, es gibt kein schwarz und weiß und Dinge die eigentlich nicht akzeptabel sind können unter gewissen Umständen dazu werden.

Typee

Das Machwerk von MoSeS ist ein Brandsatz, das ist völlig offensichtlich. Und da gibt es nichts zu verniedlichen.

Wenn es zu Zielkonflikten kommt - um genau das geht es hier - bietet die Rechtsordnung bereits eine praktikable Lösung an: sie stellt mit dem Notwehr- und Notstandsrecht (§§ 32, 34 StGB) Rechtfertigungsgründe zur Verfügung, wenn Rechtsgüter in Gefahr sind. Ginge es um nicht anderes, hätte MoSeS auch einfach die Tinte halten können. Das hat er aber nicht, sondern etwas anderes, viel weiter gehendes formuliert, was, wenn es ernst gemeint ist, ein Skandal ist.

Die Rechtsordnung erlaubt die Verteidigung von Rechtsgütern. MoSeS spricht von der Verteidigung von Idealen. Das ist etwas ganz anderes. Ich fürchte den Tag, und bei der GBS sollte man es auch tun, an dem ein Delinquent vor seinem Richter steht und sich auf die Verteidigung der Ideale des Humanismus beruft. Abgesehen davon, dass die "Ideale des Humanismus" über den Schutz von Rechtsgütern weit hinaus gehen könnten sie den gutmeinenden, aber etwas temperamentvollen Humanisten so geradewegs in die Strafbarkeit führen. Und, unabhängig davon in persönliche Schuld. Das ist genau die Spiegelung, das Umkreisen von Denkmodellen, von denen man sich eigentlich absetzen wollte. Und folglich rennt man gerade in die Gefahr, genau deren abstoßenden Auswüchse gegen individuelle Menschenrechte abzubilden.

Das ist in den Beiträgen von Belbo und sweeper schon herausgekommen. "Ideale" als Treibsatz für Delikte, was für ein Alptraum.

Und noch etwas stört mich: die alttestamentarische Attitüde, mit der MoSeS mit seinen neumodischen Gesetzestafeln vom Berge Sinai gekraxelt kommt. Wozu auch gehört, dass er nur so ganz archaische Generalvergehen erwähnt. Was ist eigentlich mit modernen Deliktsformen wie Steuerhinterziehung, gefährlicher Brandstiftung oder der Bildung krimineller Vereinigungen? Darf man das auch, wenn's ums ganz große Ganze geht?
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)