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Stadt Hannover verbietet Zigeunerschnitzel

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Begonnen von general winter, 09. Oktober 2013, 07:29:16

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general winter

Zitat von: general winter am 10. Oktober 2013, 17:05:31
Ich meine die Begriffe Sinti und Roma sind mir erst aus Westmedien oder gar nach 1989 zu Ohren gekommen.

Da muss ich mich selbst verbessern. Hab grad ein altes DDR-Lexikon von 1987 ausgegraben.
ZitatZigeuner, Selbstbezeichnung Dom, Rom, Sinti ...
Schaut man unter
ZitatSinti, siehe Zigeuner
Der Begriff Zigeuner wurde in der DDR als Oberbegriff offenbar unproblematisch gesehen. Dom, Rom, Sinti waren untergeordnet aber nicht unbekannt.

Zitat von: sumo am 10. Oktober 2013, 17:39:42
..."Geld für Oma statt für Sinti und Roma" Daraus ergibt sich für mich die Frage, ab wann dann diese beiden Namen als problematisch eingestuft werden und sich Sprache wieder einmal verändert.
Das sehe ich auch. Gerade die üblen Gestalten weichen als erste von den umgangssprachlichen Begriffen ab. Siehe auch das Synonym Antizionismus hinter dem sich heute die Judenhasser verstecken.
Im Zweifel für die Freiheit.

Superkalifragilistisch

Ein unnötiger moral crusade von notorischen Volkserziehern, die in rauchfreien Gaststätten dann politisch korrekt ein Schnitzel bestellen und dabei die taz lesen können.

Dieter Zimmer hat dazu was passendes:

ZitatAber was sprach eigentlich gegen Zigeuner? Anders als etwa Nigger oder Polacke war es kein Schmäh- und Schimpfwort. Erst die Nazis machten es zu einem, wie Jude. Die Juden haben sich auch danach nie gegen diese im Nazistaat "negativ konnotierte" Bezeichnung gewehrt und führen sie weiter, mit Stolz. Sie ihnen zu nehmen, wäre für sie eine Beleidigung. Jede andere Bezeichnung empfänden sie wahrscheinlich als diskriminierend.

http://www.dezimmer.net/HTML/2006wortlupe.htm
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

Robert

ZitatDas sehe ich auch. Gerade die üblen Gestalten weichen als erste von den umgangssprachlichen Begriffen ab. Siehe auch das Synonym Antizionismus hinter dem sich heute die Judenhasser verstecken.

Die Beobachtung habe ich auch schon gemacht. Es ist wie ein Hase-und-Igel-Spiel. Man sollte sich nicht  so sehr an Begriffen aufhängen, sondern auf die Inhalte schauen. Sonst begibt man sich in die Gefahr, dass die die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Nazis zu einem sprachlichen Stöckchenspringen mutiert.

bayle

So ist es ja öfter mit der politischen Korrektheit, übrigens auch in der Medizin: wenn sich die korrekten Begriffe erst einmal durchgesetzt haben, ist es auch an der Zeit, sie durch neue zu ersetzen.

Ladislav Pelc

Wenn ich mich richtig erinnere, hat die WP da einen interessanten Artikel zu: http://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus-Tretm%C3%BChle

Nachtrag: Ich erinnere mich natürlich richtig:

ZitatHäufig handelt es sich bei den betroffenen Ausdrücken um gesellschaftlich relevante und konnotativ aufgeladene Begriffe. So werden etwa ethnische Minderheiten wiederholt mit neuen Wörtern benannt, um negative Assoziationen zu vermeiden.

Dr. Schmock

Als leztes kommt dann auch noch der nach Axel Stoll benannte:
Weihnachtsstollen . . .

So als "Weihnachstmann"

Harpo

Zitat von: Ladislav Pelc am 10. Oktober 2013, 21:32:52
Wenn ich mich richtig erinnere, hat die WP da einen interessanten Artikel zu: http://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus-Tretm%C3%BChle

Ach du lieber Himmel:

ZitatAndere Versuche konnotativer Aufwertung kaschieren die negativen Nebenbedeutungen der fraglichen Wörter durch deren Abkürzungen, indem etwa ,,Zigeuner" mit dem amtssprachlich anmutenden Kürzel ,,MEM" (für ,,Mobile Ethnische Minderheit") ersetzt wird.

Yadgar

Hi(gh)!

Zitat von: Harpo am 09. Oktober 2013, 16:09:35
Vor 30 Jahren gabs zu übertriebener political correctness ja schon mal den Spruch "das heißt jetzt Sinti-und-Roma-Schnitzel". Wird jetzt wohl wieder hervorgekramt werden.

Vor 30 Jahren noch nicht, da kannte man hier in (West-)Deutschland das Schlagwort "Political Correctness" noch gar nicht, das hieß damals noch "Betroffenheit", wurde aber allenfalls innerhalb des linksalternativen Milieus thematisiert (es gab seinerzeit dazu witzige Bücher vom Eichborn-Verlag... oder war es Zweitausendeins?).

Vor 20 Jahren, das käme schon eher hin... Mitte der 90er hatte ich durchaus meinen Spaß, mir solche Szenen vorzustellen:

(Frittenbude in Bergheim-Quadrath-Ichendorf, am mutmaßlichen Prolligkeitspol des Universums)

Verklemmter Möchtegern-Linker: Ein Sinti-und-Roma-Schnitzel bitte!

Frittenbuden-Inhaber: Sinti un... do bess doch beklopp!

Verklemmter Möchtegern-Linker: Nein... nur andersbegabt!

Den "Sumpfzigeuner" als erotischen Fetisch lasse ich mir aber trotzdem nicht nehmen...

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
ENTEIGNET SPRINGER!

Ladislav Pelc

Zitat von: Harpo am 12. Oktober 2013, 16:48:31
Ach du lieber Himmel:

ZitatAndere Versuche konnotativer Aufwertung kaschieren die negativen Nebenbedeutungen der fraglichen Wörter durch deren Abkürzungen, indem etwa ,,Zigeuner" mit dem amtssprachlich anmutenden Kürzel ,,MEM" (für ,,Mobile Ethnische Minderheit") ersetzt wird.

Ein MEM-Schnitzel mit Pommes, bitte? ;D

forenschlaefer

ich wäre als nächstes dafür, den Begriff Asia-Restaurant zu ersetzen. Dieser schmeißt zu viele eurozentrisch verfremdete fernostasiatische Küchen in einen Topf zusammen! Der ganze postmoderne Mist hat zu tiefe Narben hinterlassen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Orientalismus
das tauchte in einer Pseudodiskussion über die Bezeichnung des Spiels "Whore of the Orient" wirklich auf. Eines Studenten der postkolonialen Studien anscheinend. Als nächstes noch historistische Bezeichnungen vernichten, die gute alte Prinzenrolle hat mir als Kind ein falsches Bild vom Mittelalter gezeichnet.

Hildegard

Ich kann beide Seiten verstehen und sicher ist es bei jedem einzelnen Wort eine graduelle Abwägung. Und ja, es kann zu einer Endlosspirale führen. Aber Sprache lebt, und die konsequente Ignoranz dieser Tasache würde bedeuten, alle Begriffe weiterzuverwenden, egal, welche Konnotation sie im Laufe ihrer Existenz gewonnen haben.

Wer von euch hat z.B. seinen Sohn Adolf genannt, selbst wenn der liebe Opa dieses Namens bereits 1912 geboren wurde? Oder wie wär's mit der Wendung "bis zur Vergasung". Hört man tatsächlich immer noch manchmal. Da raste ich aus.

Auf der anderen Seite gibt es Wörter, die zwar in der NS-Zeit eine Blüte erlebten, ihre Unschuld inzwischen jedoch längst wiedererlangt haben. Victor Klemperer nennt zum Beispiel in seiner "LTI" die Wörter "fanatisch" und "aufziehen" als typisches NS-Deutsch. Darauf würde man heute gar nicht mehr kommen
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

Belbo

....da fallen mir, die Judenfürzle meiner Kindheit (die Endsechziger) ein, obwohl ich den Ausdruck damals ohne jeglichen Argwohn benutzt habe, würde ich ihn heute  nicht mehr verwenden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Knallk%C3%B6rper

Groucho

Zitat von: Hildegard am 15. Oktober 2013, 11:46:07
Ich kann beide Seiten verstehen und sicher ist es bei jedem einzelnen Wort eine graduelle Abwägung. Und ja, es kann zu einer Endlosspirale führen.

Glaube ich nicht mal. Halte ich eher für ein slippery-slope-Argument.

Zitat
Aber Sprache lebt, und die konsequente Ignoranz dieser Tasache würde bedeuten, alle Begriffe weiterzuverwenden, egal, welche Konnotation sie im Laufe ihrer Existenz gewonnen haben.

Eben, sowas funktioniert nicht. Absurd wird es aber, wenn man meint, über Sprachregelungen reale Probleme oder Denkweisen lösen oder ändern zu können. Diesen Eindruck habe ich zumindest öfter mal, gerade was den ganzen Genderwahn betrifft.

Zitat
Wer von euch hat z.B. seinen Sohn Adolf genannt, selbst wenn der liebe Opa dieses Namens bereits 1912 geboren wurde? Oder wie wär's mit der Wendung "bis zur Vergasung". Hört man tatsächlich immer noch manchmal. Da raste ich aus.

Diese Wendung habe ich als Jugendlicher verwendet, bis mir eines Tages schlagartig klar wurde, woher diese kommt. So ändert sich Sprache, aber eher nicht über behördliche Verordnungen.

Zitat
Auf der anderen Seite gibt es Wörter, die zwar in der NS-Zeit eine Blüte erlebten, ihre Unschuld inzwischen jedoch längst wiedererlangt haben. Victor Klemperer nennt zum Beispiel in seiner "LTI" die Wörter "fanatisch" und "aufziehen" als typisches NS-Deutsch. Darauf würde man heute gar nicht mehr kommen

Interessant. "geil" ist übrigens auch ein spannendes Wort, es hat sich fast wieder zur früheren Bedeutung zurückgewandelt.

forenschlaefer

übersensitiv sein ist keine Lösung.
http://www.southpark.de/alle-episoden/s11e01-bitte-ein-n
Die ganze south park Folge bringt es so gut auf den Punkt. Hier 2 Clips daraus:
http://www.southpark.de/clips/155486/hello-fatso#tag=Dr.%20Nelson
http://www.southpark.de/clips/155500/stan-gets-it#tag=Dr.%20Nelson
Leute wie Stefanowitsch sollten einfach mal die Fresse halten und nicht überall Probleme herbeisehnen.
Beispiel http://news.bbc.co.uk/2/hi/7204635.stm
http://www.express.co.uk/news/uk/32524/Three-Little-Pigs-fairytale-offends-Muslims
Und er sollte am besten aufhören, mit seinem Anglistiktitel anzugeben. Auf wikipedia verlinkt ist eine etwas längere Kritik an der Arbeitsweise Stefanowitschs:
http://www.belleslettres.eu/blog/stefanowitsch-schnee-eskimo.php
unten sind noch 3 podcastbeiträge, die wirklich sehenswert sind. Der Autor hat mich in weniger als 3 Stunden überzeugt, dass Sprachwissenschaften gescheit arbeiten können, solange sie nicht so vorgehen wie Stefanowitsch.

MrSpock

Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.