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Katholik sein ist peinlich

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Begonnen von cohen, 06. Oktober 2010, 17:50:30

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Conni

Der Religion darf man solche Fragen nicht überlassen, da dort keinerlei Kompetenz dazu vorhanden ist.

Derzeit wird die Grenze da gezogen, ab wann die Organentwicklung abgeschlossen ist, also aus dem Embryo ein Fetus geworden ist. Das ist so ab der 12. Woche der Fall, also bei der IVF und der Vernichtung überzähliger Embryonen kein enthisches Problem. Eher schon bei der Abtreibung, die ja später erfolgt. Und hier manövriert man die Frauen absichtlich hinein, wenn man eine PID verbietet und eine Erbkrankheit festgestellt wird. Bevor eine Fruchtwasserpunktion nebst Diagnostik gemacht ist, vergeht u.U. so viel Zeit, dass eine Abtreibung sogar noch viel später als vor der 12. SSW stattfindet. Das ist bei einer solchen Indikation legal. Die Kinder sind dann manchmal sogar schon lebensfähig und müssen vor dem Eingriff abgetötet werden. Manchmal denke ich, das Dilemma ist von den Mumien im Faschinngskostüm erwünscht, denn leiden soll die Frau ....  #)

Die Grenzziehung, ab wann es ein Mensch ist, mag willkürlich erscheinen, aber so eine Grenze muss gezogen werden, weil die Entwicklung nicht stufenhaft, sondern graduell verläuft.

ZitatVon Anfang an (weil ja die menschlichen Gene vorhanden sind)

Das ist kein Maßstab. Menschliche Gene landen auch tgl. in der Toilette.

71hAhmed

Danke für die Antwort. Dass da eine Grenze  gezogen werden muss, ist klar, dass man auch immer über die Berechtigung diskutieren kann auch. Aber mir ist dann eine wissenschaftliche Begründung lieber als eine religiöse oder philosophische.
Andererseits ist das Thema sehr mit Gefühlen beladen, gerade bei Betroffenen; da hilft wahrscheinlich gar keine Definition wirklich weiter (eigene Erfahrung als Vater nach Fehlgeburt).

Und bitte beleidige die Mumien nicht, die liegen in Museen und stellen nichts mehr an. ;)

NuEM

Mensch sein heißt fühlen, denken, wissen. Darum würde ich die Linie irgendwie von der Entwicklung des Gehirns abhängig machen. Sicher gibt es auch da keine glasklare Grenze, aber irgendwo zwischen voll entwickeltem Menschen und Lurch wird sie liegen.

T-M

Ui, wieder eine Menge Antworten.

Zitat von: 71hAhmed am 14. Oktober 2010, 19:09:39
Es gibt einen Unterschied zwischen der offiziell (ex cathedra heisst das glaube ich) dargelegten Lehre der katholischen Kirche und auch der anderer Religions- und Pseudoreligionsfürsten (gerade der monotheistischen und esoterischen) und deiner oder meiner Meinung. Wir berufen uns nicht auf eine von einer höheren Wesenheit geoffenbarte absolute Wahrheit, bei der allenfalls die Auslegung durch Menschen diskutiert werden kann, nicht aber die zugrundeliegende WAHRHEIT (wenn überhaupt eine Diskussion zugelassen wird).

Jein. In diesem Fall ist auch, wenn man es religiös betrachtet, so ziemlich alles "Auslegung durch den Menschen", weil die Bibel ja nicht viel hergibt dazu. Das Problem sehe ich eher darin, dass die Auslegung des Papstes (der ja auch nur ein Mensch ist) der katholischen Lehre nach mehr oder weniger verbindlich für alle ist, und die Gläubigen das zu akzeptieren haben, statt selbst nachzudenken.

Zitat von: 71hAhmed am 14. Oktober 2010, 19:09:39
Ich sehe das etwas anders, im Rahmen eines "Zuchtprogrammes" wie im Adel lange Zeit üblich, findet ja auch eine Selektion in einer bestimmten Richtung statt, die auch zum Teil individuell bestimmt ist.

Da bin ich nach wie vor anderer Meinung, denn die Nachkommen werden so nur indirekt selektiert während man bei der PID (die entsprechende Technik vorausgesetzt) ziemlich genau auswählen könnte, was man will oder nicht will. Außerdem ist es ziemlich unmöglich, einen Partner zwecks Fortpflanzung auszuwählen (um es mal arg theoretisch zu beschreiben), ohne sich an irgendwelchen Eigenschaften zu orientieren; eine Auswahl trifft man immer, wenn oft sicherlich auch unbewusst. Wirkliche Zuchtprogramme für Menschen, bei denen es darum ginge, gezielt in Richtung bestimmter Eigenschaften zu züchten, wie man es ja bei Nutztieren macht (oder gar in Richtung eines "Rassestandards" wie z. B. bei Hunden) sind (meiner Meinung nach glücklicherweise) nicht allzu häufig (gewesen).

Zitat von: Conni am 14. Oktober 2010, 21:46:08
Der Religion darf man solche Fragen nicht überlassen, da dort keinerlei Kompetenz dazu vorhanden ist.

Um mal den Advocatus Diaboli (wie passend in diesem Zusammenhang) zu spielen: Wie definiert man Kompetenz? Die Kirchen selbst sind sicherlich der Ansicht, sie hätten sie; sie halten sich ja in der Regel für so ziemlich alle moralisch-ethischen Fragen für kompetent.

Zitat von: Conni am 14. Oktober 2010, 21:46:08
Derzeit wird die Grenze da gezogen, ab wann die Organentwicklung abgeschlossen ist, also aus dem Embryo ein Fetus geworden ist. Das ist so ab der 12. Woche der Fall, also bei der IVF und der Vernichtung überzähliger Embryonen kein enthisches Problem.

Bei der Vernichtung überflüssiger Embryonen im Rahmen der IVF sehe ich auch kein ethisches Problem (wie ich bereits geschrieben habe). Der Zeitpunkt, ab wann die Organentwicklung abgeschlossen ist, erscheint mir allerdings sehr willkürlich und auch recht schwammig. Ich würde es eher an der Gehirnentwicklung festmachen (wobei ich jetzt nicht weiß, wann die genau stattfindet). Letztendlich ist aber wohl jeder Zeitpunkt relativ willkürlich (s. u.).

Zitat von: Conni am 14. Oktober 2010, 21:46:08
Eher schon bei der Abtreibung, die ja später erfolgt. Und hier manövriert man die Frauen absichtlich hinein, wenn man eine PID verbietet und eine Erbkrankheit festgestellt wird. Bevor eine Fruchtwasserpunktion nebst Diagnostik gemacht ist, vergeht u.U. so viel Zeit, dass eine Abtreibung sogar noch viel später als vor der 12. SSW stattfindet. Das ist bei einer solchen Indikation legal. Die Kinder sind dann manchmal sogar schon lebensfähig und müssen vor dem Eingriff abgetötet werden.

Sicherlich, eine Abtreibung ist, zumindest in einem späten Stadium, ethisch wesentlich problematischer, was natürlich auch ein Argument für die PID ist (jedenfalls wenn es um schwerwiegende Erbkrankheiten geht).

Zitat von: Conni am 14. Oktober 2010, 21:46:08
Die Grenzziehung, ab wann es ein Mensch ist, mag willkürlich erscheinen, aber so eine Grenze muss gezogen werden, weil die Entwicklung nicht stufenhaft, sondern graduell verläuft.

Die Frage ist, ob so eine Grenzziehung überhaupt möglich ist, gerade weil die Entwicklung stufenhaft verläuft. In gewisser Weise eine paradoxe Angelegenheit: Ich bin der Ansicht (und die meisten anderen Menschen dürften es auch sein), dass ein Kind wenige Tage oder gar Stunden vor der Geburt ethisch grundlegend anders zu bewerten ist, als ein mikroskopisch kleiner undifferenzierter Zellklumpen. Aber trotzdem gibt es keine klar erkennbare Grenze dazwischen. In gewisser Weise erinnert das an das Haufen-Paradoxon, nur ist die Frage, ab wann ein Mensch ein Mensch ist, unter ethischen Gesichtspunkten wesentlich wichtiger, als die rage, ab wann ein Haufen ein Haufen ist. (Übrigens liefert auch die Religion auch keine sinnvolle "Lösung" für dieses Problem: Sie lehrt zwar, dass ein Mensch eine Seele besitzt, aber wann genau diese Seele entsteht ist soweit ich weiß nicht sinnvoll festgelegt.) Aber da das Hauptthema hier IVF ist, und nicht Abtreibung, ist die genaue Ziehung der Grenze hier vermutlich nur so weit relevant, dass wir uns vermutlich relativ einig darüber sind, dass sie zum Zeitpunkt der IVF noch (lange) nicht erreicht ist.

Zitat von: NuEM am 15. Oktober 2010, 13:46:39
Mensch sein heißt fühlen, denken, wissen. Darum würde ich die Linie irgendwie von der Entwicklung des Gehirns abhängig machen. Sicher gibt es auch da keine glasklare Grenze, aber irgendwo zwischen voll entwickeltem Menschen und Lurch wird sie liegen.

Ja, den würde ich zustimmen. Natürlich liefert auch das keinen exakten Zeitpunkt, eine (halbwegs sinnvolle) exakte Festlegung wäre aber wohl sowieso unmöglich.

Conni

ZitatDie Kirchen selbst sind sicherlich der Ansicht, sie hätten sie; sie halten sich ja in der Regel für so ziemlich alle moralisch-ethischen Fragen für kompetent.

Nun, die (fehlende) Kompetenz der Kirchen ist deutlich daran zu erkennen, wie sie sich, neben der PID in Sachen Verhütung, Komdome und AIDS-Prävention verhält. Da gibt es für mich keine Diskussion. Da wird fachlich gesehen hanebüchenes Zeug geschwafelt, aber den Leuten Vorschriften gemacht.

Von den sich in Fleisch umwandelnde Oblaten, in Blut mutierender Wein (ritueller Kanibalismus) und die Jungfrauengeburt ganz zu schweigen. Die haben zudem so viele Leichen im Keller, dass die Ethik, die sie einfordern, mir wie reiner bösartiger Zynismus vorkommt.

71hAhmed

Zitat von: T-M am 15. Oktober 2010, 15:13:15
Jein. In diesem Fall ist auch, wenn man es religiös betrachtet, so ziemlich alles "Auslegung durch den Menschen", weil die Bibel ja nicht viel hergibt dazu. Das Problem sehe ich eher darin, dass die Auslegung des Papstes (der ja auch nur ein Mensch ist) der katholischen Lehre nach mehr oder weniger verbindlich für alle ist, und die Gläubigen das zu akzeptieren haben, statt selbst nachzudenken.

Das Problem ist letztlich der Absolutheitsanspruch derjenigen, die eine von "Höheren Mächten" geoffenbarten WAHRHEIT als verbindlich für alle festschreiben wollen, sei es aus echtem Glauben oder aus dem Willen, damit die eigene Macht zu steigern.


Toiletman

Was wäre jetzt so unbedingt schlimm daran, Menschen nach irgendwelchen Standards zu züchten, solange die Personen dabei freiwillig mitmachen? Das züchten nach rassischen Kriterien wäre beim Menschen aber ziemlich sinnlos, da sich die weit größte Mehrheit der Menschen sowieso sehr einfach einer der wenigen biologisch begründbaren Rassen zuordnen lässt und zahlenmäßig reichhaltig vorhanden ist. Man müsste die Menschheit schon noch weiter herunterbrechen in kleinere Gruppen, damit man überhaupt etwas spezielles züchten kann. Bei den Nazis hatte man ja soetwas versucht und wollte "nordische" Menschen züchten. Die SSler wurden dabei auch angehalten in Norwegen ruhig mit Frauen einzulassen, da diese besonders "nordisch" sein. Was wäre aber, wenn man jetzt nicht noch reichlich vorhandene Phenotyp Variationen "reinhalten" will sondern solche, die Nahe am Rand des Aussterbens sind. Ein Beispiel wären die japanischen Ainu/Jomon. Andere wurden in den letzten paar Jahrhunderten bereits ausgerottet wie zum Beispiel die Ureinwohner Tasmaniens oder Feuerlands. Andere wurden schon lange vorher verdrängt oder in andere Gruppen assimiliert. Hierfür wäre die Prä-Indianer Besiedlung Südamerikas ein Beispiel.

Aber naja, das ganze hängt natürlich davon ab ob man bestimmte Tier oder Menschen Gruppen eben erhalten möchte oder nicht. Persönlich finde ich es schon manchmal Schade, dass einige Gruppen mit ihren biologischen und kulturellen Eigenheiten verschwinden, insbesondere wenn es eben eher unbekannte also "exotische" Versionen sind wie die Ainu oder die Urbevölkerung des Süden Afrikas (die sich deutlich von "regulären" Schwarzafrikanern unterscheidet) verschwinden aber das ist eben nur eine subjektive Meinung .

rincewind

ZitatKanzlerin will Gentests an Embryonen verbieten

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,722931,00.html

ZitatSie halte es für unmöglich, eine Abgrenzung zu finden zwischen einer schwerwiegenden genetischen Krankheit und einem nicht ganz so schwerwiegenden Defekt.

Irre, nur irre.

Conni

Soso, Trisomie 21 lässt sich nicht von weniger schlimmen Erkrankungen abgrenzen.... Gehts noch? Mit der selben Begründung müsste man Fruchwasserpunktionen und die entsprechenden Test nebst Spätabtreibungen verbieten. Es ist also nur ein dumme Sockenpuppe zur Wahrung der christlich-klerikalen Moralvorstellungen.

rincewind

Was wirklich zum Kotzen ist bei dieser Kanzlerin: Es ist immer offensichtlicher, dass es nie um Sachfragen, sondern strategische Entscheidungen geht, wie man die Mehrheit halten kann. In diesem Falle mal kurz das "C" in der CDU etwas schärfen. Die hat von Kohl wirklich gut gelernt.

Graf Zahl

Rince und Conni, wo sollte aus Eurer Sicht die Grenze zwischen schwer und weniger schwer gezogen werden?
Wäre soetwas praktibel umsetzbar?

Eine gewisse "Ungerechtigkeit" bleibt bei solchen Grenzen natürlich immer.

Conni

ZitatRince und Conni, wo sollte aus Eurer Sicht die Grenze zwischen schwer und weniger schwer gezogen werden?
Wäre soetwas praktibel umsetzbar?

Das ist nicht der Knackpunkt. Die meisten bekannten Erbkrankheiten lassen sich sehr wohl genau feststellen. Und bei einer PID sehe ich keinerlei Problem, da auch enge Grenzen zu ziehen.

Aber wenn Du meinst: Schwer: Chorea Huntington, Mukoviscidose, alle Chromosomenaberrationen. Leicht: Rot-Grün-Blindheit. Grenzfall: Hämophilie.

rincewind

Zitat von: Graf Zahl am 17. Oktober 2010, 20:07:20
Rince und Conni, wo sollte aus Eurer Sicht die Grenze zwischen schwer und weniger schwer gezogen werden?
Wäre soetwas praktibel umsetzbar?

Eine gewisse "Ungerechtigkeit" bleibt bei solchen Grenzen natürlich immer.

Natürlich. Aber zum einen sind bestimmte harte Krankheiten klar. Und dann wird es unscharf. Es ist natürlich ein Problem, wie weit man geht. Aber: Deswegen PID komplett abzulehnen, ist nur irre. Eine irrationale bigotte Haltung. Als ob man nachts auf der Autobahn plötzlich das Licht ausmacht, um "Gott" noch eine kleine Chance zu geben, einem richtig zu führen und die Ausfahrt zu treffen.

Conni

Ach, ich vergaß: dann müsste die Spirale auch verboten werden, denn diese verhindert keine Befruchtung, sondern die Einnistung des Keimes in der Gebärmutterschleimhaut, im selben Stadium, in dem auch die Embryonen bei der PID verworfen werden. Ganz zu schweigen von Gaia, die dafür sorgt, dass viele prä-Menschlein in der Toilette verschwinden, ganz unbemerkt.

glatzkopf


meiner Meinung nach hat jede Frau selber ein Recht zu entscheiden, was in ihr heranwächst.
Ich lasse mir auch nicht gerne von Anderen sagen, was ich mit meinem Körper anzustellen habe.