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MECFS ist keine erfundene Krankheit

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Begonnen von NeuroMD, 04. Dezember 2023, 22:59:23

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zimtspinne

Hurra! Die Barmer gibt Bewegung und Sport als Empfehlung aus bei tumorbedingter Fatigue.

https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/koerper/krebs/fatigue-bei-krebs-1067262#Bewegung_und_Sport_bei_Fatigue-1067262

ZitatEine langanhaltende Fatigue muss nicht aussichtslos sein: Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die die Symptome lindern können. Zu diesen gehören:

Behandlung körperlicher Ursachen
Aufklären und Verständnis schaffen
Psychoonkologische Betreuung
Bewegung und Sport
Rehabilitation nach Krebs

und das grad dort, wo man sich über Fatigue nicht weiter wundert und es auch so viele rational erscheinende Gründe und Ursachen dafür gibt.
Es hat sich offenbar was getan, seit ich mich zuletzt mal mit dem Thema beschäftigt hatte.
(hab mich noch nicht getraut, das anzuklicken. Aus Angst, dass dort doch noch was beklopptes erscheint, Katzenyoga oder so)
Reality is transphobic.

zimtspinne

Bei den Biomarkern hingegen geht nichts voran.

ZitatConclusions All potential ME/CFS biomarkers difered in efciency, quality, and translatability as a diagnostic marker.
Reproducibility of fndings between the included publications were limited, however, several studies validated the
involvement of immune dysfunction in the pathology of ME/CFS and the use of lymphocytes as a model to inves‑
tigate the pathomechanism of illness. The heterogeneity shown across many of the included studies highlights the
need for multidisciplinary research and uniform protocols in ME/CFS biomarker research.

https://bmcmedicine.biomedcentral.com/counter/pdf/10.1186/s12916-023-02893-9.pdf

d.h. Freuds Hysteriekonzept kann noch nicht in den Schredder, obzwar es dahin gehört.

Reality is transphobic.

zimtspinne

Eigentlich ist ja n "Trial-and-Error" Wir-irren-uns-(nicht-immer)-empor nichts besonderes.

Das gescheiterte Rituximab-Experiment finde ich aber interessant.

ZitatKleine Studien, große Erfolge
Es folgte eine Beobachtung von drei Patienten im Jahr 2009, bei der sich die CFS-Symptome durch die Gabe von Rituximab verbesserten. Im Jahr 2011 untersuchten Fluge und Mella 30 CFS-Patienten im Rahmen einer kleinen doppelblinden Phase-II-Studie. Verglichen wurden 15 CFS-Patienten, die Rituximab erhielten, die anderen 15 dienten als Placebogruppe. Zwei Drittel jener Patienten, die Rituximab erhielten, berichteten über eine Verbesserung ihres Zustands, verglichen mit niemandem aus der Placebogruppe. Zusätzlich führten sie eine offene Studie mit 29 Patienten durch, die aber unveröffentlicht blieb. Und auch in der darauf folgenden Studie im Jahr 2015 waren die Ergebnisse wieder positiv: Von 28 Patienten konnte bei 18 eine deutliche Verbesserung der typsichen Symptome erzielt werden.

So klein die Teilnehmerzahl der bisherigen Studien auch war, die Untersuchungsergebnisse stimmten die Forscher optimistisch. Sie führten eine klinische Phase-III-Studie mit 151 CFS-Patienten über einen Zeitraum von ca. drei Jahren durch. Die Ergebnisse wurden kürzlich veröffentlicht. Die Hälfte der Teilnehmer hatte ein Jahr lang in regelmäßigen Abständen Rituximab-Infusionen erhalten, der Rest bekam Placebo-Infusionen. Die Symptome der Patienten wurde in diesem Zeitraum und noch ein weiteres Jahr lang gemessen, da der Wirkstoff etwas Zeit braucht, um zu wirken.

Die Wahrheit tut manchmal weh
Die bisherigen Annahmen der Wissenschaftler konnten allerdings nicht bestätigt werden. Zwar berichteten 26 Prozent der Wirkstoffgruppe über nachlassende Müdigkeit. Doch dies taten sogar 35 Prozent der Placebogruppe ebenso.

herrlich!


Sowas sollte unbedingt irgend eine Form von experimenteller Behandlung bekommen.... entweder jeden Tag mit Spinnen aus dem Bett scheuchen oder es mal mit Hypnose versuchen oder ein Arzneimittel geben. Ein Schlüssel zum Erfolg scheint ja zu sein, etwas zu tun.

Gar nichts tun geht gar nicht. Das ist nicht normal, dahinter muss eine seltsame Krankheit des Geistes stecken.

Vor einiger Zeit las ich etwas über die seltensten und schlimmsten Erkrankungen, die existieren.
Die allerübelste wurde genauso wie oben das Krankheitsbild des Patienten Jonas beschrieben.
Die Leute liegen nur noch im Bett, ertragen nicht mal mehr oder ganz schwer Anwesenheit anderer Menschen, ihre Pflege und Besuche von Angehörigen müssen immer intensiv vorbereitet werden. Besuche dürfen nur kurz ausfallen, Körperkontakt sollte vermieden werden. Danach brauchen die Patienten wieder lange, um sich davon zu erholen.
Abgeschottet liegen sie also bei Dunkelheit (oder wars Dämmerung?) nur im Bett. Ertragen weder Geräusche, noch irgendwas 'normales'.
Leider fand ich den Text niemals wieder und hatte mir den Namen der seltsamen seltenen Krankheit auch nicht gemerkt.

Reality is transphobic.

eLender

Zitat von: zimtspinne am 21. Dezember 2023, 10:59:57mit Spinnen aus dem Bett scheuchen
Ich bin mal nachts aufgewacht (im Halbschlaf, außer Haus) und meinte, einen dunklen Fleck neben mir auf der Matratze zu sehen. Dachte noch kurz, das wird ja jetzt wohl keine Spinne sein. Habe eh schlecht geschlafen, da ein Auge entzündet war. Habe dann mutig da hin gegriffen, um das zu verifizieren. Da schießt das Ding auf mich zu, unter die Bettdecke. Ich war noch nie so schnell aus dem Bett gehüpft wie da. War hellwach, das Herz auf 180 und das Auge pochte böse. Ich gebe zu, dass ich bzgl. Spinnen eine leicht phobische Veranlagung habe :schreck Ansonsten bin ich aber voll mutig, ischwör ::)

Hat jetzt wenig mit dem Thema zu tun, aber ich musste das mal rauslassen. Ich fühle mich jetzt auch besser :angel:

Aber zum Thema: wenn das so offensichtlich eine Autoimmunerkrankung sein soll, warum findet man keine Biomarker? Kenne mich da zu wenig aus, aber das müsste man doch an irgendeinem Parameter erkennen können (Entzündungen..?). Und ggf. sollte man doch eine Veränderung eines (Blut-)Wertes nach Belastung finden können, der nur bei diesem Syndrom auftritt. Ich weiß, so etwas hat man bisher nicht gefunden (so wie bei Long Covid, soweit mir bekannt). Bei beiden Syndromen heißt es immer, das wären die Spätfolgen irgend einer Infektion oder Entzündung.

Wenn man so eine Diagnose erhält, ist man doch auch meist nicht mehr voll erwerbsfähig (höchstens als Matratzentester einsetzbar). Sind solche Diagnosen von den sozialen Trägern (Krankenkassen, Arbeits-, Sozialamt) akzeptiert und wird eine Arbeitsunfähigkeit zugestanden? Irgendwo war zu lesen, man würde da stets auf eine Reha pochen. Da die Krankheiten aber als nicht heilbar gelten (obwohl es in der obigen Studie einen beträchtlichen Teil der Patienten gab, die im Verlauf symptomfrei wurden, ohne Medikament), wird man doch selbst nach einer Reha nicht weiter arbeiten können.

Ich will nicht bezweifeln, dass es das wirklich gibt (also die Symptomatik), aber das ist ja dann eine lebenslange Mühsal. Ohne Anerkennung durch die Träger ist man als erwachsener Mensch (den die Eltern nicht mehr pflegen können / wollen) doch ziemlich am Ende? Maierling?
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Bei BR-Alpha ein längerer Artikel zum Thema. Kein Wort des Zweifels, nur eine lange Klagerede, dass man das endlich mit Milliardenbeträgen erforschen soll; schließlich ist das viel schlimmer als Krebs und Depressionen. Dazu noch eine recht häufige Krankheit, die aus den Menschen lebende Leichen macht.

ZitatWas ist, wenn die Grippe, der Infekt und das Fieber selbst nach Wochen und Monaten nicht mehr weggehen? Wenn alle Blutwerte scheinbar in Ordnung sind und kein Arzt einem sagen kann, warum man sich so krank fühlt? So ähnlich geht es in Deutschland rund 250.000 bis 300.000 Menschen, darunter etwa 40.000 Kinder und Jugendliche. Sie sind an ME/CFS erkrankt.
https://www.ardalpha.de/wissen/gesundheit/krankheiten/chronisches-erschoepfungssyndrom-me-cfs-myalgische-enzephalomyelitis-mecfs-covid-grippe-100.html

Scheinbar eine multifaktorielle Erkrankung mit vielen körperlichen Fehlsteuerungen, auch eine Immunerkrankung gilt als sicher. Aber leider ist das alles nicht messbar, nur der Belastungstest offenbart das alles.

ZitatME/CFS ist eine Multisystemerkrankung, dabei geraten das Immunsystem, das autonome Nervensystem, die Gefäße und der Energiestoffwechsel der Körperzellen durcheinander. Das hat viele Symptome zur Folge. Wichtigstes Phänomen bei der Diagnose: die belastungsabhängige Symptomverschlechterung, der Fachbegriff lautet post-exertional malaise (PEM). In der schlimmeren Form wird dafür auch der Begriff postexertionale neuroimmune Erschöpfung (PENE) verwendet.

ZitatWer nur leicht betroffen ist, bemerkt an guten Tagen kaum Einschränkungen. Viele ME/CFS-Patienten sind aber dauerhaft ans Haus gebunden, können nicht mehr arbeiten oder zur Schule gehen, sind sozial isoliert.
Sie verbringen ihre Tage im Liegen, in einer reizarmen Umgebung, zum Beispiel im Dunkeln. Einige Patienten sind von künstlicher Ernährung abhängig und auf Pflege angewiesen. ME/CFS gehört zu den Krankheiten mit der niedrigsten Lebensqualität überhaupt.
Wäre es nur ein schwere Depression, wäre es ja nicht so schlimm.

Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitat von: zimtspinne am 22. Juni 2024, 08:18:09Die Krankheitsidentitären (Anhänger des gefühlten Krankseins) haben sich ihre Weisheiten nicht selbst gewürfelt. Der Überbringer:

https://www.bmj.com/rapid-response/2011/11/02/cbtget-ineffective-and-potentially-harmful-mecfs-patients-seem-die-conside

.. vielleicht sollte sich unser Zorn in diesem Fall auf Hiob richten > the bmj teeren, federn und vom Rand des Unisversums schubsen.

Auch wenn das nun schon etwas her ist, ist es nicht uninteressant. Wegen der Methodik. Im Untertitel heißt es,
ZitatCBT/GET is ineffective and potentially harmful. ME/CFS patients seem to die considerably younger.

Aber worauf stützen sie sich?
ZitatA study into the causes of death by a Jason (11) established that ±20% of the patients had died from cancer, ±20% had died as the consequence of heart failure, and ±20% as a result of suicide.
The mean age of those who died from cancer and suicide was 47.8 and 39.3 years, respectively, which is ±24 years younger than those who died from cancer and suicide in the general population.

[11] ist:
Zitat11. Jason LA, Corradi K, Gress S, Williams S, Torres-Harding S (2006). Causes of death among patients with chronic fatigue syndrome. Health care for women international. 2006; 27 (7): 615–26. doi:10.1080/07399330600803766.

Diese ähm, Studie hatten wir schon mal in #10, nur dass sie hier korrekt referenziert ist, so dass man sie finden kann.
ZitatThe authors analyzed a memorial list tabulated by the National CFIDS Foundation of 166 deceased individuals who had had CFS.
[...]
Participants in this sample included individuals who had been entered in the memorial list compiled by the National CFIDS Foundation. This list included individuals with ME Chronic fatigue immune dysfunction (CFIDS) who have died up to the summer of 2003.

Es ist nichts als die Durchforstung einer Liste von Gestorbenen nach Todesursachen. Irgendwelche Anstrengungen herauszufinden, für wen diese Gruppe repräsentativ ist und v. a. mit wem sie verglichen werden sollte, sind nicht zu erkennen. Dass Menschen gestorben sind, sollte jetzt nicht wirklich überraschen, denn ,,ME/CFS" wird ja wohl kaum das ewige Leben garantieren.

Ähnliche Arten von Belegen hatten früher mal zu der Annahme geführt, dass pensionierte Piloten früher sterben als Altersgenossen. vgl.
https://www.researchgate.net/publication/273604341_A_Study_of_Life_Expectancy_for_a_Sample_of_Retired_Airline_Pilots

zimtspinne

 Da weiß man nicht, wo man anfangen soll.. ich will das nicht gesehen haben 🫣🤢

Das sind die Momente, wo man Alkohol braucht ☺️

An den Neurodoc erinnere ich mich gerade wieder.. Der war leider schnell weg, bevor man zu etwas kam.
Reality is transphobic.

zimtspinne

Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), nicht zu verwechseln mit dem dkfz, schreckt nicht davor zurück, ihr ganzes Leitlinienprogramm bei der tumorassoziierten Fatigue um die lebensverkürzenden Säulen "Bewegungstherapie" + "Psychoonkologie" zu gruppieren.

https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/fatigue-bei-krebs.html

Hier ist in meiner langjährigen Beobachtung mit keiner gravierenden Aufmüpfigkeit zu rechnen, da den meisten, insbes. Brustkrebspatientinnen, die entscheidende Säule Bewegung und Sport zur Rezidivprävention eingebläut wurde. Sich dem Fatiguedasein allzu lange und intensiv hinzugeben, ist daher für die meisten wirklich keine Option.

Ich muss das nun alles ganz neu überdenken, evtl sind Rezidive und sogar Todesfälle auf zu viel Engagement bei Aktivierung und GesprächsTherapie zurückzuführen.

Was für die Verhütung queeren Wahnsinns gilt (T.A.) gilt auch als unbelegter Geheimtipp unter Krebspatienten: Haustiere sind die beste Medizin. Wie das für kläffernde Hunde gelten kann, verstehe ich zwar nicht ganz, aber sei es drum.

Intersektionalismus ist bei den anderen, diffusen Fatigues aber schon erkennbar. Der scheint auch ein Selbstläufer zu sein.  8)
Reality is transphobic.

zimtspinne

der Name "De Vries" kommt mir aus der Gendermedizin so bekannt vor. Ich weiß gerade nur nicht, von welcher Seite.

Nachtrag-

Möchte noch kurz Aufmerksamkeit auf die Positionierung der Dt. Fatigue Gesellschaft lenken.
Auch hier wird nichts von dem vertreten, was Lobby-, SH- und sonstige Aktivistengruppen propagieren.

https://deutsche-fatigue-gesellschaft.de/fatigue/was-ist-fatigue/

Dort werden nicht mal wirklich die diffusen Fatigue-Sorten behandelt.
Habe noch nicht alles gelesen, nur überflogen, aber: auch Vireninfektionen werden dort nicht explizit genannt. Eins der Basisargumente der Abseitigen.... Viren, nicht nur Coronaviren, auch andere, wie zB häufig Influenza, hätten das Fatiguesyndrom schon immer verursacht. hmmm..

Ich schlussfolgere daraus, dass es sich um eine kleine abseitige Minderheitenmeinung handelt.

---
noch'n edit/
und das macht der NDR daraus:

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Fatigue-Erschoepfungssyndrom-erkennen-und-behandeln,fatigue104.html

ZitatBeim Fatigue-Syndrom handelt es sich um eine anhaltende, sehr belastende Erschöpfung. Fatigue ist eine typische Begleit- und Folgeerscheinung von schweren Erkrankungen wie etwa Covid oder Krebs.

so langsam könnte mir klar werden, wie es zu der Verzettelei gekommen sein könnte.
Und zu den intersektionalen Ansätzen nach der Privilegientheorie...oder whatever da alles drin steckt.

Reality is transphobic.

eLender

Zitat von: Peiresc am 22. Juni 2024, 09:32:39Ähnliche Arten von Belegen hatten früher mal zu der Annahme geführt, dass pensionierte Piloten früher sterben als Altersgenossen. vgl.

Wenn man etwas belegen will, dann findet man immer Wege (die dann aber meist wackelig sind). Ich verweise mal wieder auf die Transjugend und die entsprechenden Studien zur Suizidalität (gleich noch mal). Da hatte man ja auch festgestellt haben wollen, dass ein nicht-affirmativer Behandlungsansatz zu einer hohen Suizidrate führt. Die methodischen Schwächen (und damit die fehlende Aussagekraft) solcher Studien wurden schon mehrfach aufgezeigt, erinnert auch an solche Zählungen ohne Kontext.

Randbemrkung: Der Link führt zu einem Kommi zu einem Artikel über CFS, der nicht gerade wohlwollend ist (aber sehr bekannt daher kommt).

ZitatThis can be explained by the fact that exertion, and thus GET,
intensifies the pre-existing pathophysiology: inflammation, immune
dysfunction, immunosuppression, (persistent) infections, oxidative and
nitrosative stress and their sequels, e.g. mitochondrial
damage/dysfunction and a disturbed circulation

Alles andere außer Sargruhe ist also schädlich. Schädlich, um aus der Opferrolle heraus zu kommen. Überspitzt, aber zumindest nicht weniger zynisch. Das stammt dann auch von einem Betroffenen, der dazu noch über weitere Expertise verfügt.

ZitatFrank N.M. Twisk
Patient and literature researcher
Limmen, the Netherlands

Passt doch, kennt sich gut mit Erzählungen aus, muss reichen. Die Studienlage ist wohl nicht so, wie er das darstellt (ist zwar schon ein paar Jährchen her, aber so viel wird sich nicht geändert haben – in den letzten Jahrzehnten bis Jahrhunderten). Die Erzählungen sind wie Wandermärchen, die unverändert durch die Zeit reisen.

Zitat von: zimtspinne am 22. Juni 2024, 16:09:15der Name "De Vries" kommt mir aus der Gendermedizin so bekannt vor. Ich weiß gerade nur nicht, von welcher Seite.

Das ist die Tante (Annelie o.ä.), die das "Dutch Protocol" mit erdacht hat. Passt doch, wenn es um den affirmativen Ansatz der Dauerschläfer geht: Bloß nicht anzweifeln, dass man eine schwere organische Erkrankung hat und sich auf keinen Fall anstrengen darf. Sonst Suizid. Die Welt ist voller Zufälligkeiten Parallelen.

Zitat von: zimtspinne am 22. Juni 2024, 16:09:15Dort werden nicht mal wirklich die diffusen Fatigue-Sorten behandelt.

Da sind die Ursachen auch klar benannt, die Müdigkeit geht auf eine organische Erkrankung zurück (nuja, Depressionen sind ja auch "organisch"). Diese Eindeutigkeit fehlt den Dauerschläfern. Scheinbar. Psychosomatische Beschwerden sind eigentlich auch "materiell" begründbare Erkrankungen (man darf den Materialismus nur nicht zu sehr vereinfachen). Könnte es sein, dass es Teil so einer Erkrankung ist, eine (beinahe) wahnhafte Vorstellung zu haben, eine organische Grundkrankheit zu haben, die man nur bisher nicht erkannt hat (im Sinne von: man ist noch nicht so weit)? Bzw. man sucht sich Dinge heraus, die einem angeboten werden (auf dem Markt der vergessenen Krankheiten), wie Borreliose und tief unterm Radar fliegende Viren. Ich erinnere an den Ursprung dieses Fadens.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Für meine lange Reise zu den Grauen Anfurten habe ich ein wenig Lektüre gehortet. Dies Schriftstück ist nicht mehr druckfrisch, aber ich nehme an, es wird in etwa noch aktuell sein. Dies nur noch mal als Hinweis für das Mahnmal Wiki, falls es noch Belege braucht.

ZitatDas Chronic Fatigue Syndrome (CFS), auch als Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bezeichnet, stellt Ärzte vor erhebliche Herausforderungen. Die Prävalenz des CFS kann mit unter 1 % angegeben werden. Überzeugende Modelle zur Ätiologie und Pathogenese einer eigenständigen CFS-Erkrankung liegen nicht vor. Zur Diagnose stehen keine einheitlichen diagnostischen Kriterien zur Verfügung. Differenzialdiagnostisch kann eine Chronische-Fatigue-Symptomatik durch eine Vielzahl somatischer (z. B. schwere, chronische Infektionskrankheiten, Enzephalomyelitis disseminata, endokrinologische Störungen) und psychiatrischer bzw. psychosomatischer Erkrankungen ausgelöst werden. Sind somatische Ursachen ausgeschlossen, gibt es große Überlappungen mit der Major Depression und somatoformen Störungen. In der Behandlung haben Bewegungstherapie, Antidepressiva und Psychotherapie ihren Stellenwert. Bis zu einem überzeugenden Beleg für eine neuroinflammatorische Genese sollte auf aggressive Immuntherapien, z. B. mit Rituximab, verzichtet werden. In der Summe gibt es bisher keine belastbare Evidenz für die Existenz des CFS als eigenständiges Krankheitsbild.
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0042-121259

Den Text gibt es als PDF zum Schmökern. Ich zitiere mal ein paar Dinge, die man viel zu selten hört.

ZitatEin Cochrane-Review aus dem Jahr 2016 fasst dazu Daten aus acht randomisierten, kontrollierten Studien zusammen [23]. Im Ergebnis kommen die Autoren zu dem Schluss, dass CFS-Patienten von einer Bewegungstherapie (12 – 26 Wochen Dauer) profitieren und sich danach weniger erschöpft und gesünder fühlen sowie besser schlafen [23]. Dieses Ergebnis widerspricht der verbreiteten Auffassung, nach der sich die Patienten nach körperlicher Belastung – bisweilen lang anhaltend – unwohl fühlen sollen. Nicht selten raten Ärzte CFS-Patienten sogar zu körperlicher Schonung. Der Autor erlaubt sich den Hinweis darauf, dass Bewegungstherapie bzw. körperliches Training auch in der Behandlung der Depression einen wichtigen Stellenwert hat.

Der arbeitet bestimmt für die Fitnessmafia. Die lügen einem ja auch vor, dass Dicksein ungesund wäre.

ZitatAus ärztlich-therapeutischer Sicht ist es kontraproduktiv, Patienten, die an einer somatisch nicht erklärbaren Fatigue-Symptomatik leiden, ein pseudowissenschaftliches, externales oder körperliches Erklärungsmodell ihrer Beschwerden anzubieten [21]. Auch aus der klinischen Erfahrung des Autors heraus führt
diese iatrogene Fixierung nicht selten dazu, dass sich depressive Patienten gegenüber wirkungsvollen medikamentösen Therapien [25] und einer Psychotherapie [26] verschließen. Problematisch ist, dass diese Patienten auch oft von fachfremden Kollegen behandelt werden, die die Deutungshoheit des CFS für sich beanspruchen und eine Psychogenese der Beschwerden – auch aus mangelnder Kompetenz – von vornherein ablehnen

Immer diese Farmerlügen...
Wollte ich nur mal gesagt haben!

zimtspinne

ZitatTelefonat mit einem älteren Herrn (79), der verzweifelt versucht, seine schwerst #MECFS-kranke Tochter am Leben zu erhalten.
Abgemagert auf 37 kg, angemeldet für die Palliativstation.
Am Tag vor der abgesprochenen Aufnahme wird alles storniert. Stattdessen kommt der
Amtsarzt ins Haus mit der Drohung:
Die Tochter soll in die Psychiatrie, notfalls mit Polizeigewalt
- wo sie fehl am Platz und mit extremer Licht-& Geräuschempfindlichkeit von massiver Verschlechterung bedrohtKaum habe ich das Telefonat beendet, bekomme ich den Artikel aus der Wiener Zeitung - und bin fassungslos über die Falschbehauptungen von
@wiengesundheit

https://x.com/SabineHermisson/status/1805939106318295211

- Was soll auf Palliativ anders und besser gemacht werden als im erfahrenen Zuhause?
- Welche Palliativstation bietet abgedunkelte, schallisolierte Hochsicherheitstrakte, zu denen nur ausgewählte Personen kontrolliert Zugang haben?
- Warum konnte die Person überhaupt auf ein gefährlich niedriges Untergewicht abmagern und erst bei 37 kg wird die Reißleine gezogen von der liebenden Familie?

Unklare Lage.

Zur Abwendung akuter Lebensgefahr scheint die Zwangspsychiatrisierung für nicht einsichtsfähige Patienten eine Option, die aber ohnehin nicht ohne richterlichen Unterbringungsbeschluss erfolgen kann.
Eine Palliativstation ist tendenziell ein eher ungeeigneter Ort zur Stabilisierung psychisch schwerstkranker Menschen.   

Zitat3. Aufnahmekriterien für Palliativstationen

Aufgenommen werden nur Schwerstkranke, die an einer unheilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung und unter Symptomen leiden, die so stark oder so komplex sind, dass sie zu Hause oder im Heim nicht behandelt werden können, und die deshalb eine Krankenhausbehandlung brauchen.

Patienten werden entweder vom (Haus-)Arzt ins Krankenhaus eingewiesen oder sie kommen von einer anderen Station desselben oder eines anderen Krankenhauses auf die Palliativstation. Letztlich entscheidet die Palliativstation über die Aufnahme.

Das Einverständnis des schwerstkranken Menschen ist erforderlich, er kennt und billigt das Konzept der palliativen Behandlung, d.h.: Er ist darüber informiert, dass es um eine lindernde Behandlung geht und dass eine Heilung nicht mehr möglich ist.
Es wird nicht mal erwähnt, dass es sich natürlich um organische objektivierbare unheilbare Krankheiten handelt - weil das für alle selbstverständlich ist, schätz ich mal kühn ;(

falls die Geschichte stimmt, hoffe ich, dass der Patienten geholfen werden kann und sie keine körperlichen Folgen durch die Mangelernährung und Untergewicht davonträgt.

edit/
sehe gerade, Marvel Stella tummelt sich dort  auch herum und ist -wie immer- empört.
Reality is transphobic.

Peiresc

Udo Endruscheit ruft auf:

ZitatIch appelliere an die Diskutanten, DAS BUCH VON DR. GRAMS AUFMERKSAM ZU LESEN.
https://blog.gwup.net/2024/08/03/neuerscheinung-natalie-grams-ueber-ihre-long-covid-erkrankung/#comment-144115188075968644

Wie angemerkt, steht ein persönlicher Erfahrungsbericht eigentlich außerhalb der Kritik, aber Herr Endruscheit sagt auch, es sei ,,stets in Bezug auf den aktuellen Stand der Wissenschaft" geschrieben, und das ist eine überprüfbare Behauptung. Ich nehme mal ein Detail. Frau Dr. G. schreibt:

ZitatIm Vergleich zur Multiplen Sklerose (MS) hinkt die Forschung zu ME/CFS geschätzte 40 und gefühlte 100 Jahre hinterher [35]. Kleiner Einschub: Auch die MS ist zum Teil ein postvirales Phänomen, wie man erst seit wenigen Jahren weiß [36]. Zumindest verdoppelt eine Epstein-Barr-Virus-Infektion unter Umständen das Risiko, später eine MS zu entwickeln. Auch diese neurologische Erkrankung wurde übrigens zu Beginn über Jahre stark psychologisiert.

Gehen wir durch die Quellen, ich fange mit [36] an. Da erfährt man, aus einer Arbeit von 2022:

ZitatLongitudinal analysis reveals high prevalence of Epstein-Barr virus associated with multiple sclerosis
https://www.science.org/doi/10.1126/science.abj8222

Erste Adresse, Science. Aber diese Erkenntnis ... ist jetzt doch nicht so ganz frisch:

ZitatEine 2010 erschienene Metaanalyse von 18 diesbezüglichen Arbeiten, mit zusammen 19 390 MS-Patienten und 16 007 Kontrollen, bestätigte erneut den deutlichen Zusammenhang einer infektiösen Mononukleose mit der MS.
Ruprecht K. Multiple Sklerose und Epstein-Barr ... Akt Neurol 2013; 40: 400–407

Wieviele Jahre sind ,,wenige Jahre"? Über das, was mit ,,Beginn" und was mit ,,Psychologisierung" gemeint ist, erhalten wir leider keinen Aufschluss; auch NeuroMD (#9) war da nicht gesprächig. Über die Geschichte der MS ist leicht zu finden:
ZitatHeute gilt der Pariser Neurologe und Psychiater Jean-Martin Charcot als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der MS – Forschung. Durch seine exakten und umfassenden Beschreibungen seiner Erkenntnisse brachte der das Wissen um die MS entscheidend voran. So verfasste er im Jahr 1868 die erste komplette Abhandlung über die MS und stellte den Zusammenhang mit pathologischen Befunden her.
https://www.asklepios.com/teupitz/experten/neurologie/multiple-sklerose/ms-geschichte/
Und Charcot war so ziemlich das genaue Gegenteil von einem Psychologisierer. Es ist die Vermutung erlaubt, dass der MS-Vergleich nicht von Grams selber erfunden ist, sondern dass es  sich um eine feste Redewendung in Kreisen von Betroffenen und Verteidigern handelt. Sie hat nichts mit der historischen Realität zu tun.

Kommen wir zu Quelle [35]:

Zitat[35] Die ME/CFS-Forschung ist ca. 40 Jahre im Rückstand, Deutsche Gesellschaft für ME/CEFS e.V., 08.07.2023, Hamburg, https://www.mecfs.de/die-me-cfs-forschung-ist-ca-40-jahre-im-rueckstand/
Gemessen wird der ,,Rückstand" an der Zahl der Fachartikel, puh. Ich will da gar nicht ins Detail gehen und postuliere einfach: eine klinisch brauchbare Krankheitsdefinition der MS (neurologische Symptomatik, disseminiert in Raum und Zeit) gibt es seit den Zeiten, als die MS-Artikel noch viel seltener gewesen sind als die ,,MECFS"-Artikel heute. Zusammengefasst, wie steht es denn nun mit dem aktuellen Stand der Wissenschaften, der stets eingehalten sei?

Ausdrücklich, nur nebenbei noch eine Bemerkung. Auch findet man dort z. B.:
Zitat,,Die ME/CFS-Forschung leidet nicht nur unter geringer Finanzierung, sondern auch unter mangelnder Forschungsqualität. Die britische Gesundheitsbehörde NICE hat dies in einer Analyse der Studien zu ME/CFS festgestellt. Es wurden unter anderem Studien zu ansteigender Aktivierungstherapie (Graded Exercice Therapy) und aktivierende kognitive Verhaltenstherapie untersucht. Von allen 236 Ergebnissen aus Studien zu körperlichem Aufbautraining und kognitiver Verhaltenstherapie für ME/CFS, wurde die Qualität der Evidenz für 205 Ergebnissen mit ,,sehr niedrig" und der restlichen 31 mit ,,niedrig" bewertet. Kein Ergebnis erreichte eine mittelmäßige Bewertung. In diese Art von Studien sind in den letzten Jahrzehnten Millionen geflossen."

Ich bin da ganz dankbar für. Den Sachverhalt hatte ich schon festgestellt, aber mich hatte das schlechte Gewissen geplagt, ob ich nicht vielleicht was übersehen habe, und ich konnte mich nicht überwinden, nochmals in dem NICE-Bericht zu wühlen. Mecfs.de, eine Zentrale der Unterstützer, hat sich bei den beiden Alternativen
Zitat von: Peiresc am 14. Dezember 2023, 09:06:28A)    Sämtliche Forscher sind Idioten oder
B)    Die Qualitätsanforderungen, die das NICE hat, sind nicht erfüllbar.
klar für A) entschieden.

Herr Endruscheit, ich hatte sie ja gebeten, Passagen aus dem Buch herauszusuchen, die sie für wissenschaftlich tragfähig halten. Mein erster Versuch ist gescheitert. Ich denke, Sie sind dran.

zimtspinne

"Geschätze 40, gefühlte 100 Jahre," und wieviele Jahre kann man als realistisch betrachten?

Das Gefühl des Abgehängtseins hat eine Übertreibungsneigung.

Kann ich sowieso alles nicht glauben. In der Tumorforschung zB ist alles ständig im Fluss, in beide Richtungen bzw länderübergreifend. Gibts in USA was Neues, wissen das drei Tage später die betroffenen Patienten in D und teilen es ihren Onkos mit, mitunter. Bisschen übertrieben.
Jedenfalls wird es ermöglicht, deutsche Patienten in in USA laufende Studien zu inkludieren, also die müssen dafür nicht rüber, sie sind quasi Fernteilnehmer in Deutschland.
Mir ist klar, Tumormedizin und -forschung ist High End Level, in ziemlich jeder Hinsicht der gesamten restlichen Medizin haushoch überlegen. Aber trotzdem melde ich Zweifel an, dass es bei MECFS über 40 Jahre hinweg keinen Wissenstransfer und Kooperationen internatioanler Art gegegen haben soll.
Vielleicht liegt das ja am fehlenden Forschungsgegenstand. Fiktionen kann man nur eine gewisse Zeit lang beforschen.

Wieviel Zeit muss man einer fancy Krankheit geben, bis sie eine fancy Krankheit sein darf?


Reality is transphobic.

zimtspinne

Von dem FAZ-Auszug (Anfang vor paywall) fühle ich mich vom Emotionshagel erdrosselt. Diese Erwartungshaltung empfinde ich schon beinahe als zu hoch und nicht erfüllbar.

Eine meiner gelegentlichen Lieblingsbeschäftigungen ist es, Lebenserfahrungen anderer Menschen zu lesen. Auch Krankheitserfahrungen. Ein Buch oder Blog zu einer Krankheitsgeschichte, das so beginnt und aufgebaut ist wie viele der MECFS-Berichte, würde ich schnell wieder weglegen.
Aber ich werde der Sache eine Chance geben. Habe bisher aus diesem Bereich bis auf kurze Texte in der Presse noch nichts gelesen.
Und dann schreib ich eine Rezension. Da im gwup-Blog.

Reality is transphobic.