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7.10. in Israel

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Begonnen von Conina, 10. Oktober 2023, 08:55:43

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eLender

Fleischhauer mal wieder. Es geht auch um Macht und Kontrolle.

ZitatIn Teilen der Linken herrscht Panik, das erklärt möglicherweise die Aggressivität. Was soll ein Professor, der seinen Studenten bis gestern noch beigebracht hat, dass die Nachfahren der europäischen Sklavenhändler heute die weißen, jüdischen Siedler seien, nun sagen? Der Journalist Gideon Böss hat nicht zu Unrecht die Frage gestellt, ob man nicht die antisemitische Irrlehre der postkolonialen Theorie an den Universitäten verbieten müsse, so wie man ja auch die Lehre der Nürnberger Rassengesetze irgendwann nicht mehr akzeptieren wollte.

Oder stellen Sie sich vor, Sie hätten als Genderforscherin ihre ganze Karriere auf der Exegese der Schriften von Judith Butler aufgebaut, einer Frau, für die der 7. Oktober nur eine Salve in einem größeren Kampf ist und die Hamas eine soziale Bewegung. Die Karriere sieht plötzlich sehr viel weniger glänzend aus.

Es geht auch um viel Geld. In Berlin hat der neue Kultursenator gerade einem Kulturzentrum die Gelder gestrichen, das regelmäßig Antisemiten ein Podium bietet. Die Bundeszentrale für politische Bildung zieht sich von einer Konferenz zurück, in der wieder einmal der Holocaust kontextualisiert werden soll, wie das so schön heißt. Komplettes Unverständnis in der Szene. Das sei Zensur, hieß es in der ,,taz".

Man ist inzwischen so daran gewöhnt, für jeden Unsinn den Steuerzahler anzupumpen, dass es bereits als Zensur gilt, wenn die öffentliche Hand nicht mit Subventionen zur Stelle ist, um jede linke Amsel querzufinanzieren, die den Terror dekonstruieren will. Die Veranstaltung in Berlin darf selbstredend weiter stattfinden, nur eben ohne staatliches Sponsoring.
https://www.focus.de/politik/meinung/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-kampf-gegen-antisemitismus-bei-vielen-linken-herrscht-panik-weil-die-karriere-in-gefahr-ist_id_247361810.html

Das ist das Debakel für alle vermeintlichen, selbsterklärten Weltrettern: Man kann sein Narrativ nicht zugunsten der Realität aufgeben, sonst verliert man seine Bestimmung und die Geldströme, die dem Narrativ folgen. Wenn die Welt gerettet ist, zahlt keiner mehr dafür, dass sie jemand retten soll.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Onkel_Michael

Einmal eine Begriffsbestimmung zum Unterschied von Antijudaismus und Antisemitismus mit einer Erläuterung, wie man antisemitische Verschwörungstheorien erkennt:

Antijudaismus und Antisemitismus - Eine Begriffsbestimmung

Und ein weiteres antijudaistisches Narrativ debunked:

Vom Unsinn des Gottesmordes
Scheiß'der nix drum, i scheiß'mer scho lang nix drum. (Sir Quickly)

Max P

ZitatAntisemitismus hingegen ist ein modernerer Begriff, der im 19. Jahrhundert geprägt wurde. Er bezieht sich auf eine rassistische und ethnische Vorurteile gegenüber Juden. Antisemitismus basiert auf der Annahme, dass Juden als Volk minderwertig oder schädlich sind und daher diskriminiert oder verfolgt werden sollten.
Soviel ich weiß, wurden Juden erstmals im 16. Jhd. in Spanien bezichtigt, nicht nur die falsche Religion, sondern auch "schlechtes Blut" zu haben. Wenn das stimmt, wäre das der Beginn des rassistisch motivierten Antisemitismus gewesen (wenn auch noch ohne diesen Begriff).

ZitatDie römischen Behörden und ihre Entscheidungen werden als entscheidend für das Schicksal Jesu angesehen. Antisemitische Interpretationen, die die Schuld auf die gesamte jüdische Bevölkerung legen, sind historisch falsch und inakzeptabel.
Na ja, vielleicht nicht alle, aber doch einige Vertreter der damaligen religiösen Orthodoxie wollten wohl schon den Tod von Jesus. Nur war für Todesstrafen eben allein der römische Statthalter zuständig. Dass "die Juden" schlechthin Jesu Hinrichtung verlangt hätten, ist natürlich schon deswegen Unsinn, weil es wenn, dann nur die betreffen konnte, die zur fraglichen Zeit überhaupt anwesend waren.

Peiresc

ZitatDie traditionelle christliche Lehre betont, dass Jesus von den römischen Behörden gekreuzigt wurde, aber einige Bibelstellen können missverständlich interpretiert werden und haben in der Geschichte zu falschen Anschuldigungen gegenüber der jüdischen Bevölkerung geführt.

Das ist definitiv ein bisschen zu religionsfreundlich  ;).
Es gibt eine zunehmende antijüdische Tendenz in den Evangelien, vom ältesten (Markus) bis zum jüngsten (Johannes). Das lässt sich anhand vieler Einzelheiten belegen, und es ist auch historisch nachvollziehbar. In dem Maße, in dem sich die frühen Christen aus einer rein jüdischen Sekte hin zu einer heidenchristlichen, außerpalästinensischen Religion entwickelten, mussten sie zunehmend darauf achten, bei der römischen Obrigkeit nicht anzuecken. So werden die Hände des Pilatus allmählich von den Christen in Unschuld gewaschen.

Und selbst die Darstellung bei Markus (Pilatus habe dem Druck der Juden nachgegeben), der dieses Detail noch fehlt, ist historisch nicht plausibel. Dem römischen Präfekten, speziell Pilatus, wäre solche Schwachheit völlig fern gewesen. Das kann man im Detail bei dem Zeitgenossen Philon von Alexandrien nachlesen.

Missverständlich ist da nichts.

ZitatIhr seid von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Lust wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang und ist nicht bestanden in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben. (Joh. 8, 44)

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Max P

Zitat von: Peiresc am 19. November 2023, 15:23:32Missverständlich ist da nichts.

ZitatIhr seid von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Lust wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang und ist nicht bestanden in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben. (Joh. 8, 44)
 
Dass aus einer in bildhafter orientalischer Sprache gehaltenen, damals innerjüdischen Religionsauseinandersetzung ein zeitloses Verdikt gegen alle Juden schlechthin gemacht wurde, war durchaus ein gewolltes Missverstehen.

Peiresc

Zitat von: Max P am 19. November 2023, 18:02:42ein gewolltes Missverstehen.

Von wem gewollt?

ZitatAugustinus verunglimpft die Juden als bösartig, wild, grausam, vergleicht sie mit Wölfen, schimpft sie «Sünder», «Mörder», «zu Essig ausgearteter Wein der Propheten», «eine triefäugige Schar», «aufgerührter Schmutz» (98)
[...]
[Johannes Chrysostomos] geißelt den «von jeher mordlustigen Sinn» der Juden, «ihre Mordlust und Blutgier». Wie gewisse «Tiere schädliches Gift besitzen», weiß Chrysostomos, «ebenso seid ihr wie eure Väter voll von Mordlust». [die Litanei geht noch endlos weiter und führt noch zahlreiche weitere Kirchenväter an]

Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums
ZitatThe greatest moralist of Christendom, St. Thomas Aquinas, declared (in a letter to the Duchess of Brabant) that their goods could legitimately be confiscated, since they were the murderers of Christ, and therefore the slaves of Christendom.

Joseph McCabe, The Bible in Europe

Oder nehmen wir die jüngere Geschichte. Im Gefolge der Französischen Revolution und der Besetzung Italiens durch Napoleon war das römische Ghetto (eingerichtet von Paul IV, 1555) aufgelöst worden. Die Reaktion unter Pius VII führte es 1814 wieder ein. Pius IX genehmigte in seiner leutseligen Phase 1848 die bürgerliche Gleichstellung der Juden; nach der Niederschlagung der bürgerlichen Revolution schaffte er sie 1850 wieder ab. Besonders subtil:
ZitatDie großenteils jüdischen Freimaurer und Freidenker, die 1889 die Errichtung des Giordano Bruno-Denkmales in Rom bejubelten und Bruno als Vertreter von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit feierten, wußten von dieser gehässigen Verachtung einer ganzen Rasse durch ihren Helden nichts.

Ludwig Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters

Summa summarum:

ZitatAnti-Semitism as it has come down to us today is the history of specifically Christian reactions to non-Christian Jews. It is one of the least savory inventions of the early church.

Bart Ehrman, Jesus, Interrupted
ZitatWhether it be Chrysostom in the fourth century, Martin Luther in the sixteenth, or Rudolf Kittel [gemeint wahrscheinlich Gerhard K.] in the twentieth, one can trace a steady stream of anti-Judaism in Christian thought and culture.

Hector Avalos, Bad Jesus

Ich bin um weitere Zitate nicht verlegen und mache mir auf Wunsch auch die Mühe, die genauen bibliografischen Angaben zu liefern.

Zitat von: Max P am 19. November 2023, 18:02:42Dass aus einer in bildhafter orientalischer Sprache gehaltenen, damals innerjüdischen Religionsauseinandersetzung ein zeitloses Verdikt gegen alle Juden schlechthin gemacht wurde
Der als Johannes bezeichnete Autor war kein Jude, sondern ein gebildeter Grieche (der Apostel Johannes war ein jüdischer Analphabet, Apg 4:13); er schrieb für ein heidenchristliches Publikum.

Und es ist eigentlich von vornherein absurd zu behaupten, Rhetorik wäre nicht dazu da, zu Hass und Gewalt aufzustacheln. Das war sie immer, bis einschließlich heute. Nochmal: da ist nichts missverstanden.

Max P

Zitat von: Peiresc am 19. November 2023, 19:09:44
Zitat von: Max P am 19. November 2023, 18:02:42ein gewolltes Missverstehen.
Von wem gewollt?
Von der antijudaischen Kirche - wie du ja auch schreibst - und später auch von weltlichen Antisemiten.

Peiresc

Sie haben es nicht missverstanden, sondern verstanden.

Max P

Zitat von: Peiresc am 19. November 2023, 19:35:06Sie haben es nicht missverstanden, sondern verstanden.
Nimmt man die Szenen, in denen Jesus andere Juden beschimpft, so wie sie da stehen, bezieht er sich offenkundig auf bestimmte Juden bzw. deren Denkweise und nicht auf alle Juden aller Zeiten. Schon gar nicht auf alle (damals) zukünftigen Juden. Beziehungsweise, wenn die Passagen von judenfeindlichen Autoren stammen, hätte ich an ihrer Stelle die generelle, überzeitliche Judenfeindschaft wesentlich deutlicher formuliert.

Peiresc

Zitat von: Max P am 19. November 2023, 19:49:27Beziehungsweise, wenn die Passagen von judenfeindlichen Autoren stammen, hätte ich an ihrer Stelle die generelle, überzeitliche Judenfeindschaft wesentlich deutlicher formuliert.

Was, noch deutlicher?  ;D

Natürlich, der Rorschachtest Bibel gibt auch ein paar judenfreundliche Verse her - dankbare Ausflucht für heutige Apologeten. Im übrigen hätte der Evangelist mit dem Begriff ,,überzeitlich" nichts anfangen können, denn ein Entwicklungsgedanke war der Antike fremd. Du legst einen extrabiblischen Maßstab an das Bibelwort an; es ist dein eigener. Nur ganz nebenbei, jeder Exeget verfährt so, Augustinus eingeschlossen.

Die Jewish Encyclopedia von 1913 hat lange, lange Abschnitte über die Judenfeindlichkeit von Paulus (hier). Der Artikel in der modernen Enc. Judaica (2nd ed.) 2007 ist dagegen deutlich kürzer und moderater. Ich glaube eher, nicht Paulus, sondern die Zeiten haben sich geändert. Ein christliches Gegenstück dazu ist die Revision aller Versionen von 2 Sam 12:31 (früher hatte David die Kinder Ammons in Ziegelöfen verbrannt, seit dem 2. Weltkrieg lässt er sie nur noch zwangsarbeiten). Religiöse aller Länder, vereinigt euch - immer noch besser, als wenn sie sich bekriegen. Aber der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch, und die Leichen sind nur auf Eis gelegt. Sie lassen sich jederzeit aus dem Keller holen.

Onkel_Michael

Zitat von: Max P am 19. November 2023, 14:44:58Soviel ich weiß, wurden Juden erstmals im 16. Jhd. in Spanien bezichtigt, nicht nur die falsche Religion, sondern auch "schlechtes Blut" zu haben. Wenn das stimmt, wäre das der Beginn des rassistisch motivierten Antisemitismus gewesen (wenn auch noch ohne diesen Begriff).

Derartige Aussagen gab es während der Jahrhunderte immer wieder, das bedeutet nicht, dass dies "der Beginn des rassistisch motivierten Antisemitismus" war. Es fehlte die strukturierte, pseudowissenschaftliche Basis des Rassismus/Antisemitismus, die erst mit de Gobineau, Chamberlain & Co. kam. Wenn es in ein paar hundert Jahren einmal Raumschiffe mit Lichtgeschwindigkeitsantrieb geben sollte, heißt das nicht, dass "Raumschiff Enterprise" der Beginn dieser Entwicklung war.
Scheiß'der nix drum, i scheiß'mer scho lang nix drum. (Sir Quickly)

Onkel_Michael

Zitat von: Peiresc am 19. November 2023, 15:23:32Das ist definitiv ein bisschen zu religionsfreundlich  ;).

Ja mei.
Scheiß'der nix drum, i scheiß'mer scho lang nix drum. (Sir Quickly)

Conina

Es gibt jetzt Überwachungsvideos, wie Geiseln am 7.10 ins Shifa-Krankenhaus gebracht werden.
https://twitter.com/aryeshalicar/status/1726340398115643521
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Max P

Zitat von: Onkel_Michael am 19. November 2023, 22:00:36Wenn es in ein paar hundert Jahren einmal Raumschiffe mit Lichtgeschwindigkeitsantrieb geben sollte, heißt das nicht, dass "Raumschiff Enterprise" der Beginn dieser Entwicklung war.

Die Enterprise ist ja auch schneller als Licht. Sonst könnte sie nicht in ferne Galaxien vordringen. Der Beginn interstellarer Raumfahrt wird nach Erreichung des Weltfriedens sein. Vermutlich gibt es dann auch keinen Antisemitismus mehr.

Onkel_Michael

Sicherlich gibt es dann Antiklingonismus ;-)
Scheiß'der nix drum, i scheiß'mer scho lang nix drum. (Sir Quickly)