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Legalisierung von Cannabis

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Begonnen von Peiresc, 15. Dezember 2021, 21:43:30

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eLender

Zitat von: Max P am 23. März 2024, 23:32:32Ein Totalverbot von Cannabis im öffentlichen Raum fände ich genauso übertrieben wie das totale öffentliche Alkoholverbot in den USA.
Wäre aber zumindest konsequent. Beim Alk scheint das komplett belanglos zu sein, da darf man saufen bis zur Bewusstlosigkeit, selbst wenn da Kinder rumhüpfen. Mir geht es um die Heuchelei, mit der da argumentiert wird. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass das mit dem Bubatz nicht so locker gehandhabt wird, wie teils in der USA (Bustouren durch die Stadt mit voller Dröhnung). Dann darf man sich halt auch nicht wundern, wenn das ausufert. So wie seit eh und je beim Alk.

Zitat von: Max P am 23. März 2024, 23:32:32Ob man dort dann auch Samen in guter Qualtät wird erstehen können, wird sich zeigen.
Hat sich erledscht, habe die nötige Info gefunden:

ZitatCannabissamen dürfen aus EU-Mitgliedsstaaten zum Zwecke des privaten Eigenanbaus eingeführt werden. Ein Erwerb über das Internet oder per Fernabsatz und der Versand nach Deutschland ist zulässig. Zudem dürfen bis zu sieben Cannabissamen oder fünf Stecklinge pro Monat von Anbauvereinigungen an volljährige Nicht-Mitglieder zum Zweck des privaten Eigenanbaus weitergeben werden, sofern die Cannabissamen und Stecklinge beim gemeinschaftlichen Eigenanbau entstanden sind. Bei einer gemischten Weitergabe von Samen und Stecklingen dürfen insgesamt maximal 5 Samen und Stecklingen abgegeben werden. Nicht-Mitglieder haben in diesem Fall der Anbauvereinigung die für die Herstellung der weitergegebenen Cannabissamen oder Stecklinge entstandenen Selbstkosten zu erstatten.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz

Das sind die ganzen Merkwürdigkeiten. Man darf das innerhalb D nicht handeln, aber ein Versand aus dem Ausland ist ok (bis es die Clubs gibt). Klar, es muss der kommerzielle Charakter gemieden werden, aber vom Himmel fällt der Samen allen Übels nicht. Egal, muss man halt beim Holländer-Michel ordern.

Da stehen noch ganz andere wichtige Infos. Ich hatte ja schon geschrieben, dass es auch (noch) die Bestrafung durch die Hintertür gibt, also via Führerscheinstelle und MPU. Man musste noch nicht mal am Straßenverkehr teilnehmen, es hat schon gereicht, wenn man irgend ein Delikt in der Richtung begangen hat (etwa eine Pflanze auf dem Balkon hat wuchern lassen). Auch hier ändert sich Entscheidendes:

ZitatZudem werden die fahreignungsrechtlichen Regelungen zu Cannabis an die bei einer Alkoholproblematik geltenden gesetzlichen Regelungen angepasst. Die Fahrerlaubnis ist künftig nur noch zu verneinen oder zu entziehen, wenn eine Cannabisabhängigkeit oder -missbrauch vorliegt. Ein Missbrauch von Cannabis ist wie bei Alkohol dann anzunehmen, wenn die Betroffenen nicht zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum hinreichend sicher trennen können. Im Falle der Beendigung der Abhängigkeit von Cannabis (Entwöhnungsbehandlung) ist die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs anzunehmen, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist. Nach Beendigung des Missbrauchs ist die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu bejahen, wenn die Änderung des Cannabiskonsumverhaltens gefestigt ist.

Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens ist künftig nur noch dann anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist künftig dann anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen, wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden, die Fahrerlaubnis wegen einer Missbrauchsthematik entzogen worden war oder sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr bestehen. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann nicht mehr darauf gestützt werden, dass eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

Gut so, warum sollte das anders sein als beim Alk? Zumal es aktuell einen Grenzwert gibt, bei dem man schon bei gelegentlichen, länger zurückliegenden Konsum positiv getestet wird. Das Zeugs bleibt lange im Körper, auch wenn schon längst kein "Rausch" mehr vorliegt (und man voll fahrtüchtig ist).

Zitat von: Rechenknecht am 24. März 2024, 19:55:07Die konservativen Argumente sind auch Blödsinn!
Finde ich auch, das ist so ein zusammengeschustertes Gejammer, das hat mit Sachlichkeit kaum noch etwas zu tun. Man muss komplexe Probleme immer auch komplex betrachten. Sollte man zumind.

Zitat von: Rechenknecht am 24. März 2024, 19:46:24Keiner will sich mehr solche "legalen Umwegsubstanzen" reinpfeifen
Glaube ich auch. Die Verbotspolitik hat viele ja genau dahin getrieben. Ich habe das immer verfolgt, weil mich das alleine aus der chemischen Perspektive interessiert hat. Abenteuerlich, was es da für Zeugs gibt, komplett unreguliert, aber auch nicht verbietbar (weil man teilweise gar nicht mehr nachkommt, das überhaupt zu erfassen und zu charakterisieren). Letztendlich wird man sehen müssen, was sich da alles ändert. Alles beim Alten belassen ist keine Lösung.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

zimtspinne

Zitat von: Rechenknecht am 24. März 2024, 19:55:07Theoretisch gibt es auch einen Alkohol-Schwarzmarkt! Ist schon etwas her, aber ich erinnere mich an Schlagzeilen, wo Urlauber an billigem Fusel vom Schwarzmarkt gestorben sind!

Wieso sollte also jemand den, potenziell billigeren Schwarzmarkt, einer sauberen, teureren Alternative vorziehen?

Dort war allerdings das erwünschte billige Komasaufen das Motiv und somit dein letzter Satz hinfällig.
Die hatten sich schon bewusst einem hohen Risiko ausgesetzt. Das hätte auch so tödlich oder auf der Intensivstation enden können, mit legalem Fusel.

Ich warte ja noch auf Max' Vorschläge für die Prävention.

Insbesondere auch bei Alkohol, der das größte derzeitige Problem darstellt.
Tabakrauchen hatte sich zwischenzeitlich so ein negatives Assi-Image zugelegt, dass damit kaum noch ein ein Blumentopf zu gewinnen war. Coolnessfaktor bei Jugendlichen auf dem absteigenden Ast, bei Erwachsenen am Tiefpunkt.
Etliche Leute hörten auf, weil sie nicht länger aussätzig draußen in der Kälte stehen wollten und es gefühlt an jeder Ecke Stigmatisation gab. Die hatten zwar schon zuvor einige Versuche hinter sich, es aber erst dann ernsthaft angegangen und bis heute ohne Rückfall. Seitdem verbringt man als Nichtraucher auch wieder gerne Zeit mit ihnen.
Für mich ist daher klar: Die effektivste Drogenprävention ist die Stigmatisierung der Nutzer.  ;D



Reality is transphobic.

Max P

Zitat von: zimtspinne am 25. März 2024, 12:43:28Ich warte ja noch auf Max' Vorschläge für die Prävention.

Letztlich nur die Weltrevolution. 8) Ansonsten habe ich keine spezifischen Vorschläge (und auch keine versprochen) und hätte den Begriff wohl auch gar nicht erst allein für sich stehend verwenden sollen.

zimtspinne

Zitat von: Max P am 25. März 2024, 15:17:25
Zitat von: zimtspinne am 25. März 2024, 12:43:28Ich warte ja noch auf Max' Vorschläge für die Prävention.

Letztlich nur die Weltrevolution. 8) Ansonsten habe ich keine spezifischen Vorschläge (und auch keine versprochen) und hätte den Begriff wohl auch gar nicht erst allein für sich stehend verwenden sollen.


du hattest ihn ja auch noch mit Aufklärung kombiniert, was die Sache nicht besser macht.

Bei "Aufklärung" bockst du schon bei der Transparenz der Begriffe und Definitionen.

"Genussmittel" gehen maximal bis Kaffee.
Danach folgen die Gifte!
Reality is transphobic.

Max P

Zitat von: zimtspinne am 25. März 2024, 15:41:33
Zitat von: Max P am 25. März 2024, 15:17:25
Zitat von: zimtspinne am 25. März 2024, 12:43:28Ich warte ja noch auf Max' Vorschläge für die Prävention.

Letztlich nur die Weltrevolution. 8) Ansonsten habe ich keine spezifischen Vorschläge (und auch keine versprochen) und hätte den Begriff wohl auch gar nicht erst allein für sich stehend verwenden sollen.
du hattest ihn ja auch noch mit Aufklärung kombiniert, was die Sache nicht besser macht.

Bei "Aufklärung" bockst du schon bei der Transparenz der Begriffe und Definitionen.
Unter Aufklärung verstehe ich natürlich Aufklärung über mögliche Folgen von Missbrauch eines Stoffes. Aufklärung ist Bestandteil von Prävention. Insofern habe ich, wie gesagt, den Begriff zunächst nicht korrekt verwendet, als dass ich ihn eigenständig neben Aufklärung gestellt hatte. Unter Prävention - Vorbeugung - verstehe ich alles, was geeignet ist, Missbrauch bzw. Abgleiten in die Sucht unwahrscheinlicher zu machen. Wo ich deiner Meinung nach "gebockt" haben soll, weiß ich nicht.

Zitat von: zimtspinne am 25. März 2024, 15:41:33"Genussmittel" gehen maximal bis Kaffee.
Danach folgen die Gifte!
Das halte ich für Unfug. Genussmittel ist grundsätzlich alles, was Genuss verschafft, ohne (ernsthafte) Schäden zu verursachen. Die Grenzen zur ernsthaften Schädlichkeit und zur Sucht sind dabei natürlich fließend.

eLender

Was mich wirklich stört und hier sehr deutlich wird: die Doppelmoral und Heuchelei, mit der "argumentiert" wird. Man muss das einfach mal vergleichen, wie mit Alk umgegangen wird und wie das jetzt bei einer anderen Droge, die bestimmt nicht schädlicher ist (das ist pauschal wahrscheinlich falsch, aber in den meisten Aspekten richtig) geregelt werden soll (und jetzt wird, was ich prinzipiell gut finde). Da wird vor den angeblich extremen Gesundheitsgefahren gewarnt und beinahe jeder Punkt sehr restriktiv behandelt (z.B. die Menge, die man lagern und mitführen kann). Einfach mal konsequent sein und das beim Alk auch so regeln - ich sehe keinen rationalen Grund, warum man das nicht zumindest fordert (bei denen, die das beim Bubatz so wollen).
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Interessanter Artikel auf Welt. Es wird gerne als Grund gegen eine Legalisierung vorgegeben, das Kraut würde Psychosen hervorrufen. Das ist nicht falsch, aber es greift etwas kurz. Das tun nämliche viele andere "Drogen" auch, aber nur bei Menschen mit einem entsprechenden Risiko. Dabei gibt es früh Warnzeichen, dass man ein Risiko hat, so ganz spontan entwickeln sich diese "drogeninduzierten Psychosen" nicht. Wer da trotzdem weiter drufft, der hat irgendwo eine Mitschuld. Es gibt sogar genetische Marker, die so ein Risiko anzeigen (den Link poste ich später noch). Das sollte man alles im Hinterkopf haben, wenn man gegen eine Legalisierung bzw. eine Ungleichbehandlung mit Alk ist. Alk ist nämlich um Größenordnungen riskanter, wenn es um die Entwicklung einer Psychose geht. Man lese selbst:

ZitatErst macht Rausch Spaß, dann kann er krank machen – im Kopf. Doch keineswegs nur Cannabis kann Psychosen auslösen. Gerade jener Stoff, den manche Hanfkritiker für harmlos halten, löst die allermeisten Wahnkrankheiten mit aus.
...
Seit April ist der Stoff in Deutschland legal – nur für Erwachsene. Bis es so weit war, schlugen die Wellen hoch. Ob Bundesärztekammer, die Opposition im Bundestag oder die Lehrerverbände, alle sorgten sich plötzlich um die seelische Gesundheit der Kiffer, insbesondere jener von Jugendlichen. Sie verwiesen auf das bis zum Alter von 25 Jahren nicht ausgereifte Gehirn, das besonders empfindlich auf den Wirkstoff THC reagiere.

,,Eine Schizophrenie kündigt sich schon Jahre vorher an"
Ist der Alarm berechtigt? Dass das Risiko wahnhafter Zustände vor allem dann steigt, wenn sich junge Menschen chemisch berauschen, ist bei jeder Droge der Fall, die das Psychoserisiko erhöht. Dabei spielt die Konzentration der jeweiligen Substanz hinein. So wurden die illegalen Hanfmischungen in den vergangenen Jahren in Deutschland von den Dealern mit synthetischem, hochwirksamem THC versetzt. Das ist so, als würde man vom Glas Bier zu Strohrum wechseln.

Typischerweise tritt eine Schizophrenie im dritten Lebensjahrzehnt zum ersten Mal auf; ihre allerersten Drogenerfahrungen machen die meisten Menschen zwischen 12 und 16 Jahren, also etwa zehn Jahre vorher.
Dem aktuellen Zahlenwerk der europäischen Drogenmonitoringbehörde EMCDDA zufolge waren 40 Prozent der 15- bis 25-Jährigen in Deutschland ,,cannabiserfahren". Offenbar war es auch ohne Legalisierung leicht, den Stoff zu besorgen, wenn man wollte. Erlaubt ist der Cannabisgebrauch nun ab 18, ob das Gesetz den Zugang für Jugendliche leichter oder schwerer macht, muss sich zeigen.

Richtig ist zugleich: Die ab 16 legale Droge Alkohol wird von Kindern und Jugendlichen intensiv genutzt. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben gut 57 Prozent der 12- bis 17-Jährigen schon einmal Alkohol getrunken. Vor allem aber trinken 3,6 Prozent täglich. Regelmäßigen Cannabiskonsum, also etwa einmal im Monat, gaben 1,6 Prozent an. Täglicher Konsum wurde hier nicht erfasst.

Es gibt auch Zahlen dazu, wie viele Menschen einen wahnhaften Rausch erleben, aus dem sich später so oft Schizophrenien entwickeln. Die Unterschiede sind überraschend: So sind bei Alkoholsucht etwa drei von hundert Abhängigen betroffen. Nach einer aktuellen Untersuchung im Fachblatt ,,Schizophrenia Research" dagegen scheint das Risiko für psychotische Zustände bei dauerhaftem Cannabisgebrauch um den Faktor zehn niedriger auszufallen.
https://archive.is/LT90u
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Hier die Studie zu den genetischen Markern. Wundert mich nicht sehr, Schizophrenie hat ja auch eine genetische Komponente und die Anlage dazu kann vererbt werden.

ZitatAs recreational use of cannabis is being decriminalized in many places and medical use widely sanctioned, there are growing concerns about increases in cannabis use disorder (CanUD), which is associated with numerous medical comorbidities. Here we performed a genome-wide association study of CanUD in the Million Veteran Program (MVP), followed by meta-analysis in 1,054,365 individuals (ncases = 64,314) from four broad ancestries designated by the reference panel used for assignment (European n = 886,025, African n = 123,208, admixed American n = 38,289 and East Asian n = 6,843). Population-specific methods were applied to calculate single nucleotide polymorphism-based heritability within each ancestry. Statistically significant single nucleotide polymorphism-based heritability for CanUD was observed in all but the smallest population (East Asian). We discovered genome-wide significant loci unique to each ancestry: 22 in European, 2 each in African and East Asian, and 1 in admixed American ancestries. A genetically informed causal relationship analysis indicated a possible effect of genetic liability for CanUD on lung cancer risk, suggesting potential unanticipated future medical and psychiatric public health consequences that require further study to disentangle from other known risk factors such as cigarette smoking.
https://archive.is/QUKrK

Klingt dann aber (in der Einleitung) auch eher wie ein Panikartikel, der sicher nicht von den Ergebnissen der Studie gedeckt wird. Man sollte doch die Dinge untersuchen, die man untersuchen will.

ZitatMore than a third of individuals who use cannabis develop cannabis use disorders (CanUD), and evidence regarding the impact of legalization on escalating use and use disorders is mixed1,2. Substantial negative health outcomes associated with chronic cannabis use include various cancers associated with inhaling combustion products3, declines in cognitive capacity and motivation and increased schizophrenia (SCZ) risk4,5. Individual and societal complications that result from CanUD include decreased productivity and accidents related to intoxication6. The full range of risks and negative outcomes associated with cannabis use and CanUD may not be appreciated widely. Considering the gradually increasing permissiveness surrounding its use, understanding various sources of risk that influence CanUD is both necessary and timely.

Zetermordio!!11
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Man hat scheinbar in weiten Teilen der hart arbeitenden Bevölkerung die Ansicht, die Legalisierung würde den Dudeismus zur neuen Staatsdoktrin machen. Ich habe tatsächlich kaum jemals mehr Kommentare zu der Thematik gelesen, die genau auf dieser Vorstellung als unhinterfragbare Tatsache bauen. Nuja, man bräuchte halt mehr Studien...

ZitatPsychologen begleiten chronische Kiffer und stellen überrascht fest: Ihre Beobachtungen widersprechen den gängigen Klischees.

Der Dude schlufft als Klischee eines Kiffers durch das Leben. Irgendwann hat er mal irgendwas ein bisschen studiert, aber nie zu Ende gebracht. Der Dude hat Besseres vor: mit den Kumpels bowlen, dann zu Hause in der Badewanne rumflacken und schön Tütchen rauchen. Seine Motivation reicht nur aus, um im Bowlingcenter White Russian zu bestellen und Joints zu drehen. Der Dude ist natürlich die Hauptfigur des Films "The Big Lebowski" (1998), den sich jeder, wirklich jeder mindestens einmal im Jahr ansehen sollte. Jedenfalls verkörpert der von Jeff Bridges gespielte Dude alle ausgelatschten Klischees über den Dauerkiffer: verpeilt, faul, apathisch, kriegt nichts auf die Kette, labert Unfug. Aber mal zwecks Teillegalisierungsanlass gefragt: Treffen diese Klischees wirklich zu? Es sieht so aus, als seien sie arg übertrieben.
https://archive.is/ar359  (SZ via Archive)

Achso: ja, den Film sollte man gesehen haben :grins
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitat von: eLender am 07. April 2024, 22:03:41
ZitatTreffen diese Klischees wirklich zu? Es sieht so aus, als seien sie arg übertrieben.
Naja. Die Existenz eines amotivationalen Syndroms lässt sich auf diese Weise nicht widerlegen. Wer's hat, nimmt an solchen Befragungen halt nicht teil.

Aus ,,Material und Methode":
ZitatMany participants learned about the study in the eligibility survey, but most were not interested or ineligible.

Außerdem ist es ein pre-print.

zimtspinne

Zitat von: Peiresc am 08. April 2024, 05:04:02Naja. Die Existenz eines amotivationalen Syndroms lässt sich auf diese Weise nicht widerlegen. Wer's hat, nimmt an solchen Befragungen halt nicht teil.

Du denkst die Patienten Konsumenten mit - finde ich gut.

Kann dir zum Thema auch nur voll zustimmen: Cannabis ist/war u.a. deshalb nie meine Droge, weil es erstens keine besonderen Rauscheffekt hat und zweitens einfach nur sedierend wirkt, zumindest auf mich. Ich sehe da auch keine angeblich vorhandenen Unterschiede zwischen Sativa und Indica. Sativadominierende Sorten wirken genauso einschläfernd.
Wer mit Antriebs- und/oder Motivationsmangel kämpft, sollte davon besser mal die Finger lassen.

Bei Alkohol ist ja bekannt, dass regelmäßiger Konsum Depressionen verstärkt, ebenso Unruhe, Angst usw. Keine Ahnung, ob das für Cannabis auch untersucht wurde, wahrscheinlich ja.
Egal ob die Neigung zu depressiven Störungen vorher schon da war und die Drogen zur Behandlung konsumiert werden oder ob die Symptome Folge des Konsums sind: Bei psychischen Problemen sollten einfach nicht unkontrolliert unverschriebene Drogen konsumiert werden.

Finde die Wirkung THC sehr ähnlich der von Promethazin. Das ist wesentlich sicherer. Wenn es nicht gerade flaschenweise getrunken wird. Weswegen drogenaffine Kandidaten auch keine Tropfenform und Pillen-Großpackungen/hohe Dosierungen erhalten, wenn es richtig läuft.



Reality is transphobic.

eLender

Zitat von: Peiresc am 08. April 2024, 05:04:02Die Existenz eines amotivationalen Syndroms lässt sich auf diese Weise nicht widerlegen

Den Begriff kannte ich noch nicht und habe mal gegurgelt. Ich fand dies sehr weit oben, dachte erst, es ist bestimmt so eine Kiffer-affine Seite. Dabei stammt die von den Machern des Regenbogenportals der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Das ist bestimmt so ein Maulwurf vom Lauterbach, er will uns alle nur zu Konsumenten machen, weil irgendwann mal die Steuer auf das Zeugs kommt.

ZitatEin durch Cannabis hervorgerufener anhaltender Zustand verminderter Motivation, der über die Dauer des akuten Rausches hinaus anhält, konnte allerdings bis heute nicht eindeutig belegt werden. In einer Expertise aus dem Jahre 1998 haben die Forscher Dieter Kleiber und Karl-Arthur Kovar darauf hingewiesen, dass nicht eindeutig zu klären ist, in welchem Maße Cannabis eigenständig einen demotivierten Zustand erzeugt. So könne der Konsum auch die Folge einer depressiven Symptomatik oder Ausdruck alternativer Werte und Lebensstile jenseits der Leistungsgesellschaft sein.

Eine weitere Expertise aus dem Jahr 2007, verfasst von Kay Uwe Petersen und Rainer Thomasius, kommt ebenfalls zu dem Schluss: ,, Es gibt derzeit keine Evidenz für ein unabhängig von den Symptomen akuter Intoxikation auftretendes amotivationales Syndrom im Zusammenhang mit Cannabiskonsum". Im Klartext: Die Wissenschaft hat bisher nicht nachweisen können, dass Cannabis tatsächlich die Ursache dafür ist, wenn Konsumierende über die Wirkung hinaus einen demotivierten Eindruck machen.
https://www.drugcom.de/newsuebersicht/topthemen/kann-kiffen-ein-amotivationales-syndrom-ausloesen/

Aber immerhin:
ZitatKann man das amotivationale Syndrom also zu den Akten legen? Offenbar noch nicht, denn neue Studien haben die Frage nach dem amotivationalen Syndrom in den letzten Jahren wieder aufleben lassen. Es gibt Belege, dass Kiffen bei Jugendlichen ungünstige Auswirkungen auf die schulische und die berufliche Laufbahn haben kann. Zwar ist ein ursächlicher Zusammenhang nicht zweifelsfrei bewiesen, doch spricht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung dafür, dass Cannabiskonsum eine Rolle spielen könnte, wenn es in der Schule mal nicht so gut läuft. Dies kann auch auf eine mangelnde Leistungsmotivation hindeuten.

Deshalb darf auch in Rauchzeichensichtweite um Schulen nicht geknarzt werden. Alk geht aber schon, das ist in der Hinsicht wohl nicht bedenklich. Oder doch?

ZitatAllerdings weisen andere Ergebnisse auch darauf hin, dass Cannabis nicht exklusiv mit dem Belohnungsempfinden zusammenhängt. So zeigten sich auch bei Alkohol, Nikotin, Kokain und Glücksspiel ähnliche Abstumpfungseffekte. Dies spricht dafür, dass ein amotivationaler Zustand keine spezifische Folge des Cannabiskonsums, sondern eher ein genereller Ausdruck von Abhängigkeitserkrankungen sein könnte.

Dann habe ich noch etwas beim Doc gefunden (WP ist ja noch knapper).

ZitatDas amotivationale Syndrom kann psychische und organische Ursachen haben. Häufig findet es sich bei Substanzabusus, z.B. bei extensiver Verwendung von Cannabis, Lösungsmitteln, Alkohol oder anderen Drogen. Es kommt aber auch im Rahmen psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Schizophrenie vor. Hier kann es durch die medikamentöse Therapie dieser Erkrankungen ausgelöst werden, insbesondere als Nebenwirkung einer Gabe von SSRIs.
...
Die genaue Abgrenzung des amotivationalen Syndroms gegenüber anderen Formen des Antriebsverlusts ist schwierig. Von manchen Autoren wird der Begriff als eigenständige Diagnose in Frage gestellt.
https://flexikon.doccheck.com/de/Amotivationales_Syndrom

Scheint ähnlich schwierig abgrenzbar zu sein wie CFS.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitat von: eLender am 08. April 2024, 21:13:57Alk geht aber schon,
Whataboutism. ;D

Zitat von: eLender am 08. April 2024, 21:13:57Scheint ähnlich schwierig abgrenzbar zu sein wie CFS.
Das ist nicht der treffende Vergleich, denn da geht es (ausgesprochen oder unausgesprochen, vor allem aber) um die Ätiologie und um die Bedeutung psychoreaktiver Anteile.

Soyka et al: Cannabisinduzierte Störungen. Nervenarzt 2017 · 88:311–325 DOI 10.1007/s00115-017-0281-7
ZitatKognitive Folgestörungen
Aus der bisher vorliegenden Literatur liegen gute Hinweise auf akute Veränderungen der Kognition vor, die möglicherweise bei Erwachsenen mit Konsumbeginn im Erwachsenenalter reversibel
sind, bei Personen mit Konsumbeginn und regelmäßigem Konsum im Kindes- und Jugendalter dauerhafte Einschränkungen zur Folge haben. Im Zusammenhang mit Cannabis ist hier
häufig von einem ,,amotivationalen" Syndrom die Rede. Eine Metaanalyse [30] berichtete leichte negative Effekte auf das Lernvermögen (Effektstärke [ES] = –0,24; 99 %-Konfidenzintervall
[KI]: –0,39 bis –0,02) und das Gedächtnis (ES = –0,27; 99 %-KI: –0,49 bis –0,04) bei nichtabstinenten, gewohnheitsmäßigen Konsumenten. Diese Effekte waren auch nach mindestens 24-stündiger Abstinenz nachweisbar. Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit waren nicht
beeinträchtigt. Eine weitere Metaanalyse [31] liefert ebenfalls Belege für leichte, globale kognitive
Einschränkungen bei akutem Cannabiskonsum (globale ES = –0,29; 95 %-KI: –0,46 bis –0,12).
Im Vergleich zu abstinenten Personen waren bei nichtabstinenten Cannabiskonsumenten in den
folgenden Bereichen leichte Einschränkungen zu verzeichnen, die insbesondere das abstrakte
Denken, die exekutiven Funktionen, die Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit, das Lernvermögen
und weitere psychomotorische Funktionen umfassten (Effektstärken zwischen 0,12 und 0,36).
Diese Unterschiede waren nach mindestens einmonatiger Abstinenz nicht mehr nachweisbar.
Die Effekte sind somit bei Erwachsenen möglicherweise reversibel.

Forschungen zum Konsum bei Jugendlichen deuten an, dass insbesondere bei frühem Beginn
des Cannabiskonsums in Kindheit und Adoleszenz die kognitiven Einschränkungen auch nach
4-wöchiger Abstinenz nicht reversibel sind. Überdauernde leichte bis moderate Defizite zeigten sich
in den Bereichen der psychomotorischen Geschwindigkeit, der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses
und der Planungsfähigkeit (Effektstärken zwischen 0,32 und 0,53; [32, 33]).

Eine neuseeländische Geburtenkontrollstudie liefert Hinweise für einen ungünstigen Einfluss
des regelmäßigen Cannabiskonsums im Jugendalter auf die spätere Intelligenzleistung [29] [...]

etc. etc.

eLender

Zitat von: Peiresc am 08. April 2024, 21:35:06Whataboutism
Nee, das hat schon mit Verhältnismäßigkeit zu tun. Wenn man eine Substanz aus gesundheitlichen Gründen verbieten will (ich bezweifle überhaupt nicht, dass es da negative Effekte gibt), dann muß man schon fragen, warum das bei einer anderen Substanz, die ähnlich wirkt, nicht auch gefordert wird. Ich habe dazu noch keine wirklich überzeugenden Hinweise gefunden. Den Konsum im Jugendalter hat man auch nicht legalisiert.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Ich bin nur der Bote, nicht der Gesetzgeber. Ich muss nichts abwägen.  ;)