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Psychoanalyse

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Begonnen von psyanthro, 12. Oktober 2021, 14:35:57

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Max P

Zitat von: Schwuppdiwupp am 22. Januar 2023, 19:03:28
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 18:28:12Freud bzw. die Psychoanalyse hat zum ersten Mal festgestellt und formuliert, dass es so etwas wie ein Unbewusstes gibt, das Verhalten und Einstellungen eines Menschen maßgeblich beinflussenb kann und daraus einen Therapieansatz entwickelt. Das ist das Entscheidende und nicht Zeitbedingtes wie Penisneid oder andere an den Schamhaaren herbeigezogene Annahmen.
Das mag schon sein, dass die Erkenntnis, dass es ein Unterbewusstsein gibt, bahnbrechend war. Nur darf man halt auf dieser Erkenntnis nicht stehen bleiben.
Natürlich darf man das nicht; das ist bei jeder bahnbrechenden Entdeckung eigentlich selbstverständlich. Letztere hat immer ihre meist zeitbedingten Unvollkommenheiten und Irrtümer. Die ursprünglichen Entdecker müssen auch keine Heiligen sein. Man sieht später aber nur deshalb weiter, weil man auf ihren Schultern steht.

zimtspinne

Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 18:47:07
Zitat von: zimtspinne am 22. Januar 2023, 18:32:54Für mich war damals klar: Psychoanalyse wird niemals über mich hereinbrechen.

Das kann mit jeder anderen Psychotherapieform auch passieren, wenn sie zum Patienten nicht passt und/oder der Therapeut unfähig ist oder eklatante Charaktermängel aufweist.

Ja ich weiß und ich kann aus eigener Erfahrung auch nicht viel mitreden, da ich bisher nur eine VT komplett durchgezogen habe (während Corona, aber nicht wegen Corona ;)) und davor mal ein paar Monate (oder waren es nur Wochen?) eine VT bei einer anderen Therapeutin, mit der ich nicht besonders klar kam, zudem war ich zu der Zeit noch gar nicht therapiefähig.

Glaub mir, ich habe durch den Austausch mit vielen vielen anderen Betroffenen und deren Berichten und Erfahrungen schon einen groben Eindruck und was das Mädchen (sie war ja damals gerade mal 20 und hatte schon reichlich Therapie- und Psychiatrieerfahrungen) an Details über ihre Sitzungen erzählte ist mir einfach herausragend (negativ) in Erinnerung geblieben.

Eine TRaumatherapie wäre für sie vermutlich passender gewesen. Oder wenigstens mal was anderes probieren, wenn offenbar die eine Richtung zu einer Verschlimmerung führt. Nicht mal STabilität konnte sie erreichen.

Mein Corona-Therapeut war super. Ein Lebenspraktiker und Pragmatiker, ohne Geschwafel aus anderen Sphären. Außerdem legte er maximalen Wert darauf, sich bis Ende der Therapie möglichst überflüssig bei mir zu machen. Es gab da nicht mal den Hauch einer Chance, eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Mir war aber auch eine gewisse Distanz immer wichtig und ich werde nie verstehen, wie es so viele Mädchen und Frauen geben kann, die sich in Abhängigkeitsverhältnisse zu ihren Therapeuten begeben.
Nie im Traum wäre es mir eingefallen, meinem Therapeuten Geschenke zu machen. Schon eine Urlaubskarte hätte ich unangemessen und schräg gefunden. Machen aber viele... und halten das für normal.
Bestenfalls mal ein paar selbstgebackene Kekse auftischen, für den leckeren Tee, den er immer machte, war drin.

Das Abhängigkeitsding finde ich ein großes Problem. Und ich hatte den Eindruck, unter Analyse ist es besonders schlimm ausgeufert.

Richtig überprüfen und kontrollieren kann man die Qualität der jeweiligen Therapien wohl niemals. Zumal es auch nicht in der Natur der Sache liegt, dass ausgerechnet Menschen in psychischen Schieflagen und Ausnahmezuständen sich beschweren werden und dann auch noch erstgenommen werden.

Hatte sogar mal was zu genau diesem Problemfeld gelesen, fällt mir grad ein. Betraf mich aber nicht, daher hab ich das nicht weiter beachtet.
War aber interessant, hat viele meiner persönlichen Beobachtungen bestätigt, die davor eher nur unklare Wahrnehmung und Bauchgefühl waren.
Reality is transphobic.

Peiresc

Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:24:47Man sieht später aber nur deshalb weiter, weil man auf ihren Schultern steht.

Was wissen wir denn heute, 100 Jahre nach Freud, positiv Genaueres vom Unbewussten? Nach meiner Kenntnis ist das ein bisschen wie mit der Dunkelziffer: sein Wesen ist, dass es dunkel ist, immer bereit liegend, wenn man um Begründungen verlegen ist, aber etwas erreichen will. Aber ich würde mich belehren lassen.

Max P

Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 18:53:36Fürchtest Du Dich vor ein paar Bibelversen? Aber die würde ich bei diesem Thema höchstens als Garnierung verwenden. ;)
Du verwendest sie in der Regel zu nichts anderem.  :grins2:

ZitatIm Grundsatz ist die Beschaffung von Evidenz simpel:
Im Grundsatz ist fast alles simpel.

Zitat(im Besonderen ist das natürlich dann nicht so einfach, weil es zahlreiche schwer kontrollierbare Einflussfaktoren geben kann).
Na ja eben.

Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 19:15:58Psychotherapie ist letztlich – wie auch Psychiatrie – eine Begegnung von Mensch zu Mensch, bei aller professioneller Distanz.
Siehste. 

Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 19:35:31
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:24:47Man sieht später aber nur deshalb weiter, weil man auf ihren Schultern steht.
Was wissen wir denn heute, 100 Jahre nach Freud, positiv Genaueres vom Unbewussten?
Ich bezog mich ganz allgemein auf bedeutende Denker. Was speziell Freud angeht, sind 100 Jahre vielleicht noch nicht ausreichend? Wie gesagt, das Bewusstsein ist generell ein weitgehend unbekannter Planet. 

Peiresc

Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:39:07
Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 18:53:36Fürchtest Du Dich vor ein paar Bibelversen? Aber die würde ich bei diesem Thema höchstens als Garnierung verwenden. ;)
Du verwendest sie in der Regel zu nichts anderem.  :grins2:
In der Tat. Aber das wirkt auf mich ein wenig wie eine posthume Erkenntnis, die mich ehrlich gesagt ein wenig überrascht.

Es liegt mir durchaus fern, Dir nahetreten zu wollen, aber nach meinem Eindruck hast Du die Phase der Inkohärenz erreicht. Ich müsste nur die vorangegangenen Aussagen, auf die sich meine Erwiderung bezieht, noch davor setzen, um das deutlicher zu machen. Ich setz' es hier mal drunter:

Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:39:07
ZitatIm Grundsatz ist die Beschaffung von Evidenz simpel:
Im Grundsatz ist fast alles simpel.

Zitat(im Besonderen ist das natürlich dann nicht so einfach, weil es zahlreiche schwer kontrollierbare Einflussfaktoren geben kann).
Na ja eben.
"Nicht einfach" ist nicht dasselbe wie "unmöglich", und in den angeführten Fäden ist ein ganzes Rudel von Beispielen genannt. Ich darf nochmal erinnern, Deine These war:
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 17:37:42es gibt überhaupt keine streng naturwissenschaftliche Evidenz für irgendeine Form von Psychotherapie

Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:39:07
Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 19:35:31
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 19:24:47Man sieht später aber nur deshalb weiter, weil man auf ihren Schultern steht.
Was wissen wir denn heute, 100 Jahre nach Freud, positiv Genaueres vom Unbewussten?
Ich bezog mich ganz allgemein auf bedeutende Denker. Was speziell Freud angeht, sind 100 Jahre vielleicht noch nicht ausreichend? Wie gesagt, das Bewusstsein ist generell ein weitgehend unbekannter Planet.
Da haben wir ja komplette Übereinstimmung erzielt.  :prosit

Regen12

Zitat von: Peiresc am 22. Januar 2023, 19:15:58Nun, nicht überall, wo Psychoanalyse drauf steht, ist auch Psychoanalyse drin.

Ich habe auch nicht aktiv nach einer Psychoanalyse gesucht. Der Berater in einer Beratungsstelle war selbst Psychoanalytiker und hat mir eine Kollegin empfohlen. Dass jemand in Ö Analyse macht, scheint so selten zu sein, dass ich schon öfter gefragt wurde, wie ich dazu gekommen bin.
Schade.

Peiresc

Zitat von: Regen12 am 22. Januar 2023, 20:09:29Schade.

Wir hatten neulich im Forum ein langes Video von Erich Fromm. Es war in seiner Grundaussage unbrauchbar, aber interessant waren die ersten ca. 10 min. Da berichtet er von seiner Zeit als Analytiker und macht plastisch, dass orthodoxe Psychoanalyse steril ist und niemandem helfen kann, weshalb er sie aufgegeben hat. Ich weiß auch nicht, ob das wirklich noch jemand im Freudschen Sinn betreibt, aber möglich wäre es.

zimtspinne

@ Max

Bevor das missverständlich rüberkommt:
ich möchte aus der Ferne gar keinen Therapieablauf oder Therapeuten beurteilen (egal ob Analyse oder Psycho). Kann ich nicht, müsste ich schon dabeigewesen sein und auch dann wäre ich nicht qualifiziert für die Beurteilung.

Entscheidend sind die Resultate.
Gibt es keinerlei Fortschritte, eher Verschlechterungen, werden keine Therapieziele je erreicht (oder überhaupt gesetzt!?) = Therapieversagen.

Da man Qualität und Wirksamkeit nur indirekt beurteilen kann, muss man sich am Zustand der Patienten orientieren und den sollte ein Analytiker schon erkennen.

Bei keiner anderen Behandlung würde man ewig fortfahren, wenn sich keine Verbesserung wie auch immer zeigt. Gilt sicher nicht für alles, aber wenn man schon die Analyse als Erhaltungstherapie betrachtet, müsste wenigstens sowas wie stable disease erreicht werden.
Sonst isses einfach Murks und gehört abgesetzt. Mit keiner anderen Behandlung käme man damit den Kassen gegenüber durch.

Reality is transphobic.

Peiresc

Ein paar Informationen zu ein paar Details kann ich inzwischen noch einstreuen.

1)
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 18:28:12Freud bzw. die Psychoanalyse hat zum ersten Mal festgestellt und formuliert, dass es so etwas wie ein Unbewusstes gibt, das Verhalten und Einstellungen eines Menschen maßgeblich beinflussenb kann und daraus einen Therapieansatz entwickelt. Das ist das Entscheidende
Zitat[Eduard Hartmann] studierte in Berlin Naturwissenschaften u. Philosophie u. erzielte bereits zwei Jahre nach seiner Promotion mit der Abhandlung Philosophie des Unbewußten. Versuch einer Weltanschaung (Bln. 1869. 10[. Aufl.] 1890 in 3 Bdn.) einen Sensationserfolg. Mit diesem Werk wurde H. zum »Modephilosophen« der Gründerzeit [...]

Killy Literaturlexikon
Also, vor Freud war das Unbewusste Gegenstand und Sensationserfolg der Modephilosophie. Wie sah es vor ihm in der Wissenschaft damit aus?

ZitatUnbewusstes: [...]
Eine unbewusste Tiefenschicht der Psyche mit kontinuierl. Übergängen zum Bewusstsein wurde schon frühzeitig (Plotin, Leibniz, Schelling, Herbart, Carus, von Hartmann, Nietzsche) angenommen. Im 19. Jahrhundert wurde das U. ein bis in die wissenschaftl. interessierte Öffentlichkeit hinein diskutiertes Phänomen u. Kzpt.; Anlass waren v. a. psychopatholog. Phänomene, wie multiple Persönlichkeit, ambulator. Automatismen, automat. Schreiben, auch Hypnose. V. a. von Frankreich gingen wichtige Impulse aus; ein bahnbrechendes Werk war »Automatisme psychologique«, von P. Janet, der damit zum Begründer des wissenschaftl. U.-Kzpts. (im Unterschied zum philosoph.-metaphys. Kzpt.) geworden ist
[...]
Zentral u. von dort aus Allgemeingut der Populärps[ychologie] geworden ist das Kzpt. des U. innerhalb der Psychoanalyse Freuds.

Städtler: Lexikon der Psychologie (2013)
(Kursiv von mir)

2)
Zitat von: Max P am 22. Januar 2023, 17:37:42
ZitatIn der akademischen Psychologie wie auch in der deutschen Psychiatrie hat die Psychoanalyse stets nur eine marginale Rolle gespielt.
Ob das wirklich STETS so war, sei dahingestellt.
Zitat(9) Das Verhältnis von Psa. u. akadem. Ps.: Die Psa. ist eine der Theorien, die die Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt haben [...]
V. a. in der Populärrezeption wird die Psa. häufig mit der Ps. identifiziert o. als deren Hauptteil betrachtet – was in groteskem Gegensatz zur realen Situation steht: Tatsächl. ist die Psa. außerhalb der akadem. Ps. entstanden, niemals wirkl. in diese integriert worden, u. es hat von Anfang an ein äußerst spannungsreiches Verhältnis zw. beiden bestanden [...]

Städtler: Lexikon der Psychologie (2013)
Es folgen Beispiele einer durchaus wohlwollenden akademischen Aufnahme; insofern wichtig, als sich die Psychoanalytiker von Anfang an als die verfolgte Unschuld stilisiert haben.

8)

Schwuppdiwupp

Bemerkenswert finde ich daran, dass anscheinend mit psychoanalytischen oder meinetwegen auch Freud'schen Vorstellungen vom "Es, Ich und Über-Ich" etc. p. p. nach  wie vor in der Pädagogik herumpalavert wird.

Aber Pädagogik ist auch so eine Sache für sich ... ::)
Ach, was weiß denn ich ...

eLender

Zitat von: Peiresc am 25. Januar 2023, 19:33:02Ein paar Informationen zu ein paar Details kann ich inzwischen noch einstreuen.
Komm doch hier nicht mit Tatsachen! ;)

Der Freud und dessen Freunde Anhänger sehen das doch eher als literarische Leistung, man hat das alles nur erdacht, um irgendeine wissenschaftlich klingende Basis für Schundromane und Ähnliches zu haben. Da kann man Küchenpsychologisieren bis zum Abwinken und es klingt trotzdem echt. Oder will hier jemand behaupten, dass das nicht so ist? :o

Für mich ist Freud der Tesla des Liegemobiliars.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

zimtspinne

ist es nicht nebenbei auch so, dass Analytiker mit Psychos verfeindet sind? Also nicht Fressfeindschaften sind hier gemeint (die wohl auch), sondern grundsätzliche Lagerfeindschaft.
Hab ich jetzt aber nur aus dem Gedächtnis gebuddelt, als nebulöse Erinnerung.
Kannte mal privat eine Analytikerin lose über gemeinsame Bekannte und erinnere mich, dass darüber auch gesprochen wurde (sehr dunkel, meine Interessen lagen da gerade bisschen woanders).


Reality is transphobic.

eLender

Zitat von: zimtspinne am 26. Januar 2023, 18:38:19ist es nicht nebenbei auch so, dass Analytiker mit Psychos verfeindet sind?
Ich könnte mir vorstellen, dass die PA eher von Psychologen für Therapien verwendet wird, und dass Psychiater das eher als Mumpitz ansehen. Die haben ja zumindest eine Vorstellung von Evidenz. Bei anwesenden Psychiatern bin ich mir da sogar sicher ;)
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Gefährliche Bohnen

Zitat von: eLender am 26. Januar 2023, 23:12:45
Zitat von: zimtspinne am 26. Januar 2023, 18:38:19ist es nicht nebenbei auch so, dass Analytiker mit Psychos verfeindet sind?
Ich könnte mir vorstellen, dass die PA eher von Psychologen für Therapien verwendet wird, und dass Psychiater das eher als Mumpitz ansehen. Die haben ja zumindest eine Vorstellung von Evidenz.

Das kann ich nicht bestätigen. Wissenschaftliche Methodik und Statistik wird im Psychologiestudium deutlich ausführlicher und detaillierter gelehrt als im Medizinstudium. Kann ich aus eigener Erfahrung berichten (schon im ersten Semester Psychologie im Nebenfach hab ich davon deutlich mehr gelernt als im gesamten Medizinstudium) :grins2:
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Scipio 2.0

Nach persönlicher Erfahrung scheinen pseudowissenschaftliche Methoden unter Psychologen ziemlich weit verbreitet zu sein. Außerdem hat mir praktisch jeder Psychologe irgendwas anderes zu meinen Beschwerden erzählt, was mir nicht wirklich den Eindruck vermittelt hat, dass die wissen was sie da tun.

Oben drauf kommen noch so Phänomene wie die Satanic Panik, die sich wohl ziemlich weit unter Psychologen verbreitet zu haben scheint.

Alles für mich Grund genug mich von denen fern zu halten, auch wenn ich eigentlich Hilfe brauchen würde.