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Geschrei: "Blackfacing-Skandal" bei ZDF

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Begonnen von sweeper, 15. Dezember 2013, 12:49:38

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sweeper

Allmählich wird es absurd:

Weil Markus Lanz bei "Wetten dass?" in Augsburg zur Jim-Knopf-Verkleidung mit Schuhcreme-Gesicht aufgerufen hatte, war bei Twitter wieder mal #Aufschrei- Stimmung angesagt:

Zitathttp://www.morgenpost.de/vermischtes/article122941559/Rassismusvorwuerfe-gegen-das-ZDF-nach-umstrittener-Stadtwette.html

...Augsburg würde es nicht schaffen, so wettete Lanz, 25 Pärchen aus Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer auf die Bühne zu bringen.

Dazu wackelten zwei Marionetten mit ihren Köpfchen, und eine Stimme sagte: "Lukas muss natürlich geschminkt sein, schwarze Farbe oder Schuhcreme, ganz egal." Bei Twitter brach daraufhin ein Sturm der Entrüstung los. Verweise auf "Blackface" wurden geteilt, ein Begriff aus den USA des 19. Jahrhunderts, als sich weiße Theaterkünstler das Gesicht schwarz färbten, um Schwarze darzustellen...

Mir geht diese Hysterie inzwischen dermaßen auf den Geist - nehmt das hier, ihr Gartenzwerge:

http://www.youtube.com/watch?v=fniZzaViEZc

http://www.youtube.com/watch?v=cGJvdFsciWo
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

uran

Die Leute waren wohl ein wenig unterzuckert. Vielleicht sollten sie sich eine mit Schokolade überzogene Schaumzuckerware mit Migrationshintergrund zu sich nehmen, dann wirds wieder besser.
http://www.lachschon.de/item/63246-Politischkorrekt/
Das Thema Zigeunerschnitzel gab es hier ja bereits.

gesine2

Mensch sweeper, wisch Dir mal die Augen: In den von Dir verlinkten clips fehlt doch völlig die Hauptkomponente des BF, die das Gros der Schwarzmalerei, zB im Dienst befindliche Schornsteinfeger in den Straffreiraum stellt:
Zitat..und spielten den ,,naiven, trunkenen, schwachsinnigen und immer fröhlichen Neger", so wie vor allem nordamerikanische Weiße sich Schwarze vorstellten
Kurz zusammengefaßt fehlt die Debilisierung der PoC. Ok, das vergessen die Zeterer im allgemeinen auch immer, doch dies sollte keine Ausrede sein.

Was mich aber vor allem am Verfassen dieses postings nicht vorbeikommen ließ:
Zitatnehmt das hier, ihr Gartenzwerge!
Eine Beleidigung für jeden Gartenzwerg. Unverschämt.
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2

Gethen


Damit sich die werten Diskutanten dann auch mal belesen können, was Blackface - sowie die Minstrel Shows, aus denen es hervorging - ist:

http://en.wikipedia.org/wiki/Blackface

http://en.wikipedia.org/wiki/Minstrel_show

Der Morris Dance paßt auch nicht wirklich dazu; er ist zb bereits im Mittelalter entstanden und sollte auch nie eine Gruppe der Bevölkerung so darstellen, wie es der dominant culture gerade recht kam:

http://en.wikipedia.org/wiki/Morris_dance



sweeper

Der Morris Dance passt schon ganz gut, denn es gibt eine Verbindung zu den Moriskentänzern des Mittelalters:

http://de.wikipedia.org/wiki/Moriskentanz

Hier sieht man Artisten der Münchener Sporthochschule, welche die bekannten Schnitzfiguren wieder zum Leben erwecken - darunter im Hintergrund auch ein schwarzgeschminkter "Mohr":

http://www.youtube.com/watch?v=IP27Ws5VgJQ

Die Anklänge an einen "maurischen" Schwerttanz sind in den verlinkten Beispielen für Morristänze mit Stäben wiederzufinden.
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Terry Pratchett

Gethen

Zitat von: sweeper am 15. Dezember 2013, 16:19:03
Der Morris Dance passt schon ganz gut, denn es gibt eine Verbindung zu den Moriskentänzern des Mittelalters:

Natürlich gibt es die, da sich der Begriff Morris Dance zum einen entsprechend ableitet bzw entwickelt hat und zum anderen die Ursprünge eben im Mittelalter liegen. Teilweise wurden in England die Traditionen im 19. Jahrhundert wiederbelebt; durchgängig vom Mittelalter bis heute gab es diese Dances meines Wissens zumindest in England nicht. Allerdings war/ist die Gesichtsbemalung nicht überall üblich; in England zb nur in einer Region.

Der Morris Dance hat aber nie die im Blackface bzw den Minstrel Shows immanenten Wertungen gehabt und nicht die Funktion besessen, vorgeblich schwarze Darsteller vorzuführen, während es gleichzeitig verpönt war, tatsächlich schwarze Schauspieler, Sänger etc vor weißem Publikum auftreten zu lassen. Zudem sind die Rollenmuster und Verhaltensweisen in Blackface und Minstrel Show extrem stereotypisiert und bedienen die Sicht der dominant culture, nach der Afrikaner bzw Afro-Amerikaner nicht zu höheren Kulturleistungen in der Lage sind, als Erwachsene nicht über das Gemüt und den Intellekt eines Kindes hinausgelangen und es somit "naturgegeben" richtig sei, wenn Weiße denen vorgeben, wo die Harke zu stehen hat. Blackface und Minstrel dienten dazu, die soziale Position und Abwertung einer Bevölkerungsgruppe zu zementieren und gleichzeitig dem rein weißen Publikum dieser Aufführungen zu bestätigen, daß es von Natur aus überlegen und die soziale Hierarchie somit bestens aufgestellt sei und möglichst so bestehen bleiben sollte.


sweeper

Aber was hat das alles mit Jim Knopf und "Wetten dass" zu tun?

Das ist doch an den Haaren herbei gezogen, dass es sich hier um eine Form von Blackfacing handeln soll.
Abgesehen davon, dass es eine ethnologisch-musikwissenschaftlich interessante Frage wäre, ob die Minstrel Shows, die ja vermutlich auch von irischen oder schottischen Einwanderern und deren Kultur beeinflusst waren, ursprünglich ganz harmlos an den Morris-Dance und ähnliche Wurzeln anknüpften und sekundär diese Schlagseite bekamen.

Es bleibt immerhin auch ein Rätsel, warum im Border-Morris die schwarzen Gesichter auftauchen, in den gezähmten Verianten aber nicht.
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Terry Pratchett

Gefährliche Bohnen

@ Gethen
Wenn der Morris Dance ok ist, weil er nicht die Funktion wie die Minstrel Shows hatte, warum soll dann sich für eine TV-Sendung als Jim Knopf verkleiden schlimm sein? Wann hatte denn sich als Jim Knopf verkleiden die gleiche Funktion wie die Minstrel Shows? Insofern passt doch der Morris Dance genauso gut zu Blackface wie diese TV-Aktion.
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP


Wolleren

Zitat von: Gethen am 15. Dezember 2013, 15:44:30

Damit sich die werten Diskutanten dann auch mal belesen können, was Blackface - sowie die Minstrel Shows, aus denen es hervorging - ist:

http://en.wikipedia.org/wiki/Blackface

...
Prima Link!

Zitat von: sweeper am 15. Dezember 2013, 17:33:07
Aber was hat das alles mit Jim Knopf und "Wetten dass" zu tun?
Nichts, denn der wahre Schuldige ist ja Michael "Ku-Klux-Adolf" Ende. War nicht Jim Knopfs Haut besser als die Lukas' für den Lokomotivführerjob geeignet, weil man den Schmutz nicht so sah?

Hätte das ZDF bei einer Wette zu Jim Knopf dem Rassismusvorwurf entgehen können? Kaum, denn dafür treiben sich zu viele Rassismus-Gewinnler herum (wenn ihnen das Kochen des Antisemitismus-Süppchens auf Kosten der Juden noch ein bißchen Freizeit lässt).

Gethen

Ich habe die Sendung nicht gesehen und weiß daher nicht, wie die Verkleidungen dann ausfielen. Wenn ich mir aber das Titelbild des Buches ansehe, finde ich die Darstellung recht stereotypisierend:



Auch die Puppe weist diese stereotypen Gesichtszüge auf.
Zudem sollen ja die Fahrten laut Buch wohl erst stattfinden, weil Jim Knopf erwachsen wurde und die Insel dann zu klein war - trotzdem wird Jim Knopf wie ein Kind dargestellt und ist zb erheblich kleiner als der Lokomotivführer Lukas. Jim entspricht damit einem Stereotyp, das auch die Blackfaces aufgreifen: auch im erwachsenen Stadium "weniger entwickelt" und auf einer kindlichen Stufe "steckengeblieben". Der erwachsene Jim in Kindergröße transportiert diese Botschaft ohne viel Worte, gleichsam nebenbei - erschwerend kommt bei dieser Darstellung hinzu, daß laut Buch Lukas "klein und rund" sein soll.


Ladislav Pelc

Und wieder ein Kinderbuch, das auf den Index muss.

Vielleicht sollte man sich die langwierige Diskussion jedes mal sparen und einfach alles entsorgen, was älter als 10 oder 20 Jahre ist. In einer schnellebigen Zeit wie dieser kann man nicht davon ausgehen, dass etwas, was so alt ist, noch politisch korrekt genug ist.

Gethen

Und noch eins:

ZitatEr hat außerdem dunkle Haut. Dies wird später damit erklärt, dass er in der 33. Generation von einem der Heiligen Drei Könige, nämlich Caspar, abstammen soll.

Die praktische Anwendung der "one-drop rule" - wer auch nur entfernt (und sei es über 33 Generationen...) einen afrikanischen Vorfahren hat, gilt als schwarz.

ZitatVielleicht sollte man sich die langwierige Diskussion jedes mal sparen und einfach alles entsorgen, was älter als 10 oder 20 Jahre ist. In einer schnellebigen Zeit wie dieser kann man nicht davon ausgehen, dass etwas, was so alt ist, noch politisch korrekt genug ist.

Es gibt keinen Grund, sich an die Begriffe von Rechtsträgern heranzupirschen. Äh ja, warum wurden dann eigentlich die Kinderbücher aussortiert, die Kinder mit der Nazi-Ideologie infizieren sollten? Das waren doch auch nur Kinderbücher, also bestimmt ganz harmlos oder so? Alles nur Spaß und witzig? Wenn antisemitischer Scheißdreck intolerabel ist, warum nicht auch rassistischer Scheißdreck? Harmlos ist beides nicht, sondern transportiert Ansichten und Wertungen, die über diese Bücher bereits Kindern vermittelt werden. Bis die erwachsen sind, "sitzt" das dann umso besser.


Gefährliche Bohnen

Zitat von: Gethen am 15. Dezember 2013, 19:27:53
Zudem sollen ja die Fahrten laut Buch wohl erst stattfinden, weil Jim Knopf erwachsen wurde und die Insel dann zu klein war - trotzdem wird Jim Knopf wie ein Kind dargestellt und ist zb erheblich kleiner als der Lokomotivführer Lukas. Jim entspricht damit einem Stereotyp, das auch die Blackfaces aufgreifen: auch im erwachsenen Stadium "weniger entwickelt" und auf einer kindlichen Stufe "steckengeblieben". Der erwachsene Jim in Kindergröße transportiert diese Botschaft ohne viel Worte, gleichsam nebenbei - erschwerend kommt bei dieser Darstellung hinzu, daß laut Buch Lukas "klein und rund" sein soll.

Ähem, wird das jetzt eine Sondervariante von "wie viele Engel passen auf eine Nadelspitze?"? ;)
Na dann: ich glaube kaum, dass man auf einer Insel, die doppelt so groß ist wie ein Wohnzimmer und 5 Bewohner hat, erwachsen werden muss, um nicht mehr draufzupassen. Meines Wissens brechen Lukas und Jim auf, als Jim größer wird (glaub nicht, dass da irgendwo "erwachsen" steht.) Auch ein, sagen wir mal, 10-Jähriger Jim Knopf ist größer als ein Baby-Jim Knopf. Außerdem: ein erwachsener Held in einem Kinderbuch?

Und was kann man in "Jim Knopf und die Wilde 13" lesen?
ZitatDiesmal aber hatte sie [die Prinzessin Li Si] für Jim einen wunderschönen mandalanischen
Malkasten mitgebracht. So saßen die beiden Kinder nun an
dem kleinen Küchentisch einander gegenüber und malten. Zwischen
ihnen saß Frau Waas. Sie hatte sich eine Brille aufgesetzt und
las aus einem dicken Geschichtenbuch vor, während sie an einem
Schal für den Jungen strickte.
http://cms.thienemann.de/daten/dokument/leseprobe/9783522176514.pdf

edit:

ZitatAls kein Krümelchen mehr übrig war, lehnte Lukas sich in seinem
Sessel zurück und stopfte seine Pfeife. Auch Jim holte seine
Tabakspfeife, die ihm damals die kleine Prinzessin zur Verlobung
geschenkt hatte. Aber er rauchte nicht richtig. Lukas hatte ihm
davon abgeraten und ihm erklärt, dass man nicht mehr weiter
wächst, wenn man damit anfängt. Bei Erwachsenen macht das ja
nichts, weil sie schon groß genug sind, aber Jim war bis jetzt noch
immer ein halber Untertan, und das wollte er natürlich nicht für
alle Zeiten bleiben.
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

sweeper

@Gethen:
Das soll dann analog für alle kolonialistischen Enid Blyton- Kinderbücher gelten, für Karl May incl. der jährlichen Festspiele in Bad Segeberg, sowie für "Othello", die "Entführung aus dem Serail" und ähnlich geartete Werke - kommen alle auf den Index?
Es sollten dann am besten auch alle Märchenbücher eingestampft werden, denn sie verleiten die Kleinen dazu, esoterischen Unsinn zu glauben.

Sorry, aber das hat für mich was Sektiererisches.
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Terry Pratchett