Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Medizin: Systembedingtes Forschungsproblem

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von petermersch, 08. November 2013, 17:34:46

« vorheriges - nächstes »

petermersch

Endlich hat es ein gestandener Medizin-Professor einmal öffentlich zugegeben: Medizinische Forschung am Menschen ist sehr teuer. Folglich lässt sich das, was sich nicht unmittelbar kommerzialisieren lässt, auch nicht erforschen, jedenfalls nicht so, dass damit die Richtlinien für evidenzbasierte Medizin erfüllt werden:

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/wissenschaft/2275208/

"Das bedeutet aber auch, dass so eine Studie deutlich teurer wird als so eine kleine wie jetzt. Und da haben wir das große Problem, dass wir für so eine Studie kaum Gelder bekommen. Der große Teil der Forschung kommt von der Pharmaindustrie, die natürlich kommerzielle Interessen haben. Die können mit dieser Studie nicht bedient werden."

bayle

Zu dem verlinkten Interview.
ZitatInzwischen ist die Studie abgeschlossen. Die Ergebnisse sind auch für die Forscher überraschend positiv. Eine Erkenntnis: viel Fett macht nicht fett. Denn die Auswertung zeigt,
"dass es bei vielen zu einer positiven Gewichtsabnahme kam. Viele haben berichtet, dass ihre geistige Wachsamkeit deutlich zugenommen hat. Der beeindruckendste Fund ist die gegen unsere Erwartung Verbesserung der Blutfette. [...]"
Es wird zwar erwähnt, dass "ca. 60 MS-Patienten" sich dieser Ernährungsform unterzogen haben, aber es wird mit keiner Silbe auf das ein Ergebnis bezüglich der Erkrankung eingegangen. ,,Geistige Wachheit" war ja wohl kein primärer Endpunkt.
Dies lässt die folgenden Schlüsse zu:
1. Es handelte sich nicht um eine kontrollierte Studie. Bei dem variablen Verlauf der MS ließen sich selbst aus "positiven Ergebnissen" keinerlei tragfähige Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen.
2. Es hat in dieser unkontrollierten Studie kein einziges wie auch immer geartetes Ergebnis gegeben, dass sich als Indiz für einen möglichen Behandlungserfolg bei der MS hätte werten lassen. Das wäre sonst erwähnt worden. Die ketogene Ernährung scheint völlig durchgefallen zu sein:
ZitatDenn die Studie hat die MS-Patienten nur sechs Monate lang begleitet - zu kurz, um eine Aussage darüber zu treffen, ob denn auch die geschädigten Nerven von einer ketogenen Kost profitieren. Die Forscher hoffen, Gelder für eine Folgestudie sammeln zu können:
Das scheint das klassische Beispiel einer immunisierenden post-hoc-Erklärung zu sein. Nein, die Therapie hat nicht versagt, denn sie kann nicht versagen. Der Studienplan war falsch (nur: man hat das erst durch die "Studie" herausgefunden, dass er falsch war).

Insgesamt beflügelt mich das Interview nicht, nach der Originalpublikation zu suchen.

btw, was ist eine "positive Gewichtsabnahme"?

Zitat von: irgendjemand am 08. November 2013, 17:34:46
Endlich hat es ein gestandener Medizin-Professor einmal öffentlich zugegeben: Medizinische Forschung am Menschen ist sehr teuer.
Und was war daran zuzugeben?

petermersch

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Es wird zwar erwähnt, dass "ca. 60 MS-Patienten" sich dieser Ernährungsform unterzogen haben, aber es wird mit keiner Silbe auf das ein Ergebnis bezüglich der Erkrankung eingegangen. ,,Geistige Wachheit" war ja wohl kein primärer Endpunkt.

Zumindest im Fernsehen berichteten Studienteilnehmer, dass sie wieder richtig lange Strecken zurücklegen könnten. Für MS-Patienten dürfte so etwas ein riesiger Zugewinn an Lebensfreude sein.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Dies lässt die folgenden Schlüsse zu:
1. Es handelte sich nicht um eine kontrollierte Studie. Bei dem variablen Verlauf der MS ließen sich selbst aus "positiven Ergebnissen" keinerlei tragfähige Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen.
2. Es hat in dieser unkontrollierten Studie kein einziges wie auch immer geartetes Ergebnis gegeben, dass sich als Indiz für einen möglichen Behandlungserfolg bei der MS hätte werten lassen. Das wäre sonst erwähnt worden. Die ketogene Ernährung scheint völlig durchgefallen zu sein:
ZitatDenn die Studie hat die MS-Patienten nur sechs Monate lang begleitet - zu kurz, um eine Aussage darüber zu treffen, ob denn auch die geschädigten Nerven von einer ketogenen Kost profitieren. Die Forscher hoffen, Gelder für eine Folgestudie sammeln zu können:

Das scheinen mir die klassischen vorschnellen Fehlschlüsse zu sein. Es ist ein riesengroßer Unterschied, ob es Indikatoren gibt, die darauf hindeuten, dass es den Patienten besser geht (größere geistige Wachheit, längere Laufstrecken etc.) - die Diät also den Betroffenen gewissermaßen hilft oder gut tut -, oder ob die geschädigten Nerven von der Diät profitieren. Letzteres wäre der Anspruch, dass sich die Krankheit gewissermaßen zurückbildet. Mir ist kein Medikament bekannt, das so etwas leistet.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Das scheint das klassische Beispiel einer immunisierenden post-hoc-Erklärung zu sein. Nein, die Therapie hat nicht versagt, denn sie kann nicht versagen. Der Studienplan war falsch (nur: man hat das erst durch die "Studie" herausgefunden, dass er falsch war).

Das scheint mir das klassische Beispiel einer immunisierenden Haltung gegenüber der Schulmedizin zu sein: Nein, es kann nur das wirken, was man für teuer Geld in den Praxen verkaufen kann.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Und was war daran zuzugeben?

Nun, so offen habe ich das noch nie gelesen, dass der Wissenschaftsanspruch der Medizin ein Fake ist. Was würden wir denken, wenn praktisch die gesamte Klimaforschung von der Energiewirtschaft finanziert wird? Und was würde dabei herauskommen?

Groucho

Nicht schon wieder dieser Keton-Quatsch ...

bayle

Zitat von: irgendjemand am 08. November 2013, 19:56:04
Zumindest im Fernsehen berichteten Studienteilnehmer, dass sie wieder richtig lange Strecken zurücklegen könnten. Für MS-Patienten dürfte so etwas ein riesiger Zugewinn an Lebensfreude sein.
Das nennt man Anekdote. Es sollte doch kein Problem sein, die Gehstrecke vor und nach Behandlung mitzuteilen. Warum ist dies nicht geschehen? Wenn sie bei den Patienten zugenommen hätte, hat es eine Vergleichsgruppe gegeben?

Zitat von: irgendjemand am 08. November 2013, 19:56:04
Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Dies lässt die folgenden Schlüsse zu:
1. Es handelte sich nicht um eine kontrollierte Studie. Bei dem variablen Verlauf der MS ließen sich selbst aus "positiven Ergebnissen" keinerlei tragfähige Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen.
2. Es hat in dieser unkontrollierten Studie kein einziges wie auch immer geartetes Ergebnis gegeben, dass sich als Indiz für einen möglichen Behandlungserfolg bei der MS hätte werten lassen. Das wäre sonst erwähnt worden. Die ketogene Ernährung scheint völlig durchgefallen zu sein:
ZitatDenn die Studie hat die MS-Patienten nur sechs Monate lang begleitet - zu kurz, um eine Aussage darüber zu treffen, ob denn auch die geschädigten Nerven von einer ketogenen Kost profitieren. Die Forscher hoffen, Gelder für eine Folgestudie sammeln zu können:
Das scheinen mir die klassischen vorschnellen Fehlschlüsse zu sein. Es ist ein riesengroßer Unterschied, ob es Indikatoren gibt, die darauf hindeuten, dass es den Patienten besser geht (größere geistige Wachheit, längere Laufstrecken etc.) - die Diät also den Betroffenen gewissermaßen hilft oder gut tut -, oder ob die geschädigten Nerven von der Diät profitieren. Letzteres wäre der Anspruch, dass sich die Krankheit gewissermaßen zurückbildet. Mir ist kein Medikament bekannt, das so etwas leistet.
Das ist ein Missverständnis, geschuldet der Unkenntnis, welches geeignete primäre Endpunkte für die Beurteilung von MS-Therapien sind. Wenn es einen Leistungszuwachs gäbe, würde er nicht als ,,Profit der geschädigten Nerven" interpretiert werden?

Im Übrigen gibt es natürlich MS-Medikamente, bei denen eine gelegentliche Verbesserung der Symptomatik beschrieben ist.

Zitat von: irgendjemand am 08. November 2013, 19:56:04
Das scheint mir das klassische Beispiel einer immunisierenden Haltung gegenüber der Schulmedizin zu sein: Nein, es kann nur das wirken, was man für teuer Geld in den Praxen verkaufen kann.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 18:02:10
Und was war daran zuzugeben?
Nun, so offen habe ich das noch nie gelesen, dass der Wissenschaftsanspruch der Medizin ein Fake ist. Was würden wir denken, wenn praktisch die gesamte Klimaforschung von der Energiewirtschaft finanziert wird? Und was würde dabei herauskommen?
Diese Argumentation unterscheidet sich in nichts, aber auch gar nichts, von der aller übrigen Paramedizin-Verkäufer. Hier lohnt keine Antwort.

Groucho

Zitat von: irgendjemand am 08. November 2013, 19:56:04
Nun, so offen habe ich das noch nie gelesen, dass der Wissenschaftsanspruch der Medizin ein Fake ist.

Ja, das ist irre, wie die sich tarnen. Nur als Beispiel:
http://www.mh-hannover.de/14847.html

Was da für ein Geld verschwendet wird! Soviel Blindtext, um wissenschaftliche Forschung vorzugaukeln! Und das jedes Jahr!

petermersch

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Das nennt man Anekdote. Es sollte doch kein Problem sein, die Gehstrecke vor und nach Behandlung mitzuteilen. Warum ist dies nicht geschehen? Wenn sie bei den Patienten zugenommen hätte, hat es eine Vergleichsgruppe gegeben?

Nach meiner Kenntnis hat es keine Vergleichsgruppe gegeben. Die bisherigen Äußerungen verstehe ich so, dass man ganz einfach prüfen wollte, ob solche Diäten bzw. Heilfasten vielversprechend sein können. Eine echte Studie mit zahlreichen Teilnehmern, Vergleichsgruppen etc. war das nicht. Eine solche Studie würde der Studienleiter auf der Grundlage der bisherigen vielversprechenden Ergebnisse gerne durchführen, kann es aber nicht, da er dafür kein Geld bekommt. Es ist doch völlig absurd, von der Studie schon jetzt das zu verlangen, was der Studienleiter erst in einer Folgestudie - wenn es dafür Geld gäbe - wasserdicht machen möchte.

Bei Medikamenten geht man nicht anders vor. Erst werden Kleinststudien durchgeführt. Wenn die vielversprechend sind, folgt eine richtige Studie.

Ich stelle mir gerade den gleichen Hochschullehrer vor, wie er sagt: Wir haben in einer kleinen Studie an 20 Patienten ein neues Migränemedikament ausgetestet. Die Ergebnisse waren sehr vielversprechend: Oft sehr schnelle Schmerzlinderung und nur geringe Nebenwirkungen. Nun würden wir es gerne in einer großen kontrollierten Studie überprüfen. Leider bekommen wir dafür kein Geld, weil der Pharmakonzern, der es vermarkten möchte, die Studie nicht finanzieren darf. Und andere haben an einer solchen Studie kein Interesse.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Wenn es einen Leistungszuwachs gäbe, würde er nicht als ,,Profit der geschädigten Nerven" interpretiert werden?

Nein, wieso? Es könnte doch ganz andere Gründe haben. Wenn demente Personen unter einem bestimmten Medikament wacher werden, dann muss das nichts mit den geschädigten Nervenzellen zu tun haben. Es ist in dem Fall sogar wahrscheinlich.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Im Übrigen gibt es natürlich MS-Medikamente, bei denen eine gelegentliche Verbesserung der Symptomatik beschrieben ist.

Das ist etwas anderes. Das schrieb ich aber bereits.

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Diese Argumentation unterscheidet sich in nichts, aber auch gar nichts, von der aller übrigen Paramedizin-Verkäufer. Hier lohnt keine Antwort.

Das ist ein peinliches Strohmann-Argument.

Versucht man hier nur dann kritisch zu denken, wenn es die eigene Geldbörse nicht tangiert?

petermersch

Zitat von: Groucho am 08. November 2013, 20:40:04
Ja, das ist irre, wie die sich tarnen. Nur als Beispiel:
http://www.mh-hannover.de/14847.html

Was da für ein Geld verschwendet wird! Soviel Blindtext, um wissenschaftliche Forschung vorzugaukeln! Und das jedes Jahr!

Ist doch völlig belanglos, siehe hier:

http://www.academics.de/wissenschaft/unparteilichkeit_und_unabhaengigkeit_der_wissenschaft_52427.html

ZitatNach Ansicht des Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), Professor Helmut Schwarz, kann der Wert von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Wissenschaftlers "nicht hoch genug" eingeschätzt werden. Ein seriöser Forscher müsse allein vom Forschungsgegenstand ausgehen.

In der Medizin kann er aber nicht allein vom Forschungsgegenstand ausgehen, weil er dann ggf. an der Finanzierung scheitern wird.

Wir haben es doch bei der Epilepsie vorgeführt worden: Es gab eine Unmenge an Studien, die zeigten, dass die ketogene Diät - richtig angewendet - bei Kleinkindern besser wirkt als jedes Medikament. Trotzdem wurden diese Studienergebnisse nicht anerkannt, weil sie ohne Vergleichsgruppe und nicht Multicenter etc. waren.

Es gab zahlreiche Mediziner, die ebenfalls der Meinung waren, dass diese Diät bei kindlicher Epilepsie besser und nebenwirkungsärmer wirkt als Medikamente.  Ein wirklich freier, unabhängiger Forscher sollte dann eigentlich in der Lage sein, eine solche These zu untersuchen und ggf. zu stützen oder zu falsifizieren. Genau das wurde aber erst möglich, als die CharlieFoundation die dafür erforderlichen Gelder aufgetrieben hatte. Sonst hätte es immer geheißen: Es gibt keine Belege für die Wirkung der Diät. Ein sehr sehr unseriöses Argument, wenn man weiß, dass der Grund dafür fehlendes Geld ist.

Was wird der normale Bürger als Betroffener tun? Ich kann es dir sagen: Manch einer wird so reagieren wie Jim Abrahams selbst. Und wenn die Diät dann anschlägt, wird er der restlichen Medizin lebenslänglich skeptisch gegenüberstehen. Zu recht. Schlimmer noch: Er wird bei der nächsten schweren Erkrankung sagen: Versuchen wir es erst einmal mit Homöopathie ...

Die Medizin züchtet sich ihre Gegner selbst.

Belbo

Klar wegen so nem blöden Nobelpreis, wird doch kein Forscher Bestechungsgelder ablehnen.

bayle

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 02:19:31
Es ist doch völlig absurd, von der Studie schon jetzt das zu verlangen, was der Studienleiter erst in einer Folgestudie - wenn es dafür Geld gäbe - wasserdicht machen möchte.
Bei Medikamenten geht man nicht anders vor. Erst werden Kleinststudien durchgeführt. Wenn die vielversprechend sind, folgt eine richtige Studie.
Nein. Bei Medikamenten werden in Phase I zunächst Sicherheit und Verträglichkeit geprüft; die Wirksamkeit spielt keine Rolle. Wenn man darüber Aussagen haben will, dann muss man vergleichend prüfen.

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 02:19:31Eine solche Studie würde der Studienleiter auf der Grundlage der bisherigen vielversprechenden Ergebnisse gerne durchführen
Welche vielversprechenden Ergebnisse? Er hat keine erwähnt, und er hätte es mit Sicherheit getan, wenn es welche gegeben hätte. Nur der Vollständigkeit halber:
ZitatViele haben berichtet, dass ihre geistige Wachsamkeit deutlich zugenommen hat. Der beeindruckendste Fund ist die gegen unsere Erwartung Verbesserung der Blutfette.
Geistige Wachsamkeit ist kein medizinischer Begriff, und es ist ausgeschlossen, dass es sich dabei um einen präspezifizierten Zielpunkt gehandelt hat. Auch scheint das für den Studienleiter selber nicht relevant gewesen zu sein, wenn für ihn die Blutfette am beeindruckendsten sind, denn die sind nun wirklich als Surrogatparameter für den MS-Verlauf noch nicht hinreichend validiert.  :grins

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 02:19:31
Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Wenn es einen Leistungszuwachs gäbe, würde er nicht als ,,Profit der geschädigten Nerven" interpretiert werden?
Nein, wieso? Es könnte doch ganz andere Gründe haben.
Wie würdest Du denn den ,,Profit der geschädigten Nerven" bei der MS erkennen?

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 02:19:31
Zitat von: bayle am 08. November 2013, 20:28:25
Im Übrigen gibt es natürlich MS-Medikamente, bei denen eine gelegentliche Verbesserung der Symptomatik beschrieben ist.
Das ist etwas anderes. Das schrieb ich aber bereits.
Unter Natalizumab kommt die Krankheitsaktivität im MRT häufig zum Erliegen, und es gibt Fallberichte, nach denen der EDSS (die Skala zur Messung des Grades der Behinderung) langfristig abnimmt.

petermersch

Zitat von: bayle am 09. November 2013, 08:18:13
Unter Natalizumab kommt die Krankheitsaktivität im MRT häufig zum Erliegen,

Ach ja dieses Medikament, wo man nicht weiß, ob man damit sein Todesurteil unterschreibt ...

Zitat von: bayle am 09. November 2013, 08:18:13und es gibt Fallberichte, nach denen der EDSS (die Skala zur Messung des Grades der Behinderung) langfristig abnimmt.

Dann sind plötzlich Fallberichte relevant ...

Ich verstehe nicht, dass man die Kernaussage des Charité-Neurologen nicht einmal als Problem wahrnehmen möchte. Seine Kernaussage lautete: Die Forschung am Menschen ist so teuer, dass wir das heute nur finanziert bekommen, wenn jemand ein wirtschaftliches Interesse an den Ergebnissen hat.

Damit steht z. B. von vornherein fest, dass wir auch in 100 Jahren keine ernsthafte (die Evidenzkritierien der Medizin erfüllende) medizinische Forschung zur Frage, ob die ketogene Diät bei (selbst schwersten Formen der) Migräne hilfreich sein kann oder nicht, erleben werden. Fallberichte gibt es ja schon jetzt, z. B.:

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1526-4610.2006.00321_5.x/abstract

Der Artikel ist von einem Arzt, der Fall seine eigene Ehefrau, die zufällig ihre Migräne loswurde, als sie in einer Klinik einer drastischen Diät gegen ihre Adipositas unterzogen wurde. Es war sozusagen eine Nebenwirkung, und nun fragt sich natürlich dieser besorgte Arzt, wie das sein kann, zumal er als Arzt seiner Frau, die zuvor so etwas wie ein Chemielabor war (der Autor listet zu Beginn die wirklich erschreckende Zahl an Pillen auf, die sie täglich zu sich nahm), nicht helfen konnte. Die ganzen teuren Medikamente halfen nicht, eine kleine Ernährungsumstellung aber sehr wohl.

Hinzu kommt, dass man bei vielen Medikamenten nur weiß, dass sie häufig wirken (z. B. bei Betablockern zur Migräneprävention), nicht aber warum. Bei der ketogenen Diät wäre das anders. Dennoch werden wir keine evidenzbasierte medizinische Forscher dazu erleben und in der Folge dann natürlich auch keine Medizinnobelpreisträger, die sich mit solcher Forschung hervorgetan haben.

Groucho

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 14:02:13
Ach ja dieses Medikament, wo man nicht weiß, ob man damit sein Todesurteil unterschreibt ...

Ihr schon fast pathologisch erscheinender Missionsdrag, Herr Mersch, sollte ihnen zu denken geben. Ob es an der ketogenen Diät liegt?

Meine Glaskugel sagt, dass auch dieser Thread ziemlich schnell im SPAM-Ordner verschwinden wird.

petermersch

Zitat von: bayle am 09. November 2013, 08:18:13
Welche vielversprechenden Ergebnisse? Er hat keine erwähnt, und er hätte es mit Sicherheit getan, wenn es welche gegeben hätte.

In den Medien wurden aber immerhin Fallbeispiele genannt (die Personen waren sogar bereit, sich im Fernsehen zu zeigen). Ganz zum Schluss fällt im NDR-Bericht ein merkwürdiger Nebensatz: Dass nämlich der Patient, der im Bericht mehrfach gezeigt wird, auch deshalb weitermachen will, weil sich unter der Diät auch seine entzündliche Darmerkrankung deutlich gebessert habe.

Nun wird ein solcher Zusammenhang ohnehin schon länger vermutet, selbst Prof. Wolfgang Lutz wies darauf hin, dass viele seiner MS-Patienten zugleich unter Crohn oder Colitis Ulcerosa litten. Auch gibt es neuere Forschungen, die in diese Richtung weisen, z. B.:

http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gehirn/news/multiple-sklerose-ausloeser-im-darm-ermittelt_aid_678499.html

Meist wird vermutet, dass die MS primär sei und die Darmerkrankungen sekundär. Das Gleiche las ich unlängst bei der Beobachtung, dass an Aura-Migräne Erkrankte überproportional häufig kardiovaskuläre Risikoprofile entwickeln. In fast allen Artikeln dazu hieß es, es sei noch zu erforschen, wie es zu dieser Wirkung kommen könne. Ein umgekehrter Mechanismus, dass sich nämlich viele dieser Betroffenen (für sie) ungeeignet ernähren und dass Migräne eine frühe Folgewirkung, kardiovaskuläre Risikoprofile eine späte Folgewirkung sind, wurde von vornherein nicht in Betracht gezogen, obwohl er wesentlich naheliegender ist.

petermersch

Zitat von: Groucho am 09. November 2013, 14:09:18
Meine Glaskugel sagt, dass auch dieser Thread ziemlich schnell im SPAM-Ordner verschwinden wird.

Klar: Hoffen wir, dass es nicht stimmt, und wenn doch, dass niemand davon erfährt.

So ist es halt immer, wenn Interessen auf dem Spiel stehen.

bayle

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 14:02:13
Zitat von: bayle am 09. November 2013, 08:18:13
Unter Natalizumab kommt die Krankheitsaktivität im MRT häufig zum Erliegen,
Ach ja dieses Medikament, wo man nicht weiß, ob man damit sein Todesurteil unterschreibt
Das Risiko, eine in ca. 20-40% der Fälle tödliche Erkrankung zu aquirieren, ist 1:2000. Unter bestimmten Umständen wird es innerhalb von 2 Jahren höher. Natalizumab ist kein Wasser, und die MS ist keine Bagatell-Erkrankung. Natalizumab ist nur für hochaktive Verlaufsformen als sog. Eskalationstherapie zugelassen, nicht für die Basistherapie. Nicht immer fällt die Entscheidung leicht, weder dem Arzt noch dem Patienten.

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 14:02:13
Zitat von: bayle am 09. November 2013, 08:18:13und es gibt Fallberichte, nach denen der EDSS (die Skala zur Messung des Grades der Behinderung) langfristig abnimmt.
Dann sind plötzlich Fallberichte relevant ...
Nein, sind sie nicht. In der Fach-Information kommen sie nicht vor, und es wäre unethisch, den potentiellen Patienten unter Hinweis auf solche Fallgeschichten zur Therapie ,,überreden" zu wollen.

Zitat von: irgendjemand am 09. November 2013, 14:23:26
In den Medien wurden aber immerhin Fallbeispiele genannt
Nanu? Ist denn der ,,gestandene Medizin-Professor", der ,,es endlich einmal öffentlich zugegeben hat", plötzlich keine Autorität mehr? Zählt denn sein Wort gar nichts?