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Zwei-Klassen-Medizin ?

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Begonnen von Superkalifragilistisch, 10. Mai 2013, 07:34:08

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Superkalifragilistisch

Zitat
ZitatAlso für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest statt orthodoxe Medizin!
Leg Dich doch mal bitte fest, was du eigentlich sagen willst.
Ich hätte es der Klarheit halber vielleicht mit einem Smiley kennzeichnen sollen.  :grins2: Soll eine ironishe Paraphrasierung des psychoanalytischen Unsinns von diesem Analytiker sein unter dem Aspekt, daß Tinnitus, gemessen an den Therapieempfehlungen (weil man sonst nichts wirksames hat) eben auch in die Kategorie der zweit-klassigen Erkrankungen gehört. Man stelle sich einen HNO Arzt vor, der auf der einen Seite "harte Medizin" betreibt, seine Patienten als Belegarzt im Krankenhaus operiert - solides Handwerk. Der auf der anderen Seite aber nichts als Allgemeinplätze für Waschweiber in der Hand hat, wenn ein Patient mit Hörsturz oder Tinnitus zu ihm komm. Welcher Patient wäre man wohl lieber? Solides Handwerk oder hilfloses Geschwurbel von Ganzheitlichkeit und romantische Verklärung?

Die meisten wollen eben solides Handwerk. So ideologisch, daß sie bei ihrer sanften Medizin bleiben, wenn es hart auf hart kommt, sind relativ gesehen eher wenige. Selbstheilungskräfte ist schickes blabla, solange man nicht selbst betroffen ist.

Aber - und das ist der Punkt - was Menschen wie dieser Analytiker aus ihrem Elfenbeinturm heraus an sentimentalem Murks predigen hat reale Auswirkungen für die Menschen, die mit wirklichen Leiden hilfe suchen. Die haben dann nicht mehr die Wahl. Für die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.

PS: Bayle, vielleicht würde es auch helfen, wenn Du nicht krampfhaft versuchen würdest, mich mißzuverstehen.  :o
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

bayle

Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:56:47
Zitat
ZitatAlso für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest statt orthodoxe Medizin!
Leg Dich doch mal bitte fest, was du eigentlich sagen willst.
Ich hätte es der Klarheit halber vielleicht mit einem Smiley kennzeichnen sollen.  :grins2:
Ich bin erleichtert.
Zitatwenn Du nicht krampfhaft versuchen würdest, mich mißzuverstehen.  :o
Versuche ich gar nicht, das kommt ganz von allein.

Nochmal zur Sache:
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden. Nur: fällt Dir was Besseres ein?

Superkalifragilistisch

Ob mir was besseres einfällt? Ich möchte nicht sagen, daß sie daran Schuld sind, daß die Forschung eben nicht signifikant voranschreitet. Ich hätte auch in Deinen thread posten können, der das Grundproblem ja schon mehr oder weniger formuliert. Aber hier geht es mir weniger um die Frage ob und warum die Medizin "anfällig für Pseudo-Medizin" ist - das nehme ich erstmal als gegeben an ohne nach Schuldigen fragen zu wollen. Sondern darum, daß damit eben eine Art "Klasseneffekt" erzeugt wird. Eine Un-Menschlichkeit, von jenen geschaffen wird, die stets "Menschlichkeit" fordern (weil sie Menschlichkeit schlechthin mit ihrer Idee von Ganzheitlichkeit gleichsetzen)
Eine Erkenntnis, daß die Medizin gespalten, verdoppelt ist und sich die Eindrücke, welche zwei Patienten von der Medizin machen, fundamental unterscheiden können, je nachdem, mit welchen Problemen sie ihren Arzt ins Vertrauen ziehen. Bei dem, was sich "Komplementärmedizin" nennt, handelt es sich um einen faulen Kompromiss, der gerade jenen "Pluralismus" zu erledigen sucht, auf den er sich so gerne bezieht. Der Patient hat, wenn die Wissenslücken der Medizin mit Spiritismus gefüllt werden, nicht mehr die Wahl zwischen orthodoxer Medizin und Alternativmedizin. Er bekommt wahlweise das eine oder das andere in der selben Arztpraxis, je nachdem, ob der Arzt eine Pille (ich meine das im positiven Sinn) verschreiben kann, oder mit den Schultern zucken muß. Die Wahl, auf Alternativmedizin zu verzichten, gibt es kaum noch. Die "Komplementärmedizin" erlaubt es, Patienten wahlweise mit wirksamer biologischer Medizin zu versorgen, oder - wenn die orthodoxe Medizin auf eine Wissenslücke stößt - spirituelle Ganzheitlichkeit einzusetzen.
Stellen wir uns dann doch noch einmal die Frage, warum Mediziner anfällig für Pseudo-Medizin sind: Ich glaube, daß es bei vielen eine naturgegebene Affinität zum Spiritismus gibt. Die Zulassung eine Praxis zu führen ist für diese Menschen dann leider die Lizenz, ihre Neigungen hemmungslos auszuleben - sobald eben nicht der handfeste Knochenbruch vorliegt, sondern etwas Undurchsichtigeres, wo Spielraum für ganzheitliche Auslegung ist.
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bayle

ZitatStellen wir uns dann doch noch einmal die Frage, warum Mediziner anfällig für Pseudo-Medizin sind: Ich glaube, daß es bei vielen eine naturgegebene Affinität zum Spiritismus gibt. Die Zulassung eine Praxis zu führen ist für diese Menschen dann leider die Lizenz, ihre Neigungen hemmungslos auszuleben - sobald eben nicht der handfeste Knochenbruch vorliegt, sondern etwas Undurchsichtigeres, wo Spielraum für ganzheitliche Auslegung ist.

Mark Crislip sagt dazu:
ZitatThe default mode of the brain is not rational/critical thinking
http://www.sciencebasedmedicine.org/index.php/guiding-lights/

Superkalifragilistisch

Die "Komplementärmedizin" ist ein fauler Kompromiss zwischen orthodoxer und alternativ Medizin.
Du zeigst ja gut auf, daß da ein Spannungsverhältnis ist (Die Interessen von Arzt und Patient sind nie deckungsgleich... ) Wie bewertest Du dann die Vermischung von beiden Medizinkonzepten unter diesem Gesichtspunkt? Hilft das dem "Pluralismus" und der Verbrauchersuveränität tatsächlich? Susan Sontag schreibt, in unserem Zeitalter erwarten wir von der Medizin, daß sie alles kann. Und die Medizin verschreibt sich auch selbst gerne dieser These, um ihr gesellschaftliches Anerkennen zu mehren. Da lastet doch von institutioneller Seite ein Druck auf dem einzelnen Arzt eine Antwort auf alles zu haben. Die Erwartung darf man nicht enttäuschen. Auch ein eigentlich seriöser Arzt fühlt sich da doch dazu verleitet im Zweifelsfall das Heil bei der Komplementärmedizin zu suchen - zum Nachteil des Patienten.

Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?
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bayle

Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 18:38:02
Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?

Es gibt prinzipiell immer die Möglichkeit, dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken. Die Kunst besteht darin, dennoch Optimismus zu vermitteln. Doch, das geht.

Superkalifragilistisch

Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 19:01:01
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 18:38:02
Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?

Es gibt prinzipiell immer die Möglichkeit, dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken. Die Kunst besteht darin, dennoch Optimismus zu vermitteln. Doch, das geht.
Ich glaube hier ist wieder ein Mißverständnis am Werk. Kann es sein, daß Du das so verstanden hast, als hätte ich gemeint, die Ärzte hätten nicht die Wahl "dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken?"

In den Sätzen
ZitatDie haben dann nicht mehr die Wahl. Für die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
verweist das "die" auf "Menschen, die mit wirklichen Leiden hilfe suchen"

Ich lobe mir das, wenn ein Arzt "reinen Wein" einschenkt und zu den Wissenslücken steht. Da ist kein Grund, warum man ihm das übel nehmen sollte.
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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bayle

ZitatIch lobe mir das, wenn ein Arzt "reinen Wein" einschenkt und zu den Wissenslücken steht. Da ist kein Grund, warum man ihm das übel nehmen sollte.
Es gibt da auch noch einen anderen Aspekt. Nicht jede Wahrheit ist willkommen, und Ärzte sind auch nur Menschen. Ein scheinbarer Ausweg kommt da manchmal gerade recht, auch um den Preis, dass hinterher alles schlimmer sein kann.

Superkalifragilistisch

Klar. Gerade bei Selbsthilfegruppen zeichnet sich ab, daß es ein unglaubliches Maß an Selbsthaß (mea culpa) auch unter den Patienten selbst gibt, und auch viele Patienten sich der Anziehungskraft bestimmter Theorien nicht entziehen können. Aber möchtest Du damit noch irgendetwas anderes sagen? Macht es das nun besser?
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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bayle

ZitatMacht es das nun besser?
Mir ist mal wieder nicht klar, was Du mit "es" machst. Es geht mir nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Erklärungsansätze.

Superkalifragilistisch

Mit "es" meine ich
Zitatdaß es ein unglaubliches Maß an Selbsthaß (mea culpa) auch unter den Patienten selbst gibt, und auch viele Patienten sich der Anziehungskraft bestimmter Theorien nicht entziehen können
Was sonst? Und Du verstehst mich nicht absichtlich falsch?
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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bayle

Zitatunglaubliches Maß an Selbsthaß
Klingt irgendwie psychoanalytisch, unüberprüfbar. Ich kann damit nichts anfangen. Ähm, wie war nochmal unser Thema?

Superkalifragilistisch

Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 20:52:11
Zitatunglaubliches Maß an Selbsthaß
Klingt irgendwie psychoanalytisch, unüberprüfbar. Ich kann damit nichts anfangen. Ähm, wie war nochmal unser Thema?
"doppelte Negation, hermetisch, unüberprüfbar" - Willst Du uns mit Deinen pseudo-Einwänden beweisen, daß Du ein großer Junge bist und das Skeptiker-Einmaleins beherrschst?

"Ist es ein Faktum, handelt es sich um eine Hypothese, wie kann man das prüfen, was folgt daraus?"
– Applaus! 

Kommst Du Dir sehr geistreich vor?
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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bayle

Postest Du jetzt nur noch, um meinen Seelenzustand zu erforschen?

The Doctrix

Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:13:07
Tinnitus ist übrigens eine Globalisierungserkrankung.

$)

Zitat
Also für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest gegen die Zivilisation statt orthodoxe Medizin!

Ich bin seit 13 Jahren betroffen - und habe gleichzeitig viel Erfahrung in der Therapie von Tinnitus-Patienten. Glaubst Du ernsthaft, mir etwas über das Thema beibringen zu können?
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!