Psiram Forum

Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Skeptisches Denken => Thema gestartet von: Superkalifragilistisch am 10. Mai 2013, 07:34:08

Titel: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 10. Mai 2013, 07:34:08
Wird durch "sanfte" und "ganzheitliche" Heilmethoden eine Zwei-Klassen Medizin geschaffen? Der Geist in der Maschine funktioniert für den ganzheitlichen "Menschenfreund" folgendermaßen: Er kann es sich nicht leisten, komplett auf "ganzheitlich" zu setzen, denn bei ernsten Problemen hilft es nicht, die "Lebenssituation" und das "Trauma" des Patienten zu besprechen. Da muß man nun einmal die böse Biologie anwenden. Ganz anders bei Krankheiten, die schwer zu diagnostizieren sind, bei denen die orthodoxe Medizin machtlos ist, die schwankende Verläufe haben. Krankheiten, bei denen der Mißerfolg oder sogar iatrogene Schaden durch die "ganzheitliche Behandlung" schwer nachzuweisen ist. Man fordert also den faulen Kompromiss aus "Schulmedizin" und "altem Wissen" und kann so auf zwei Hochzeiten tanzen. Die Biologie einem vulgärmaterialistischen Reduktionismus zuzuführen ist nicht gegen die spiritistischen Triebe, sondern gibt ihnen, in einem inversen Verhältnis, nachgerade noch mehr Raum. Wenn ein Heiler beim Knochenbruch zur Chirurgie, bei der Entzündung zum Antibiotikum greift, ist das keine Absage an die "Ganzheitlichkeit." Umso hemmungsloser kann er bei der Neurodermitis seinen spiritistischen Trieben nachgehen.
Das ist auch billiger. Das heißt, man spart sich das Geld für wirkliche Diagnostik, Arzneien und Forschung, wenn man so tut, als seien die verniedlichten "Zivilisationskrankheiten" dadurch zu heilen, daß man "Gleichgewicht" herstellt. Richtige Medizin gibt es nur noch für die akuten Fälle. Der Rest muß sich mit "sanften" Methoden zufrieden geben. Medizintheater. Ausserdem kommt es ja häufig genug vor, daß jene, welche stets gegen die "Schulmedizin" wettern, die ersten sind, die zur Chemotherapie greifen, wenn sie die Diagnose Krebs bekommen.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: The Doctrix am 10. Mai 2013, 20:02:06
Moment mal, verstehe ich das jetzt richtig, dass Du chronische Krankheiten nicht mehr evidenzbasiert behandeln willst, nur weil das zu teuer ist?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 10. Mai 2013, 23:45:25
Zitat von: Superkalifragilistisch am 10. Mai 2013, 07:34:08
Wird durch "sanfte" und "ganzheitliche" Heilmethoden eine Zwei-Klassen Medizin geschaffen? Der Geist in der Maschine funktioniert für den ganzheitlichen "Menschenfreund" folgendermaßen: Er kann es sich nicht leisten, komplett auf "ganzheitlich" zu setzen, denn bei ernsten Problemen hilft es nicht, die "Lebenssituation" und das "Trauma" des Patienten zu besprechen. Da muß man nun einmal die böse Biologie anwenden. Ganz anders bei Krankheiten, die schwer zu diagnostizieren sind, bei denen die orthodoxe Medizin machtlos ist, die schwankende Verläufe haben. Krankheiten, bei denen der Mißerfolg oder sogar iatrogene Schaden durch die "ganzheitliche Behandlung" schwer nachzuweisen ist. Man fordert also den faulen Kompromiss aus "Schulmedizin" und "altem Wissen" und kann so auf zwei Hochzeiten tanzen. Die Biologie einem vulgärmaterialistischen Reduktionismus zuzuführen ist nicht gegen die spiritistischen Triebe, sondern gibt ihnen, in einem inversen Verhältnis, nachgerade noch mehr Raum. Wenn ein Heiler beim Knochenbruch zur Chirurgie, bei der Entzündung zum Antibiotikum greift, ist das keine Absage an die "Ganzheitlichkeit."
Wird durch "sanfte" und "ganzheitliche" Heilmethoden eine Zwei-Klassen Medizin geschaffen?

Nein, falscher Ansatz. Es wird versucht, ein Schmarotzertum zu installieren. Es geht nicht um Klassen, sondern um Kuchenstücke, die besten bekommt man von denen, die vom Kuchen satt sind, oder die man von der Schädlichkeit des Kuchens überzeugen kann.

Zitat
Der Geist in der Maschine funktioniert für den ganzheitlichen "Menschenfreund" folgendermaßen: Er kann es sich nicht leisten, komplett auf "ganzheitlich" zu setzen, denn bei ernsten Problemen hilft es nicht, die "Lebenssituation" und das "Trauma" des Patienten zu besprechen. Da muß man nun einmal die böse Biologie anwenden.

Doch, er kann sogar explizit darauf setzen, denn, wer stirbt, hat eigene Schuld, er hat das Prinzip des Heilers nicht verstanden.

Zitat
Ganz anders bei Krankheiten, die schwer zu diagnostizieren sind, bei denen die orthodoxe Medizin machtlos ist, die schwankende Verläufe haben. Krankheiten, bei denen der Mißerfolg oder sogar iatrogene Schaden durch die "ganzheitliche Behandlung" schwer nachzuweisen ist. Man fordert also den faulen Kompromiss aus "Schulmedizin" und "altem Wissen" und kann so auf zwei Hochzeiten tanzen. Die Biologie einem vulgärmaterialistischen Reduktionismus zuzuführen ist nicht gegen die spiritistischen Triebe, sondern gibt ihnen, in einem inversen Verhältnis, nachgerade noch mehr Raum. Wenn ein Heiler beim Knochenbruch zur Chirurgie, bei der Entzündung zum Antibiotikum greift, ist das keine Absage an die "Ganzheitlichkeit." Umso hemmungsloser kann er bei der Neurodermitis seinen spiritistischen Trieben nachgehen.

Das, was gute Quacksalber ausmacht, war schon immer die Interpretation in ihrem Sinne. Oben wie unten.

Zitat
Das ist auch billiger. Das heißt, man spart sich das Geld für wirkliche Diagnostik, Arzneien und Forschung, wenn man so tut, als seien die verniedlichten "Zivilisationskrankheiten" dadurch zu heilen, daß man "Gleichgewicht" herstellt. Richtige Medizin gibt es nur noch für die akuten Fälle. Der Rest muß sich mit "sanften" Methoden zufrieden geben. Medizintheater. Ausserdem kommt es ja häufig genug vor, daß jene, welche stets gegen die "Schulmedizin" wettern, die ersten sind, die zur Chemotherapie greifen, wenn sie die Diagnose Krebs bekommen.

Billiger ist das auf keinen Fall. Mit dem Konstrukt, die eigene Endlichkeit auf persönliches Scheitern zurückzuführen, gleichzeitig dadurch sich selbst über Andere zu überhöhen als Antidot dieser Ansicht - das ist der Klassiker, seit es sowas wie Bewusstsein gibt.

In einer Wohlstandsgesellschaft werden die Möglichkeiten absurder, aus diesem Teich zu fischen. Es sind blühende Strohhalme.

Wohlstand bedeutet, dass sich Phasenräume vergrößern. Und die haben keine extra  Begrenzung für Unsinn.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 04:04:14
Danke, Groucho, jetzt wird mir einiges klarer. Der Eingangspost war mir etwas zu ... hermetisch.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: segeln141 am 11. Mai 2013, 09:04:01
Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 04:04:14
Der Eingangspost war mir etwas zu ... hermetisch.

Mir war er auch etwas zu ...erratisch
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 11:25:41
Jetzt mal im Ernst: die Nicht-Existenz einer Zweiklassen-Medizin ist die beste Apologie des Kapitalismus, die vorstellbar ist.  Der populistische Ströbele-Quark:
ZitatUnd ich sehe nicht ein, daß gerade die Armen, die mit den geringen Einkommen, sich eine homöopathische Behandlung und Medikation schon länger und in Zukunft nicht leisten können sollen und auf die viel stärkere belastenden Schulmedizin mit den häufig viel teueren Medikamenten verwiesen werden. Die Besserverdienenden haben keine Probleme, sich weiter homöopathisch behandeln zu lassen und die vergleichsweise geringen Kosten selbst zu bezahlen.
Ich will, daß auch den weniger Verdienenden diese Wahlmöglichkeit zwischen den Behandlungsmethoden erhalten bleibt.
(mein Kommentar hier (http://forum.psiram.com/index.php?topic=9573.msg108424#msg108424)) ist doch als Gegenargument lächerlich. Ob Hartz IV oder Gattin des mittelständischen Unternehmers; im Ernstfall sind alle gleich, auch wenn letztere schneller einen Termin beim Niedergelassenen bekommt. Und was hat sie davon? Man scharwenzelt mit Kaffee um sie herum, damit sie mehr Unsinn kauft. Um die Potenzen des Kapitalismus zu erkennen, vergleiche man die Situation hierzulande mit der in den USA (die höchsten Gesundheitsausgaben der Welt, aber über 50 Mio Un- oder Unterversicherte) oder in Indien (die medizinische Grundversorgung vorwiegend von Homöopathen geleistet):
ZitatOne of the curses of India, as of other poor countries, is the quack medicine man, who fleeces the sufferer by promises of miraculous healing.
http://www.slate.com/articles/news_and_politics/fighting_words/2003/10/mommie_dearest.html

Und wie war es im Land des real existierenden Sozialismus, an der Königlichen Charité? Ein Drittel der Patienten waren VIP's (Beziehungen schaden nur dem, der keine hat), ein Drittel hatte sich (mit banalen Krankheiten aber sthenischer Persönlichkeit) hineingeklagt, und ein Drittel bedurfte tatsächlich einer hochspezialisierten Betreuung. Die ersten beiden Gruppen waren tendenziell überversorgt, wurden mithin weiter iatrogenisiert und wären vermutlich von den meisten Provinzärzten sachgerechter behandelt worden.

Und wenn man als Gegenargument die in Teilen ungeklärte medizinische Versorgung von Asylbewerbern anführt, dann sollte man auch vernünftige Vorschläge machen, wie das geregelt werden könnte. Wenn nun jemand den Drang verspürt, mich als ,,rechtslibertär" zu beschimpfen, dann sollte er aber nicht wagen, ohne Argumente zu kommen.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Conina am 11. Mai 2013, 11:46:12
 :grins:
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 11. Mai 2013, 11:59:22
Rechtslibertärer Sack!

(ohne Argumente, mal sehen, was passiert)  ;D ;D ;D
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 12:14:21
Dat jildet nich :schlaeger
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 11. Mai 2013, 12:32:51
Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 12:14:21
Dat jildet nich :schlaeger

Nicht? Schade!

Was vermisse ich meinen alten Zahnarzt. Uraltequipement, aber ordentlich und sauber, und sein meistbenutzter Satz: Das müssen wir mal beobachten, aber machen müssen wir da noch nichts. Und jetzt fliehe ich aus Praxen, wo die Duzziduzzi-Espresso-Keks-Schümli reichenden Hostessen Arzthelferinnen Kataloge über Bleeching rüberreichen.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 14:24:46
Bayle, wie kommst Du jetzt auf den Kapitalismus? Ich spreche nicht von der moralistischen Klassenlehre. Ich spreche davon, daß sich aufgrund des (manchmal schlechten) Zugangs der Medizin zu verschiedenen Erkrankungen ein Gefälle in der Wahlfreiheit ergibt, sich gegen nicht-biologisch-fundierte Behandlungsmethoden zu entscheiden.
Ich spreche von einem Vakuum im medizinischen Wissen, das leider von denen ausgefüllt wird, welche die Frage nach Antworten mit spiritualistischen Ansätzen scheinbar bedienen können.
Genau diese gesättigte Gruppe, welche Du ansprichst Groucho, nimmt im Ernstfall immer die wirksame "biologistische" Medizin der "Pharma-Mafia." Ganzheitlich ist eben nur chic solange man gesund ist, solange es dazu taugt
Zitatgleichzeitig dadurch sich selbst über Andere zu überhöhen
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 11. Mai 2013, 14:57:34
Ich verstehe immer noch nicht wirklich, was Du willst, Superkalli.

Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 14:24:46
Bayle, wie kommst Du jetzt auf den Kapitalismus? Ich spreche nicht von der moralistischen Klassenlehre. Ich spreche davon, daß sich aufgrund des (manchmal schlechten) Zugangs der Medizin zu verschiedenen Erkrankungen ein Gefälle in der Wahlfreiheit ergibt, sich gegen nicht-biologisch-fundierte Behandlungsmethoden zu entscheiden.

Das ist ein systemimmanentes Gefälle, was nichts mit zwei Klassen zu tun hat (Im Higend-Promibereich mach das ja anders aussehen, aber das betrifft 99% nicht). Das Gefälle läuft nun mal von üblichen Erkrankungen zu den Exoten. Ist man von letzterem betroffen, hat man meist die Arschkarte gezogen, unabhängig irgendeiner Klasse.

Zitat
Ich spreche von einem Vakuum im medizinischen Wissen, das leider von denen ausgefüllt wird, welche die Frage nach Antworten mit spiritualistischen Ansätzen scheinbar bedienen können.

Was soll denn dieses Vakuum sein? Ich sehe es höchstens zwischen der Erwartungshaltung und dem, was ein normaler Mediziner halt leisten kann.

Zitat
Genau diese gesättigte Gruppe, welche Du ansprichst Groucho, nimmt im Ernstfall immer die wirksame "biologistische" Medizin der "Pharma-Mafia." Ganzheitlich ist eben nur chic solange man gesund ist, solange es dazu taugt

Jaklar, darüber brauchen wir nicht reden. Wir hatten mal einen Thread über "Was ist Krankheit?"
Ich denke, dass man eher in diesem Ansatz die Disonanzen begründen kann.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 15:20:24
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 14:24:46
Bayle, wie kommst Du jetzt auf den Kapitalismus?
Ja, wie komme ich nur bei dem Begriff "Zweiklassenmedizin" auf "Kapitalismus"? :gruebel Das war halt so eine Assoziation. Eine andere hatte ich dazu nicht, mea culpa. Ich habe nur versucht, in Deinem Eingangspost einen Sinn zu finden – den habe ich dann wohl verfehlt.
:schreck
Zitatdass sich .... ein Gefälle in der Wahlfreiheit ergibt, sich gegen nicht-biologisch-fundierte Behandlungsmethoden zu entscheiden.
Tut mir leid, unter dieser doppelten Negation kann ich mir nichts Konkretes vorstellen. Gefälle zwischen Krankheiten? Zwischen Patienten? Zwischen Theorien? Ist dieses Gefälle, zwischen was auch immer, gut oder schlecht oder neutral? Ist es ein Faktum, handelt es sich um eine Hypothese, wie kann man das prüfen, was folgt daraus? Wenn es schlecht ist, wie soll man es ändern?

ZitatIch spreche von einem Vakuum im medizinischen Wissen, das leider von denen ausgefüllt wird, welche die Frage nach Antworten mit spiritualistischen Ansätzen scheinbar bedienen können.

Für den Fall, dass ich Dich diesmal richtig verstanden habe, hier meine Sicht auf das Problem:
Zitat von: bayle am 21. September 2012, 16:18:14
...
Ich möchte die Frage mal umformulieren: ,,Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig"
...
Die Interessen von Arzt und Patient sind nie deckungsgleich; im günstigen Fall besteht eine gewisse Überschneidung. Gemeinsam ist beiden aber die prinzipielle Unerträglichkeit des Umstandes, dass die Medizin nicht auf alle Fragen eine Antwort hat, selbst nicht auf scheinbar so triviale wie den Rückenschmerz. [...] Letztlich ist es nicht der zu schnelle, sondern der zu schleppende Fortschritt der Wissenschaft, der der Paramedizin Raum und Rechtfertigung gibt. Sie ist der "Gott der Lücke".
...
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:13:07
Bei den heiligen Gräbern von Marx, Lenin und Mao, ich spreche nicht von Klassenkampf. Aber in gewisser Hinsicht nehme ich auf jene Bezug, welche da vom Klassenkampf salbadern. Denn das sind die selben, welche stets nach ganzheitlicher, "revolutionärer", Medizin rufen. Damit sind aber diese es, welche in der medizinischen Praxis eine zwei-klassige Versorgungssituation erst schaffen.

In dem Thread hast Du auf die Diskussion zu einem Hörsturz Artikel verlinkt. Und was findet sich da? Ein Beitrag von einem der uns erzählt

ZitatDer kompakte und gut recherchierte Artikel hätte sehr von einer psychosomatischen Perspektive profitiert.
[...]
Den Hörsturz ohne Berücksichtigung des biopsychosozialen Kontextes als vaskulären Risikoindikator anzusprechen, ist ebenfalls nicht unproblematisch

https://www.aerzteblatt.de/archiv/69738?src=toc (https://www.aerzteblatt.de/archiv/69738?src=toc)

Auf der einen Seite die Patienten, welche - Glück im Unglück - an etwas leiden, wogegen die Medizin wirksame Diagnose- und Behandlungsmethoden in der Hand hat. Auf der anderen Seite jene, deren Leiden als "Zivilisations-" oder "Stresskrankheiten" verharmlost werden, eben weil die Medizin nichts in der Hand hat und das Feld teilweise mit einer fragwürdigen Bereitschaft zur Mittäterschaft den Spirituellen überlässt.

ZitatPathophysiologie und Therapie des Hörsturzes sind noch ungeklärt, aus dem ärztlichen Nichtwissen aber abzuleiten, eine Therapie als IGeL-Leistung einzustufen, kommt mit beinahe zynisch vor, zumal zuvor betont wurde, welche gravierenden Einschränkungen der einseitige Hörverlust für den Betroffenen mit sich bringt.

Aus ärztlichem Nichtwissen leitet sich die zweit-klassige Behandlung als Igel bzw. als "sanfter" Psychofall ab.

Tinnitus ist übrigens eine Globalisierungserkrankung (http://www.uni-bremen.de/universitaet/presseinfos/pressemitteilungen/einzelanzeige/article/globales-ohrensausen.html?cHash=6d57aa4f6ea61cc239d5394a1c25dd9d) Also für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest gegen die Zivilisation statt orthodoxe Medizin!
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 16:31:40
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:13:07
Auf der anderen Seite jene, deren Leiden als "Zivilisations-" oder "Stresskrankheiten" verharmlost werden, eben weil die Medizin nichts in der Hand hat und das Feld teilweise mit einer fragwürdigen Bereitschaft zur Mittäterschaft den Spirituellen überlässt.
Auch hier weiß ich ja nicht so genau, wie Du das nun meinst, aber das scheint mir eine sehr treffende Zusammenfassung für das hier zu sein (Zitat aus deinem Link):
ZitatTinnitus ist demzufolge ein körperlicher Widerstand gegen Entsubjektivierung und Entsinnlichung in Zeiten der Globalisierung. Denn Modernitätssprünge verursachen Ängste in den Menschen, sie können die derzeit stattfindenden Veränderungen nicht sinnlich begreifen und erleben sie laut Tillmann als Verlust von Geborgenheit. Sinnlich-körperliche Erfahrungen verschwinden durch den ständigen Wandel lebensweltlicher Prozesse. ...
Tillmann beobachtet als Psychoanalytiker auch das individuelle Leiden der Tinnitus-Betroffenen, dem die Medizin im Grunde hilflos gegenüber steht. Reflexhaft werden diverse pharmakologische und apparative Therapien angeboten, statt zuzuhören und verstehen zu wollen. Die Heilungsversuche der Gesundheitsindustrie beschränken sich auf Linderung der Symptome und Gewöhnung.
:grins
ZitatAlso für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest statt orthodoxe Medizin!
Leg Dich doch mal bitte fest, was du eigentlich sagen willst. Politischer Protest (gegen was, gegen "Modernitätssprünge"?), ersatzweise Psychoanalyse, hilft gegen Tinnitus?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:56:47
Zitat
ZitatAlso für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest statt orthodoxe Medizin!
Leg Dich doch mal bitte fest, was du eigentlich sagen willst.
Ich hätte es der Klarheit halber vielleicht mit einem Smiley kennzeichnen sollen.  :grins2: Soll eine ironishe Paraphrasierung des psychoanalytischen Unsinns von diesem Analytiker sein unter dem Aspekt, daß Tinnitus, gemessen an den Therapieempfehlungen (weil man sonst nichts wirksames hat) eben auch in die Kategorie der zweit-klassigen Erkrankungen gehört. Man stelle sich einen HNO Arzt vor, der auf der einen Seite "harte Medizin" betreibt, seine Patienten als Belegarzt im Krankenhaus operiert - solides Handwerk. Der auf der anderen Seite aber nichts als Allgemeinplätze für Waschweiber in der Hand hat, wenn ein Patient mit Hörsturz oder Tinnitus zu ihm komm. Welcher Patient wäre man wohl lieber? Solides Handwerk oder hilfloses Geschwurbel von Ganzheitlichkeit und romantische Verklärung?

Die meisten wollen eben solides Handwerk. So ideologisch, daß sie bei ihrer sanften Medizin bleiben, wenn es hart auf hart kommt, sind relativ gesehen eher wenige. Selbstheilungskräfte ist schickes blabla, solange man nicht selbst betroffen ist.

Aber - und das ist der Punkt - was Menschen wie dieser Analytiker aus ihrem Elfenbeinturm heraus an sentimentalem Murks predigen hat reale Auswirkungen für die Menschen, die mit wirklichen Leiden hilfe suchen. Die haben dann nicht mehr die Wahl. Für die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.

PS: Bayle, vielleicht würde es auch helfen, wenn Du nicht krampfhaft versuchen würdest, mich mißzuverstehen.  :o
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 17:08:07
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:56:47
Zitat
ZitatAlso für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest statt orthodoxe Medizin!
Leg Dich doch mal bitte fest, was du eigentlich sagen willst.
Ich hätte es der Klarheit halber vielleicht mit einem Smiley kennzeichnen sollen.  :grins2:
Ich bin erleichtert.
Zitatwenn Du nicht krampfhaft versuchen würdest, mich mißzuverstehen.  :o
Versuche ich gar nicht, das kommt ganz von allein.

Nochmal zur Sache:
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden. Nur: fällt Dir was Besseres ein?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 17:38:02
Ob mir was besseres einfällt? Ich möchte nicht sagen, daß sie daran Schuld sind, daß die Forschung eben nicht signifikant voranschreitet. Ich hätte auch in Deinen thread posten können, der das Grundproblem ja schon mehr oder weniger formuliert. Aber hier geht es mir weniger um die Frage ob und warum die Medizin "anfällig für Pseudo-Medizin" ist - das nehme ich erstmal als gegeben an ohne nach Schuldigen fragen zu wollen. Sondern darum, daß damit eben eine Art "Klasseneffekt" erzeugt wird. Eine Un-Menschlichkeit, von jenen geschaffen wird, die stets "Menschlichkeit" fordern (weil sie Menschlichkeit schlechthin mit ihrer Idee von Ganzheitlichkeit gleichsetzen)
Eine Erkenntnis, daß die Medizin gespalten, verdoppelt ist und sich die Eindrücke, welche zwei Patienten von der Medizin machen, fundamental unterscheiden können, je nachdem, mit welchen Problemen sie ihren Arzt ins Vertrauen ziehen. Bei dem, was sich "Komplementärmedizin" nennt, handelt es sich um einen faulen Kompromiss, der gerade jenen "Pluralismus" zu erledigen sucht, auf den er sich so gerne bezieht. Der Patient hat, wenn die Wissenslücken der Medizin mit Spiritismus gefüllt werden, nicht mehr die Wahl zwischen orthodoxer Medizin und Alternativmedizin. Er bekommt wahlweise das eine oder das andere in der selben Arztpraxis, je nachdem, ob der Arzt eine Pille (ich meine das im positiven Sinn) verschreiben kann, oder mit den Schultern zucken muß. Die Wahl, auf Alternativmedizin zu verzichten, gibt es kaum noch. Die "Komplementärmedizin" erlaubt es, Patienten wahlweise mit wirksamer biologischer Medizin zu versorgen, oder - wenn die orthodoxe Medizin auf eine Wissenslücke stößt - spirituelle Ganzheitlichkeit einzusetzen.
Stellen wir uns dann doch noch einmal die Frage, warum Mediziner anfällig für Pseudo-Medizin sind: Ich glaube, daß es bei vielen eine naturgegebene Affinität zum Spiritismus gibt. Die Zulassung eine Praxis zu führen ist für diese Menschen dann leider die Lizenz, ihre Neigungen hemmungslos auszuleben - sobald eben nicht der handfeste Knochenbruch vorliegt, sondern etwas Undurchsichtigeres, wo Spielraum für ganzheitliche Auslegung ist.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 17:56:15
ZitatStellen wir uns dann doch noch einmal die Frage, warum Mediziner anfällig für Pseudo-Medizin sind: Ich glaube, daß es bei vielen eine naturgegebene Affinität zum Spiritismus gibt. Die Zulassung eine Praxis zu führen ist für diese Menschen dann leider die Lizenz, ihre Neigungen hemmungslos auszuleben - sobald eben nicht der handfeste Knochenbruch vorliegt, sondern etwas Undurchsichtigeres, wo Spielraum für ganzheitliche Auslegung ist.

Mark Crislip sagt dazu:
ZitatThe default mode of the brain is not rational/critical thinking
http://www.sciencebasedmedicine.org/index.php/guiding-lights/
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 18:38:02
Die "Komplementärmedizin" ist ein fauler Kompromiss zwischen orthodoxer und alternativ Medizin.
Du zeigst ja gut auf, daß da ein Spannungsverhältnis ist (Die Interessen von Arzt und Patient sind nie deckungsgleich... ) Wie bewertest Du dann die Vermischung von beiden Medizinkonzepten unter diesem Gesichtspunkt? Hilft das dem "Pluralismus" und der Verbrauchersuveränität tatsächlich? Susan Sontag schreibt, in unserem Zeitalter erwarten wir von der Medizin, daß sie alles kann. Und die Medizin verschreibt sich auch selbst gerne dieser These, um ihr gesellschaftliches Anerkennen zu mehren. Da lastet doch von institutioneller Seite ein Druck auf dem einzelnen Arzt eine Antwort auf alles zu haben. Die Erwartung darf man nicht enttäuschen. Auch ein eigentlich seriöser Arzt fühlt sich da doch dazu verleitet im Zweifelsfall das Heil bei der Komplementärmedizin zu suchen - zum Nachteil des Patienten.

Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 19:01:01
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 18:38:02
Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?

Es gibt prinzipiell immer die Möglichkeit, dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken. Die Kunst besteht darin, dennoch Optimismus zu vermitteln. Doch, das geht.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 19:21:44
Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 19:01:01
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 18:38:02
Zitat
ZitatFür die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
Ich hätte das vielleicht nicht mit diesen Worten gesagt, aber ich bin prinzipiell einverstanden.
Be my guest. Wie würdest Du es lieber ausdrücken?

Es gibt prinzipiell immer die Möglichkeit, dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken. Die Kunst besteht darin, dennoch Optimismus zu vermitteln. Doch, das geht.
Ich glaube hier ist wieder ein Mißverständnis am Werk. Kann es sein, daß Du das so verstanden hast, als hätte ich gemeint, die Ärzte hätten nicht die Wahl "dem Patienten statt schöngeistiger Verklärung reinen Wein einzuschenken?"

In den Sätzen
ZitatDie haben dann nicht mehr die Wahl. Für die gibt's dann auch beim orthodoxen HNO-Arzt nur noch schöngeistige Verklärung.
verweist das "die" auf "Menschen, die mit wirklichen Leiden hilfe suchen"

Ich lobe mir das, wenn ein Arzt "reinen Wein" einschenkt und zu den Wissenslücken steht. Da ist kein Grund, warum man ihm das übel nehmen sollte.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 20:02:59
ZitatIch lobe mir das, wenn ein Arzt "reinen Wein" einschenkt und zu den Wissenslücken steht. Da ist kein Grund, warum man ihm das übel nehmen sollte.
Es gibt da auch noch einen anderen Aspekt. Nicht jede Wahrheit ist willkommen, und Ärzte sind auch nur Menschen. Ein scheinbarer Ausweg kommt da manchmal gerade recht, auch um den Preis, dass hinterher alles schlimmer sein kann.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 20:09:53
Klar. Gerade bei Selbsthilfegruppen zeichnet sich ab, daß es ein unglaubliches Maß an Selbsthaß (mea culpa) auch unter den Patienten selbst gibt, und auch viele Patienten sich der Anziehungskraft bestimmter Theorien nicht entziehen können. Aber möchtest Du damit noch irgendetwas anderes sagen? Macht es das nun besser?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 20:22:04
ZitatMacht es das nun besser?
Mir ist mal wieder nicht klar, was Du mit "es" machst. Es geht mir nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Erklärungsansätze.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 20:37:50
Mit "es" meine ich
Zitatdaß es ein unglaubliches Maß an Selbsthaß (mea culpa) auch unter den Patienten selbst gibt, und auch viele Patienten sich der Anziehungskraft bestimmter Theorien nicht entziehen können
Was sonst? Und Du verstehst mich nicht absichtlich falsch?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 20:52:11
Zitatunglaubliches Maß an Selbsthaß
Klingt irgendwie psychoanalytisch, unüberprüfbar. Ich kann damit nichts anfangen. Ähm, wie war nochmal unser Thema?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 21:10:10
Zitat von: bayle am 11. Mai 2013, 20:52:11
Zitatunglaubliches Maß an Selbsthaß
Klingt irgendwie psychoanalytisch, unüberprüfbar. Ich kann damit nichts anfangen. Ähm, wie war nochmal unser Thema?
"doppelte Negation, hermetisch, unüberprüfbar" - Willst Du uns mit Deinen pseudo-Einwänden beweisen, daß Du ein großer Junge bist und das Skeptiker-Einmaleins beherrschst?

"Ist es ein Faktum, handelt es sich um eine Hypothese, wie kann man das prüfen, was folgt daraus?"
– Applaus! 

Kommst Du Dir sehr geistreich vor?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 11. Mai 2013, 21:21:23
Postest Du jetzt nur noch, um meinen Seelenzustand zu erforschen?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: The Doctrix am 11. Mai 2013, 22:38:23
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:13:07
Tinnitus ist übrigens eine Globalisierungserkrankung.

$)

Zitat
Also für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest gegen die Zivilisation statt orthodoxe Medizin!

Ich bin seit 13 Jahren betroffen - und habe gleichzeitig viel Erfahrung in der Therapie von Tinnitus-Patienten. Glaubst Du ernsthaft, mir etwas über das Thema beibringen zu können?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 23:13:28
Zitat von: The Doctor am 11. Mai 2013, 22:38:23
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:13:07
Tinnitus ist übrigens eine Globalisierungserkrankung.

$)

Zitat
Also für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest gegen die Zivilisation statt orthodoxe Medizin!
Ich bin seit 13 Jahren betroffen - und habe gleichzeitig viel Erfahrung in der Therapie von Tinnitus-Patienten. Glaubst Du ernsthaft, mir etwas über das Thema beibringen zu können?
Sag mal liest Du eigentlich, was ich schreibe? Oder geht es nur darum Superkali zu bashen?!  >:(

Ich bin selbst betroffen. Ich habe Hilfe bei der Tinnitus Liga gesucht. Was ich bekam waren bunte Hochglanzbroschüren mit Psychobullshit. Dieser Püschoanalytiker ist mit seiner Globalisierungsthese in der Bücherliste der Tinnitus Liga. Und noch viel mehr Unsinn. Und viele Deiner Kollegen glauben tatsächlich an das Narrativ vom "Warnsignal der Psyche." Wenn Du Erfahrung mit Tinnituspatienten hast, schickst Du die auch auf Kindheitsreise zum Psycho? Erzählst Du denen auch "is halt der Stress" ? Wenn nein, was denkst Du über Kollegen die das tun?
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 23:14:16
Zitat von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Scheinbar bist Du das.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 12. Mai 2013, 00:49:06
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 23:14:16
Zitat von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Scheinbar bist Du das.

Kommunikation funktioniert nur, wen Sender und Empfänger annähernd die selbe Codierung verwenden. Pampig werden ist ein Zeichen, dass es wohl nicht funktioniert.

Aus Deinem Eingangposting geht nicht hervor, ob es sich um einen Beitrag offen zur Diskussion, eine Feststellung oder Fragestellung handelt, und im letzteren Fall worauf überhaupt geantwortet werden soll.

Insofern können wir bisher feststellen: Ich bin tatsächlich zu doof, ich kann aus kosmischem Rauschen keine Beatles-Songs erkennen. Gibt ja Leute, die das können.

Man kann übrigens auch mal einen Beitrag liegen lassen, sich auch überlegen, etwas Struktur reinzubringen, Absätze wären ein guter Anfang. Dann sich der Bezüge innerhalb der Sätze insoweit klar zu werden, wie sie ev. missverstanden werden können, wie man sie interpretieren könnte. Soviel Respekt gegenüber Anderen, auch wenn sie anderer Meinung sind, sollte drin sein.


Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: The Doctrix am 12. Mai 2013, 01:10:51
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 23:13:28
Sag mal liest Du eigentlich, was ich schreibe? Oder geht es nur darum Superkali zu bashen?!  >:(

Nö, aber in Deinerm Geschwurbel ist es nicht so ganz leicht, Dein Anliegen zu erkennen.

Zitat
Ich bin selbst betroffen. Ich habe Hilfe bei der Tinnitus Liga gesucht. Was ich bekam waren bunte Hochglanzbroschüren mit Psychobullshit. Dieser Püschoanalytiker ist mit seiner Globalisierungsthese in der Bücherliste der Tinnitus Liga. Und noch viel mehr Unsinn. Und viele Deiner Kollegen glauben tatsächlich an das Narrativ vom "Warnsignal der Psyche." Wenn Du Erfahrung mit Tinnituspatienten hast, schickst Du die auch auf Kindheitsreise zum Psycho? Erzählst Du denen auch "is halt der Stress" ? Wenn nein, was denkst Du über Kollegen die das tun?

Okay, das wird jetzt ein etwas längerer Text:

Woher kommt der Tinnitus?

Ein "chronisch komplexer Tinnitus" (so lautet die korrekte Bezeichnung) hat als Ursache stets einen akuten Hörsturz. Das bedeutet, dass (aus diversen Gründen) die Durchblutung des Innenohres für eine gewisse Zeit zusammenbricht. Dies führt dazu, dass eine gewisse Anzahl an Hör-Sinneszellen im Hörorgan (der "Schnecke") abstirbt. Diese Zellen sind also von diesem Zeitpunkt an tot, liefern keinerlei Informationen mehr an das Hörzentrum im Gehirn.

Das Gehirn versucht allerdings, diesem Mangel an neuronalen Informationen entgegenzuwirken, indem es die Empfindlichkeitsschwelle für Nervenimpulse aus dem betroffenen Frequenzbereich kontinuierlich erhöht. Da aber weiterhin keine Nervenimpulse im Gehirn eingehen (tot ist nun einmal tot!), steigert sich diese Reaktion in excessis. Soll heissen: das Hörzentrum im Gehirn wird irgendwann Intereferenzen von Nachbarfrequenzen wahrnehmen - allerdings auf massiv verstärktem Niveau. Das ist ungefähr so, als wenn Du den Mitteltöner Deiner HiFi-Boxen eintrittst und dann die Lautstärke der Anlage so lange erhöhst, bis Du meinst, auch aus Bässen und Hochtönern so etwas wie Mitten zu hören. Nur ist dies leider eine Illusion - eine Illusion um den Preis, das nun die unmittelbar dem Ausfall benachbarten Frequenzen so laut geworden sind, dass Du diese als lauten Dauerton hörst. Das ist der Tinnitus!

(Meine Frau hat ihn mal vor Jahren recht passend als "Phantomschmerz des Ohres" bezeichnet.)

Was kann man nun tun?

Gegen den Tinnitus selber - herzlich wenig, sobald die betroffenen Sinneszellen tatsächlich abgestorben sind. Tot ist nun einmal tot. Und gegen die Kompensationsmechanismen des menschlichen Gehirns kommt man kaum gegen an. Durchblutungsfördernde Substanzen wie z.B. "Trental"(TM) oder "Betahistin"(TM) sind maximal innert der ersten 72 Stunden nach Einsetzen des Hörsturzes erfolgsversprechend, danach geht kaum noch etwas. Leider!

Kann ich nicht doch etwas tun?

Radio Eriwan - "im Prinzip ja, aber..."
Was man tun kann, ist zu lernen, mit dem Tinnitus zu leben. Und hier kommt ganz entscheidend die "kognitive Verhaltenstherapie" ins Spiel. Lerne, mit Deinem Tinnitus umzugehen! Lerne, aus ihm zu lernen. Reduziere Deinen Stress, treibe Sport (verbessert die Durchblutung!), sorge für Abwechslung und Ablenkung im Alltag. Lerne Entspannungsverfahren (vor allem "Autogenes Training" kann (aus meiner persönlichen Erfahrung) sehr hilfreich sein - es dauert allerdings recht lange, bis man damit die eigenen Ohrgeräusche kontrollieren kann).

Mehr geht leider nicht. Sorry!

Aber ich kann Dir noch eine persönliche Erfahrung mit auf den Weg geben: ich höre meinen eigenen Tinnitus ca. 90-95% der Tageszeit nicht mehr. Es sei denn, meine Aufmerksamkeit wird darauf gelenkt (so wie jetzt gerade). Aber wenn er dann trotzdem einmal lauter wird, weiss ich, dass es für mich Zeit wird, mal einen Gang herunterzuschalten. Ich habe also im Laufe der Jahre gelernt, meinen Tinnitus nicht als Feind zu sehen, sondern vielmehr als Marker, wann ich mir mal wieder zu viel zugemutet habe. Und an diese "Empfehlungen" halte ich mich seit Jahren sehr erfolgreich.

"Stress" ist also tatsächlich ein Faktor, der den Tinnitus stärker hervortreten lässt. Ihn zu vermeiden ist m.E. heutzutage allerdings unmöglich. Ich finde es daher besser zu lernen, wie man besser mit Stress umgeht. Und genau das hat mir im Umgang mit meinem eigenen Ohrgeräusch sehr geholfen!


P.S.:
Ach ja, nur der Vollständigkeit halber: es gab zwischen 2006 und 2008 mal eine Studie an der Uni Heidelberg, die recht gute Erfolge in der Behandlung des Tinnitus mit Dihydrocannabinol (einem Nebenprodukt der Cannabis-Inhalation) zeigte. Die Studie wurde (aus mir nicht bekannten Gründen) leider nie abgeschlossen. Und als Mediziner darf ich selbstverständlich nicht zum Konsum illegaler Drogen raten.
Aber dennoch wollte ich dieses spezielle Detail nicht unerwähnt lassen.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 12. Mai 2013, 10:08:12
Neuer Anlauf:

Zitat von: Superkalifragilistisch am 10. Mai 2013, 07:34:08
Wird durch "sanfte" und "ganzheitliche" Heilmethoden eine Zwei-Klassen Medizin geschaffen?
Nein.

ZitatUmso hemmungsloser kann er [der Heiler] bei der Neurodermitis seinen spiritistischen Trieben nachgehen.
Das ist auch billiger. Das heißt, man spart sich das Geld für wirkliche Diagnostik, Arzneien und Forschung, wenn man so tut, als seien die verniedlichten "Zivilisationskrankheiten" dadurch zu heilen, daß man "Gleichgewicht" herstellt.
Im späteren Verlauf wird deutlich, dass Du mit ,,spiritistischen Neigungen" wahrscheinlich die Psychoanalyse meinst. Kein Hautarzt denkt: ,,Oh, eine Neurodermatitis, da ich spare mir jetzt mal das Geld für wirkliche Diagnostik, Arzneien und Forschung und tue so, als könne der Analytiker das heilen". Auch kein Vertreter der Universitäts-Dermatologie, der forschenden Pharmafirmen oder wer auch immer denkt: ,,könn' wir nix tun, also sparen wir uns jetzt mal die Forschung ..." – völlig abwegig.

Die Fülle der späteren Missverständnisse will ich jetzt nicht nochmal aufdröseln. Nur noch mal das Beispiel
ZitatTinnitus ist übrigens eine Globalisierungserkrankung Also für die Tinnitusgeplagten lieber politischer Protest gegen die Zivilisation statt orthodoxe Medizin!
Du sagst (glücklicherweise) hinterher, dass das ironisch war. Hätte ja genauso gut sein können, Du bist ,,der Bremer Diplom-Psychologe und Psychoanalytiker Michael Tillmann" höchstselbst, und nicht dieser Satz, sondern Deine Signatur wäre ironisch gemeint. Und dann fühlst Du dich in deiner Kulturkritik mit tragischem Unterton böswillig unverstanden.

Falls es Dir nicht aufgefallen ist: es hat in diesem Thread außer Dir noch vier Diskutanten gegeben (wenn wir Conina nicht mitzählen ;)), und wenn Du schon länger hier mitliest, dann weißt du: die haben alle schon mal über solche Themen nachgedacht. Von denen hat Dich keiner verstanden.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Hildegard am 13. Mai 2013, 22:45:59
Zitat von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Ich glaube jetzt, Tage später, Superkalli wie folgt verstanden zu haben:
Es gibt Krankheiten, die gut behandelbar sind und welche, die das nicht sind.
Diese schlecht behandelbaren Krankheiten erklären die Ärzte gern zu Lapalien, damit sie sich damit nicht weiter zu Lasten ihres Kassenbudgets beschäftigen müssen.
Entweder schicken sie ihren Patienten mit solchen Krankheiten dann zum Quacksalber, oder sie quacksalbern selbst.
Die zwei Klassen, Superkalli meint, sind also nicht zwei Klassen von Patienten, sondern zwei Klassen von Krankheiten.
Bin gespannt, ob ich mit dieser Interpretation richtig liege.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 13. Mai 2013, 23:20:31
Zitat von: Hildegard am 13. Mai 2013, 22:45:59
Zitat von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Ich glaube jetzt, Tage später, Superkalli wie folgt verstanden zu haben:
Es gibt Krankheiten, die gut behandelbar sind und welche, die das nicht sind.
Diese schlecht behandelbaren Krankheiten erklären die Ärzte gern zu Lapalien, damit sie sich damit nicht weiter zu Lasten ihres Kassenbudgets beschäftigen müssen.
Entweder schicken sie ihren Patienten mit solchen Krankheiten dann zum Quacksalber, oder sie quacksalbern selbst.
Die zwei Klassen, Superkalli meint, sind also nicht zwei Klassen von Patienten, sondern zwei Klassen von Krankheiten.
Bin gespannt, ob ich mit dieser Interpretation richtig liege.
Haargenau.  :wurst:
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Groucho am 14. Mai 2013, 00:02:34
Zitat von: Superkalifragilistisch am 13. Mai 2013, 23:20:31
Zitat von: Hildegard am 13. Mai 2013, 22:45:59
Zitat von: Groucho am 11. Mai 2013, 22:42:13
Ich verstehe immer noch nicht, welcher Erkenntnisgewinn hier am Ende stehen soll. Bin echt zu doof.
Ich glaube jetzt, Tage später, Superkalli wie folgt verstanden zu haben:
Es gibt Krankheiten, die gut behandelbar sind und welche, die das nicht sind.
Diese schlecht behandelbaren Krankheiten erklären die Ärzte gern zu Lapalien, damit sie sich damit nicht weiter zu Lasten ihres Kassenbudgets beschäftigen müssen.
Entweder schicken sie ihren Patienten mit solchen Krankheiten dann zum Quacksalber, oder sie quacksalbern selbst.
Die zwei Klassen, Superkalli meint, sind also nicht zwei Klassen von Patienten, sondern zwei Klassen von Krankheiten.
Bin gespannt, ob ich mit dieser Interpretation richtig liege.
Haargenau.  :wurst:

Ja Himmelhergottnochmal, dann SAGE ES DOCH SO!

Da ist nichts dagegen zu sagen, bzw. es ist tatsächlich diskussionswürdig.

Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 14. Mai 2013, 06:36:40
Da diese Formulierungen jetzt autorisiert sind  ;), können wir uns mit ihnen befassen:
Zitat von: Hildegard am 13. Mai 2013, 22:45:59
Es gibt Krankheiten, die gut behandelbar sind und welche, die das nicht sind.
Ja, unstrittig. Wie gesagt, die Paramedizin ist der "Gott der Lücke".
ZitatDiese schlecht behandelbaren Krankheiten erklären die Ärzte gern zu Lapalien, damit sie sich damit nicht weiter zu Lasten ihres Kassenbudgets beschäftigen müssen.
Nein. Zunächst ist bei den schlecht behandelbaren Erkrankungen grundsätzlich auseinander zu halten: a) Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen, die einen fluktuierenden und nicht-progredienten Verlauf haben (z. B. Fibromyalgie, Heuschnupfen etc.), und b) progrediente Erkrankungen, für die keine wirksame Therapie zur Verfügung steht. Letztere werden nicht ,,gern zu Lappalien erklärt". 
Zu Lasten des Kassenbudgets kann behandelt werden, wenn der GB-A eine Behandlung für notwendig und wirtschaftlich erklärt hat (§12 SGB V), sonst aber nicht. Ungeprüftes soll nicht von der Solidargemeinschaft bezahlt werden. Ich halte diesen Grundsatz für richtig – der Teufel steckt im Detail.
Und für erstere Gruppe von Erkrankungen gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot genauso. Darüber hinaus: sie sind gelegentlich Lappalien (wenn auch nicht in den Augen der Betroffenen). Eine Hautärztin hat mir mal erzählt, was sie tut, wenn sich ein Patient äußerst besorgt um eine kleine rote Stelle äußert: sie holt eine riesige Lupe hervor und sagt: ,,So, nun zeigen Sie mal!".

ZitatEntweder schicken sie ihren Patienten mit solchen Krankheiten dann zum Quacksalber, oder sie quacksalbern selbst.
Eben hatten wir, dass eine Aussage über ,,die Amerikaner" zu undifferenziert ist.  Das gilt auch für ,,die Ärzte".
ZitatDie zwei Klassen, Superkalli meint, sind also nicht zwei Klassen von Patienten, sondern zwei Klassen von Krankheiten.
und:
Zitat von: Superkalifragilistisch am 11. Mai 2013, 16:56:47Welcher Patient wäre man wohl lieber?
Die beste Krankheit taugt nichts.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 14. Mai 2013, 15:32:01
Du bist ein Troll, das ist unglaublich. Wenn ich mich differenziert ausdrücke, dann passt es Dir nicht, und jetzt passt Dir die vereinfachende Zusammenfassung von Hildegard nicht nur nicht, sondern Du krittelst auch noch an mir dafür rum. Ich werde auf Dein trollhaftes absichtliches Falschverstehen nicht mehr eingehen.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: The Doctrix am 14. Mai 2013, 15:51:13
Ein Geisterfahrer? Hunderte!
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: bayle am 14. Mai 2013, 17:18:49
Hast Du einen Doppelgänger, der Deine Posts fälscht? Eben noch sagst Du über Hildegard, sie hätte
Zitat von: Superkalifragilistisch am 13. Mai 2013, 23:20:31
Haargenau.  :wurst:
gesagt was Du meinst (nachdem Du selbst dazu nicht in der Lage warst), und nun ist das, was eben noch haargenau Deins war,
Zitatdie vereinfachende Zusammenfassung
für die Du Dich ,,bekrittelt" fühlst. Wer ist hier der Troll? Kind, Du weißt nicht was Du redest.
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: Hildegard am 14. Mai 2013, 21:34:01
Ich stehe als Parser gern weiterhin zur Verfügung ;-)
Aber nicht den Boten für die Botschaft schlagen, gell
Titel: Re: Zwei-Klassen-Medizin ?
Beitrag von: MrSpock am 15. Mai 2013, 11:50:53
Gibt es eigentlich auch einen Tinnitus am Auge? Ich sehe nur Pfeifen!