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Geisteswissenschaften

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Begonnen von Ladislav Pelc, 25. Januar 2013, 19:39:47

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ca55i0peia

Zitat von: sweeper am 27. Januar 2013, 13:06:23

Sowohl bei der Psychologie als auch z.B. bei der Linguistik wird es da schwierig.
Nicht nur da. Mathematik ist ja strenggenommen auch eine Geisteswissenschaft.



petermersch

Zitat von: gesine2 am 27. Januar 2013, 14:27:53
Narhallamarsch! Wurde Dir wurde nicht schon des öfteren erklärt, daß das eine Binsenweisheit in Bezug auf die Wissenschaft ist? Deswegen fällt ja Theologie nach landläufiger Meinung auch nicht darunter. Es gibt nur Konsens, der bei ausreichender Anteiligkeit auch gerne 'aktuelle Meinung' genannt werden kann. Wogegen das bis zum Erbrechen wiederholte Zitieren irgendwelcher abweichender Meinungen auch nicht anstinken kann.
Wurde mir schon des öfteren erklärt??? Ja von wem denn???

Im Übrigens ist Stearns/Hoekstra keine "irgendwelcher abweichender Meinungen" ...

So wie du reden eigentlich nur Personen, die sich hauptsächlich mit Kreationismusabwehr und vielleicht allerhöchstens gelegentlich mit Wissenschaft beschäftigen.

Zitat von: gesine2 am 27. Januar 2013, 14:27:53
Noch nicht verstanden? Strohmänner müssen schon sehr sorgfältig aufgestellt werden. Das Zitat wird nur dann sinnvoll und richtig, wenn bei ¹ 'unter anderem' eingefügt und das völlig unangemessene 'natürlicher/sexueller' entfernt wird. Natürlich (iSv selbstverständlich) ist Evolution natürlich, nie ist Selektion sexuell.

Das ist Blödsinn.

Wolleren

Zitat von: Ladislav Pelc am 25. Januar 2013, 19:39:47
Den aktuellen Blog-Artikel möchte ich zum Anlass nehmen, endlich mal eine Frage zur Diskussion zu stellen, die mir schon eine Weile im Kopf "rumspukt":
...
Nun stellt sich mir die Frage: Können für die Geisteswissenschaften vergleichbare "Regeln" aufgestellt werden, wie für die Naturwissenschaften, um erkennen zu können, was seriöses wissenschaftliches Vorgehen ist, und was nicht?
...
Aber um zur ursprünglichen Fragestellung zurückzukommen: Falls es auch für die Geisteswissenschaften solche "Regeln" gibt, gibt es dann auch "Über-Regeln", die sowohl für die Natur- als auch für die Geisteswissenschaft und somit für jegliches wissenschaftliche Arbeiten gelten? Oder handelt es sich bei Natur- und Geisteswissenschaften um zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die sich nur den gleichen Namen teilen?
http://blog.zeit.de/schueler/2011/05/03/wissenschaftliches-arbeiten/
http://bibliothek.fh-potsdam.de/fileadmin/fhp_bib/dokumente/Schulungen/wissenschaftliches_Arbeiten/Leitfaden_wiss_arbeiten_Graetsch.pdf
http://www.slideshare.net/jhoechtl/wissenschaftliches-arbeiten-mit-werkzeuguntersttzung

re: "um erkennen zu können, was seriöses wissenschaftliches Vorgehen ist, und was nicht?" Das Arbeiten mit Texten ist zentraler Bestandteil wissenschaftlicher Arbeit in allen Wissenschaften. Dafür gibt es Regeln. Für eine bestmögliche Verankerung der eigenen Aussage in der Literatur/Forschung (mindestens: Abgrenzung, Ableitung, Kontext) zu sorgen halte ich für eine Metaregel.
Der Umgang mit Texten ist aber selbst Teil des Problems, deswegen gibt es Aussagenlogik, Dekonstruktion und überhaupt Hermeneutik, Philologie, Sprachphilosophie u.v.m. Das macht es nicht einfacher.

Unterschiede zwischen den Wissenschaften und ihren Methoden gibt es, aber die hier geübte Betonung der Unterschiede löst kein einziges Problem. 

Ein recht verlässliches Unterscheidungsmerkmal zur Wissenschaftlichkeit ist der Umgang mit Kritik. Die Immunisierungsstrategien von Pseudowissenschaften, Pseudowissenschaftlern und pseudowissenschaftlichen Arbeiten lassen bestimmt aufzählen.
Zur Übung:
"Des Weiteren übt die xy-Wissenschaft Kritik an der postulierten Objektivität und Universalität (vor allem natur-)wissenschaftlicher Forschungsergebnisse."
Ich frage mich, ob sich xy mit dieser Aussage nicht der Wissenschaftlichkeit enthoben hat.

bayle

Das gehört auch hierher, finde ich. Kurt Flasch, der große Mediävist und Philosoph, schreibt in seinem eben erschienenen Buch ,,Warum ich kein Christ bin" (der Titel ist eine bewusste Anlehnung an Bertrand Russell) über die Abgrenzung der Geschichtswissenschaft von der Theologie:

ZitatWissenschaften definieren sich nicht durch ihre Inhalte (‹Stoffe› oder ‹Materie› genannt), sondern durch ihre Verfahren, ihre ‹Methoden›. Das sind Regelsysteme, die ihre Anwender oft für zeitlos halten, nur weil sie meist erst nach längeren Zeiträumen ausgetauscht werden. Wer in ein solches System eintritt, wird Experte, und zum Experten gehört, daß er methodenimmanent konsequent verfährt. Er kann Vorschläge zur Verbesserung oder Abänderung machen, aber auch diese müssen sich kohärent auf den vorhandenen Regelsatz beziehen. Mit bloßen Wünschen und Anmutungen ist hier nichts zu machen.

Ein solches System von Regeln ist die historisch-kritische Methode. Ich sagte, sie könne prinzipiell nicht den christlichen Glauben begründen. ... Die historisch-kritische Untersuchung hat als einzige theologische Disziplin unbestreitbare Ergebnisse gebracht, und darunter verstehe ich Ergebnisse, die nur zusammen mit dem Beweisweg vorgetragen werden, der zu ihnen geführt hat, so daß sie widerlegbar sind. Weil sie prinzipiell widerlegbar sind, sind sie überwiegend sicher. Es ist Mode geworden, die Ungewißheiten der Vernunft in den Kulturwissenschaften zu betonen. Aber mit Redensarten ist hier nichts gewonnen.

gesine2

Zitatin seinem eben erschienenen Buch
Das lag eben bei der Buchhandlung neben dem Dom (na ja, das RGM sitzt noch dazwischen) im religiösen Fenster.  Allerdings kam mir beim Entdecken zuallererst etwas ganz anderes in den Sinn...
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2

bayle

Gesine, Deine Assoziationen sitzen Dir einfach mal zu locker.  ;)
http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Flasch

gesine2

ZitatAssoziationen sitzen Dir einfach mal zu locker
Nu ja, bayle,

  • nicht 'mal', sondern seit ich zurückdenken kann

  • nicht 'zu', da sie nicht den Blick auf reale Muster verstellen

  • außerdem nur 'zuallererst', auch im Sinne von kürzestfristig, wohl mit-ausgelöst durch den Gedankenblitz "wä hat dat dann hej zwische jeklatsch?" angesichts dieses Werkes zwischen all dä hillije Bücher.

  • und nicht zuletzt prägen sich mir schräge Wortspiele immer schon gut ein.
Den nicht-Ostbahn Kurti hatte ich mangels Bekanntheit sogar noch vor dem gestrig-spätabendlichen posting nachgeschlagen, trotzdem schönen Dank fürs Querverweisen.
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2


Homeboy

Zitat von: ca55i0peia am 27. Januar 2013, 14:31:26
Zitat von: sweeper am 27. Januar 2013, 13:06:23

Sowohl bei der Psychologie als auch z.B. bei der Linguistik wird es da schwierig.
Nicht nur da. Mathematik ist ja strenggenommen auch eine Geisteswissenschaft.

warum denn nur "strenggenommen"?
Mathematik ist aus ganz ähnlichen, um nicht zu sagen identischen, Gründen wie die Philosophie eine Geisteswissenschaft. Beide kommen völlig ohne Realität/Welt aus - auch wenn Realität/Welt bereichernd sein kann, ist sie doch nur insofern notwendig, weil deren Betreiber mit jener konfrontiert sind.

Manchmal habe ich den Eindruck, unter Naturwissenschaft wird hier ein verkürzter Positivismus verstanden und alles was nicht mindestens das Praxisniveau von Ingenieur"wissenschaften" :rofl erreicht hat, gerne auch bedingt durch einen ähnlich banalen Forschungsgegenstand, gilt unter der Hand als Geistes"beschwörungs"wissenschaft und ist für Leute, die zu Dialektik keinen Zugang finden können eben Humbug, Geschwafel und Hirngespinste.

Und noch ein kleiner Rant: dann löst mal Verteilungs- und Gewaltprobleme dieser Welt, inkl. Kindersoldaten, bitte naturwissenschaftlich bzw. technisch. $)

HerrDerSchatten

Als Politikwissenschaftler, der eher "technisch" ergo statistisch arbeitet, habe ich mir die Frage, ob mein Fach wissenschaftlich ist, schon oft gestellt. Bitte beachten das foglenden text vor allem auf die Powi und die Soziologie zutrifft - geschichte, Psycho etc. liegen schon wieder etwas anders.

Die Antwort ist vielschichtig, läuft aber im wesentlichen auf "nein" hinaus.
Wie hier schon mehrfach aufgezeigt, fehlt es vor allem an einem wirksamen Korrektiv, an dem sich Theorien wiederlegen lassen - Theorien die nicht "liefern" können, unterliegen einem eher geringen Selektionsdruck.
Die Gesellschaft als solches ist nur sehr schwer in in Theoriemodelle zu pressen - zu komplex ist die Wirklichkeit: Personen, gesellschaftliche Systemen (Institutionen im Fachsprech), externe Rahmenbedingungen und anderes interagieren auf so komplexe Weise, dass das wie bisher kaum verstanden ist. Schlimmer noch: Auch "unpassende" Theorien finden in der ungeheuren Masse an Ereignissen immer wieder Ereignisse, die sie "erklären" können - in etwa so, wie man in Nostradamus Schriften nachher auch einen Sinn sehen kann. Dies führt dazu, dass z.B. Theoriegebäude wie der Kommunismus, der in seinem Kern eine wirklich hässliche Utopie ist und keine fundierte wissenschaftliche Hypothese, immer weiter existieren, weil niemand wirklich eindeutig beweisen kann, dass er Müll produziert.
Viele Politikwissenschaftler reagieren darauf mit dem Drang, ihre Ergebnisse in verklausulierte Satzungeheuer zu stecken, die verstehen behindern und nicht erleichtern - wer jemals Habermas, Luhmann oder Adorno erdulden musste, weiß was ich meine. Angelsächsische Politikwissenschaftler sind da etwas härter an Fakten orientiert, aber ihre Vorhersagen sind auch nicht massiv besser.
Insgesamt sind wir, als Fach, so etwas wie Meteorologen: Wir können euch sagen wie die Politik morgen aussieht (zu 99% wie heute), übermorgen geht auch noch (zu 90% Sicherheit), aber wir scheitern daran die wahrlich Interessanten Ereignisse vorherzusagen - einfach weil wir zuwenig Datenpunkte haben.

Als eine Randnotiz: Ein weiteres dringliches Problem ist die abkehr vieler Sozialwissenschaftler von mathematischen Verfahren - die meisten lieben Methoden die bestenfalls den Einzellfall betrachten, aber sind nicht in der Lage mathematische Verfahren anzuwenden. Dies führt zu zahllosen Einzelfallstudien, deren Generalisierbarkeit gegen null strebt. Aber vielleicht ändert sich mein Fach doch noch: Seit dem aufkommen von sozialen Netzwerken und ihren Absurden Datenmengen gibt es immer mehr Analysen die über "Big Data" arbeiten - diese erzielen meist bessere Ergebnisse.

bayle

@HerrDerSchatten
(immer noch besser als Herr der Heerscharen  ;))
'Tag erst mal.

Wenn ich mir Deinen Text so ansehe, dann finde ich übrigens, dass mein Flasch-Zitat, #35, gar nicht so weit weg ist davon. Wichtig scheint mir, den Weg zu den Erkenntnissen, worin auch immer sie im Einzelnen bestehen mögen, zu kennzeichnen. Dann sind sie ,,prinzipiell widerlegbar", kritisierbar, also ,,relativ sicher". Oder ist das zu blauäugig?

Groucho

Zitat von: bayle am 30. September 2013, 15:33:48
Wichtig scheint mir, den Weg zu den Erkenntnissen, worin auch immer sie im Einzelnen bestehen mögen, zu kennzeichnen. Dann sind sie ,,prinzipiell widerlegbar", kritisierbar, also ,,relativ sicher". Oder ist das zu blauäugig?

Die Frage wurde jetzt nicht an mich gestellt, aber ich bin mal so frei: Ich halte es für zu blauäugig. Über die Darstellung der Wege erfolgt keinesfalls per se eine prinzipielle Widerlegbarkeit. Es ist bereits eine Anforderung "an die Wege", prinzipiell falsifizierbar zu sein, um eine "relativ sichere" Nachvollziebarkeit zu gewährleisten. Das ist in den NaWis zwar (meitens) so, aber ich zweifle, dass man das in gleichem Maße auf die GeWis übertragen kann. 

Robert

Wenn die Mathematik eine GeiWi ist, dann kann man diese Kriterien sehr wohl anwenden. Man kann mathematische Beweise führen und auch beweisen, dass ein Satz nicht gilt, also falsifizieren.

Ich sehe Mathe da aber als Sonderfall an.