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Krise in der Ukraine

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Begonnen von RPGNo1, 18. Februar 2022, 18:04:53

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Max P

Zitat von: Peiresc am 15. November 2024, 19:17:51Wie fühlt man sich so als Streikbrecher, Herr Bundeskanzler?
Er scheint sich als jemand zu fühlen, der für die anstehende Bundestagswahl die Stimmen der Freunde des faulen Friedens für mindestens so gewichtig hält wie die der echten Friedensfreunde. Vielleicht trauen ihm so allerdings weder die einen noch die anderen...

Max P

ZitatUSA erlauben Ukraine Angriffe auf Russland mit weitreichenden Waffen 

US-Präsident Joe Biden erlaubt laut Medienberichten der Ukraine den Einsatz von weitreichenden Waffen gegen Russland. Die Ukraine soll bereits die ersten Angriffe planen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-11/usa-erlauben-ukraine-angriffe-auf-russland-mit-us-langstreckenwaffen?

Ob Trump das gleich wieder rückgängig machen wird?

HAL9000

Auch als weltberühmter Tänzer bekommt es dir nicht gut, wenn du Kriegsgegner bist.

Max P

Allgemeine Einschätzung des ukrainischen Journalisten Denis Trubetskoy der innenpolitischen Lage seines Landes:

ZitatMorgen wird der vollumfängliche russische Angriffskrieg gegen die Ukraine 1000 Tage alt. Wie geht es der Ukraine, wie geht es den Menschen hier und wie geht es insgesamt weiter? Spoiler: Die Lage ist tatsächlich schwer, aber nicht katastrophal oder hoffnungslos. Vorsicht: Sehr viel Text, wie immer bei solchen Posts (Übrigens: Ich freue mich immer sehr, wenn diese längeren Tweets eure Unterstützung erhalten, weil sie echt Zeit und viel Mühe kosten).

1. Ständig kriege ich (verständliche) Standardfragen dazu, ob die Menshcen nicht inzwischen kriegsmüde sind o.Ä., und werde daran erinnert, dass wir doch in unterschiedlichen Welten leben (keine Kritik). Den Menschen geht es seit 1000 Tagen schlecht. Was man in Deutschland "Kriegsmüdigkeit" nennt, begann am 24. Februar 2022. Aber ja, keine Frage: Im kommenden Winter teils ohne Strom, Heizung und Leitungswasser zu Hause auskommen zu müssen, wird noch anstrengender als im Winter 2022/2023, nach militärischen Erfolgen in der Region Charkiw und der Befreiung der Stadt Cherson. Ja, es geht massiv auf die Nerven, dass russische Drohnenangriffe inzwischen so gut wie jede Nacht den Schlaf zerstören. Ja, viele ukrainische Männer stehen unter extremem Druck, täglich mobilisiert werden zu können. Und ja, es kommen auch unvermeidliche Steuer- und Stromtariferhöhungen hinzu, während die Ukrainer seit Kriegsausbruch, sagen wir mal so, nicht reicher geworden sind. Es ist höchst beschissen (und das ist noch das diplomatische Wort dafür), auf Dauer so zu leben. Mir geht es vergleichsweise besser als vielen, doch für mich ist es ebenfalls oft schwer, Gründe zu finden, warum ich denn überhaupt aufstehen muss. Das hat aber bei mir persönlich auch mit meinem Beruf zu tun. Ich kann nicht abschalten und muss ständig auch die militärische Lage im Blick behalten.

2. Wie sieht diese denn aus? Dass die Entwicklungen an der Front aktuell nicht viele Gründe für Optimismus liefern, liegt auf der Hand. Nein, die Front bricht nicht komplett zusammen. Dass sich das Voranrücken der Russen innerhalb der letzten 1,5 Monate beschleunigte, ist aber offensichtlich. Man darf diesbezüglich weder in Panik verfallen noch die Situation schönreden. Der Preis, den Russland sowohl in Sachen Menschen als auch in Sachen Technik dafür zahlt, ist riesig. Irgendwann müsste dies vorerst ein Ende haben. Allerdings verläuft die russische Offensive etwa in der Region Donezk seit Oktober 2023 quasi ununterbrochen, was so kaum jemand für möglich gehalten hätte. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich gar keine Sorge mit Blick auf einen wirklichen Frontdurchbruch innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate hätte. Ich gehe aber nicht davon aus, dass dies passiert.

3. Wie blicken denn die Ukrainer unter diesen Umständen auf grundsätzliche Fragen des Krieges und des Friedens? Mit den Umfragen dazu sollte man ganz vorsichtig umgehen, denn sehr vieles kommt auf konkrete Formulierungen an. Das generelle Bild ist aber vor allem ambivalent, was natürlich ist. Das Thema der Mobilisierung ist ein gutes Beispiel dafür: Kein Mensch mit gesundem Menschenverstand würde sagen, sie wäre nicht notwendig und überlebenswichtig, doch sein eigenes Leben zu riskieren ist eine andere Sache. Insgesamt sehe ich drei Gruppen in der Gesellschaft, die sehr, sehr grob jeweils ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Die erste Gruppe lehnt jegliche Verhandlungen mit Russland ab. Die zweite Gruppe sieht es als höchste Priorität, dass der Krieg halt irgendwie aufhört. Und die Menschen dazwischen stünden im Prinzip einem Waffenstillstand entlang der Frontlinie ohne krasse russische Vorbedingungen offen gegenüber, doch es kommt auf konkrete Bedingungen und Umstände an. Sie werden etwa sicher nicht akzeptieren, dass die Ukraine besetzte Gebiete als russisch anerkennt (was Kyjiw sowieso nicht tun wird). Vor allem geht es jedoch um wirksame Sicherheitsgarantien für die Zeit danach, dies ist der absolute Schlüsselpunkt. Leider wird aber die potenzielle NATO-Mitgliedschaft des Landes mit dem Wahlsieg Donald Trumps nicht wahrscheinlicher - und es ist gut möglich, dass es sich hier um ein Zugeständnis handelt, auf das Kyjiw irgendwann eingehen müsste. Denn es gibt eine weitere Schlüsselforderung Russlands, die für die Ukraine absolut inakzeptabel wäre und über die man aus ukrainischer Perspektive nicht mal reden darf: Radikale Verkleinerung der Armee, des Waffenarsenals etc., also die sogenannte "Entmilitarisierung". Insgesamt ist aber der Mehrheit der Ukrainer weiterhin klar: Zur Fortsetzung des Widerstands gibt es keine Alternative.

4. Zum Faktor Trump gibt es in der Gesellschaft ganz unterschiedliche Einstellungen. Insgesamt überwiegt Pessismus, zumal seine bisherigen Personalentscheidungen wenig Gutes erahnen lassen. Vergleichbar positiv ist nur, dass es gerade im Sicherheitsbereich hätte noch schlimmer kommen können. Doch auch manche Pessimisten hoffen insgeheim, dass neue Dynamiken unter Trump nicht nur Schlechts bringen werden. Denn ein "Weiter so" mit der bisherigen Strategie bzw. "Strategie" wäre auch alles andere als ideal gewesen. Das Problem ist: Es gibt inzwischen gefühlt 38 000 "Friedenspläne" von Trump, die teils einander widersprechen und oft mit völlig utopischen Ideen glänzen (über Schutzzonen mit britischen und europäischen Soldaten kann ich nicht mal lachen). Die Grundidee, die sich herausliest, ist aber: Waffenstillstand entlang der Frontlinie, keine NATO-Mitgliedschagt der Ukraine, dafür aber Waffenlieferungen, um Russland abzuschrecken. Wieso das für Putin, der sich aktuell klar auf der Gewinnerseite sieht und für den eben die "Entmilitarisierung" so gut wie die wichtigste Forderung überhaupt ist, attraktiv sein sollte, erschließt sich für mich nicht. Also wird daraus mit der Wahrscheinlichkeit von 99,99 Prozent nichts. Weil Trump an einem Kriegsende zu russischen Bedingungen, welches doch wie seine Niedergale aussehen würde, aber auch kaum interessiert sein dürfte, stehen wir vor der Schlüsselfrage: Dreht er um und verstärkt die militärische Unterstützung der Ukraine - oder verliert er schlicht das Interesse und lässt das Ganze halt irgendwie laufen? In der Ukraine findet man durchaus Befürworter der beiden Thesen.

5. Innenpolitisch hat sich zuletzt nicht viel verändert. Aus Oppositionskreisen werden zwar wieder Gerüchte über mögliche Wahlen im nächsten Jahr gestreut. Ich sehe aber Null Vorbereitungen darauf, es ist eigentlich kein wirkliches Thema und die Bevölkerung ist weiterhin mehrheitlich gegen Wahlen im Krieg. Der Trend eines stetigen leichten Rückgangs des Vertrauens in Selenskyj setzt sich fort, ist jedoch nicht sonderlich gefährlich und dient vor allem als Ausdruck der verständlichen Unzufriedenheit mit der allgemeinen Lage. Insgesamt ist es so, dass Selenskyj von 20-25 Prozent der Bevölkerung prinzipiell abgelehnt wird, was auch vor dem großen Krieg der Fall war - und etwa genauso groß ist die Gruppe seiner treuen Anhänger. Die Menschen in der Mitte können unterschiedlich auf Fragen der Soziologen antworten, aber was für Selenskyj wichtig ist: Es gibt meist keine prinzipiell negative Einstellung gegenüber dem Präsidenten persönlich, was man nicht unterschätzen sollte. Auf den Sieg bei theoretischen Wahlen haben unverändert nur zwei Akteure realistische Aussichten: Selenskyj selbst und Ex-Armeechef und heutiger Botschafter in London Walerij Saluschnyj. Aus dem, was man über nichtöffentliche Umfragen dazu hört (ich verrate hier keine Geheimnisse, die nicht schon irgendwo in den Medien zu lesen waren), folgt heraus, dass der Letztere aktuell bei einer Stichwahl die Nase vorn hätte. Das alles ist aber reine Theorie: Die Wahlen werden ohnehin weder morgen noch übermorgen ausgetragen - und es ist völlig unklar, ob Selenskyj und Saluschnyj bei diesen überhaupt antreten würden. Als größtes innenpolitisches Problem würde ich aktuell die dünne Personalsituation im Regierungswesen bezeichnen. Bei der letzten großen Rochade im Kabinett hat man ja gesehen, dass die Personalien im Prinzip lediglich zwischen der Regierung und der Präsidentenkanzlei hin und her geschickt wurden. Wirklich neue Gesichter gab es kaum. Es ist noch schwerer geworden, etwa talentierte Manager aus der Wirtschaft in die Regierung zu holen. Einerseits sind die Positionen, sagen wir mal, des Verteidigungsministers oder des Finanzministers mitten im Krieg sowieso ein undankbarer Job. Andererseits sind die Gehälter in der Regierung beinahe lächerlich. Dafür kriegt man aber einen "Bonus" in der Form des lebenslangen Finanzmonitorings, was, na ja, nicht sonderlich angenehm ist.

6. Im nächsten Jahr wird es für die Ukraine vor allem darum gehen (offensichtliche außenpolitische Risiken lasse ich hier mal außen vor), mit gestiegener Munitionsproduktion im Westen und mit neuen vorbereiteten Brigaden die Lage an der Front zu stabilisieren, Russlands Vormarsch zu stoppen und hoffentlich auch für eine oder andere Überraschung zu sorgen. Ob es klappt, wird auf ukrainsicher Seite nicht zuletzt von der Mobilisierungssituation abhängen. Die im April verabschiedete Mobilisierungsreform (de facto Wehrregisterreform) hat zunächst einmal für deutliche Verbesserung der Rekrutierungszahlen gesorgt. Diese sind jedoch in den letzten Monaten wieder zurückgegangen. Diese Woche soll Selenskyj den sogenannten "Inneren Resilienzplan" der Ukraine im Parlament vorstellen, in dem es auch explizit um veränderte Mobilisierungsansätze gehen soll. Verteidigungsminister Umerow deutete heute an, dass man vom Zwang weggehen möchte. Schauen wir mal, was konkret gemeint ist, denn ich weiß nicht, ob eine realistische "zwangsfreiere" Lösung hier überhaupt vorstellbar wäre (außer der Steigerung der Gehälter, diese sind aber ohnehin recht okay und die Ukraine hat massive Haushaltsprobleme).

7. Am Ende würde ich mich gerne noch einmal wiederholen: Bei allen Problemen und Schwierigkeiten ist es auch im November 2024 viel zu früh, uns zu begraben. Ja, die allgemeine russische Zermürbungsstrategie ist nicht sinnlos und ja, teilweise könnte sie auch Wirkung zeigen. Doch insgesamt gehe ich unverändert davon aus, dass sie nicht aufgehen wird und dass Russland den ukrainischen Widerstand nicht entscheidend brechen kann, wie oft die russische Armee auch immer noch etwa die hiesige Energieinfrastruktur angreifen wird. Der Winter wird jedoch zweifellos hart.

https://x.com/denistrubetskoy/status/1858510059128430699 

Daggi

passt wahrscheinlich zum Thema:

Die Untersee-Datenkabel C-Lion1 zwischen Finnland und Deutschland sowie ein Kabel zwischen Schweden und Litauen sind von jemanden kaputtgemacht worden.

Das mit dem finnischen Kabel hatten wir schon: ein chinesisches Containerschiff namens "Newnew Polar Bear" hatte da verbotenerweise geankert und den Anker lange Zeit herumgegeschleppt.

eLender

Zitat von: Daggi am 18. November 2024, 22:16:36sind von jemanden kaputtgemacht worden
Ich vermute, man wird auffällige Radionuklid-Werte finden. Irgendwo, irgendwann ::) 
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Daggi


Daggi

Nach Newnew Polar Bear soll nun wieder ein chinesischer Frachter für die mögliche Sabotage verantwortlich sein: die "Yi Peng 3". Sie wurde von der dänischen Coast Guard gestoppt.