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Griechenland

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Begonnen von pelacani, 14. März 2015, 20:18:27

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Krebskandidat

Tja, "nach uns die Sintflut". Man kann sich vorstellen was passiert, wenn die anderen populistischen Parteien Europas an die Macht kämen. Nach einem halben Jahr wäre der Karren gegen die Wand gefahren und dann hieße es auch ups...  $)
"wenn gott nicht das universum und unsere physik gesetze geschaffen hat dann wie kann es sein dass wasser bei genau 0 Grad friert und bei genau 100 Grad kocht? Zufällig 2 runde zahlen, was wäre die wahrscheinlichkeit?"

Groucho

Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
Mal eine ganz andere Frage, wenn Griechenland nun wirklich in die Pleite geht und aus dem Euro ausscheidet, wie geht es dann mit dem Land weiter? Alt zu rosig sollten die Aussichten ja nicht sein?

Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

ajki

Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
die Aussichten...?

Ich hatte meine Meinung weiter oben schon umrissen.

Es gibt nur zwei Dinge, die "sicher" sind bei Rückkehr zu einer eigenen Währung:

1. Es wird zu einer Entwertung von Vermögen kommen müssen. Es ist nicht abschätzbar, wie hoch die "Inflation" sein wird - das hängt von vielen Faktoren ab. Es ist auch nicht bestimmbar, wie lange die zu erwartenden erratischen Schwankungen andauern werden, bis das Kursniveau sich irgendwo einpendelt - sicher ist wie gesagt nur, dass die Wertkorrektur unterhalb der jetzigen Quote angesiedelt sein wird. Inwieweit durch einen solchen "Neustart"-Versuch nach einer gewissen Zeit wieder Konsolidierung und in mittel-/langfristiger Folge ein positiver Trend zu erwarten ist, kann heute niemand sagen und auch die Höhe des Wertverlusts ist nicht prognostizierbar.

2. Bis irgendwann einmal eine neue Stabilität auf irgendeinem Niveau erreicht sein wird und dann noch mal einige Jahre zusätzlich werden alle Kredite teuer sein. Das sind sie schon seit den letzten paar Jahren und das wird sich auch bei eigener Währung nicht nur nicht änderen, sondern im Gegenteil eher verschlechtern. Was die Privatwirtschaft inklusive privater Haushalte eventuell wird machen können ist eine Kreditaufnahme über ausländische Quellen in Dollar oder Euro oder sonstwas. Für Firmen mag eine Kreditaufnahme in ausländischer Währung wie in vielen anderen Staaten durchaus möglich und günstiger als in eigener Währung sein - teuer ist es trotzdem und ob es für Privathaushalte machbar sein wird, bleibt vorerst wohl völlig offen (da wird es praktisch sofort Probleme geben mit den üblichen Refinanzierungen bei ablaufenden Laufzeiten von Hypotheken.................).

Alles andere ist noch nicht mal Kaffeesatzleserei - denn da hätte man ja wenigstens ein materielles Substrat, worin man "lesen" kann.
every time you make a typo, the errorists win

Scipio

Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Zitat von: Scipio am 29. Juni 2015, 22:39:24
Mal eine ganz andere Frage, wenn Griechenland nun wirklich in die Pleite geht und aus dem Euro ausscheidet, wie geht es dann mit dem Land weiter? Alt zu rosig sollten die Aussichten ja nicht sein?

Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Ich bin da nicht so optimistisch. Was ist mit notwendigen Importen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland? Werden die mit einer schwachen Währung nahezu unbezahlbar?

Patches O Houlihan

für eine Demokratie reicht es, wenn Referenden sehr grob gehalten bleiben. Warum auch nicht. Es erwartet doch niemand ernsthaft, dass Leute anfangen Dossiers zum Thema zu lesen, gerne mehrsprachig... jedenfalls nicht mehrheitsmäßig.

für ein Referendum würde sprechen, wenn sich die Bevölkerung mehrheitlich hinter T. stellt, was dem Vernehmen nach auch sein wird - so die Einschätzungen von vor Ort - dann ist doch klar, dass Herr T. damit ein sehr robustes Mandat bekommt zu tun, was auch immer er für richtig hält, Island-Nummer bzw. Argentinien-Joker inklusive. Er wäre schlecht beraten, würde er diese Dinge nicht wenigstens in Betracht ziehen.

Hier ein plausibles Szenario mit Argentinien-Joker der Island-Nummer:
1. Griechenland steigt aus der EU aus
2. Die offenen Rechnungen werden geprüft und zumindest teilweise (potenziell mehrheitlich) als illegal zustandegekommen gestrichen
3. Als Handelspartner bleiben Russland und USA, von mir aus auch China, Indien etc. - Handel bleibt also, in welchem Umfang auch immer, bestehen
4. Die EU wird alle Hände voll zu tun haben, Gexit-Imitationen zu verhindern, da wird man kaum eine Kolonie draus stricken können.
5. Der eigentliche Schlag bei Schuldnerausfall trifft doch wohl den Gläubiger, das ist beispielsweise unsere heimische Wehrsportindustrie. Nunja, mir kommen die Tränen.

nur mal so.
manchmal wundere ich mich schon, warum ihr hier in Sachen Politik so in 1-0-Denken verfallt.

pelacani

Zitat von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
2. Die offenen Rechnungen werden geprüft und zumindest teilweise (potenziell mehrheitlich) als illegal zustandegekommen gestrichen
...
Gläubiger, das ist beispielsweise unsere heimische Wehrsportindustrie

Du meinst, Griechenland ist gezwungen worden (sozusagen durch im Piräus liegende deutsche Panzerkreuzer), deutsche Rüstungsgüter zu kaufen, und kann deshalb seinen Schuldendienst nicht mehr leisten?

So hatte ich das noch gar nicht gesehen.  :stirn

Conina

LOL.

Die wurden sozusagen von Unmündigen regiert.

Das ist ein völlig neuer Markt für Verbraucherschützer: Regierungen.  ;D ;D ;D


Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Nicht_Peter

Tsipras öffnet erneut seine Wunderkiste: Jetzt soll mal eben eine dritte, zweijährige Zeit unter dem ESM beschlossen werden...  ::)

ajki

Zitat von: Patches O Houlihan am 30. Juni 2015, 15:27:17
4. [und]
5.

Griechenlands Problem (als Staatsakteur) ist aber doch (von Beginn an), dass real weder ein Einzelgläubiger noch internationale Konglomerate irgendwelche Probleme mit der Abschreibung der paar Milliarden hatten/haben/haben werden. Die Volkswirtschaft ist außer als "Exempel" einfach zu unbedeutend für irgendeine Bedrohung auf internationaler Ebene. Italien, Frankreich, selbst Spanien (im Verbund mit Portugal) wäre bedrohlich gewesen - für Griechenland als Staatsschuldner gilt das einfach nicht.

(Persönlich bin ich auch ohne jeden Einblick in die innere Diskussion des Landes bzw. seiner Bürger absolut davon überzeugt, dass sehr wohl jedem Bürger/Repräsentanten klar ist, dass der Schwanz [besser: die Schwanzspitze] nun mal nicht mit dem Hund wackeln kann)

re: Referendum bzw. das aktuelle fake eines Referendums

Es wurde oben schon mal angesprochen, dass durch den Wahlsieg der populistischen Parteien Ende letzten Jahres leider schon so etwas wie ein "Referendum" stattfand. Was ja auch genau die Zwickmühle ist, in der die populistischen Nullnummern nun erkennen zu stecken (in gewisser Weise ähnlich wie 2011).

Wenn etwas nun zum dutzendsten Mal bewiesen wurde, dann ist es die außerordentlich betrübliche Tatsache (für jeden engagierten Bürger ... edt: in ganz Europa!), dass (auch) die politischen Akteure in Griechenland nicht fähig waren/sind, die Diskussionen um die Probleme und Lösungen gut zu moderieren.
every time you make a typo, the errorists win

Antitainment

Zahlen, Statistiken ... das ist alles total Sarrazin! Ihr müsst richtig fühlen! FÜHLEN! Darum geht es.

Conina

Bei dem ganzen Scheiß interessiert mich übrigens nur, ob die Selbstreinigungskräfte von Demokratie und Markt wirklich funktionieren..

Details sind mir schnurzpiepegal..

Der Markt lässt sich eigentlich nie austricksen, der existiert sogar in Norkorea und Kuba.
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Alu-Verkleidung

Zitat von: Conina am 30. Juni 2015, 19:11:21
Bei dem ganzen Scheiß interessiert mich übrigens nur, ob die Selbstreinigungskräfte von Demokratie und Markt wirklich funktionieren..

Details sind mir schnurzpiepegal..

Der Markt lässt sich eigentlich nie austricksen, der existiert sogar in Norkorea und Kuba.

Wäre natürlich doof, wenn der "Markt" die Demokratie schon mit gereinigt hätte....^^

Herkulini

Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Das sehe ich komplett anders und möchte auch erläutern warum.

Zunächst mal bin ich der Meinung, dass Griechenlands Problem nicht die "zu starke" Währung, sondern die Strukturprobleme wie Korruption, Vetternwirtschaft, Klientelpolitik, keine effektive Steuereintreibung usw sind. Und diese Probleme werden durch eine neue Währung nicht verschwinden, sondern nur durch Reformen.

Beispiel Tomate: Wenn du die griechische Tomate billiger machen willst, brauchst du keinen Währungswechsel, du kannst die Tomate auch für weniger Euro auf den Markt stellen. Das wird zwar die Einnahmen des Bauers schmälern, aber das gleiche passiert ja auch wenn er in Drachmen bezahlt wird.
Wenn man also die griechische Wirtschaft durch Rückkehr zur Drachme wettbewerbsfähig machen möchte, ist das letztendlich dass gleiche, als dies durch Dumpingpreise zu tun.

Deshalb hätte ich auch nichts dagegen, dass Griechenland den Euro als offizielle Währung behielte. Ich habe aber sehrwohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.

Wiesodenn1

ZitatIch habe aber sehr wohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.

Genau: aber, dass die Griechen die Reformen betreiben liegt in griechischer Hand. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Griechen wirklich die nötigen Reformen je durchführen konnten/wollten.

Da hätten die Griechen wohl ein paar Jahre früher, als sich der Kollaps abzuzeichnen begann, Gegenruder geben müssen.

Oder sogar Jahrzehnte früher? Der Niedergang kam ja nicht von einem Jahr aufs andere.
Aber solange genug Geld da war...

Bernhard Hoëcker: "Homöophatie ist, wenn Du über ein Feld läufst, furzt und sagst es ist gedüngt."

Typee

Zitat von: Herkulini am 30. Juni 2015, 23:14:30
Zitat von: Groucho am 29. Juni 2015, 23:10:29
Doch, die Aussichten sind rosig. Es wird auf ein reales Maß abgewertet, dann müssen sie z.B. nicht mehr 25% ihrer Tomaten aus Holland importieren ... Die Wirtschaft hat wieder Chancen, wettbewerbsfähig zu werden. Bis dahin wird es vermutlich hart, aber Hilfslieferungen und sonstige Unterstützung außer Geld werden wohl bei Bedarf problemlos geschehen.

Das sehe ich komplett anders und möchte auch erläutern warum.

Zunächst mal bin ich der Meinung, dass Griechenlands Problem nicht die "zu starke" Währung, sondern die Strukturprobleme wie Korruption, Vetternwirtschaft, Klientelpolitik, keine effektive Steuereintreibung usw sind. Und diese Probleme werden durch eine neue Währung nicht verschwinden, sondern nur durch Reformen.

Beispiel Tomate: Wenn du die griechische Tomate billiger machen willst, brauchst du keinen Währungswechsel, du kannst die Tomate auch für weniger Euro auf den Markt stellen. Das wird zwar die Einnahmen des Bauers schmälern, aber das gleiche passiert ja auch wenn er in Drachmen bezahlt wird.
Wenn man also die griechische Wirtschaft durch Rückkehr zur Drachme wettbewerbsfähig machen möchte, ist das letztendlich dass gleiche, als dies durch Dumpingpreise zu tun.

Deshalb hätte ich auch nichts dagegen, dass Griechenland den Euro als offizielle Währung behielte. Ich habe aber sehrwohl etwas dagegen, dass Griechenland Milliardenkredite erhält ohne die notwendigen Reformen zu betreiben.

Die Drachme ist für Griechenland die einzige Möglichkeit, eine Abwertung herbeizuführen. Im Euro geht das nicht. Es ist zu einfach, zu sagen: dann verkaufen wir die Tomaten eben billiger. Mit dem Erlös der Tomaten müssen Rechnungen bezahlt werden. Und da Griechenland praktisch deindustrialisiert ist, stehen auf den Rechnungen hauptsächlich Importgüter. Billigere Tomaten bedeuten automatisch: alle können sich nur noch weniger von allen Konsumgütern, die nicht Tomaten und Oliven sind, leisten.

Eine Abwertung wäre wenigstens eine Möglichkeit, einen "kalten" Schuldenschnitt durchzuziehen. Frankreich hat das zu Zeiten des Franc immer wieder praktiziert. Das ist eben der Vorteil einer Weichwährung, oder einer Währung unter extrem hohem politischem Einfluss, wie es der US-Dollar ist. Amerika hat zweimal extreme Kriegsschulden durch Geldmengenvermehrung um den Preis von Inflation und Außenwertverlust abgebaut. Im Euro würde Griechenland noch Jahrzehnte nicht auf die Beine kommen.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)