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Die Genderdebatte

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Begonnen von Scipio 2.0, 07. Juli 2022, 12:59:49

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Bachblüte

Zitat von: eLender am 22. Juli 2022, 23:02:18Er [Prof. Diethard Tautz] hat noch etwas anderes gesagt, das wollte ich noch nachtragen:

ZitatJa, deswegen finde ich es auch problematisch, dass aus Teilen der queeren community versucht wird, neue Kategorien zu erfinden, das macht keinen Sinn, weil es eben ein Spektrum ist. Auch wenn die primären Geschlechtsorgane männlich oder weiblich sind, kann alles was danach kommt, eine andere Verteilung haben, also Verhaltensweisen, Strategien und Bevorzugungen.

Auch dem entnehme ich, dass er "männlich" und "weiblich" nicht ausschließlich auf "produziert Samenzellen" oder "produziert Eizellen" reduziert.

Mir ist nicht ganz klar, warum, wenn es sich um ein Spektrum handelt, das Kategorisieren keinen Sinn machen sollte: Auch der sichtbare Bereich des elektromagnetischen Spektrums ist ein Spektrum, und trotzdem hat so ziemlich jede Kultur mehr oder weniger viele Kategorien einigermaßen willkürlich herausgepickt und erfunden/benannt (Rot, Grün und Blau, aber auch Gelb, Gelbgrün, "Lavendelfarben", etc.).

Allerdings aber ist mir im Fall der Zwischenzustände zwischen "rein männlich" und "rein weiblich" ebensowenig klar, warum man dafür Kategorien erfinden sollte bzw. will:laugh:

Im Übrigen verstehe ich nicht einmal, weshalb diese "Debatte" so enorm emotionsgeladen ist. 

Gefährliche Bohnen

Zitat von: Bachblüte am 22. Juli 2022, 23:33:45
Zitat von: eLender am 22. Juli 2022, 23:02:18Er [Prof. Diethard Tautz] hat noch etwas anderes gesagt, das wollte ich noch nachtragen:

ZitatJa, deswegen finde ich es auch problematisch, dass aus Teilen der queeren community versucht wird, neue Kategorien zu erfinden, das macht keinen Sinn, weil es eben ein Spektrum ist. Auch wenn die primären Geschlechtsorgane männlich oder weiblich sind, kann alles was danach kommt, eine andere Verteilung haben, also Verhaltensweisen, Strategien und Bevorzugungen.

Auch dem entnehme ich, dass er "männlich" und "weiblich" nicht ausschließlich auf "produziert Samenzellen" oder "produziert Eizellen" reduziert.

Mir ist nicht ganz klar, warum, wenn es sich um ein Spektrum handelt, das Kategorisieren keinen Sinn machen sollte: Auch der sichtbare Bereich des elektromagnetischen Spektrums ist ein Spektrum, und trotzdem hat so ziemlich jede Kultur mehr oder weniger viele Kategorien einigermaßen willkürlich herausgepickt und erfunden/benannt (Rot, Grün und Blau, aber auch Gelb, Gelbgrün, "Lavendelfarben", etc.).

Allerdings aber ist mir im Fall der Zwischenzustände zwischen "rein männlich" und "rein weiblich" ebensowenig klar, warum man dafür Kategorien erfinden sollte bzw. will:laugh:

Im Übrigen verstehe ich nicht einmal, weshalb diese "Debatte" so enorm emotionsgeladen ist. 


Übrigens gibt es bei Wikipedia auch einen Eintrag zu biologischem Geschlecht und da heißt es :

ZitatDas Merkmal biologische Geschlecht bestimmt bei sich geschlechtlich fortpflanzenden Tieren und Pflanzen ob weibliche oder männliche Gameten produziert werden.[1][2]
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Biologisches_Geschlecht
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Peiresc

Zitat von: The Doctrix am 22. Juli 2022, 22:00:38Belobigungsschreiben des Kanzlers meiner Hochschule für meine "akademische Integrität" hängt bis heute in Gold gerahmt auf dem Patient*innenklo in meiner Praxis.
Deine Bescheidenheit hat Dich nicht verlassen. Aber vielleicht hattest Du nur Bauchschmerzen, dass Deine Promotion auch bei Vroniplag landet. Ups, da ist mir doch glatt schon wieder ein Jesus-Zitat übern Weg gelaufen:

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Zitat von: The Doctrix am 22. Juli 2022, 22:00:38Und nun bitte endgültig Schluss mit der Metadiskussion, okay?
Okay. Kehren wir zu Einstein zurück.

Peiresc

Die Linke ist unzufrieden. Die ganze Diskussion lenkt nur vom Klassenkampf ab.

Zitat von: Neues Deutschland von heuteAuf diese Weise würden die herrschenden Machtstrukturen unangetastet bleiben. Genau das erreichen die Konzerne, indem sie sich etwa zu Fürsprechern der Queer-Bewegung machen. Die Aktivisten freuen sich über das VW-Logo in Regenbogenfarben, aber keiner redet mehr über Kapitalismus und Warenfetischismus.

Schwuppdiwupp

Zitat von: Bachblüte am 22. Juli 2022, 23:33:45Im Übrigen verstehe ich nicht einmal, weshalb diese "Debatte" so enorm emotionsgeladen ist. 

Sommerloch in einer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft? :gruebel
Ach, was weiß denn ich ...

Peiresc

Nochmal zurück zu Tautz, verlinkt in #134. Dort wird er zitiert mit:
ZitatMan muss sich überlegen, warum gibt es überhaupt geschlechtliche Fortpflanzung und Sex? Um Variabilität zu erzeugen, die in der Evolution gebraucht wird, um sich etwa gegen Parasiten zu wehren, oder an neue Umweltbedingungen anzupassen. Das ist die Grundlage, warum überhaupt die Rekombination des genetischen Materials möglich ist.

Und das ZDF macht daraus die Unterschlagzeile:
Zitat"Das heißt, das Ziel der Evolution ist Variabilität, also Nicht-Binäre-Zustände.

Prof. Dr. Diethard Tautz

Noch abgesehen davon, dass das teleologisch ist (die Evolution hat kein Ziel, sie findet einfach statt), ist die Schlagzeile nicht dasselbe, sondern eher das Entgegengesetzte von dem, was Tautz hier gesagt hat: wenn wir ,,Nicht-Binäre-Zustände" als ,,Spektrum" oder gar als ,,Kontinuum" der Geschlechtsdifferenzierung auffassen, dann sind sie genau kein Evolutionsvorteil, sondern Totholz. Menschen mit organisch bedingten intersexuellen Störungen sind häufig oder im Regelfall zeugungsunfähig.

Juliette

Zitat von: The Doctrix am 22. Juli 2022, 22:00:38Das darauf folgende Belobigungsschreiben des Kanzlers meiner Hochschule für meine "akademische Integrität" hängt bis heute in Gold gerahmt auf dem Patient*innenklo in meiner Praxis. ;) )

Hm, ich war mal bei Leuten eingeladen, die auch alle möglichen hochtönenden Promotionen und Diplome jeglicher Art im Klo aufgehängt hatten. Ich fand das sehr heuchlerisch, denn das Klo ist der Ort, wo fast jeder diese Sachen mitkriegt (mitkriegen muss) und gleichzeitig tut man so, als ob es einem am A... vorbeiginge. Wirkt doch besser, als beim Aperitif seine Diplome vorzuzeigen... So ähnlich sind die Doppelnamen bei Frauen: Einerseits will man zeigen, wie wahnsinnig feministisch man ist, aber andererseits sollen doch bitte alle wissen, DASS man verheiratet ist.

Hat jetzt zwar nix mit dem Thema "Gender" zu tun, ist einfach ein Wesenszug, den ich armselig finde. Nix für ungut.

RPGNo1

ZitatQueer trübt Blick auf patriarchale Strukturen

Die Absage an die Zweigeschlechtlichkeit erschwert die Kritik an der patriarchalen Gesellschaft.

Den folgenden Beitrag schrieb die am 19. Juli 2022 im Alter von 95 Jahren verstorbene Philosophin und Psychotherapeutin Carola Meier-Seethaler im Jahr 2017 für «FrauenSicht». Er ist nach wie vor aktuell. Im Zentrum der kulturphilosophischen Schriften von Carola Meier-Seethaler steht die Kritik an patriarchalen Herrschaftsstrukturen und an patriarchalen Denkmustern, die das Weibliche diskriminieren und die Natur ausplündern.
https://frauensicht.ch/lobbys/frauen/queer-truebt-blick-auf-patriarchale-strukturen-2/

ZitatDie Schweizer Philosophin und Psychologin Carola Meier-Seethaler wurde aus einer Ausstellung über ,,Frauen in der Philosophie" gekegelt. Grund: Sie hatte gewagt hat, von der Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres ,,biologischen Geschlechts" zu sprechen. Doch der Rausschmiss der 95-Jährigen ging nicht durch.
https://www.emma.de/artikel/politisch-unkorrekte-philosophin-339411


Bachblüte

Zitat von: Peiresc am 23. Juli 2022, 08:27:13Nochmal zurück zu Tautz, verlinkt in #134. Dort wird er zitiert mit:
ZitatMan muss sich überlegen, warum gibt es überhaupt geschlechtliche Fortpflanzung und Sex? Um Variabilität zu erzeugen, die in der Evolution gebraucht wird, um sich etwa gegen Parasiten zu wehren, oder an neue Umweltbedingungen anzupassen. Das ist die Grundlage, warum überhaupt die Rekombination des genetischen Materials möglich ist.

Und das ZDF macht daraus die Unterschlagzeile:
Zitat"Das heißt, das Ziel der Evolution ist Variabilität, also Nicht-Binäre-Zustände.

Prof. Dr. Diethard Tautz

Noch abgesehen davon, dass das teleologisch ist (die Evolution hat kein Ziel, sie findet einfach statt), ist die Schlagzeile nicht dasselbe, sondern eher das Entgegengesetzte von dem, was Tautz hier gesagt hat: wenn wir ,,Nicht-Binäre-Zustände" als ,,Spektrum" oder gar als ,,Kontinuum" der Geschlechtsdifferenzierung auffassen, dann sind sie genau kein Evolutionsvorteil, sondern Totholz. Menschen mit organisch bedingten intersexuellen Störungen sind häufig oder im Regelfall zeugungsunfähig.

Ich bin nicht sicher ob das ein Widerspruch sein muss? Die "ambitionierte" Evolution mal außen vor gelassen, entsteht doch offensichtlich durch ständige zufällige Mutation des Erbguts, aber auch beispielsweise durch erworbene Änderungen an Rezeptoren oder Enzymen, oder durch Erlernen diverser Verhaltensmuster verschiedener Individuen einer Art, eine enorme Variabilität. Ich würde meinen, dass dieser intrinsische Hang des Lebens zur Variabilität eben alle seine Bereiche trifft, unabhängig davon, ob daraus ein Vorteil resultiert oder nicht (denn die Natur "plant" ja nicht). Erweist sich etwas von Vorteil, dann bleibt es, tut es das nicht, dann verschwindet es eben wieder, so wie im Fall der zeugungsunfähigen intersexuellen Mutationen.

Ob man diese Variabilität – im Falle des "Geschlechts", aber auch in anderen Bereichen des Lebens – als "Spektrum" bezeichnen will/sollte oder nicht, wäre dann natürlich nochmal eine andere Frage. Ich bin da vollkommen emotionslos, zumal wenn man es denn als Spektrum auffassen will, es sich nicht (wie im Falle von Farben) um ein einfaches eindimensionales, sondern um ein multidimensionales Spektrum handeln muss.

Ist obige Schlagzeile eigentlich vom ZDF? Ich hätte gedacht, sie ist ebenfalls eine zitierte Aussage von Tautz?


Zitat von: Gefährliche Bohnen am 23. Juli 2022, 00:29:38Übrigens gibt es bei Wikipedia auch einen Eintrag zu biologischem Geschlecht und da heißt es :

ZitatDas Merkmal biologische Geschlecht bestimmt bei sich geschlechtlich fortpflanzenden Tieren und Pflanzen ob weibliche oder männliche Gameten produziert werden.[1][2]
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Biologisches_Geschlecht

Danke!

Der zitierte Satz ist vielleicht etwas unglücklich formuliert, oder nicht? So wie es sich liest, scheint es zu erklären, welche Folgen sich aus dem biologischen Geschlecht ergeben – nicht aber, wie das biologische Geschlecht eigentlich definiert oder bestimmt wird.

Peiresc

editiert

Der Satz vom ZDF unterstellt doch, dass die sexuelle ,,Nicht-Binarität" irgendwie moralisch positiv konnotiert ist. Sie ist aber weder gut noch ungut (außer für diejenigen, die unter ihren Auswirkungen, z. B. Folgekrankheiten oder Zeugungsunfähigkeit, leiden), sie ist einfach da. Sie ist Folge von biologischen Gesetzmäßigkeiten, aber nicht ihr Sinn.

Zitat von: Bachblüte am 23. Juli 2022, 10:39:43entsteht doch offensichtlich durch ständige zufällige Mutation des Erbguts, aber auch beispielsweise durch erworbene Änderungen an Rezeptoren oder Enzymen, oder durch Erlernen diverser Verhaltensmuster verschiedener Individuen einer Art, eine enorme Variabilität [...] Erweist sich etwas von Vorteil, dann bleibt es, tut es das nicht, dann verschwindet es eben wieder, so wie im Fall der zeugungsunfähigen intersexuellen Mutationen.
Biologie ist nicht mein home turf, aber das nennt man Lamarckismus. Wie stellst Du Dir den Mechanismus der Vererbung vor? Solange diese Veränderungen nicht auf die Erbsubstanz der Keimzellen einwirken, sind sie für die biologische Evolution nicht weiter von Bedeutung. Natürlich mögen erlernte Verhaltensweisen zur Folge haben, dass der eine mehr, der andere weniger Kinder hat, aber die bisherigen 5000 Jahre menschlicher Kulturgeschichte, das sind grob überschlagen 160 Generationen, können auf die genetische Ausstattung keinen wesentlichen Einfluss gehabt haben; wir dürften uns da kaum vom Cro-Magnon-Menschen unterscheiden. Wenn die Kinder die neuen Verhaltensweisen nicht erneut sozial lernen, dann sind letztere wieder verschwunden.

Zitat von: WP, Lemma EpigenetikDa die DNA-Sequenz nicht verändert wird, können epigenetische Effekte nicht im Genotyp (DNA-Sequenz), sehr wohl aber im Phänotyp nachgewiesen und beobachtet werden.

PS. Es gibt Beispiele für die Kontraselektivität von Umwelteinflüssen. Beispielsweise ist die Inzidenz von Sichelzellanämie in Malaria-Endemiegebieten höher, weil die pathologisch veränderten roten Blutkörperchen gegenüber den Malaria-Plasmodien resistent sind. Es ist also ein Selektionsvorteil, den die Anämiker haben (aus dem Gedächtnis referiert).

Peiresc

Noch ein Beispiel, wie wenig Verhaltensweisen mit Vererbung oder Selektion zu tun haben. Die Häufigkeit der Homosexualität ist um Größenordnungen höher als die der intersexuellen Störungen. Homosexuelle sind nicht am anderen Geschlecht interessiert, sollten sich also auch erheblich seltener fortpflanzen. Es hat sie immer gegeben. Müsste sie nicht längst ausgestorben sein?

Max P

Zitat von: Peiresc am 23. Juli 2022, 08:27:13Und das ZDF macht daraus die Unterschlagzeile:
Zitat"Das heißt, das Ziel der Evolution ist Variabilität, also Nicht-Binäre-Zustände.

Prof. Dr. Diethard Tautz

Egal, ob der Prof. diesen saudummen Spruch tatsächlich selbst verschuldet hat oder ob er ihm von einer:m:x saudummen Redakt:ör:in:x in den Mund gelegt wurde, regt mich sowas auf wie eine Transfrau, die nicht aufs Damenklo darf. Ich habe hunderte Kreationist:innen:x-Debatten in christlichen Foren u.a. darüber geführt, dass die Evolution ein unpersönlicher Vorgang und kein zweckgerichtet handelnder Gegengott ist.
 

Max P

Zitat von: Schwuppdiwupp am 23. Juli 2022, 06:50:17
Zitat von: Bachblüte am 22. Juli 2022, 23:33:45Im Übrigen verstehe ich nicht einmal, weshalb diese "Debatte" so enorm emotionsgeladen ist. 

Sommerloch in einer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft? :gruebel

+1, bloß dass es dafür keines Sommerlochs bedarf.

P.S.:
Ich verstehe sehr wohl, dass es Betroffene gibt, deren Missachtungs- und Diskriminierungserfahrungen zu einer Widerstandshaltung und dem Wunsch führen, das eigene So-Sein auch sprachlich und wissenschaftlich akzeptiert zu sehen. Kann ich als Schwuler bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, auch wenn ich ziemlich binär orientiert bin. In meiner Jugend war Homosexualität zwar kein absolutes Tabu mehr, aber wenn von Sexualität gesprochen wurde, war immer vollkommen selbstverständlich ausschließlich und allein Heterosexualität gemeint. Das hat mich verstört und geärgert. Allerdings hatte ich natürlich keinen Grund, an einer weitestgehend binären Welt zu zweifeln; es ging nur um die Frage, wer mit wem.

Doch wie auch immer, der Versuch, die soziale Wirklichkeit durch die Erfindung absonderlicher Wortbildungen und Buchstabenkombinationen zu verändern, ist außerhalb winziger Bubbles zum Scheitern verurteilt und darüber hinaus geeignet, das Bemühen um echten Fortschritt lächerlich zu machen. 

Peiresc

Zitat von: Max P am 23. Juli 2022, 12:53:17
Zitat von: Schwuppdiwupp am 23. Juli 2022, 06:50:17
Zitat von: Bachblüte am 22. Juli 2022, 23:33:45Im Übrigen verstehe ich nicht einmal, weshalb diese "Debatte" so enorm emotionsgeladen ist. 

Sommerloch in einer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft? :gruebel

+1, bloß dass es dafür keines Sommerlochs bedarf.

Ich vermute, dass noch mehr dahinter steckt. Ich habe mal versucht, ernsthafte wissenschaftstheoretische Untersuchungen zu Gender Studies zu finden, aber ich bin nicht fündig geworden. Für den provozierenden verquirlten Gedankenbrei, den Judith Butler & Co. fabrizieren, habe ich bisher keine umfassende Untersuchung a la Sokal & Bricmont finden können. Ich lerne gern dazu und wäre für Literaturhinweise dankbar.

Ich denke mir, es hängt irgendwie zusammen mit der ungebrochenen Hausse, die der französische Antirealismus, Konstruktivismus, Postmodernismus, die Psychoanalyse und anverwandte Geistesrichtungen in den Sozialwissenschaften haben. Solche Quellen sind inzwischen ganz gut ausgeleuchtet. Für andere humanities liegen aus jüngerer Zeit einige systematische realistische Untersuchungen vor. Aber das ermüdende Geschäft, die ,,Wissenschaftlichkeit" der Genderfuzzis zu erden, scheint sich bisher niemand zugemutet zu haben. Wie gesagt: Tipps wären willkommen.

Bachblüte

Zitat von: Peiresc am 23. Juli 2022, 11:33:02
Zitat von: Bachblüte am 23. Juli 2022, 10:39:43entsteht doch offensichtlich durch ständige zufällige Mutation des Erbguts, aber auch beispielsweise durch erworbene Änderungen an Rezeptoren oder Enzymen, oder durch Erlernen diverser Verhaltensmuster verschiedener Individuen einer Art, eine enorme Variabilität [...] Erweist sich etwas von Vorteil, dann bleibt es, tut es das nicht, dann verschwindet es eben wieder, so wie im Fall der zeugungsunfähigen intersexuellen Mutationen.

[...] Solange diese Veränderungen nicht auf die Erbsubstanz der Keimzellen einwirken, sind sie für die biologische Evolution nicht weiter von Bedeutung.

Ja, Du hast vollkommen recht. Dessen bin ich mir vollkommen bewusst, daher auch meine Erwähnung nicht vererbter Dinge in meiner Beispielliste, und der Hinweis auf "alle Bereiche" des Lebens. Für mich entscheidend ist in Zusammenhang mit Tautz' Zitat nicht, ob und wie etwas vererbt wird, sondern dass die Natur einen ganz starken Hang zur Diversität bzw. Variabilität hat. Das beobachten wir überall um uns herum, ganz gleich ob es sich um "belebte" oder "leblose" Materie handelt. Ich darf an Schneeflocken erinnern, die bekanntlich eine irre Zahl an verschiedenen Kristallformen zeigen:

https://www.its.caltech.edu/~atomic/snowcrystals/class/class-old.htm

Vollkommen unabhängig davon ob vererbt oder nicht, vollkommen unabhängig davon ob lebendig oder nicht, klassifiziert wird doch immer, ganz besonders auch in der Biologie und in der Medizin. Auch dann, wenn etwas vollkommen ausserhalb jeglicher Norm liegt ("Papierkorb-Taxon"), auch dann, wenn etwas sehr selten ist (Saola), und auch dann, wenn etwas selten und pathologisch ist (bspw. Erbkrankheiten). Von daher sehe ich also keinen Grund, das nicht auch bei der Einteilung der Intersex-Zustände zu tun (wobei ich, wie oben schon gesagt, auch keinen triftigen Grund sehe zu versuchen, sie jetzt partout in ein "Spektrum" einzuordnen – denn diverse Bezeichnungen und Einordnungen gibt es ja bereits. Ich sage nur, prinzipiell sollte es gehen, aber ob und wieviel Sinn das macht kannst Du viel besser als ich beurteilen, ich habe von dieser Gendergeschichte keine Ahnung).

Zitat von: Peiresc am 23. Juli 2022, 11:33:02PS. Es gibt Beispiele für die Kontraselektivität von Umwelteinflüssen.

Der Begriff "Kontraselektivität" ist mir neu (und "Kontraselektion" ist wohl etwas anderes, negativ Angehauchtes), das Phänomen das Du beschreibst ist mir im konkreten Fall ebenfalls neu, im Allgemeinen fühle ich mich dafür durchaus an Einiges erinnert, das ich jetzt allerdings nicht auf Anhieb nennen könnte.

Für wie treffend hältst Du den Begriff? Ich würde meinen, es handelt sich dabei doch eigentlich "nur" um ganz "gewöhnliche" Selektion, ergänzt mit der zusätzlichen Eigenschaft, dass der Vorteil gleichzeitig auch ein Nachteil ist – oder nicht?