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Peter Wohlleben

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Begonnen von contor, 05. Februar 2020, 03:51:30

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eLender

Dazu ein Podcast bei der FAZ, der explizit auf Wohlleben eingeht. Der "Pilzexperte" verteidigt Wohlleben mit Wohllebens Schwurbel. Das hätte er ja gar nicht gesagt und wäre gar nicht zu kritisieren. Müller-Jung war mir schon immer ein wenig suspekt, aber hier hört mein Verständnis ganz auf. Er schwurbelt ständig von "Superorganismus". Warum sagt er nicht gleich "Gaia"?

ZitatStreit um Wohllebens Geschichten: Kooperieren die Bäume im Wald unterirdisch miteinander über Pilznetzwerke, wie Menschen übers Internet? Über fehlende Evidenzen und den Umgang mit Unsicherheiten und Narrativen.
https://www.faz.net/podcasts/f-a-z-wissen-der-podcast/sind-miteinander-sprechende-baeume-bloss-ein-mythos-18687442.html

Natürlich ist Wohlleben einer der Hauptschwurbler, der den ganzen Mythos zur "Wissenschaft" erklärt hat. Sowas bekommt man kaum noch aus den Köpfen, selbst bei Wissenschaftsredakteuren. ???

Nachplapp: Müller-Jung (Biologe, das Flaggschiff der Wissenschaft bei der FAZ) sagt: "nur weil es keine Evidenz gibt, heißt das ja noch lange nicht, dass etwas nicht existiert". Willkommen in der Pseudowissenschaft :2thumbs:

Ein passender Kommi zum Schrottcast:
ZitatEin Podcast, zwei Hosts, von denen mir Frau Anderl die deutlich "wissenschaftlichere", kritische Position einnimmt, zumal sie auch noch in der Lage ist, deutsche Sätze am Stück und in rezipierbarer Form zu sprechen. Dieses In-Schutz-Nehmen von Wohlleben durch Herrn Müller Jung aufgrund eines untergehenden Nebensatzes ist mir einfach viel zu platt! Wohlleben reitet recht profitabel auf der Öko-Welle, Wissens-Anschein bestens massen-wunsch-kompatibel und, wie viel zu wenig betont wird, vermenschlichend verbreitend. Dabei haben wir in Deutschland schon viel zu viele ahnungslose "Natur"-Romantiker, die von "Nachhaltigkeit" salbadern und gar nicht wissen, dass dieser Begriff in der Forstökonomie für einen wirtschaftlich optimierten Wald geschaffen wurde und im Gegensatz zur gnadenlosen Auslese, Artensterben eingeschlossen, gar nichts mit der Natur zu schaffen hat. Aber wenn die Mehrheit ihr Bild der Natur von Walt Disney & Bambi bezieht ...
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Einer geht noch. Das sind die Autoren der Studie zum Waldzauber im Interview. Ich finde die klasse, sowas passiert in der Wissenschaft selten. Helden der Wissenschaft sozusagen. Man stellt einfach mal gegenüber, was man weiß und was man gerne glauben will. Ersteres ist abgesichert, das andere gehört in die Kirche. Leider sind nicht nur die Wohllebens dieser Welt dem Glauben näher, auch so mancher Wissenschaftler, der schneller glaubt als er prüfen kann.

ZitatJustine Karst/M. Jones/J. Hoeksema on misinformation on common mycorrhizal networks in forests
This month in What we are reading, César Marín and Guillermo Bueno interview Justine Karst (U. Alberta), Melanie Jones (U. British Columbia), and Jason Hoeksema bout misinformation, positive citation bias, and overinterpreted results regarding common mycorrhizal networks in forests. Their Nature Ecology & Evolution article on the subject can be found here: https://www.nature.com/articles/s4155...

Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Ein echter Förster über den "Medien-Förster" ;D :

ZitatEine der Kernaussagen in Peter Wohllebens Buch ,,Das geheime Leben der Bäume" besagt, dass Bäume der selben Art sich weniger als Konkurrenten begreifen, als dies die Forstwissenschaft postuliert, sondern sich vielmehr gegenseitig aktiv unterstützen. So würden ,,Baummütter" ihre ,,Baumkinder" quasi stillen, nichts anderes sei der durch eine kanadische Wissenschaftlerin belegte Transport von Kohlenstoff von alten zu jungen Bäumen. Es waren romantische Bilder wie dieses, die einen medialen Hype auslösten und das Buch auf die Bestsellerlisten hievte.
...
Für die Behauptung, dass ausgewachsene Bäume bevorzugt Ressourcen und Verteidigungssignale über das Mykorrhizageflecht an ihre Nachkommen weitergeben, gibt es keine von Fachleuten überprüften, veröffentlichten Belege.
...
Was kann man aus diesem durchaus peinlichen Befund lernen? Erstens, dass die kritische interne Qualitätsprüfung der Wissenschaft zwar Zeit braucht, aber sie funktioniert. Zweitens, die Medien hätten gut daran getan, zu Beginn des Wohllebenhypes genauer hinzuschauen und angesichts seiner erstaunlichen Behauptungen zu fragen, ob der Kaiser denn wirklich Kleider anhat.
https://www.forstpraxis.de/wohlleben-auf-den-boden-der-tatsachen-gebracht-21908

Guter Kommentar, vor allem der Seitenhieb auf die "Medien", die das Waldwunder zu gerne gehypt haben. Die tun tatsächlich jetzt so, als wären sie da immer sehr skeptisch gewesen. Genau wie bei Relotius ::)
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

So, jetzt geht es dem Waldschrat nochmals an den Kragen, diesmal von einem internationalem Forscherkollektiv. Man ist in der Wissenschaft - zu recht - sehr genervt von solchen Gestalten, die nicht aufklären, sondern verklären. Das ist dümmliche Volksesoterik zum Wohlfühlen. Aber man muss den Leuten schon sagen, dass es Einhörner nur als aufblasbare Gummiware gibt und Bäume nicht sprechen können. So bitter das auch ist (auch für die Verkaufszahlen von Büchern).

ZitatAnfangs fiel die Kritik daran eher verhalten aus, die Fachwelt hatte sich darauf verlegt, Wohlleben gekonnt zu ignorieren. Nun allerdings ist es damit vorbei, die Wissenschaft ruft zur Gegenoffensive: 32 Forscherinnen und Forscher! Aus elf Ländern! Haben 87 wissenschaftliche Publikationen zum Thema ausgewertet, doch Evidenz sei nirgends zu finden gewesen. In dieser Woche erschien ihr Aufsatz im Fachblatt Trends in Plant Science und zerpflückt Wohlleben ebenso gründlich wie die aus Kanada stammende Suzanne Simard mit ihrem Buch Die Weisheit der Wälder. Die Idee, es gebe ein Wood Wide Web, ein riesiges Pilzgeflecht, mit dessen Hilfe die Bäume miteinander kommunizieren, sei kaum mehr als Wunschdenken. Und deshalb sollte dringend Schluss sein mit Schwärmerei und Verklärung: Bitte keine Vermenschlichungen mehr, ein Baum ist ein Baum ist ein Baum!
https://www.zeit.de/kultur/2023-09/vermenschlichung-natur-wald-gefuehle-peter-wohlleben

An den Artikel komme ich bisher nicht, aber ich bleibe am Ball...

ZitatWer würde die Forscher nicht verstehen? Sie machen ihren Job, sie wollen wissen, was ist. Und blicken irritiert und verärgert auf jene, die lieber von dem erzählen, was sein könnte und sollte. Längst ist ja Wohlleben umringt von zahlreichen ähnlichen Andersdenkern, darunter Philosophen wie Emanuele Coccia oder Stefano Mancuso oder auch Tierfilmer wie David Attenborough, der schon früh den Eigensinn der Pflanzen pries. Attenborough schwärmte gar von der Seele der Pflanzen, davon, dass auch Bäume sehen, ja sogar zählen könnten und ein erstaunliches Zeitgefühl besäßen. Und gibt es nicht auch pflanzlichen Schmerz, vegetabiles Leid, kann es nicht sein, dass einer Rose, schneidet man sie ab, ein stiller Schrei entfährt, dass sie jammert und klagt, unsere Ohren aber nicht dazu gemacht sind, dieses Jammern und Klagen zu hören?

Attenborough ist auch so ein Kandidat. Das hatten wir auch schon beim Flammenbusch gesehen. Aber es sind auch so Gestalten wie Arvay, die sich den Wunsch nach Dummheit angenommen haben.

Der Zeit-Artikel verteidigt absatzweise das Vorgehen, weil die Menschen sich so eine Welt halt nunmal wünschen und man sie so für die Natur begeistern könne. Aber das ist das Kernproblem der ganzen Pseudowissenschaft und Esoterik. Nicht verstehen zu wollen, wie die Welt ist, sondern zu verlangen, dass sie so ist, wie man es am liebsten hätte. Nennt man auch Gegenaufklärung / Romantik.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Max P

Zitat von: eLender am 24. September 2023, 23:03:49oder auch Tierfilmer wie David Attenborough, der schon früh den Eigensinn der Pflanzen pries. Attenborough schwärmte gar von der Seele der Pflanzen, davon, dass auch Bäume sehen, ja sogar zählen könnten und ein erstaunliches Zeitgefühl besäßen.
Ich berzweifle sehr, dass Attenborough dass so gesagt hat. Natürlich übersetzt er biologische Sachverhalte erzählerisch und dramatisierend, aber gewiss nicht mit dem unterstellten esoterischen Touch. Hier z.B. ein naturwissenschaftlich völlig korrekter Fall einer Pflanze, die "zählen" kann:



zimtspinne

Tierfilmer sind im weitesten Sinne auch künstlerisch tätig und dürfen ihre Arbeit natürlich mit gewisser künstlerischer Freiheit ausgestalten.

Dass Pflanzen keine Dummbrote sind, sondern über ihre eigene Formen der 'Intelligenz', eines 'Immunsystems', 'Sinnesorgane', Kommunikationswege etc mit ihrer Umwelt verfügen, ist ja jetzt auch nichts Neues.

https://www.nationalgeographic.de/umwelt/die-sinne-der-pflanzen

Wie Menschen oder Tiere antworten Pflanzen auf Umweltreize und wechselnde Umwelteinflüsse, indem sie ihren Stoffwechsel und ihre Entwicklung ändern/anpassen. Über ein komplexes System nehmen sie die Signale, die in die verschiedenen Zellen, Gewebe, Organe weitergegeben werden, an der Oberfläche und im Innern wahr. Wird in der Botanik auch "Signalkaskade" genannt.

Dieser Mechanismus setzt --ähnlich wie bei Tieren/auch Menschen-- die Aktivierung oder Inaktivierung von Genen in Gang. Es können auch viele Gene sein, die simultan aktiviert oder inaktiviert werden.

Und ja, einzelne Pflanzen können furchtbare Zicken sein.
Keiner weiß, warum ihre Geschwister (oder Klone) weniger oder gar nicht rumzicken.
Ich betrachte alle meine Pflanzen als quasi Individuen, die man keinesfalls über einen Kamm scheren darf, selbst wenn sie enge Verwandte sind.... am besten alle einzeln beobachten und individuell pflegen. Jede hat ihren eigenen Kopf und Persönlichkeit (fast so schlimm wie die Katzen). ;)


Reality is transphobic.

RPGNo1

Zitat von: eLender am 24. September 2023, 23:03:49In dieser Woche erschien ihr Aufsatz im Fachblatt Trends in Plant Science und zerpflückt Wohlleben ebenso gründlich wie die aus Kanada stammende Suzanne Simard mit ihrem Buch Die Weisheit der Wälder.

Dieser Aspekt hat es auch schon in die Wikipedia gebracht.

ZitatEine ebenfalls 2023 im Fachblatt Trends in Plant Science erschienene Analyse weist nach, dass zentrale Aussagen von Peter Wohlleben wissenschaftlich nicht haltbar sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Wohlleben

ZitatIn a paper published in Trends in Plant Science, numerous botanical researchers criticized the claims made in the book, some of which are not based on scientific data and contradict established knowledge in many respects, in order to promote a misleading anthropomorphization of trees.
https://en.wikipedia.org/wiki/Finding_the_Mother_Tree

(At Bhaal Temple)
Karlach: What a pesthole! Can't wait to clear this place out.
Minsc: There will be much trading of threats and insults, no doubt. But Minsc will be ready when it is time for boot to meet butt.
Karlach: You and me both, pal.

eLender

Zitat von: Max P am 24. September 2023, 23:43:40Ich berzweifle sehr, dass Attenborough dass so gesagt hat.
Ich kenne diese Aussagen von ihm nicht, glaube aber kaum, dass der Zeit-Autor das nur erfunden hat. Spätestens mit seiner Lügengeschichte mit dem sich selbst flambierenden Gebüsch hat er für mich sehr an Glaubwürdigkeit verloren - ich schätze ihn nicht mehr besonders aufklärerisch / wissenschaftlich seriös ein. Ich hatte tatsächlich mal Achtung vor ihm, aber da war ich auch noch jung und naiv :angel: 

Bei Attenborough sehe ich - abseits seiner Schwindeleien - vor allem die Verklärung bzw. übertriebene Romantisierung der Natur (die sich in einer eher unrealistischen Darstellung derselben zeigt) als das Problem.

Zitat von: zimtspinne am 25. September 2023, 08:00:55Dieser Mechanismus setzt --ähnlich wie bei Tieren/auch Menschen-- die Aktivierung oder Inaktivierung von Genen in Gang. Es können auch viele Gene sein, die simultan aktiviert oder inaktiviert werden.
Du bist aber unromantisch ::)  Klingt ja beinahe so, als wären das Apparate, die nicht denken, fühlen und lachen sprechen können. Dabei könnense doch bis mind. drei zählen, was sie schon fast menschlich macht :teufel

Ich bin auch Bewunderer der Botanik (das hat mich immer mehr interessiert als die Tierchen) und finde das Zeugs in seiner ganzen Komplexität auch faszinierend. Dabei beschränke ich mich aber auf das faktische Wissen, ohne Verklärung und Romantisiererei. Das ist immer noch tausendmal fantastischer als das Geschwurbel (Dawkins hat dazu auch mal ein Buch geschrieben, das ich aber nicht gelesen habe) und nicht weniger "magisch". Ich rede zwar nicht mit meinen Pflanzen, aber ich habe sie schon irgendwo lieb :-*

Aber - um wieder zu Waldschrat zu kommen - man sollte das eben nicht übertreiben bzw. die Natur so sehen und beschreiben, wie sie ist. Was solche Naturverklärer machen, ist nichts anderes, als das, was die Esoteriker auch machen - und es ist mindestens genauso schädlich.

Zitat von: RPGNo1 am 25. September 2023, 10:39:01Dieser Aspekt hat es auch schon in die Wikipedia gebracht.
Wow, man findet versteckt ein paar kritische Anmerkungen. Der ganze Artikel ist ansonsten ein Loblied auf den Waldguru; er muss vom anderen Planeten sein. Das ist auch so ein Symptom an solchen Gestalten: sie werden bis zum Abwinken gehypt und als Naturerklärer (der uns Menschen erst klar macht, wie wichtig das alles ist) aufgebaut; Kritik daran ist dann irgendwie anti-öko oder gar neurechts. Es gab immer nur im Hintergrund ein paar echte Fachleute, die das sehr kritisch gesehen haben, aber die wurden halt als die ewig gestrigen gelabelt (auch so ein Pseudowissenschafts-Trick, man hätte ein veraltetes Verständnis...).

Aber langsam sickert es auch zum Laien durch. Ich fürchte allerdings, man will so eine Kritik gar nicht hören. Das ist auch wieder wie bei den Esos: man will das glauben, deshalb ist es auch so erfolgreich und kaum mit Kritik / faktisch zu widerlegen. Der Baumschrat hat eine riesige Jüngerschaft Fangemeinde, der sieht sich eher als Opfer einer Verschwörung.

Ein weiteres Verschwörungsinstitut:

ZitatAnalysiert wurden 87 wissenschaftliche Publikationen. Das internationale Autor*innenteam fand jedoch keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Bäume schwächere Individuen der gleichen Baumart unterstützen. Im Gegenteil: Es existieren belastbare wissenschaftliche Belege, dass es sowohl zwischen Bäumen gleicher wie auch unterschiedlicher Art zu Konkurrenz um begrenzte Wuchsressourcen wie Licht, Wasser und Nährstoffe kommt. Ebenfalls nicht wissenschaftlich belegbar ist die Annahme, dass Bäume miteinander kommunizieren und beispielsweise überschüssigen Kohlenstoff gezielt über das pilzliche Mykorrhiza-Netzwerk (Wood Wide Web) untereinander austauschen. Damit fehlt die Evidenz für das Grundkonzept des Mutterbaums (Mother Tree), der sich um seine Nachkommen kümmert.
https://www.thuenen.de/de/newsroom/detail/baeume-sind-anders-als-menschen-und-das-ist-gut-so

Und weils so lustig ist und gerade hier reinpasst:

ZitatNature documentaries have never been more popular, in part because they offer easy escapism during a rough time, and in part because marijuana has been legalized in much of the United States. The combination is hard to resist, as my experience with A Perfect Planet proves. The stoned attention span perfectly matches the length of each vignette, in which Attenborough's soothing, avuncular voice guides you through a simple story about animal life. In between, you are treated to epic, empty landscapes and intense close-ups of the rich colors and textures of the nonhuman world, which pop off like fireworks in your wide-open mind. The effect is awe-inspiring but also surprisingly chill. And there are no troublesome humans on-screen to kill the vibe.
https://www.theatlantic.com/culture/archive/2021/04/problem-nature-documentaries/618553/

Jaja, so Filmchen sind die passende Berieselung unter Bubatz. Ich glaube beinahe, man produziert sie vornehmlich für diese Gelegenheit. Und wenn wir alle (die in D leben) nächstes Jahr ebenfalls unter die Dröhnungs-Gärtner gehen dürfen, wird sich das Phänomen noch ausweiten. Und bei der Beschäftigung mit der Botanik wird man selbst feststellen, dass jede Pflanze anders dröhnt einzigartig ist, selbst die Klone :-X

Wollte ich nur mal gesagt haben!

Max P

Zitat von: eLender am 25. September 2023, 23:11:03
Zitat von: Max P am 24. September 2023, 23:43:40Ich berzweifle sehr, dass Attenborough dass so gesagt hat.
Ich kenne diese Aussagen von ihm nicht, glaube aber kaum, dass der Zeit-Autor das nur erfunden hat.
Der Zeit-Autor hat einen wolkigen Feuilletonartikel geschrieben, aber keine ernsthafte Auseinandersetzung mit Naturdokus und -betrachtungen. Ich habe mehr als genug von Attenborough gesehen, um sagen zu können, dass des Zeit-Autors Beurteilung von Attenborough grob verzerrend ist. Außerdem bleibt er sowieso ganz unkonkret.

Zitat von: eLender am 25. September 2023, 23:11:03Spätestens mit seiner Lügengeschichte mit dem sich selbst flambierenden Gebüsch hat er für mich sehr an Glaubwürdigkeit verloren - ich schätze ihn nicht mehr besonders aufklärerisch / wissenschaftlich seriös ein. Ich hatte tatsächlich mal Achtung vor ihm, aber da war ich auch noch jung und naiv :angel: 

Bei Attenborough sehe ich - abseits seiner Schwindeleien - vor allem die Verklärung bzw. übertriebene Romantisierung der Natur (die sich in einer eher unrealistischen Darstellung derselben zeigt) als das Problem.
Ach ja, das war während eures Amoklaufs im Diptam-Thread. Attenborough hat aber nicht gelogen, sondern erzählerisch das Phänomen einer Pflanze gezeigt, die sich nicht nur hervorragend an eine natürliche Feuerökologie angepasst hat, sondern davon sogar profitiert. So ziemlich alles, was A. filmisch dokumentiert und aufbereitet hat, entspricht dem Stand der Wissenschaft.

Selbstverständlich sind viele oder die allermeisten Szenen gestellt, anders könnte man eine derartige Detailfülle gar nicht zeigen. Weder er noch die BBC haben das je verschwiegen . Im Gegenteil, viele der bekannten DVDs enthalten jede Menge Bonusmaterial darüber, wie sie das gemacht haben. Er romantisiert oder verklärt Natur auch nirgendwo, sondern benutzt bestenfalls Metaphern.Beispielsweise bezeichnet er irgendwo ein brutpflegendes Ohrwurmweibchen als "caring mother". So what?


Max P

Zitat von: eLender am 25. September 2023, 23:11:03Und weils so lustig ist und gerade hier reinpasst:

ZitatNature documentaries have never been more popular, in part because they offer easy escapism during a rough time, and in part because marijuana has been legalized in much of the United States. The combination is hard to resist, as my experience with A Perfect Planet proves. The stoned attention span perfectly matches the length of each vignette, in which Attenborough's soothing, avuncular voice guides you through a simple story about animal life. In between, you are treated to epic, empty landscapes and intense close-ups of the rich colors and textures of the nonhuman world, which pop off like fireworks in your wide-open mind. The effect is awe-inspiring but also surprisingly chill. And there are no troublesome humans on-screen to kill the vibe.
https://www.theatlantic.com/culture/archive/2021/04/problem-nature-documentaries/618553/
Je nun, ich war beim Anschauen einer Attenborough-Doku leider stets stocknüchten, so dass ich Emma Marris' verkaterten Verriss nicht wirklich nachvollziehen kann. Außerdem steht der Artikel hinter Bezahlschranke. Die Überschrift deutet aber nur eine geringe Gedankentiefe an:
ZitatThe Nature You See in Documentaries Is Beautiful and False
Ein bisschen arg pauschal. Es gibt schreckliche Naturdokus, das stimmt. Auch Attenboroughs Stil muss nicht ein jeder mögen, aber dass seine Dokus false seien, ist schlicht falsch.

eLender

Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:25:52Attenborough hat aber nicht gelogen, sondern erzählerisch das Phänomen einer Pflanze gezeigt, die sich nicht nur hervorragend an eine natürliche Feuerökologie angepasst hat, sondern davon sogar profitiert.
Da es hier um Wohlleben geht und ich mich jetzt nicht wieder auf endlose OT-Diskussionen einlassen werde, empfehle ich einfach mal, den Faden nochmal genau zu studieren. Attenborough hat Fake gezeigt, es gibt keine selbstentzündenden Pflanzen, das wurde auch im YT-Video von den halbwegs kritischen Kommentatoren klar gemacht (daneben finden sich da auch Links zu Artikeln, in denen Attenborough als Märchenonkel entlarvt wird). Man muss schon ähnlich einem Wohllebenjünger so verliebt in solche Geschichten sein, dass man die Realität ausblendet, weils ja so schön ist.

Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:25:52So ziemlich alles, was A. filmisch dokumentiert und aufbereitet hat, entspricht dem Stand der Wissenschaft.
Ja, bis auf die Geschichten, die seiner Phantasie entspringen. Das hat er mit Wohlleben gemein. Der dichtet auch nicht nur Fabelgeschichten, er hat gelegentlich auch Anleihen an der Wirklichkeit im Programm. Das haben überhaupt alle Quacks, damit merkt man das als Laie auch erst mal nicht.

Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:44:23Außerdem steht der Artikel hinter Bezahlschranke.
Komisch, gestern noch nicht. Aber er beschreibt das, was man an solchen Formaten kritisieren kann, gut. Das ist z.B. die Geräuschkulisse, die man den Bilder hinzufügt. Und die hat mit "Natur" so viel zu tun, wie die anderen Hochglanzdarstellungen. Ich habe mir den Venus-Fliegenklatsche-Film angesehen und war schnell von den Geräuschen genervt. Wenn man da nicht versucht, das ganze in ein menschliches Drama zu verwandeln, dann weiß ich auch nicht. Nuja, die Leute stehen halt auf Kitsch, was interessieren da solche Details.

Aber: es ist halt nochmal was anderes, was Wohlleben macht. Der redet ja ständig von purer Wissenschaft, verwechselt das aber mit Cherry Picking.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Max P

Zitat von: eLender am 26. September 2023, 23:03:26
Zitat von: eLender am 26. September 2023, 23:03:26Da es hier um Wohlleben geht und ich mich jetzt nicht wieder auf endlose OT-Diskussionen einlassen werde,
Ich habe sie nie entzündet.  :angel:


Zitat von: eLender am 26. September 2023, 23:03:26empfehle ich einfach mal, den Faden nochmal genau zu studieren. Attenborough hat Fake gezeigt, es gibt keine selbstentzündenden Pflanzen, das wurde auch im YT-Video von den halbwegs kritischen Kommentatoren klar gemacht (daneben finden sich da auch Links zu Artikeln, in denen Attenborough als Märchenonkel entlarvt wird). Man muss schon ähnlich einem Wohllebenjünger so verliebt in solche Geschichten sein, dass man die Realität ausblendet, weils ja so schön ist.
Und ich empfehle, das inkriminierte Video nochmal genau anzusehen bzw. anzuhören. Da ist von spontaner - also unvorhersehbarer -  Entzündung unter bestimmtem Bedingungen die Rede. Was nun genau am absoluten Beginn der Ursache-Wirkungs-Kette steht, die zur Entzündung führt, bleibt offen. Dass es zu natürlichen Feuern kommen kann und dass durch diverse Pflanzenspezies diese Feuer mindestens verstärkt werden, ist unstrittig (zumindest außerhalb toxisch-selbstentzündlicher Skeptikerblasen).

Einige Schwurbeleien zum Thema:
https://depts.washington.edu/hortlib/pal/pal-question-1013/
https://link.springer.com/article/10.1007/s12224-022-09405-2
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0379711218305721
https://www.mdr.de/wissen/eukalyptus-baeume-brandstifter-australien-waldbraende-100.html

ZitatAber er beschreibt das, was man an solchen Formaten kritisieren kann, gut. Das ist z.B. die Geräuschkulisse, die man den Bilder hinzufügt. Und die hat mit "Natur" so viel zu tun, wie die anderen Hochglanzdarstellungen. Ich habe mir den Venus-Fliegenklatsche-Film angesehen und war schnell von den Geräuschen genervt. Wenn man da nicht versucht, das ganze in ein menschliches Drama zu verwandeln, dann weiß ich auch nicht. Nuja, die Leute stehen halt auf Kitsch, was interessieren da solche Details.
Die Geräushkulisse ist reine Geschmacksache und macht z.B. Attenborough noch lange nicht zum "Märchenonkel". Ich für meinen Teil hasse besonders Musikuntermalungen in Dokus Die sonstigen Kunstgeräusche, na ja. Aber niemand wird wohl dazu verführt werden, es als Tatsachenbehauptung zu nehmen, dass z.B. eine Venusfliegenfalle nach der "Mahlzeit" rülpst.

ZitatAber: es ist halt nochmal was anderes, was Wohlleben macht. Der redet ja ständig von purer Wissenschaft, verwechselt das aber mit Cherry Picking.
Über Wohlleben weiß ich zu wenig. Allerdings frage ich mich auch hier, ob nicht irgendwelche puristischen Erbsenzähler (und Erfolgsneider?) erzählerisch-künstlerische Freiheit mit wissenschaftlichen Tatsachenbeschreibungen, also Form mit Inhalt verwechseln (wollen). Es ist ja durchaus möglich, dass durch Mykorrhiza-Pilzmyzel ein Stoff- und damit auch Signalaustausch zwischen Bäumen stattfindet. Man müsste dies natürlich, wenn es nicht nachgewiesen ist, redlicherweise als Möglichkeit benennen, anstatt gleich vom "Internet des Waldes" zu reden.

zimtspinne

Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:25:52Ach ja, das war während eures Amoklaufs im Diptam-Thread. Attenborough hat aber nicht gelogen, sondern erzählerisch das Phänomen einer Pflanze gezeigt, die sich nicht nur hervorragend an eine natürliche Feuerökologie angepasst hat, sondern davon sogar profitiert. So ziemlich alles, was A. filmisch dokumentiert und aufbereitet hat, entspricht dem Stand der Wissenschaft.

Die hier besprochene Pflanze wurde in einer umfangreichen BBC-Doku mit Mr. Attemborough behandelt?

Das muss neu sein.

Damals gab es lediglich ein paar Sequenzen stümperhafter Tube-Videos als "Beweis".
Das war keine Selbstentzündung, sondern den blühenden Büschen wurde Feuer unterm Hintern gemacht.

Ja, ich kann auch vom Hochhaus in Suizidentenfangnetze springen und behaupten, ich kann fliegen.
So macht das der Diptam, wenn er behauptet, Feuer speien zu können. 

Gibt es an der Diptam-Front neue Erkenntnisse?

Also tatsächlich mal einen Beleg für auch nur eine einzige Selbstentzündung?
Eine einzige würde mir ja für den Anfang genügen.

Ansonsten wäre ich auch neugierig, von dir zu erfahren, wie genau der Diptam die natürliche Feuerökologie zu nutzen weiß.

Das alles ist mir jetzt komplett neu.

Mit einem Video über Eukalypen anzukommen, passt hier nicht. Andere Baustelle. Wurde auch damals im Thema angesprochen.
Reality is transphobic.

zimtspinne

Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:25:52Selbstverständlich sind viele oder die allermeisten Szenen gestellt, anders könnte man eine derartige Detailfülle gar nicht zeigen. Weder er noch die BBC haben das je verschwiegen . Im Gegenteil, viele der bekannten DVDs enthalten jede Menge Bonusmaterial darüber, wie sie das gemacht haben. Er romantisiert oder verklärt Natur auch nirgendwo, sondern benutzt bestenfalls Metaphern.Beispielsweise bezeichnet er irgendwo ein brutpflegendes Ohrwurmweibchen als "caring mother". So what?



Verwundert möchte der Leser die Augenbrauen kräuseln.

Hast du doch erst gerade neulich kräftig herummoniert und bei Dawkins die metaphorischen Sprachbilder bemängelt?
So etwas wie die Evolutionstheorie bzw Evolutionsprozesse dürfen aber nicht metaphorisch ans Publikum herangetragen werden, nicht wahr.?

Plötzlich ist das vollkommen legitim und geht schon in Ordnung.... wenns dir halt in den Kram passt.

Inhaltlich habe ich aber auch was zu kritisieren bei den oben verlinkten Sachen.

Dazu komme ich aber derzeit aus Mangel an Zeit nicht.
Reality is transphobic.

Max P

Zitat von: zimtspinne am 27. September 2023, 11:24:24Hast du doch erst gerade neulich kräftig herummoniert und bei Dawkins die metaphorischen Sprachbilder bemängelt?
So etwas wie die Evolutionstheorie bzw Evolutionsprozesse dürfen aber nicht metaphorisch ans Publikum herangetragen werden,
Ja Liebes, das habe ich. :grins2: Das eine ist eine Methode, biologische Evolution fundamental zu erklären. Diese Methode ist aber meiner Meinung nach geeignet, hartnäckige Missverständnisse über Evolution (unbeabsichtigt) zu bestätigen, weswegen ich sie kritisch sehe. Das andere ist lediglich narrative Ausschmückung bei der Darstellung konkreter Naturvorgänge. Diese Ausschmückungen kann man mögen oder nicht, aber sie sind nicht geeeignet, den Blick auf die Sache selbst grundsätzlich zu verstellen. Wie gesagt, dass eine Venusfliegenfalle rülpst oder Buschfeuer von dramatischer Musik begleitet sind, wird niemand buchstäblich annehmen.

Zitat von: zimtspinne am 27. September 2023, 11:15:40
Zitat von: Max P am 26. September 2023, 18:25:52Ach ja, das war während eures Amoklaufs im Diptam-Thread. Attenborough hat aber nicht gelogen, sondern erzählerisch das Phänomen einer Pflanze gezeigt, die sich nicht nur hervorragend an eine natürliche Feuerökologie angepasst hat, sondern davon sogar profitiert. So ziemlich alles, was A. filmisch dokumentiert und aufbereitet hat, entspricht dem Stand der Wissenschaft.
Die hier besprochene Pflanze wurde in einer umfangreichen BBC-Doku mit Mr. Attemborough behandelt?
Nein, Liebes, das wurde es m.W. nicht und es wurde auch von niemandem behauptet. :grins2: