Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

TTIP

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von Hildegard, 24. Juli 2014, 20:05:46

« vorheriges - nächstes »

Nicht_Peter

Zitat von: Patches O Houlihan am 31. Mai 2015, 09:35:15
Zitat von: Nicht_Peter am 30. Mai 2015, 17:11:54
Leider ist die öffentliche Diskussion über TTiP ziemlich unsachlich und einseitig, einige wichtige Punkte für das Abkommen werden von den Gegnern verschwiegen.
Zum Kulturbereich: Hier gibt es -wie angesprochen- ja immer wieder Proteste von Künstlern. Zum Einen sind jedoch audiovisuelle Medien (z.B. TV, Radio) schon mal ausgenommen (genauso wie die Wasserversorgung übrigens), zum Anderen werden Subventionen ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Das Abkommen darf des Weiteren keine Bestimmungen enthalten, die der "kulturellen Vielfalt" schaden würden.
Subventionen sind nicht ausgeschlossen, bedeutet aber nicht, dass das den subventionierenden Staat nicht doppelt kostent. aktuell gibts vergleichbares in der EU zum thema autobahn-maut für alle...

Das ist natürlich korrekt. Viele Kulturschaffende, mit denen ich gesprochen habe, glauben aber offenbar, dass Subventionen durch TTiP von vornherein ausgeschlossen sind. Und das ist einfach falsch.

Zitat von: Patches O Houlihan am 31. Mai 2015, 09:35:15
geht es den leuten in Mexiko jetzt besser durch die NAFTA-Abkommen?
weil, der BIP-Anstieg ist so aussagefrei, wie das BIP selbst.
Was die Exportraten angeht, ebenfalls aussagefrei. Deutschland exportiert wie bolle, (trotzdem) geht die Arm-Reich-Schere weiter auseinander (OECD Focus vom Dezember 2014) und die Bevölkerung wird mehrheitlichst an dem Nutzen nicht beteiligt, hat also auch nichts davon, oder?
Zudem ist Mexiko eine ganz schwierige Vergleichsgeschichte, da der mexikanische Staat nur partiel außerhalb von bestimmter zentraler Regionen besteht...

Natürlich kann man von dem BIP eines Landes nicht zwingend auf seinen Wohlstand schließen, natürlich kann man Mexiko nur bedingt mit Deutschland vergleichen. Die Mexiko-Geschichte bezog sich auch vielmehr auf so manchen TTiP-Gegner, der versucht, in diesem Tenor zu argumentieren: "TTiP hilft nicht mal der Wirtschaft weiter, schau´ dir mal Mexiko an."

ajki

Im "Kulturbereich" (real: der Vermarktung irgendwelcher Leistungen irgendwelcher Leute im sehr weit fassbaren Raum der mehr oder weniger "schönen Künste") gibt es ein paar extrem merkwürdige Dinge in Europa, die sich aus irgendwelchen historisch-politischen Gegebenheiten entwickelt haben. In Dtschl. zum Beispiel und als bekanntlich extremer Fall: die Buchpreisbindung.

Da ich persönlich noch nie verstanden habe, wie man so eine Lobby-Geschenk-Regelung überhaupt jemals hat begründen können (mit Ach&Krach vielleicht in den 50ern als Schutzmaßnahme im Rahmen Wiederaufbau oder so...), geschweige denn, wie man sowas spätestens seit den 70ern in Dtschl. aufrecht erhalten konnte (wirklich eins der größten staatsökonomischen Rätsel unserer Zeit), *müßte* das Ding eigentlich allerallerspätestens im Rahmen solcher Neuregulierungen von internationalen Handelsbeziehungen fallen. Andere europäische Länder haben ähnliche (oder noch komischere) Sonderschutzzonen für notleidende, hungerhakende, global agierende Medienkonzerne.

Eine der kreischenden Scheltereien gegen den unglaublichen, menschenverachtenden, Ökonomie-vergötzenden Prozess der furchtbaren neoliberalen TTIP-Verhandlungen richtet sich - ach wie überraschend! - gegen die dräuende Gefahr des Falls der Buchpreisbindung. Ist ja klar... das wird bestimmt der Untergang des Abendlandes, wenn die mal fällt. Aber echt endgültig.
every time you make a typo, the errorists win

Nicht_Peter

Kurz aber knackig:
http://www.zeit.de/news/2015-06/06/deutschland-eu-handelskommissarin-ttip-keine-gefahr-fuer-deutsche-kultur-06131011
Zitat
Themen wie die öffentliche Förderung von Theatern und Opernhäusern sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Buchpreisbindung seien bei den Verhandlungen über TTIP gar kein Thema.
Aufschlussreiche Präsentation auf Deutsch:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/S-T/ttip-kultur-schlegelmilch-praesentation,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf


eLender

Einen guten Beitrag zur Verlogenheit in der Diskussion habe ich letztens in den Systemmedien gesehen:
www.ardmediathek.de/tv/Panorama/TTIP-und-Schiedsgerichte-scheinheilige-/Das-Erste/Video?documentId=28697052

Es geht in der Kritik weniger um Fakten, als um bestimmte Ängste. Und da sind vor allem die Deutschen immer ganz weit vorne dabei.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Patches O Houlihan

Zitat von: eLender am 07. Juni 2015, 11:35:53
Es geht in der Kritik weniger um Fakten, als um bestimmte Ängste. Und da sind vor allem die Deutschen immer ganz weit vorne dabei.
aber doch nur wegen der LügenpresseTM
8)

eLender

Nuja, its called the German Angst, baby :Opa:
Wollte ich nur mal gesagt haben!

ajki

Zitat von: eLender am 07. Juni 2015, 11:35:53
weniger um Fakten

Tja, das scheint mir auch das Problem zu sein. Allerdings auf allen Seiten, auch den "unknown unknown". Was das eigentliche Problem zu sein scheint.

Sowas wie die Buchpreisbindung dürfte es gar nicht (von mir aus: mehr) geben. Genauso wenig wie andere Merkwürdigkeiten. Wenn also internationale Handelsabkommen vereinbart werden mit Regionen, in denen solche Merkwürdigkeiten fremd sind (dafür andere), dann könnte man erwarten ("müßte" habe ich weiter oben richtiger geschrieben), dass im Ergebnis für beide Seiten so ein national gewachsener Murx sanft entsorgt wird. Richtig wurde darauf hingewiesen, dass ein EU-Vertreter darauf hinweist, dass äußerst merkwürdigerweise alle solchen Wildwüchse überhaupt kein Thema sind.

Tatsächlich ist das natürlich überhaupt nicht merkwürdig. Denn die Seite der US-Kulturimperialisten ist ja real schon seit Jahrzehnten beteiligungs- und/oder besitzmäßig "unsere" Seite. Die faschistoiden kulturzerstörenden US-Verlage finden z.B. selbstverständlich die Sonderschutzzonen und verdienstlose Geldeinscheffeleien in Europa *toll*. Nichts läge ihnen ferner, als die "Vielseitigkeit der kulturellen Landschaft" in Europa auch nur anzukratzen. Denn damit verdienen sie ja seit Ewigkeiten selber Kohle.

Warum also wird trotzdem von der Kulturschafferindustrie so gejankt? Tja, das verstünde man besser, wenn man wüßte und auch darüber reden könnte, wer eigentlich genau was für Absichten mit solchen Handelsvereinbarungen hat. Die EU und die US-Administration sind auf jeden Fall mal nicht die Treiber dieser Vereinbarungen.
every time you make a typo, the errorists win

duester

Zitat von: ajki am 07. Juni 2015, 14:50:07
Sowas wie die Buchpreisbindung dürfte es gar nicht (von mir aus: mehr) geben.

Das wollte ich zuerst auch schreiben, dann habe ich mir aber den Wikipedia-Eintrag zur Buchpreisbindung zu Gemüte geführt und bin jetzt doch eher unentschlossen. Unabhängig von der ökonomischen Theorie, die jegliche Preiskontrolle verdammt und von den neueren Entwicklungen wie den EBooks und der Konzentration im Einzelhandel: Irgendwie sehe ich es doch als zivilisatorische Errungenschaft, wenn eine Gesellschaft das Buch als Kulturgut betrachtet und indirekt über die politische Repräsentation willens ist, einen höheren als den Marktpreis dafür zu zahlen - um eine dichte Verteilung mit inhabergeführten Buchgeschäften zu garantieren. Die Absurdität und die "Macken" dieser Sichtweise sind mir durchaus klar: Bei Tabakerzeugnissen und Arzneimitteln sorgt die Preisbindung dafür, dass der Handel nicht ramschen kann und die Produkte nicht mehr als notwendig konsumiert werden, einfach, weil sie billig sind. Bei Büchern möchte man ja eigentlich genau das Gegenteil erreichen - weswegen Preisdruck da eigentlich wünschenswert wäre. Nur wie verhindert man dann, dass der Preisdruck so wie bei den Nahrungsmittel und bei der Bekleidung so extrem wird, dass der inländischen Produktion die Luft abgeschnürt wird? Wer wird noch Schriftsteller oder Buchhändler, wenn es gar nicht mehr möglich ist, damit den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren? Ich bin sicher für Freihandel bei so gut wie wirklich allem, aber die langfristigen Auswirkungen bei Produkten, die eine hohe regionale Gebundheit haben (wie Literatur) könnten fatal sein.

ajki

[Kurzhinweis: bedingt durch die mafiösen, verbrecherischen und sowieso korrupten Machenschaften eines gewissen Herrn B. muß ich derzeit nach kanadischen Durchschnittszeitzonen leben und bin daher zu derangiert um vernünftig auf ansonsten sicher sinnvolle Anmerkungen einzugehen; Neben-Rant: jemand sollte mal endlich die FIFA so schmieren, dass alles in Kleinpusemuckelshausen abläuft und nicht irgendwo bei so komischen Verrückten; Neben-neben-Rant: würd' aber wohl auch nix bringen, weil das dann wohl auch wieder korrupt wäre]

Ich hab den WP-Artikel kurz überflogen und finde einige wesentliche Argumente aus den zahlreichen Diskussionen der letzten Jahrtausende darin wieder. Da der NPOV brav eingehalten wurde (scheint mir), sieht das Ganze auch irgendwo nach "sowohl...als aber natürlich auch..." aus (neben dem Anführen von Fiktionalitäten wie "nach Bedingungen des 'Vollkommenen Marktes'...", die ohnehin noch nicht mal als theoretische Basis die tonnenweise Papier wert sind, die sich darum drehen).

*Meiner persönlichen Ansicht nach* ist die ganze ewige Diskussion viel einfacher aufzulösen. Als Konsument, Interessent und auch als Produzent (egal welche Vertriebsstufe) braucht man hinsichtlich solcher Regulierungen nur fragen, ob die durch die Regulierung behauptete Zielstellung im Vergleich zu "vorher" oder "anderswo" erreicht wurde oder nicht (oder mit einer klaren Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann, wenn es um Ziele in der Zukunft geht). Da in Ländern/Regionen ohne die hier in Rede stehende "Buchpreisbindung" keine besonderen Nachteile gegenüber der regulierten Situation feststellbar waren/sind/sein werden und leider sogar konstatierbar ist, dass andere, nicht-regulierte Verlagsregionen eine größere Bandbreite an Output haben und ebenfalls die Qualitätsfrage eben nicht zugunsten der regulierten Bereiche spricht, ist die ganze Chose an sich evaluativ erledigt. Nicht erst "jetzt" oder "gestern", sondern auch schon 14/18 and further down the line. Noch nicht mal mehr Gewinnspanne kommt unterm Strich anscheinend gesichert heraus (auch wohl bedingt durch die korporatistische Einschlafstimmung unter den Begünstigten).

Da überdies (meiner Ansicht usw.) der Konsument keine Vorteile (beispielsweise: hohe Qualitäten öffentlichen Bibliothekswesens durch Quer-Subventionierung) erfährt (und schon insoweit anscheinend andere alleine profitieren), sehe ich als Konsument keinerlei Grund, eine solche, aus meiner Sicht fehlgeschlagene Regulierung anders als negativ zu bewerten.

(Wie oben schon angesprochen, hat dieser Detailaspekt ähnlich dem eigentümlichen ör Rundfunk, den Theaterbetrieben und anderen Merkwürdigkeiten wenig mit den anstehenden "Frei"Handelsvereinbarungen zu tun. Ich fand's nur im Zuge des lfd. threads interessant, dass sich die Begünstigten der Sonderschutzzonen im Rahmen der Gesamterregung über Dinge echauffieren, die noch nicht mal "gefährdet" sind [vermutlich frei nach dem Motto "Holzauge, sei wachsam" und "mal besser wehren, bevor die Schlägerei überhaupt anfängt"]. Das wiederum paßt meiner Ansicht nach gut in den allgemeinen Rahmen der "TTIP-Kritik", die einen ziemlich gegenstandslosen Eindruck erweckt [bis auf die ziemliche Offensichtlichkeit, dass die gesamte Verhandlungsrunde von A bis Z intransparent ist und dass alle, einschließlich der Verhandelnden, höchstwahrscheinlich gar nicht wissen, was eigentlich tatsächlich Ziele und Zwecke eines Abkommens sein sollen - von simplen operationellen Prozess-Bestimmungen abgesehen])
every time you make a typo, the errorists win

Conina

Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Scipio

@Conina:

War ja klar, dass so etwas passiert.

@all:

Die Diskussionen um Wirtschaft und Wirtschaftspolitik frustrieren mich immer mehr. Es interessiert doch überhaupt niemanden, welche Entscheidungen, Konzepte etc. sinnvoll sind bzw. welche Auswirkungen sie haben. Egal ob grüne, linke, schwarze, rote, gelbe, Unternehmer, Angestellte, Gewerkschaften, Kapitalisten, Kommunisten und was es da sonst noch so alles gibt, jeder versucht nur sein Schäfchen ins trockene zu bringen, welchen Schaden er dabei anrichtet interessiert sie nicht.....

Groucho

@Scipio: ich seh das nicht so negativ. Viel besorgter wäre ich, wenn nicht mehr so viel gestritten würde. Du hast natürlich in sofern recht, als dass es vor vielleicht 40 Jahren noch möglich war, sich durch durch Autoabgase oder ein Bad in manchen Gewässern gepflegt zu suizidieren, geht heute (bei uns) nimmer. Das mag aber nur einem Bruchteil der Bevölkerung als negativ erscheinen.  8)

Scipio

Zitat von: Groucho am 13. Juni 2015, 12:06:12
@Scipio: ich seh das nicht so negativ. Viel besorgter wäre ich, wenn nicht mehr so viel gestritten würde. Du hast natürlich in sofern recht, als dass es vor vielleicht 40 Jahren noch möglich war, sich durch durch Autoabgase oder ein Bad in manchen Gewässern gepflegt zu suizidieren, geht heute (bei uns) nimmer. Das mag aber nur einem Bruchteil der Bevölkerung als negativ erscheinen.  8)

Ich meinte das eigentlich im Bezug auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Was nicht bedeutet, dass mir Umweltschutz etc. gleichgültig ist.

Abgesehen stelle ich fest, dass ich bei dem ganzen Thema Wirtschaft nicht wirklich durchblicke.

Alu-Verkleidung

Zitat von: Scipio am 14. Juni 2015, 11:20:04

Abgesehen stelle ich fest, dass ich bei dem ganzen Thema Wirtschaft nicht wirklich durchblicke.

Das tun die Verantwortlichen, die ihre mathematischen Finanz-Konstrukte mit der Markt-Psychologie verwoben haben, leder auch nicht. Ist immer etwas gefährlich wenn sich "Laien" und "Experten" so nahe stehen.

Groucho

Zitat von: Scipio am 14. Juni 2015, 11:20:04
Abgesehen stelle ich fest, dass ich bei dem ganzen Thema Wirtschaft nicht wirklich durchblicke.

Wer tut das schon. Der Unterschied zwischen Laien und Fachleuten ist im Wesentlichen der, dass Fachleute total professionell und glaubwürdig erklären können, warum sie nicht recht hatten  8)