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Homöopathie mal wieder

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Begonnen von mossmann, 10. Januar 2014, 11:09:39

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mossmann

Offizieller Sprecher des gemäßigten Flügels der Psiram-Jugend

Hildegard

Er sagt, dass klinische Studien zur Homöopathie irrelevant weil fehleranfällig seien, d.h. es könne Glückstreffer geben, die dann von interessierter Seite ausgeschlachtet würden. So weit, so richtig. Daraus jedoch zu folgern, dass man nur scientibile Hypothesen überprüfen dürfe, ist nicht schlüssig. Denn bei scientibilen (klingt irgendwie nach "debil") Hypothesen trifft das genauso zu.

Vorliegende Studien kann man immerhin per Wiederholung oder Metastudien überprüfen. Nicht vorhandene Studien - nicht.

Man könnte höchstens mit "Geldverschwendung" oder "zuviel Aufmerksamkeit für Unfug" argumentieren.
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

Wolleren

Hildegard hat Recht.

Außerdem: Was ist das für ein Unsinn, die Methodik zu ändern? Genau das ist es doch, was Wissenschaftsfeinde wie die Homöopathen tun, weil die allermeisten ihrer Studien faule Eier sind !

"Richtige" Wissenschaft sieht sich ernsten Problemen gegenüber, siehe z.B. http://www.zeit.de/2014/01/wissenschaft-forschung-rettung/ oder  http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/dec/09/how-journals-nature-science-cell-damage-science, und solche Vorschläge wie der von Weymayr sind kontraproduktiv.

Wenn bspw. in einer Studie zunächst argumentiert werden müsste, warum das Signifikanzniveau trotz vorhergehender Studien (die man dann noch ganz nebenbei vorher kennen, sichten und referieren müsste, ein sehr beabsichtigter Effekt) auf nur 95% gelegt wird, würde uns allerhand Scheinsignifikanz erspart bleiben. Und das ganz ohne Änderung der Methodik.


Homeboy

ich glaube, der artikel ging noch in eine weitere richtung, nämlich, dass der mediale zusammenhang von h~ und wissenschaftlichen studien dafür sorgt, dass letztlich die akzeptanz für h~ zunimmt.
dieser zusammenhang entfaltet jedenfalls auch seine wirkung, unabhängig davon, ob ich ihn für den artikel herbeifabuliere, weil ich ihn aus zusammenhängen europäischer politik um agenda setting und robuste aktion her kenne, oder er tatsächlich angedeutet wird.

jetzt deshalb aber die methode zu ändern halte ich, höflich gesagt, für quatsch.

pelacani

Zitat von: Wolleren am 10. Januar 2014, 15:18:58
Was ist das für ein Unsinn, die Methodik zu ändern? Genau das ist es doch, was Wissenschaftsfeinde wie die Homöopathen tun, weil die allermeisten ihrer Studien faule Eier sind !
...
Wenn bspw. in einer Studie zunächst argumentiert werden müsste, warum das Signifikanzniveau trotz vorhergehender Studien (die man dann noch ganz nebenbei vorher kennen, sichten und referieren müsste, ein sehr beabsichtigter Effekt) auf nur 95% gelegt wird, würde uns allerhand Scheinsignifikanz erspart bleiben. Und das ganz ohne Änderung der Methodik.

Ich gestatte mir einen Widerspruch. Weymayr ist Journalist, und er wird indirekt wiedergegeben, so dass seine Äußerungen vielleicht unbeholfen und missverständlich erscheinen mögen. Aber er meint schon das Richtige. Bei der Bewertung von Studienergebnissen ist die Einbeziehung der a-priori-Wahrscheinlichkeit unverzichtbar, oder, schlicht gesagt, außergewöhnliche Ansprüche erfordern außergewöhnlich gute Beweise. Faraday (leider weiß ich es nicht mehr genau) soll gesagt haben, wenn es gelänge, mit Gedankenkraft auch nur eine Feder anzuheben, dann müsste sich unsere Auffassung vom Weltall ändern. Das gleiche gilt für die Homöopathie: die Datenlage aus 200 Jahren Wissenschaftsgeschichte ist einfach überwältigend, das kann mit einer kontrollierten Doppelblindstudie nicht übern Haufen geworfen werden. Es wäre um Größenordnungen wahrscheinlicher, dass diese Studie fehlerhaft war, und wenn nicht, dann repräsentiert sie das 5% Grundrauschen. Die weitere ,,Forschung" auf diesem Gebiet ist sinnlose Verplemperung von Ressourcen.

,,Human trials are messy", sagt Kimball Atwood, und dies ist der Grund, weshalb das Konzept der ,,Science based Medicine" entwickelt wurde. Eine Kurzfassung hier,
http://www.skepdic.com/sciencebasedmedicine.html
und die umfassende Darstellung bei SBM, beginnend vielleicht hier:
http://www.sciencebasedmedicine.org/homeopathy-and-evidence-based-medicine-back-to-the-future-part-v/
und ausführlichst diskutiert dann hier:
http://www.sciencebasedmedicine.org/of-sbm-and-ebm-redux-part-i-does-ebm-undervalue-basic-science-and-overvalue-rcts/
http://www.sciencebasedmedicine.org/of-sbm-and-ebm-redux-part-ii-is-it-a-good-idea-to-test-highly-implausible-health-claims/
http://www.sciencebasedmedicine.org/of-sbm-and-ebm-redux-part-iii/
http://www.sciencebasedmedicine.org/of-sbm-and-ebm-redux-part-iv/
http://www.sciencebasedmedicine.org/of-sbm-and-ebm-redux-part-iv-continued-more-cochrane-and-a-little-bayes/
http://www.sciencebasedmedicine.org/cochrane-is-starting-to-get-sbm/

Der folgende Dialog ist aus einer Diskussion bei SBM:
Zitat[Legende. EBM: evidenzbasierte Medizin; FBM: faith-based medicine; RCT: randomisierter kontrollierter (Doppelblind-)Versuch; SBM: science-based medicine]

# Bryan Bartens on 12 Oct 2012 at 12:04 pm:
To sum up: EBM minus FBM-RCTs equals SBM?
# Harriet Hall on 12 Oct 2012 at 12:32 pm:
I prefer EBM + CS = SBM
CS stands for Common Sense
# ConspicuousCarl:
I agree with the intent, but "common sense" is too often used in a way that is similar to "intuition". I try to avoid using that phrase in general because I am worried that people might take it the wrong way.
# Harriet Hall:
How about EBM + CT = SBM
where CT stands for critical thinking.
# ConspicuousCarl:
That works well.

Ähnlich dem Eingangsbeitrag:
http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin/versagen-der-medizin-homoeopathie-ein-ritterschlag-fuer-quacksalber-12740075.html

Robert

ZitatHomöopathie
Desto besser die Studien, desto kleiner die Effekte

So überflüssig es aus Sicht der Wissenschaft auch erscheinen mag - man wird sich wohl weiterhin mit Studien zur Homöopathie auseinandersetzen müssen. Immerhin spricht die derzeitige Diskussion dafür, dass die Lehre trotz einiger Erfolge einer rigorosen methodischen Analyse nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht bestehen wird: Je besser nämlich die einschlägigen Studien werden, desto kleiner werden die Effekte. Positive Ergebnisse lassen sich kaum reproduzieren. Und selbst die vermeintlich hochwertigen Arbeiten werden von Kritikern auseinandergenommen. Ein Beispiel liefert die erwähnte Berner ADHS-Studie, doppelblind, randomisiert, placebokontrolliert, angeblich Goldstandard.

Bloß: Gerade mal 62 Kinder und Jugendliche wurden untersucht, was für eine Medikamentenstudie eine sehr kleine Zahl ist und Zufallsergebnisse begünstigt. Und: Aufgenommen in die Studie wurden nur solche Probanden, die bereits vor Studienbeginn mit Globuli behandelt wurden und dabei eine mindestens 50-prozentige Symptomverbesserung gezeigt hatten.

http://www.sueddeutsche.de/wissen/homoeopathie-auf-der-suche-nach-dem-nichts-1.1860104-2

Vielleicht darf man hoffen...

sumo

es geht den Homöogläubigen nicht nur um die Überprüfung ihrer irren Thesen per Studie, sondern auch um den Nebeneffekt, der durch die Studien und deren Auswertung entsteht.
Jede Studie über Homöo erzeugt in den Augen der nicht ganz so gut informierten Öffentlichkeit den Eindruck, daß man Homöo wissenschaftlich untersucht, daß man die Homöo als gleichwertig zur Medizin ansieht.
Das wird von den Homöobefürwortern sehr gerne gesehen, unter dem Motto "...seht her, wir machen Studien, wie arbeiten wissenschaftlich, wir werden ernstgenommen..."
Darin liegt auch der Grund, weshalb die Homöos immer noch mehr Studien forern, um immer noch mal nichts zu finden.
Die Szientabilität, die Weymayr meint, habe ich so verstanden, daß nur noch das untersucht werden sollte, was nicht im völligen Gegensatz zu bekannten Naturgesetzen steht UND was auch irgendwann mal Wirkungen hatte.
Bei der Homöo liegt beides nicht vor.

Wolleren

Zitat von: Pelacani am 10. Januar 2014, 21:21:13
Zitat von: Wolleren am 10. Januar 2014, 15:18:58
Was ist das für ein Unsinn, die Methodik zu ändern? Genau das ist es doch, was Wissenschaftsfeinde wie die Homöopathen tun, weil die allermeisten ihrer Studien faule Eier sind !
...
Wenn bspw. in einer Studie zunächst argumentiert werden müsste, warum das Signifikanzniveau trotz vorhergehender Studien (die man dann noch ganz nebenbei vorher kennen, sichten und referieren müsste, ein sehr beabsichtigter Effekt) auf nur 95% gelegt wird, würde uns allerhand Scheinsignifikanz erspart bleiben. Und das ganz ohne Änderung der Methodik.

Ich gestatte mir einen Widerspruch. Weymayr ist Journalist, und er wird indirekt wiedergegeben, so dass seine Äußerungen vielleicht unbeholfen und missverständlich erscheinen mögen. Aber er meint schon das Richtige. Bei der Bewertung von Studienergebnissen ist die Einbeziehung der a-priori-Wahrscheinlichkeit unverzichtbar, oder, schlicht gesagt, außergewöhnliche Ansprüche erfordern außergewöhnlich gute Beweise.
...
Guter Widerspruch - wenn Weymayr nicht richtig verstanden wurde, umso besser.
Mir fehlt die Einbeziehung von a-priori-Wahrscheinlichkeiten nicht nur in homöopathischer "Forschung" (insb. in der hom. "Arzneimittelprüfung", hehe).  Und der Schlusssatz einer wissenschaftlichen Arbeit, weitere Forschung sei notwendig, ist heutzutage seiner Bedeutung beraubt und leider nur noch lachhaft.   

Habe ich den großen Verweis auf EBM vs. SBM richtig verstanden, dass unter dem Primat von SBM Homöopathie keine Chance hätte, während sie unter EBM immer noch nicht ausgemerzt werden kann (wegen 5% Zufallsfunde)? Und dass Weymayr dahingehend verstanden werden sollte, für SBM einzutreten?

pelacani

Zitat von: Wolleren am 13. Januar 2014, 22:49:56
Habe ich den großen Verweis auf EBM vs. SBM richtig verstanden, dass unter dem Primat von SBM Homöopathie keine Chance hätte, während sie unter EBM immer noch nicht ausgemerzt werden kann (wegen 5% Zufallsfunde)? Und dass Weymayr dahingehend verstanden werden sollte, für SBM einzutreten?
Ich glaube, das ist es, was ich sagen wollte ;).

Die Kritik an EBM i. e. S. bezieht sich auf die formal ausschließliche Akzeptanz von kontrollierten Doppelblindstudien in den höheren Evidenzlevels, unter Ausblendung grundlegender Erkenntnisse der (Natur-) Wissenschaften. Ein wenig ist das auch eine philosophische Frage – es ist eine Illusion zu glauben, es wäre eine positivistische, atheoretische, ,,rein faktenbasierte" Forschung möglich. Wenn eine enggeführte EBM dazu bringt, die Homöopathie ,,anzuerkennen", dann ist eben wirklich das Konzept der EBM auf den Prüfstand zu stellen und die Methodologie der klinischen Forschung (genauer: ihre Bewertung) zu überdenken. Dies ist das Ziel der Science Based Medicine.

Natürlich wird es in der Realität auch ohne ,,SBM" kaum zu einer Anerkennung der Homöopathie kommen können, da ist die Theorie einfach zu absurd.  (Anders ist die Lage bei der Akupunktur, die eine weitgehende Akzeptanz erfahren hat, aber hier sind wenigstens theoretisch noch irgendwelche Wirkmechanismen [Counter-Irritation] denkbar, und niemand, der ernstgenommen werden will, wird die Meridian-These mit Chi und so vertreten.) Dumpf gefühlt wird das ja auch von den Homöopathen selber (Fisher, Walach), die diesem Hindernis mit dem genial erfundenen Wort ,,Plausibilitäts-Bias" beikommen wollen.

Letzlich ist SBM in meinem Verständnis kein wirklicher Gegensatz zur EBM, sondern eine weitere, explizite Ausformulierung bisher in der Realität zweifellos implizit wirksamer Prinzipien.