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Theologie wofür

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Begonnen von bayle, 12. Dezember 2012, 12:21:29

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bayle

Zitat von: Binky am 13. Dezember 2012, 09:07:12
Dann sollte man einerseits Theologie als Kulturwissenschaft sehen

ZitatDie Theologie ist keine Wissenschaft
Wilhelm von Ockham (ca 1285 - ca 1349), zit. n. Kurt Flasch: Das philosophische Denken im Mittelalter, Stuttg. 2. Aufl. 2000, S. 502f

Mephisto

Zitat von: Belbo zwei am 12. Dezember 2012, 19:59:59
Wahrscheinlich sollte man darauf achten die Priesterausbildung und den Philosophisch-Geschichtlichen Teil trennen, bevor man jetzt in berechtigtem Zorn darauf rumprügelt sollte man sich der geschichtlichen Bedeutung bewusst werden etwas die Luft rauslassen und sich fragen wer der erste Philosoph nach dem Mittelalter war der sich sein Weltbild ohne einen Gott erklären konnte  ;D
Den Einfluss des Christentums auf Kultur und Weltgeschichte hat hier so weit ich mich erinnere niemand abgestritten, aber ich bin nicht davon überzeugt dass das eine eigene Studienrichtung rechtfertigt. Unter dem analytischen Aspekt halte ich die bestehenden Fachrichtungen (Geschichtswissenschaft, Soziologie, Psychologie etc.) für völlig ausreichend um diese Bedeutung wissenschaftlich zu würdigen.
Und die Priesterausbildung ist schon gar nicht Aufgabe öffentlich finanzierter Universitäten.

Belbo zwei

Zitat von: Mephisto am 13. Dezember 2012, 10:16:22
Zitat von: Belbo zwei am 12. Dezember 2012, 19:59:59
Wahrscheinlich sollte man darauf achten die Priesterausbildung und den Philosophisch-Geschichtlichen Teil trennen, bevor man jetzt in berechtigtem Zorn darauf rumprügelt sollte man sich der geschichtlichen Bedeutung bewusst werden etwas die Luft rauslassen und sich fragen wer der erste Philosoph nach dem Mittelalter war der sich sein Weltbild ohne einen Gott erklären konnte  ;D
Den Einfluss des Christentums auf Kultur und Weltgeschichte hat hier so weit ich mich erinnere niemand abgestritten, aber ich bin nicht davon überzeugt dass das eine eigene Studienrichtung rechtfertigt. Unter dem analytischen Aspekt halte ich die bestehenden Fachrichtungen (Geschichtswissenschaft, Soziologie, Psychologie etc.) für völlig ausreichend um diese Bedeutung wissenschaftlich zu würdigen.
Und die Priesterausbildung ist schon gar nicht Aufgabe öffentlich finanzierter Universitäten.


Klar das ist die reine Lehre und wird sich wohl so auf Dauer durchsetzen, die Befriedigung der s.g. Spirituellen Bedürfnisse des Menschen durch eine staatlich und wissenschaftlich ausgebildete Priesterschaft hatte aber auch seine Vorteile gegenüber dem Glaubenswildwuchs dem wir uns jetzt gegenüber sehen.

sumo

in dem Zusmmenhang stellt sich auch immer wieder die Frage, warum viele Menschen überhaupt den Hang zu spirituellen Leitbildern haben. Schließlich gibt es heutzutage weitaus mehr Menschen auf der Welt, die einer wie auch immer gearteten Religion anhängen, als es Ungläubige gibt.

bayle

Zitat von: sumo am 13. Dezember 2012, 13:31:01
in dem Zusmmenhang stellt sich auch immer wieder die Frage, warum viele Menschen überhaupt den Hang zu spirituellen Leitbildern haben. Schließlich gibt es heutzutage weitaus mehr Menschen auf der Welt, die einer wie auch immer gearteten Religion anhängen, als es Ungläubige gibt.
Ich hätte das nicht so formuliert, sondern so: "Schließlich gibt es heutzutage weitaus mehr Menschen als je zuvor, die keiner wie auch immer gearteten Religion anhängen." Ich hab das mal früher recherchiert und zitiere aus dem Gedächtnis: es sollten ca 15% der Weltbevölkerung sein.

Leguan999

Eine grosse Minderheit.

@Mephisto: Wie stellst du sicher, dass die Priesterausbildung korrekt abläuft? Soll die Ausbildung auch denen offenstehen, die nicht für ein Universitätsstudium geeignet sind? Die wären ja nicht prinzipiell schlechter.

gesine2

Zitatwarum viele Menschen überhaupt den Hang zu spirituellen Leitbildern haben
Wenn ich mich an die Lektüre jenes empfehlenswerten Buches richtig entsinne, sumo, teilt sich (für Psychologen) die Menschheit grob in jene, die das ihr Leben bestimmende Agens in sich selbst verwurzelt sehen und in solche, die es eher außerhalb ihrer Person verorten. Letztere sind selbstverständlich ganz besonders gefährdet.
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2

Leguan999

Danke, meine Bücherliste wächst  ;)

Ratiomania

Zitat von: Mephisto am 12. Dezember 2012, 13:17:09
Zitat von: Ratiomania am 12. Dezember 2012, 12:32:00
Ersetze "Bibel" mit "Der Herr der Ringe" und "Theologe" mit "Ringkriegexperte".

Literatur bleibt Literatur. ...[/b][/i]
Eben da bin ich anderer Meinung. Die Bibel ist eben nicht nur einfach Literatur. Sie ist ein wesentlicher kultureller Einflussfaktor, war und ist z.T. auch heute noch ein Machtinstrument und bildet(e) die Basis für sehr ernste und folgenschwere Konflikte. All das gilt nicht für die "Herr der Ringe"-Bücher. Deshalb halte ich es für falsch, diese Diskussion als reine Literaturdiskussion zu führen.

Das meinte ich auch nicht. Ich finde es nur sinnlos mit "Interpretatoren" die sich auf ziemlich alte Literatur (ja auch einflussreiche) stürzen über den Inhalt & dessen Interpretation diskutieren zu wollen.

Die Argumente und "Wertableitungen" der Exegeten an sich sind §!$?%. Es spielt prinzipiell keine Rolle um welche Literatur es sich handelt und gehandelt hätte.

Und jetzt ein Frodo erlöse uns anstimmen, bitte!  ;D

sumo

meine Bücherliste wuchs soeben auch an, vielen Dank!

@gesine2, der Hinweis gefällt mir sehr!
Es wundert mich dann, daß es eine große Mehrheit an Menschen gibt, die so sind.

bayle

Zitat von: Ratiomania am 13. Dezember 2012, 21:12:44
Ich finde es nur sinnlos mit "Interpretatoren" die sich auf ziemlich alte Literatur (ja auch einflussreiche) stürzen über den Inhalt & dessen Interpretation diskutieren zu wollen.

Also ich habe es schon nicht geschafft, Theologen anzulocken, aber mit Dir im Rücken, Ratio, kann ich alle Hoffnung aufgeben. Mehr Zartgefühl bitte! :police:

Eine Frage, die mich schon seit langem quält, wird nun wohl für immer unbeantwortet bleiben:
Paul Feyerabend schildert, dass er eines Tages gezwungen wurde, die Studenten seines Philosophie-Kurses zu prüfen. Eine seiner Prüfungsfragen war:
ZitatHow was the coldness of the Devil's penis explained by St Thomas Aquinas? What do you think of the explanation?

Dem Hexenjäger von Burgund Henri Boguet (1550 – 1619) zufolge verhütet die eisige Kälte des Teufelspenis die Empfängnis, aber wenn das nicht reicht, wäre ich schon in der Gefahr durchzufallen, und meine Ansicht über gleich welche Erklärung würde meine Chancen nicht automatisch erhöhen. Im Werk des Thomas (auf corpusthomisticum.org) kommt das Wort "penis" dreimal vor, das Wort "diaboli" 168 mal, aber nicht beides zusammen. "Membrum diaboli" kommt zweimal vor, aber wie es scheint nicht in dieser Bedeutung. Ich wollte immer mal eine theologische Fakultät befragen, zu irgendwas müssen die doch gut sein. Wirklich, Ratio, Du versaust mir alles.

Mephisto

Zitat von: Leguan999 am 13. Dezember 2012, 16:32:16
@Mephisto: Wie stellst du sicher, dass die Priesterausbildung korrekt abläuft?

Also ich persönlich bin der Meinung, dass eine Priesterausbildung per se nie korrekt ablaufen kann, weil es eine Priesterausbildung ist, aber ich nehme an, das war nicht Deine Frage.
Darum, dass die Priesterausbildung korrekt abläuft, sollten sich diejenigen kümmern, denen es wichtig ist, also i.d.R. die Kirchen. Ich schätze aber, die würden sich gar nicht erst einig, wann eine solche Ausbildung korrekt abläuft und wann nicht.

Zitat von: Leguan999 am 13. Dezember 2012, 16:32:16
Soll die Ausbildung auch denen offenstehen, die nicht für ein Universitätsstudium geeignet sind? Die wären ja nicht prinzipiell schlechter.

Wie gesagt: aus meiner persönlichen Sicht ist die Ausbildung von Priestern überflüssig wie ein Kropf, aus diesem Grund sehe ich mich außerstande mich zu dieser Fragestellung sinnvoll zu äußern ... klingt komisch, ist aber so  ;)

Ridcully

Zitat von: bayle am 12. Dezember 2012, 12:21:29
Eine Diskussion der Theologie mag man für überflüssig halten. Der Glaubende weiß sich im Besitz einer Wahrheit, die dem besserenfalls irrenden und suchenden, schlimmerenfalls zynischen oder bösartigen Ungläubigen verschlossen ist, und der Atheist bleibt unfähig zu begreifen, wie man einer Lehre anhängen kann, die so offensichtlich mit der Realität zerfällt und die in sich derart widersprüchlich ist, wie das eine jede Religion für ihn zwangsläufig ist.

Du vermengst hier Glauben und Theologie. Man kann auch über die Logik eines theologischen Argumentes nachdenken, ohne an das religiöse System zu glauben in dem man sich damit bewegt. Das ist nicht anders als bei irgendwelchen philosophischen Denkgebäuden, bei denen du die Grundannahmen schon nicht teilen kannst.

Zitat von: bayle am 12. Dezember 2012, 12:21:29Aber Textkritik ist noch keine Theologie. Die eigentliche Frage, die die Brisanz der (unbestritten selektiven) Dawkinschen Gottesdarstellung ausmacht, die Spannung zwischen diesem aggressiven, Völkermord gutheißenden lokalen Kriegsgott und dem Allmächtigen, Allgütigen Vater im Himmel, der in den Kirchen verehrt wird – diese Frage wurde noch nicht einmal berührt. Der Atheist sieht einer Antwort mit Interesse entgegen.

Und hier wirfst du / Dawkins implizit den Gläubigen vor, keine fundamentalistische Bibelauslegung zu vertreten. Ja seid doch froh!

Kritisiert doch das, woran die Gläubigen tatsächlich glauben und wichtiger noch, wie sie und die religiösen Institutionen handeln, da gibt es genug zu tun. Und geht ihnen nicht als die paradoxe Erscheinung atheistischer Bible Thumper auf den Keks.

bayle

Zitat von: Ridcully am 14. Dezember 2012, 16:37:32
Du vermengst hier Glauben und Theologie
Ja schon, aber wie trennt man sie?

ZitatMan kann auch über die Logik eines theologischen Argumentes nachdenken, ohne an das religiöse System zu glauben
Einverstanden; versuche ich ja.

ZitatUnd hier wirfst du / Dawkins implizit den Gläubigen vor, keine fundamentalistische Bibelauslegung zu vertreten.
Nein. Gerade eben regst Du an, über die Logik eines theologischen Arguments nachzudenken, und kaum geschieht das, willst Du es nicht zur Kenntnis nehmen. Sind da nun Widersprüche zwischen den verschiedenen Gottes-Konzepten in der Bibel, oder sind da keine?

ZitatKritisiert doch das, woran die Gläubigen tatsächlich glauben
Gern – wenn sie sich denn jemals festlegen, woran genau sie nun glauben. Kaum hat der Katholik den Katechismus als Richtlinie erwähnt, da will er ihn selbst auch schon nicht mehr wahrhaben:
ZitatK: ... Gerade angesichts der Tatsache, dass ich natürlich nicht gänzlich hinter allen Punkten des selbigen stehe ...

Ridcully

Zitat von: bayle am 14. Dezember 2012, 16:54:04
Ja schon, aber wie trennt man sie?

Indem man die Prämissen der jeweiligen theologischen Diskussion für diese akzeptiert. Dafür ist es irrelevant ob du persönlich dran glaubst oder nicht.

Zitat von: bayle am 14. Dezember 2012, 16:54:04Nein. Gerade eben regst Du an, über die Logik eines theologischen Arguments nachzudenken, und kaum geschieht das, willst Du es nicht zur Kenntnis nehmen. Sind da nun Widersprüche zwischen den verschiedenen Gottes-Konzepten in der Bibel, oder sind da keine?

Das ist irrelevant. Sobald du dich hinsetzt und die Bibel in die Hand nimmst und da dieses oder jenes reinliest, baust du dir deine eigene Theologie. Als Atheist tust du das natürlich nicht, um deinen nicht vorhandenen Glauben zu begründen oder zu systematisieren, sondern du tust es um die theologischen Thesen von Gläubigen (oder für Gläubige - ob die Theologen nun selbst immer gläubig sind, wissen wir nicht) daran zu messen. Damit handelst du aber nicht anders als irgendwelche Untersekten, die mit der Bibel wedeln und behaupten, nur ihre Auslegung sei richtig.

Als Atheist ist das albern, für dich ist die Bibel schliesslich keine autoritative Quelle. Was du aber machen kannst, ist sich die tatsächlich vertretenen Theologien anzusehen und sie nach Schlüssigkeit, Konsequenzen usw. abzuklopfen und zu kritisieren. Aber den Religiösen zu sagen, sie läsen ihre religiösen Schriften nicht richtig, halte ich für albern.

Zitat von: bayle am 14. Dezember 2012, 16:54:04
Gern – wenn sie sich denn jemals festlegen, woran genau sie nun glauben. Kaum hat der Katholik den Katechismus als Richtlinie erwähnt, da will er ihn selbst auch schon nicht mehr wahrhaben:
ZitatK: ... Gerade angesichts der Tatsache, dass ich natürlich nicht gänzlich hinter allen Punkten des selbigen stehe ...

Auch hier beschwerst du dich wieder, dass die Religiösen nicht so dogmatisch sind wie du sie gerne hättest. Ist doch schön wenn auch Katholiken einen vom Katechismus ihrer Kirche abweichenden Glauben haben können.