Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Wieder ein Hirnforscher

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von Onkel Heinz, 26. Oktober 2012, 23:13:24

« vorheriges - nächstes »

P.Stibbons

@Noddy:
Stimme dir zu.

Spitzers populistisch-pseudowissenschaftliches Geblubber bereitet den Boden vor, auf dem Hüthers Saat dann mühelos gedeihen kann.

bayle

Ich habe mal versucht, mir klarzumachen, wie Spitzer funktioniert:
http://www.schattauer.de/de/magazine/uebersicht/zeitschriften-a-z/nervenheilkunde/inhalt/archiv/issue/1448/manuscript/16751/show.html

ZitatErst jüngst wurde im Rahmen von insgesamt vier Experimenten gezeigt, was es für unser Denken und unser Gedächtnis bedeutet, dass wir uns in zunehmendem Maße auf elektronische Medien und vor allem auf das Internet bzw. World Wide Web verlassen

Er referiert ausführlich die Ergebnisse, und kommentiert dann:

ZitatOb man dies als Anpassungsprozess verstehen soll, wie die Autoren vorschlagen, oder ganz einfach (wie beim Navi) als Ausdruck unserer mentalen Bequemlichkeit, überlasse ich dem Urteil des Lesers. Man kann natürlich immer online sein und davon ausgehen, dass wir diesen Service auch immer zur Verfügung haben, ähnlich wie Wasser und Strom. Wenn aber das Wasser abgedreht und der Strom ausfällt, dann habe ich erstens einen Kasten Sprudel im Keller und zweitens ein paar Kerzen parat. Und ich weiß, was sonst noch zu tun ist. Wenn mir jedoch das Wissen abgedreht wird, was dann? Welche Bücher muss ich dann parat haben? Und wenn alles in die Wolke ausgelagert ist und die verflüchtigt sich? – Vielleicht bin ich einfach schon zu alt, aber ich male mir das nicht gerne aus!
Das ist nostalgische Kulturkritik in abendländischer Tradition. Papst Paul V hielt es für verwerflich, dass die Leute so viel in der Bibel lesen. Karl Kraus beklagte den Untergang der Welt durch Schwarze Magie, womit er die österreichische Presse meinte. Bevor es Computer gab, sah Spitzer schon das Ende der Kultur durch das Fernsehen eintreffen; jedenfalls, er hat mal so was geschrieben: ,,Spitzer M (1999) Gewalt im Fernsehen: Wir dürfen nicht zuschauen! (Editorial). Nervenheilkunde 18: 160-161. (leider nicht online verfügbar).

Ich glaube, das beleuchtet seinen Denkfehler: man erinnere mal ,,Robinson Crusoe". Wer heute auf einer unbewohnten Insel stranden würde, hätte noch viel weniger Überlebens-Chancen als Robinson Crusoe, einfach weil er dessen handwerkliche Fähigkeiten nicht mehr hat. Als die Taschenrechner aufkamen, habe ich mal in der Zeitung gelesen, dass der Rechenschieber seine Bedeutung behalten werde. Andererseits: die unbewohnten Inseln sind im Laufe der Zeit immer seltener geworden, und was Spitzer nun ernsthaft noch anstellen wollte, wenn Wasser und Strom länger als ein paar Stunden fehlen würden, darüber sollten wir uns lieber nicht den Kopf zerbrechen.

Onkel Heinz

Zitateinfach weil er dessen handwerkliche Fähigkeiten nicht mehr hat.
Wenn ich jetzt nackig in einem Wald ausgesetzt würde, wäre mir der Neandertaler (nehmen wir an, der ist auch dort) um Lichtjahre voraus. So what?

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Noddy am 28. Oktober 2012, 13:22:50
Zitateinfach weil er dessen handwerkliche Fähigkeiten nicht mehr hat.
Wenn ich jetzt nackig in einem Wald ausgesetzt würde, wäre mir der Neandertaler (nehmen wir an, der ist auch dort) um Lichtjahre voraus. So what?

Und dann setzen wir den Neandertaler in einer tokyoter U-Bahn-Station aus ...

Onkel Heinz

eben, wir sind halt angepasste Wesen.

Was Spitzer da propagiert riecht nach Angst. Eigentlich streift das die Idee der Romantik, oder?


von Spitzweg...

bayle

Zitat von: Noddy am 28. Oktober 2012, 13:22:50
Zitateinfach weil er dessen handwerkliche Fähigkeiten nicht mehr hat.
Wenn ich jetzt nackig in einem Wald ausgesetzt würde, wäre mir der Neandertaler (nehmen wir an, der ist auch dort) um Lichtjahre voraus. So what?
Ich fühle mich missverstanden. Den Neandertaler-Urwald gibt es nicht mehr. Spitzer glaubt, wenn er den PC wegschmeißt, dann könnte er dort überleben. Ich aber glaube:
Zitatdie unbewohnten Inseln sind im Laufe der Zeit immer seltener geworden

Wenn ich aber die letzten beiden Posts lese, dann sehe ich, dass wir nicht auseinander sind.

Onkel Heinz

Ich hatte dich schon verstanden, ich denke nur, dass es im Grunde darum nicht geht. Aber sicher, wir sind prinzipiell nicht anderer Meinung.
ZitatIch fühle mich missverstanden. Den Neandertaler-Urwald gibt es nicht mehr. Spitzer glaubt, wenn er den PC wegschmeißt, dann könnte er dort überleben.
Naja, jein. Es reichte möglicherweise schon, ohne Geld in Syrien oder Nordkorea ausgesetzt zu sein, könnte zumindest haarig werden.

Wir lernen das, was wir fürs erfolgreiche Überleben in unserer Umwelt brauchen.

Wer heute nicht lernt am Rechner zu arbeiten, wird es in Zukunft deutlich schwer haben.
Zu wissen, wie man Topflappen filzt, mag aber auch seine Berechtigung haben... das wird dann meine Ersatzbefriedigung, wenn die Cloud sich verflüchtigt. Das muss mir meine Mutter nur noch beibringen.

Antitainment

Zitat
Zu wissen, wie man Topflappen filzt, mag aber auch seine Berechtigung haben... das wird dann meine Ersatzbefriedigung, wenn die Cloud sich verflüchtigt. Das muss mir meine Mutter nur noch beibringen.

Da gibt's doch sicher eine App für. ;D


On Topic und doch OT:
Zappelix Zaubert in der Praxis - TV Bericht YOUROPE, ARTE, 5.5.2012
http://www.youtube.com/watch?v=VvKZSZaaTRM

Das ist nicht die Reportage, die ich mal gesehen habe, aber bei meiner Suche nach der Doku bin ich darüber gestolpert. Klingt für mich nach Hüther-Sprech (Zappelix als Spielname?!). Ist dieser Dr. med. Bonney bereits bekannt? Und wie ist der Bursche einzustufen?
Zahlen, Statistiken ... das ist alles total Sarrazin! Ihr müsst richtig fühlen! FÜHLEN! Darum geht es.

Wolleren

Zitat von: Antitainment am 28. Oktober 2012, 15:54:33
...
Das ist nicht die Reportage, die ich mal gesehen habe, aber bei meiner Suche nach der Doku bin ich darüber gestolpert. Klingt für mich nach Hüther-Sprech (Zappelix als Spielname?!). Ist dieser Dr. med. Bonney bereits bekannt? Und wie ist der Bursche einzustufen?
Wir haben ein gutes Dutzend Threads im Forum, die ihn erwähnen, und im Wiki ist er schon längst: http://psiram.com/ge/index.php/Helmut_Bonney .

Antitainment

Alles klar, hatte den Namen mal ins Wiki gehämmert und nicht gefunden - Muss mich wohl vertippt haben. Asche auf mein Haupt und das Thema Bonney ist damit abgehakt.
Zahlen, Statistiken ... das ist alles total Sarrazin! Ihr müsst richtig fühlen! FÜHLEN! Darum geht es.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Noddy am 28. Oktober 2012, 13:43:05
Was Spitzer da propagiert riecht nach Angst. Eigentlich streift das die Idee der Romantik, oder?

Ein guter Aspekt, unter dem man das auch betrachten kann.

The Doctrix

Zitat von: Forbidden am 27. Oktober 2012, 15:35:05
Studien kann ich leider keine liefern, jedoch kann ich von meiner Arbeit sagen, dass *alle* Kinder die ich im Elementarbereich betreue und die da schon regelmäßig solche Medien konsumieren enorme Probleme in der Sprachentwicklung haben und motorisch auch sehr unsicher sind. Inwieweit dafür dann auch das soziale Umfeld verantwortlich ist, ist leider nicht trennbar, da ein Kind, dessen Eltern wenig oder kaum mit ihm reden eben auch diese Probleme haben. Und dann gibt es natürlich nicht selten einen Zusammenhang zwichen viel Medienkonsum und der vorhandenen oder eben nicht vorhandenen Fürsorge der Eltern.

Kognitiv, motorisch und sprachlich sind zumindest die Kinder am besten entwickelt, die in diesem Alter gar keine oder kaum Medien dieser Art konsumieren. Komischerweise sind dass auch die Kinder, deren Eltern sich sehr gut kümmern.

Unser älterer Sohn (2 Jahre, 11 Monate alt) guckt seit gut 1 Jahr regelmässig die "Sendung mit dem Elefanten" und expermientiert (unter meiner Aufsicht) regelmässig mit meinem alten Laptop herum (Media Player beherrscht er mittlerweile ganz gut, auch im Internet kommt er erstaunlich gut klar). Dennoch ist er in der Sprachentwicklung ca. 1 Jahr voraus, in allen anderen Bereichen immerhin so weit, dass er in seiner Kinderkrippe bereits 4 Monate früher als üblich von den "Kleinen" zu den "Grossen" versetzt wurde.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

Forbidden

Zitat von: The Doctor am 29. Oktober 2012, 11:55:07
Zitat von: Forbidden am 27. Oktober 2012, 15:35:05
Studien kann ich leider keine liefern, jedoch kann ich von meiner Arbeit sagen, dass *alle* Kinder die ich im Elementarbereich betreue und die da schon regelmäßig solche Medien konsumieren enorme Probleme in der Sprachentwicklung haben und motorisch auch sehr unsicher sind. Inwieweit dafür dann auch das soziale Umfeld verantwortlich ist, ist leider nicht trennbar, da ein Kind, dessen Eltern wenig oder kaum mit ihm reden eben auch diese Probleme haben. Und dann gibt es natürlich nicht selten einen Zusammenhang zwichen viel Medienkonsum und der vorhandenen oder eben nicht vorhandenen Fürsorge der Eltern.

Kognitiv, motorisch und sprachlich sind zumindest die Kinder am besten entwickelt, die in diesem Alter gar keine oder kaum Medien dieser Art konsumieren. Komischerweise sind dass auch die Kinder, deren Eltern sich sehr gut kümmern.

Unser älterer Sohn (2 Jahre, 11 Monate alt) guckt seit gut 1 Jahr regelmässig die "Sendung mit dem Elefanten" und expermientiert (unter meiner Aufsicht) regelmässig mit meinem alten Laptop herum (Media Player beherrscht er mittlerweile ganz gut, auch im Internet kommt er erstaunlich gut klar). Dennoch ist er in der Sprachentwicklung ca. 1 Jahr voraus, in allen anderen Bereichen immerhin so weit, dass er in seiner Kinderkrippe bereits 4 Monate früher als üblich von den "Kleinen" zu den "Grossen" versetzt wurde.

Mag sein, dass es sowas gibt, bei *meinen* 150 Kindern ist so leider keines dabei. Ich beanspruche auch nicht, dass meine Erfahrung da repräsentativ ist.

Was mich aber interessieren würde, ist wieviel Zeit Dein Kind am Tag im Schnitt mit Fernsehen und Laptop verbringt.

P.Stibbons

Hier ein weiteres Beispiel:

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Der-geistige-Abstieg;art4306,1593283

Steile Thesen... unbelegt bzw grob vereinfacht, undifferenziert:

ZitatJunge Menschen verbringen in Deutschland doppelt so viel Zeit mit digitalen Medien wie mit dem Schulstoff. Sie riskieren damit eine geringere Gehirn-Bildung und laufen Gefahr, beim Abbau von Nervenzellen (der mit dem Alter oder bei bestimmten Erkrankungen des Gehirns einsetzt) früher Symptome zu entwickeln. Sie werden also früher dement, und man hat Grund zur Annahme, dass es hier nicht um Monate, sondern um Jahre geht...
Es wird nicht differenziert dargelegt, ob junge Menschen nicht auch gerade mit und für den Schulstoff längere Zeit mit digitalen Medien verbringen:
in der Oberstufe werden z.B. Facharbeiten geschrieben, PowerPoint-Präsentationen angefertigt, von deren Qualität Spitzer vermutlich nur träumen kann.
Warum sollten Senioren durch den Gebrauch digitaler Medien eher dement werden?
Menschen, die wegen körperlicher Behinderungen oder genereller Immobilität nur schwer am kulturellen und sozialen Leben teilhaben könnten, bekommen durch das Internet ganz neue Möglichkeiten der Teilhabe und der Kommunikation.

ZitatBetrachten wir die Alzheimer Krankheit: Wer zweisprachig aufwächst und zeitlebens zwei Sprachen zumindest gelegentlich benutzt, bekommt die Symptome der Krankheit mehr als fünf Jahre später. Er hat mehr Spuren im Gehirn, sein Gehirn erfuhr mehr Bildung, und wenn dann Nervenzellen zugrunde gehen, kann der Rest dies deutlich besser ausgleichen. Man spricht von "kognitiver Reserve".
Man kann seine Englisch-und sonstigen Sprachkenntnisse doch wunderbar gerade übers WWW pflegen: indem man fremdsprachige Blogs liest und sich an den Diskussionen dort beteiligt z.B.
Zitat
Prof. Klaus Peter Jantke vom Fraunhofer-Institut hat sich kritisch zu Ihren Aussagen geäußert. Die Hirne verkümmerten nicht. Im Gegenteil stimuliere der Umgang mit Computern das Hirn und erschließe ganz neue Areale. Das hört sich doch einleuchtend an?

SPITZER: Falsch ist es trotzdem. Wir wissen, dass die Bildschirmmedien bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr zu Sprachentwicklungsstörungen führen, in Kindergärten die Bildungsbiografie maßgeblich negativ beeinflussen, zu Aufmerksamkeitsstörungen sowie Lese- und Rechtschreibstörungen in der Schule führen.

Das finde ich völlig undifferenziert.
Auf die Tele-Tubbies bezogen mag das vielleicht stimmen und dann, wenn mit Kindern auch sonst nicht viel sprachlich kommuniziert wird. M.a.W., wenn Eltern mit den Kindern keine Bilderbücher anschauen, nicht mit ihnen singen, blödeln, ihnen nicht vorlesen und womöglich am liebsten selbst stundenlang stumpfsinnig vor der Glotze oder dem PC abhängen.

Die Sozialisation und Erziehungskompetenz der Eltern scheint mir der entscheidende Faktor zu sein.

Und so geht es munter weiter in dem Interview...

Zu dem behaupteten Zusammenhang zwischen ADHS und  etwa übermäßigem Konsum von Blidschirmmedien schreibt das Zentrale ADHS-Netz in seiner Presseerklärung vom März 2012 unter Punkt 2 auf S.3, dass es dafür keine gesicherten empirischen Belege gibt

http://www.zentrales-adhs-netz.de/uploads/media/Fehlinformationen_der_Presse_zur_ADHS_Mrz_01.pdf


The Doctrix

Zitat von: Forbidden am 31. Oktober 2012, 17:32:16
Was mich aber interessieren würde, ist wieviel Zeit Dein Kind am Tag im Schnitt mit Fernsehen und Laptop verbringt.

Die "Sendung mit dem Elefanten" dauert 25 Minuten. Am Laptop ist er etwa 2x pro Woche, so um 15-30 Minuten.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!