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Kirchenaustritt pro und contra

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Begonnen von Forbidden, 16. Juni 2011, 10:19:52

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rincewind

Es ist eigentlich ziemlicher Wahnsinn, dass man sich über sowas im 21. Jhdt, einem Staat, der sich wenigstens auf dem Papier der Aufklärung und Säkularisation verbunden fühlt, noch Gedanken machen muss.

rincewind

Zitat von: Nogro am 16. Juni 2011, 15:54:43
Komisch, irgendwie erinnert mich die Diskussion an die Ausreden, die man früher im Osten hatte um zu begründen, dass man in die Partei eingetreten ist (ist natürlich selbverständlich um Himmelswillen keinesfalls und in keinster Weise vergleichbar)

Der Unterschied ist nur, dass Du üblicherweise in die Kirche per Taufe eingetreten wirst. Zu einem Zeitpunkt, wo üblicherweise weder intellektuelle noch physische persönliche Fähigkeiten ausreichen, sich gegebenenfalls zu wehren.

Klopstein

Zitat von: rincewind am 16. Juni 2011, 15:58:08
Es ist eigentlich ziemlicher Wahnsinn, dass man sich über sowas im 21. Jhdt, einem Staat, der sich wenigstens auf dem Papier der Aufklärung und Säkularisation verbunden fühlt, noch Gedanken machen muss.

Jemand aus meinem Umfeld sieht sich gerade nach einem neuen Job um. Ist auch ein Bereich, wo die Träger oft kirchlich sind. Beim Basispersonal (so nennen die das) ist es den meisten egal, aber sobald ein klein bisschen Leitungsfunktion dazukommt, ist Kirchenmitgliedschaft Voraussetzung. Es scheint so, als ob es hier in der Gegend bei den Evangelen noch strenger ist als bei den Katholen. Welche Kirche ist beiden weitgehend egal, aber gar keine, dass können sie überhaupt nicht ab.

Letzte Woche gabs dazu was auf Deutschlandfunk, aber die Sendung (Studiozeit, 8.6., 20:10 Uhr) hat keinen Text oder Audio verlinkt.

Elfenstaub

Zitat von: rincewind am 16. Juni 2011, 16:00:47
Zu einem Zeitpunkt, wo üblicherweise weder intellektuelle noch physische persönliche Fähigkeiten ausreichen, sich gegebenenfalls zu wehren.

Das Screien während der Taufe sollte als Zeichen des Widerstandes eigentlich reichen  :angel:
Zitat von: Klopstein am 16. Juni 2011, 16:31:33
Zitat von: rincewind am 16. Juni 2011, 15:58:08
Es ist eigentlich ziemlicher Wahnsinn, dass man sich über sowas im 21. Jhdt, einem Staat, der sich wenigstens auf dem Papier der Aufklärung und Säkularisation verbunden fühlt, noch Gedanken machen muss.

Welche Kirche ist beiden weitgehend egal, aber gar keine, dass können sie überhaupt nicht ab.

Zählt das Fliegende Spagetthionster als Anbetungswürdig?  Spirelli Spiritualität!
2-3 Elfen, luftgetrocknet, mit dem Mörser zerstoßen bis die Konsistenz von Puderzucker erreicht ist: Elfenstaub!

Giftig wie Aspartam, süß wie Dihydroxymonoxid und nicht überdosierbar.

Nogro

Da keiner bisher beweisen konnte, das Jesus nicht der Sohn des FSM (geheiligt seien seine Anhängsel) ist, ist ES natürlich anbetungswürdig:
http://www.boingboing.net/2005/08/19/boing_boings_250000_.html
Es genügt nicht, keine Ahnung zu haben. Man muss auch dagegen sein (Hermann Hinsch)

Arno

@Forbidden
Meine Situation ist sehr ähnlich. Im sozialen Bereich tätig, auf dem Papier Mitglied einer christlichen Kirche und auch ich hab lange überlegt, ob ich nicht endlich mal dort austreten soll. Hab mich - zumindest vorläufig - gegen einen Austritt entschieden. Der soziale Bereich wird von fünf der sechs Spitzenverbände dominiert, wobei Caritas und Diakonie nochmal in einer ganz eigenen Liga spielen und beim Pari gibts ja auch etliche christliche Vereine, Einrichtungen etc., die dort Mitglied sind (vom Druidenhilfswerk und den anderen Kuriositäten ganz zu schweigen). Bleiben von den Spitzenverbänden also nur die beiden linkshumanitären Verbände und Teile vom Pari. Der winzige jüdische Verband, mit nur noch marginaler Bedeutung und wie der Name schon sagt ebenfalls religiös motiviert, ist ja auch keine Option. Die Vorrangstellung der genannten Spitzenverbände gegenüber sämtlichen Mitbewerbern ist gesetzlich verankert - eine Änderung ist nicht in Sicht. Wenn man nicht gerade auf die Jugenghilfe spezialisiert ist, kommen die großen Nicht-Spitzenverbände (IB, SOS-Kinderdörfer...) ebenfalls nicht wirklich in Frage. Unter diesen Voraussetzungen ist für mich ein Kirchenaustritt einfach keine Möglichkeit. Ich bin noch recht frisch im Arbeitsleben und kann/darf einfach nicht die Hälfte bis 2/3 der potentiellen Jobs für mich unmöglich machen. Ich bin ja auch anderen Menschen - etwa meiner Familie - gegenüber verantwortlich und kann hier einfach nicht so wie ich gern will.  


Nachtrag: Ich seh gerade, ich hab das DRK (versehentlich) als "linkshumanitär" bezeichnet. Das ist natürlich Unsinn. "Humanitär" wäre richtig gewesen. Dass "linkshumanitär" bezieht sich einzig auf die AWO. Sry.

rincewind

Das Alles ist doch furchtbar traurig. Nicht der Mensch als solcher zählt,sondern die Zugehörigkeit zu einem Verein. Klar, das ist im "bösen Kapitalismus" schon immer so, aber wenn man Menschenliebe, Vergebung etc. auf seinen Fahnen stehen hat, ist das an Heuchelei nicht zu überbieten.

Harlequin

Ich war. Gott sei Dank (Pun intended), nie in einer solchen Lage. Ich bin bereits vor vielen Jahren ausgetreten, meine Familie ist auch nicht sehr religiös, meine Kreise sind, nun ja, höchstens teilweise esoterisch veranlagt. Auch im beruflichen Bereich interessiert es keinen. Insofern kann ich diese Lage nicht wirklich nachempfinden.

Ich sehe in solchen Situationen immer ein Bild vor mir, mehrere Leute an einem Tisch, darüber eine Gedankenblase, und jeder am Tisch denkt sich insgeheim: "Hoffentlich merkt keiner das ich Atheist bin?". Ich meine, vielleicht geht es vielen so? Leute die einfach konform bleiben, auch wenn sie es nicht wollen. Auch wenn es komisch klingt, ich habe sehr oft festgestellt, dass ich nicht alleine bin. Wenn man den Mund öffnet und etwas sagt erntet man nicht immer öffentliche Zustimmung. Aber sehr oft gibt es andere, die gleich denken und sich auch nur nicht trauen. Vielleicht müssten nur mehr Menschen aufstehen und ihre ehrliche Meinung sagen?

Das Internet hilft zwar auch den Spinnern dabei sich zu organisieren, aber es hat auch gezeigt, wieviele Atheisten es gibt. Und es sind nicht wenige in Deutschland...
http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_225_report_en.pdf
Man braucht vor der Liebe Gottes keine Angst zu haben. Er hat seit 2.000 Jahren niemand mehr geschwängert.

velniuksti

.. naja, jeder Verein braucht halt seine Attraktivität, wenn er mehrheitsfähig sein will. Eine Religion wird sich nach außen nie mit negativen Merkmalen charakterisiert wissen wollen. Ich hoffe, dass es in diesem konkreten Fall hauptsächlich ums Geld geht und nicht so sehr um den sozialen Status deiner Kinder (zumindest kann ich mehr ein paar tiefbeleidigte, biestige Dorfbewohner, die in ihrem Habitus gestört sind, weil jemand nicht mehr an den Herrgott glaubt schlimmer vorstellen als das Zahlen einer vergleichsweise geringen (direkten) Kirchensteuer).
Wenn man dann hinzu nimmt, dass die Kirche ein vergleichsweise schlechter Arbeitgeber ist (Tendenz aus meiner Sicht: Gehalts-Entwicklung wird nach und nach deutlich unter Tarif gehen), zählt das Arbeitsargument etwas weniger. Hast du dich denn schon erkundigt, wo du austreten kannst? Vielleicht geht das ja bei einer überregionalen Stelle, und dann verschwindest du als behördlicher Vorgang der "Kirchenbeamten", ohne dass gleich jeder groß Wind bekommt. Ich finde Kirchenaustritt besser, und wenns ganz hart auf hart kommt, erzählst du im Dorf, du hättest deine ganz eigene "Spiritualität" entdeckt: mit Engeln oder so ähnlich  ;D

Adromir

Ich bin zwar auch im sozialen Bereich tätig, bin aber bei einer privaten Einrichtung angestellt und meine oberste Heeresleitung ist bekennende Atheistin, jedenfalls, was ich so aus ihren Sprüchen raushöre. Hab also glück gehabt

Arno

Nur mal zur Veranschaulichung, wie sehr der soziale Bereich von den christlichen Kirchen dominiert ist:

ZitatDer Deutsche Caritasverband ist die Organisation innerhalb der Caritas (lat. Nächstenliebe, Hochschätzung), einer in vielen Ländern tätigen sozialen Hilfsorganisation der römisch-katholischen Kirche. [...] Mit rund 490.000 Mitarbeitern ist die Caritas der größte private Arbeitgeber in Deutschland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Caritasverband
Caritas = größter privater Arbeitgeber in Deutschland

und

ZitatDas Diakonische Werk (DW) ist ein Wohlfahrtsverband der Evangelischen Kirchen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und zahlreicher Freikirchen. [...] In Deutschland sind in den rechtlich selbstständig agierenden 26 Diakonischen Werken mehr als 435.000 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt und weitere rund 400.000 Mitarbeiter ehrenamtlich aktiv (Stand: Ende Dezember 2009)[1], zusammengefasst sind sie damit nach der Caritas der zweitgrößte private Arbeitgeber in Deutschland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Diakonisches_Werk
Diakonie = zweitgrößter privater Arbeitgeber in Deutschland

Dazu kommen dann nochmal diverse andere Einrichtungen, Verbände usw. mit ebenfalls christlichem Background.

Zumindest wenn man irgendwas leitendes machen will oder gar studiert hat, kommt man bei christlichen Trägern nicht an einer Kirchenmitgliedschaft vorbei. Ich weiß da keine genaue Zahl, aber >100.000 Jobs die davon betroffen sind halte ich für realistisch.

Fazit: Wer als im sozialen Bereich Tätiger - mit hoher Qualifikation aber ohne selbstständig zu sein oder einen unbefristeten Vertrag bei einem säkulär orientierten Arbeitgeber in der Tasche zu haben - aus der Kirche austritt, gefährdet ganz real seine berufliche Zukunft.

Ratiomania

Gute Frage... austreten, warten was passiert und wenns berufliche/monetäre Konsequenzen hat die man nicht toleriert wieder eintreten?

Okay, Meineid und Lüge sind zwar moralisch verwerflich... aber wenns ums höhere Gut geht wie etwa Ernährung einer Familie ohne jemanden zu Schaden...?

Wobei es viel mehr moralisch verwerflich is, jemanden der dasselbe tut, aber aus anderer (meist nur rechtfertigender) Motivation heraus dies zu tun ihm die berufliche Möglichkeiten verbaut/aufkündigt!

Meine nichtssagende Stammtischpsychologie erklärt sich sowas aus ner vollkommen perversen selbstwidersprüchlichen Doppelmoral, die die "Motive" anderer Weltbilder abwertet um in seinem Weltbild auf moralischen Höchstniveau zu schweben.

Damit das so bleibt müssen natürlich jedwede bekanntgewordenen Fakten ala "der isja Atheist - tut aber moralisch-ethische Sachen wie ich" fix geändert werden.

Was wäre das auch fürne Welt, wenn "gutes" Handeln nicht aus irgendwelchen tausdenfach anders-interpretierbaren jahrtausendealten historischen Schriften bzw Mythen und Lehren heraus begründet wird, bei denen man ja zirkellogisch NIE daneben liegen kann ergo für die Ewigkeit gelten und schön ignoriert das es da auch noch Andersgäubige gibt exakt genauso argumentieren, aber eben für etwas anderes!

Wo würde sowas hinführen, wenn Menschen plötzlich nicht an eine höhere Autorität verweisen würden, sondern auf von Menschen gemachte Gesetze, Regelsysteme und Verträge, die immer wieder hinterfragt, umgeändert, angepasst und nicht dogmatisch sondern höchstens relativistisch und differenziert rechtfertigt werden müssen?

Die ganze Menscheit lebt in ständiger Angst vor der säkulären-atheistisch-agnostischen Horde, die plündernd und mordend durch Dörfer, Städte, ja ganze Landstriche zieht, diese verwüstet, Frauen, Männer vergewaltigt, sich an kleinen Kindern vergeht um sich nach Befriedigung des nicht durch eine von oben diktierte Sexualmoral beschränken Sexualtriebes Säuglinge schlachtet und ihr Blut mit dem zubereiteten Fleisch abgetriebender Föten verspeist...

wobei das "versteckte" Atheistenpack, das unauffällig mitten unter den braven katholiken lebt und meist aufm Papier Konfession: Katholisch stehn hat, ja meist die Monster von nebenan sind:

Hinter der biederen freundlichen Fassade missbrauchen sie kleine Kinder (ihre eigenen oder fremde), zeugen Inzestkinder, baden in Menschenblut und meucheln vom Rest der Leute unbemerkt die nichtsahnenden gläubigen Nachbarn ab, um deren Leiche zu schänden, auszuweiden und deren innere Organe feinsäberlich in Tubberdosen verpackt alphabetisch geordnet in ihren Kühlschränken einzulagern!

:kotz:


Forbidden

Sollte ich mich irgendwann einmal nach einem neuen Job umsehen wollen fallen hier wohl 90% der möglichen Arbeitgeber weg  :-\.

Dazu kommt, steht man in einem Arbeitverhältniss eines solchen Trägers, ist es absolut rechtens, dass man gekündigt wird:

http://www.augsburger-allgemeine.de/community/forum/deutschland,-europa-und-die-welt/10318996-Kirchenaustritt-Kirchlicher-Traeger-darf-Arbeitnehmer-kuendigen-id10318996.html

Ich habe den falschen Job, ganz klar in weniger sozialen Berufen kommt die Dazugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft nicht so zum Tragen.

Den Austritt müsste ich hier auf dem Standesamt (gebührenpflichtig) erklären. Das bekommt natürlich ersteinmal nur mein jetziger Arbeitgeber mit. Ich werde mir das wohl nochmal gut überlegen! Doch lieber auf dem Papier Katholik und eine gesicherte finanzielle Zukunft

Forbidden

ZitatIch sehe in solchen Situationen immer ein Bild vor mir, mehrere Leute an einem Tisch, darüber eine Gedankenblase, und jeder am Tisch denkt sich insgeheim: "Hoffentlich merkt keiner das ich Atheist bin?". Ich meine, vielleicht geht es vielen so? Leute die einfach konform bleiben, auch wenn sie es nicht wollen. Auch wenn es komisch klingt, ich habe sehr oft festgestellt, dass ich nicht alleine bin. Wenn man den Mund öffnet und etwas sagt erntet man nicht immer öffentliche Zustimmung. Aber sehr oft gibt es andere, die gleich denken und sich auch nur nicht trauen. Vielleicht müssten nur mehr Menschen aufstehen und ihre ehrliche Meinung sagen?

Read more: http://forum.psiram.com/index.php?topic=6538.15#ixzz1PVaywhf2

So habe ich auch schon öfters gedacht, bei den wenigstens meiner Arbeitskollegen war das bisher aber der Fall, ganz im Gegenteil, da war die Reise zum Kölner Dom DAS Highlight des Sommerurlaubes  :o (kein Scherz).

mossmann

aus dem link von Forbidden:

ZitatKirchenrechtlich zähle der Austritt zu den schwersten Vergehen gegen den Glauben und die Einheit der Kirche.

Was hat eigentlich das Zahlen einer Steuer mit Glauben zu tun?

Ist nur gläubig, wer zahlt?

Da gab es ja auch erst kürzlich jemanden, der genau wegen dieser Problematik geklagt - und verloren hat
Offizieller Sprecher des gemäßigten Flügels der Psiram-Jugend