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Lesenswert: Kommunismus-Debatte Utopie und Terror

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Begonnen von cohen, 11. Januar 2011, 21:00:45

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cohen

Chinesen sind also keine echten Schotten, alles klar.


cohen

Das mit China ist ein "no true scotsman"-Argument:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kein_wahrer_Schotte

Das China der 80er Jahre war eine lupenreine kommunistische Diktatur.

Vielleicht sollte man Chris Gueffroy oder Hans-Joachim Näther fragen, was sie zu dem Thema so meinen.
Das geht aber leider nicht mehr.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Joachim_N%C3%A4ther
http://de.wikipedia.org/wiki/Chris_Gueffroy

cohen

Und ein Saal, in dem Egon Krenz im Publikum sitzt und klatscht, hat mit sehr hoher Sicherheit eine große Vollpfostendichte.

Dort konnten sich die Schläger vom Rotfrontkämpferbund dann auch prima verstecken.


___________________________________

Immerhin darf sich in unserem "Scheißsystem" der Herr Krenz wieder frei bewegen und politisch engagieren.

Ridcully

Zitat von: cohen am 12. Januar 2011, 13:54:22
Das mit China ist ein "no true scotsman"-Argument:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kein_wahrer_Schotte

Das China der 80er Jahre war eine lupenreine kommunistische Diktatur.

Unsinn. Eine Diktatur war China natürlich damals wie heute. Ob China 1989 noch besonders kommunistisch war halte ich für fraglich, die Entwicklung ging in den 80er Jahren eher in Richtung wirtschaftliche Liberalisierung und die dadurch entstandenen gesellschaftlichen Spannungen haben die Proteste 1989 mit ausgelöst:

ZitatZugleich zeigte die wirtschaftliche Liberalisierung ihre Auswirkungen. Der Lebensstandard stieg, wie auch die Freiheit eigenen Neigungen nachzukommen. Andererseits teilte sich die vorher extrem egalitäre Gesellschaft in Gewinner und Verlierer der Reformen. Arbeitsplatzgarantien wurden abgeschafft, was eine Welle der Entlassungen zur Folge hatte. Für die Reformverlierer wirkten sich Preissteigerungen von Grundnahrungsmitteln von 20 % bis 26 % (Ende 1988) direkt auf die Existenz der Arbeiter aus. Die bisherige Politik der "eisernen Reisschale" stand zur Disposition. Dagegen war offensichtlich, dass viele Manager und Parteiführer sich verstärkt über Korruption und Amtsmissbrauch bereicherten.[4]

Wang Hui, einer der Organisatoren der Proteste von 1989, zeichnet ein anderes Bild der Proteste als das allgemein verbreitete: Es sei keine Erhebung von ausschließlich Studenten gegen die Kommunistische Partei. Vielmehr sei ein breites Spektrum der Bevölkerung vertreten, das neben demokratischen Reformen eine Abkehr von den aktuellen kapitalistischen Reformen forderte.[5]
http://de.wikipedia.org/wiki/Tian%27anmen-Massaker#Hintergrund

Man könnte also sogar sagen: die Opfer auf und um den Tiananmen-Platz waren Opfer der Wiedereinführung des Kapitalismus in China.

Aber wenn du von "ist gerade mal 21 Jahre her" schreibst, nehme ich an, dass du dich auf das heutige China beziehst und da noch von Kommunismus oder auch nur Sozialismus zu reden ist doch wohl ein Witz. Da ist Deutschland auf dem Weg zum Kommunismus aber schon deutlich weiter.

HorstHuber

Zitat von: Ridcully am 12. Januar 2011, 13:31:54
(...) Bei den tatsächlich im Namen des Kommunismus (@ Vollpfosten Fleischhauer: anders als der Kommunismus sprach der NS seinen späteren Opfern von vorneherein das Lebensrecht ab) ums Leben gebrachten muss man differenzieren zwischen den Opfern politischen Mordes, den Opfern von Hungersnöten, den Opfern von (Bürger)kriegen. Für letztere kann man kaum die Kommunisten allein verantwortlich machen. Der weit überwiegende Teil der bei den hohen Schätzungen für Sowjetunion und China enthaltenen Opfer sind Hungersnöten zum Opfer gefallen. Zwar hat in beiden Fällen die Regierung diese durch ihre Wirtschaftspolitik zumindest verschärft, wenn nicht gar ausgelöst, es war aber nicht ihr Ziel, ihre Bevölkerung umzubringen (auch wenn ukrainischen Nationalisten gerne was anderes behaupten). Beides waren rückständige Agrargesellschaften, in denen es auch vorher regelmäßig  zu verheerenden Hungersnöten kam, welche die Geschichtsschreibung aber gerne als Naturkatastrophen behandelt, während die unter den Kommunisten zum Genozid gemacht werden. Wenn man hingegen nur diejenigen betrachtet, welche aus politischen Gründen umgebracht wurden, bleiben in beiden Ländern sicher immer noch ein paar Millionen. Nur kann man dann nicht mehr die Opferzahlen des NS in den Schatten stellen und darauf scheint es vielen anzukommen, die mit solchen wilden Schätzungen um sich werfen.
Speziell für Deutschland gilt: ein einziger Tag Drittes Reich hat mehr Opfer gekostet als vierzig Jahre DDR. Wer da wie Fleischhauer und andere Vollspasten meint, das dauernd gleichsetzen zu müssen, tut tatsächlich nichts anderes, als den Nationalsozialismus grotesk verharmlosen.(...)
wie daneben ist diese Aussage.
Werden jetzt als Maßstab für Völkermord/Unrechtsstaaten/Opferanzahl die Gräultaten der Nazis als Maßstab genommen?
Mit dieser Einstellung kann man dann jedes Unrecht legitimieren ...

Es geht nicht darum irgendwelche Verbrechen der Nazis zu relativieren sondern aufzuzeigen das alle totalitären Staatssysteme (zu denen die bisher bekannten Kommunismusformen zählten) nur durch Unterdrückung existieren konnten. (Das bedeutet jetzt nicht das es nicht auch in demokratischen Staaten Unterdrückung gibt)

Auch finde ich es widerlich wie Du hier Morde an Regimekritikern rechtfertigst.
Auch der Vergleich DDR mit den dreckigen Nazis und die Relativierung der Opferanzahln ist eine Unverschämtheit.     
Falls überhaupt dann müsste das Unrechtssystem DDR mit dem Rechtssystem der BRD verglichen werden, wobei dies mMn auch nicht nötig ist denn allein die Opferanzahl der DDR spricht gegen diese Art des Kommunismus.

ZitatDas alberne an der "Debatte" (muhaha!) ist doch, dass die Lötzsch ein sozialdemokratische Rede gehalten hat und alle eine Stalinreflex bekommen, bloss weil sie diesen Reformismus als Weg zum Kommunismus verkauft hat. Anstatt sich zu freuen, dass wer die Hardcorefraktion der Revolutionsgläubigen vom Weg der demokratischen Gestaltung der Gesellschaft überzeugen will.
Das schöne daran ist das Lötzsch dies äußern darf ohne eine Konsequenz vom Staat befürchten zu müssen. Das andere politische Parteien diese Äußerungen medial ausschlachten ist mehr als legitim.
The intelligence of the creature known as a crowd, is the square root of the number of people in it. (Terry Pratchett)

StarBurst

Letztendlich führt der Weg zum Kommunismus, so wie der Mensch geschaffen ist, immer direkt in eine Dikatatur. Ob da dann Stalinismus oder Steinzeitkommunismus nach Art der roten Khmer draufsteht, determiniert dann nur noch die Zahl der zu erwartenden Opfer.

Totalitäre Systeme nach ihren Opfern zu vergleichen macht natürlich wenig keinen Sinn, selbst die DDR war mit ihren verhältnismäßig "wenigen" Opfern scheisse.

Conni

Zitat von: StarBurst am 12. Januar 2011, 17:31:22
Totalitäre Systeme nach ihren Opfern zu vergleichen macht natürlich wenig keinen Sinn, selbst die DDR war mit ihren verhältnismäßig "wenigen" Opfern scheisse.

So etwas können nur westliche Altlinke, die sich in der Demokratie zurücklehnen konnten, die Rechte des von ihnen so geschmähten Gesellschaftssystems ausnutzten, während sie nie die Realität als Insasse solcher Staaten selbst erleben mussten.

Belbo

....vielleicht hilft ja die "Mutterseite" http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunismus bevor wir hier hitzige Debatten über verschiedene Dinge führen. Prinzipiell darf man schon eine "klassenlose Gesellschaft" in der "jeder das bekommt was er braucht" anstreben, und genauso kann (muss) man die Terrorregime die sich aus diesem Ansatz ergeben haben angeifen. Die Frage die bleibt ist ob das eine zwangsläufig zum anderen führen muss.

"Letztendlich führt der Weg zum Kommunismus, so wie der Mensch geschaffen ist, immer direkt in eine Dikatatur." ist ein glaubenssatz wie "Die Freiheit des Kapitals führt zur besten aller möglichen Wirtschaftordnungen".

lg
Belbo

Detritus

Offen gestanden, habe ich nie verstanden, warum es bei Diktaturen Opfer erster Klasse (Faschismus) und zweiter Klasse (Kommunismus, Stalinismus, etc.) geben sollte. Den Opfern ist es wohl ziemlich egal, in welcher perversen Ideologie Namen sie umgebracht werden.

Die Überhöhung (Verzeihung) der Naziverbrechen als "Einmalig", Singulär", "Unvergleichlich" etc halte ich für Unsinn. Wenn diese Verbrechen wirklich so ein unvergleichliches und singuläres Ereignis gewesen wären, dann bräuchten wir uns wohl keine Sorgen über eine Wiederholungsgefahr zu machen. Schlimmstenfalls würde es genügen, ein Volk, nämlich uns, unter verschärfte Beobachtung zu stellen, damit wir das nicht nochmal tun.

Leider hat aber auch die jüngere Geschichte gezeigt, wie dünn die zivilisatorische Tünche ist, und wie schnell im Namen seltsamer Ideologien, sei es Volk, sei es Weltrevolution, Klasse oder irgendein Gott, der Mensch bereit ist, seine Artgenossen auf meist grausame Art und Weise zu töten.

Es ist ja nicht so, das die Toten des Kommunismus nur Betriebsunfälle waren. Jede Ideologie, die wie der Kommunismus oder der Nationalsozialismus den Anspruch einer quasi religiösen Wahrheit erheben, rechtfertigen gerne das Töten von Andersgläubigen /-denkenden, denn die sind eine Gefahr. Zeigen sie doch den Untertanen, dass es andere Denkweisen gibt.

Abgesehen davon sind die "Anderen" natürlich auch dankbare Sündenböcke, wenn man selber nichts auf die reihe kriegt. An der Wahrheit[m] der Ideologie kann es doch nun wirklich nicht liegen.

Detritus

Zitat von: Belbo am 12. Januar 2011, 19:17:53
....vielleicht hilft ja die "Mutterseite" http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunismus bevor wir hier hitzige Debatten über verschiedene Dinge führen. Prinzipiell darf man schon eine "klassenlose Gesellschaft" in der "jeder das bekommt was er braucht" anstreben, und genauso kann (muss) man die Terrorregime die sich aus diesem Ansatz ergeben haben angeifen. Die Frage die bleibt ist ob das eine zwangsläufig zum anderen führen muss.

"Letztendlich führt der Weg zum Kommunismus, so wie der Mensch geschaffen ist, immer direkt in eine Dikatatur." ist ein glaubenssatz wie "Die Freiheit des Kapitals führt zur besten aller möglichen Wirtschaftordnungen".

lg
Belbo

Naja, es ist weniger ein Glaubenssatz. Ich halte es für empirisch belegt. Bislang hat noch kein versuch, eine klassenlose Gesellschaft zu schaffen, die größer als ein Dorf etc. ist, geklappt.

cohen

Zitat von: Belbo am 12. Januar 2011, 19:17:53ist ein glaubenssatz wie "Die Freiheit des Kapitals führt zur besten aller möglichen Wirtschaftordnungen".

lg
Belbo

Gibt es irgenwo ein kapitalistisches Manifest, wo dieser Glaubenssatz drinsteht?
Ich denke nicht.

Märkte entsehen von ganz alleine, gern auch in beschissenen Dikaturen, da heißen die dann Schwarzmarkt.

Einen Markt muss man nicht von oben mit Gewalt durchdrücken. Du hast da einen fundamentalen Denkfehler.

Adromir

Ich glaube, der Kommunismus scheitert schon letztendlich an der Unterschiedlichkeit der Menschen. Es wird immer Menschen geben, die mit den ihnen gegeben Mitteln wirtschaften können und die, die dies nicht können. Irgendwann wird es, selbst unter optimalen Startbedingungen zu einem Ungleichgewicht in der Population kommen, der nur dadurch aufgehoben werden kann, daß den neuen "Besitzenden" ihr Erwirschaftes enteignet wird und mit auf die jenigen umverteilt wird, die ihren Anteil verprasst haben. Womit dann "wirtschaftliches" Handeln sanktioniert, das verschleudern hingegen belohnt..

Belbo

Ich dachte zwar die Aussagekraft von empirischen Untersuchungen würde von der Grössse der Vergleichsgruppen abhängen......,   :grins2: aus den, wie ernsthaft auch immer betriebenen, Versuchen eine klassenlose Gesellschaft zu etablieren und deren furchbarem Scheitern eine Art ewiges Naturgesetz ableiten zu wollen halte ich für verwegen. Ich behaupte auch gar nicht dass der Kommunismus funktionieren kann, wir sollten nur aufpassen, dass wir in dem Augenblick wo es politisch wird, nicht anfangen hier genauso "gläubig" zu argumentieren, wie die Schwachmaten deren Beobachtung wir uns zur Aufgabe gesetzt haben, sonst werden wir un"glaub"würdig. Und vorallem lasst uns darauf achten, dass vor Streitgesprächen klar ist wer von was redet, sonst haben wir hier bald "Energie"- Disskussionen wie in jedem Esoforum auch.

lg
Belbo


Belbo

.....das muss in keinem Manifest stehen, so handelt gerade die Welt, losgelöst von fast allen Fesseln der Moral, Verantwortung und Mitmenschlichkeit.

:'(

lg
Belbo