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Gibt es auch "gute" Heilpraktiker?

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Begonnen von T-M, 07. September 2010, 15:05:46

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T-M

Mir kam neulich eine Frage, die ein bisschen seltsam klingen mag: Heilpraktiker begegnen uns "hier" ja praktisch immer als Anhänger mindestens einer mehr oder weniger absonderlichen sogenannten "Alternativmedizin", und für die weitaus meisten Heilpraktiker scheint das auch zuzutreffen. Gibt es aber auch "vernünftige" Heilpraktiker, die mit derartigen "Theorien" nichts am Hut haben (sozusagen die weißen Schafe zwischen den schwarzen)? Kann es die überhaupt geben? Könnte ein "guter" Heilpraktiker überhaupt mehr tun, als seine "Patienten" zum Arzt zu schicken? (Andererseits muss man ja nicht wirklich mit jeder kleinen Krankheit zum Arzt; aber andererseits muss man mit solchen Krankheiten dann wohl auch nicht zum Heilpraktiker ...)

Kurz gefasst: Ist der gesamte "Beruf" ein Fall für Esowatch, oder nur einige (viele?) derer, die ihn ausüben?

Roadrunner

kennen tu ich keinen ;-)

Allerdings kann ich mir schon vorstellen dass es auch vereinzelt "gute Heilpraktiker" gibt. Wenn z.B. ein Physiotherapeut den Heilpraktiker macht und dann bei orthopädischen Problemen behandelt. Ich mein jetzt nicht chiropraktisch sondern weniger gefährliche Methoden anwendet. Diese Leute haben ja eine gute Grundausbildung auf die sie aufbauen können und sie wissen auch wenn sie selbst nicht weiterkommen oder den Verdacht haben da steckt was Schlimmeres dahinter. Zudem können die Leute mit orthopädischen Problemen auch eher merken ob die Behandlung was bringt, weil die Leiden ja meist chronisch sind.

Unter den Quackkram anbietenden Heilpraktikern gibts meiner Meinung nach eher keine "guten Heilpraktiker", eher welche die mehr oder weniger Schaden anrichten ;-)

crabel

Ist in Österreich leichter. Da gibts keine Heilpraktiker. ;-)

Man kann sich allerdings einen Gewerbeschein holen und dann darf man die Leute mit Pendeln, Voodoo und Quantenenergie verwöhnen. Solange man nur so blafasel wie das "Energetische Gleichgewicht wieder herstellen" oder so verwendet, hat man überhaupt kein Problem.

Hab mal google angeschmissen, laut Ökotest/Stiftung Warentest gibt es wohl einen gewissen Prozentsatz die komplett daneben sind, ein paar die einfach schlecht sind und ein paar bei denen nichts zu beanstanden ist. Ich vermute, die gute alte 80/20 Regel greift auch hier. 20% sind gut, 80% sind Mittelmaß bis schlecht. Gilt natürlich auch umgekehrt: 20% sind eine Gefahr für Leib und Leben... (Bsp.: http://science.orf.at/stories/1660387/ (23% der Briten sind normal, 21% ziemlich daneben ;-) )

Der Artikel, vor allem "Ansprüche an einen seriösen Heilpraktiker" hat mir gut gefallen:
http://www.test.de/themen/gesundheit-kosmetik/alternative-heilmethoden/behandler/heilpraktiker/


rincewind

Ich kenne einen, den ich als "gut" bezeichen würde, allerdings lehnt der moderne Medizin nicht ab, sieht sich eher als Krankheitsbegleiter (Am Sprechen und Zeit nehmen mangelt es ja manchmal) und kennt seine Grenzen. Sowas dürfte aber die Ausnhahme sein. Sehr kritisch ist halt die meist völlig fehlende diagnostische Ausbildung jenseits davon, z.B. Masern zu erkennen. Bei zeitkritischen Erkrankungen kann sowas übel sein. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel indirektes unnützes Leid, Tod und Kosten dadurch entstehen.

Conni

Der Beruf des Heilpraktikers ist eigentlich so angelegt, dass ein guter HP eigentlich gar nicht existieren dürfte. Ich sehe es so wie Roadrunner und Rincewind, dass es sich mehr um Ausnahmen handelt, die dann so eine Art Kranhkeitsbegleiter sind, meinetwegen auch Ernährungsberatung usw. Aber das Tätigkeitsfeld ist da sehr eng und whrscheinlich eher nicht einträglich. Bei Homöo & Co hört das "Gutsein" dann schon auf.

T-M

OK, danke für die Antworten. Dass die "Guten" relativ selten sind, hatte ich mir schon gedacht, ich wollte wissen, ob es überhaupt welche gibt bzw. gehen kann. Solche, die Homöopathie und anderes "alternativmedizinisches" Zeugs anbieten habe ich hier natürlich nicht zu den "Guten" gezählt. (Gerade habe ich in der Stadt ein Werbeplakat für eine Heilpraktikerschule gesehen, wo man so nette Dinge wie "klassische Homöopathie", Akupunktur und sogar anthroposophische Medizin lernen kann; da werden die "Guten" wohl eher nicht "produziert". ::))

cohen

Wenn man sich die Webseiten von HPs anschaut, findet man nicht einen, der auch nur hauptsächlich seriöse Therapien anbietet.

(Ich lass mich gern widerlegen. Ich habe schon mal ein paar Tage gesucht. Da gab´s nur Schrott.)

Thuringian_Lion

Es gibt sicherlich welche die es gut meinen und auch sicherlich welche die vernünftig genug sind jemanden bei dem sie vermuten das er wirklich was hat zum Arzt zu schicken und nicht selber hermzudoktoren.Aber ich denke nicht das es welche gibt die im Medizinischen Sinne "gut" sind.

Prinzipiell könnte der Heilpraktiker schon nützlich sein.Wir wissen das es in Deutschland nunmal ein relativ großes Klientel gibt was die Schulmedizin verachtet und auf irgendwelche schwachsinnigen teils esoterischen Alternativen setzt und sich demzufolge lieber an so etwas wie einen Heilpraktiker wendet.Wenn wir nun Heilpraktiker hätten die diese Personen zu einen richtigen Artzt buxieren könnten wäre das imho hilfreich.


Bionic

Warum sollte es keine "guten" Heilpraktiker geben? Es gibt ja auch "schlechte" Ärzte.

crabel

Tja, wie schon erwähnt, ich bin ein Freund der 80/20 Regel. Wobei ich mir beim Angebot der HP schon schwer tue. Einen ohne Homöopathie zu finden, dürfte eine ziemliche Challenge sein.

Dabei könnte ich mir den Beruf sinnvoll vorstellen. Arzt und Heilpraktiker arbeiten Hand in Hand, so wie es auch jetzt schon Spezialist und Allgemeinmediziner tun. Leichte Dinge behandelt der HP und die Ärzte werden entlastet. Nachbetreuung nach Krankheiten oder Verletzungen etc. könnte ein HP behandeln (Ich weis, das nennt man heutzutage Krankenschwester/pfleger). Eine erfahrene Fachkraft im Krankenhaus weis mehr als mancher Arzt (Habe ich schon erlebt, dass eine erfahrene Schwester den Arzt korrigiert hat!)

Aus der traumhaft schönen Welt der Phantasie zurückkehrend, habe ich mich inzwischen leicht schlau gemacht wie es mit der Ausbildung zum HP ausschaut. Naja. Nicht so toll. Wenn man googelt, findet man diverse HP mit Homepage und jeder macht irgendwelchen Esoterikmist. Ich glaube mich zu erinnern, 12% der Ärzte glauben an Homöopathie. Und nochmal 30% machen den Mist für Kohle einfach mit. (Zahlen aus dem Gedächtnis, zu faul zum nachsuchen). Bei HP scheinen es eher 100% zu sein, zumindest in der 2 Kategorie. Wieviele dran glauben ist vielleicht eher die Frage...


In meiner persönlichen Erfahrung hatte ich mit 2 HP (nicht persönlich, Beruf ist in Ö. verboten) zu tun, Herrn Dr. Lehmann von tcm.de und Herrn Wilfried Bales.

Dr. Lehmann war Heilpraktiker und wurde später Arzt. Hut ab. Kämpft heutzutage mit den deutschen Akupunkturgesellschaften, weil er der Meinung ist das Meridiane Schwachsinn sind. Recht amüsant zu lesen und war vermutlich auch ein "guter Heilpraktiker".

Wilfried Bales (siehe Helferzelle Thread) habe ich als hochintelligenten Menschen kennengelernt. Stur wie die Hölle (was an sich kein Fehler sein muss). Steigt aber nicht von diversem Quatsch runter, Beweise & Studien wirken einfach nicht. Einschätzung: Intelligent, bemüht, ehrlich, guter Mensch. Ich wünschte, ich könnte beurteilen, ob seine Krankengeschichten den Menschen wirklich helfen... Irgendwie hoffe ich, dass er zu den Guten gehört.

T-M

Mit "guten" Heilpraktikern meinte ich nicht solche, die es gut meinen, ich denke, die meisten halten durchaus, was sie tun, für richtig. Ich meinte solche, die nicht Anhänger irgendwelcher komischer "alternativer" Theorien sind (und dazu würde ich auch die Homöopathie zählen).

Natürlich ist es aus moralischer Sicht ein Unterschied, ob jemand Homöopathie betreibt, weil er selbst dran glaubt, oder ob er es tut, weil er damit Geld verdienen will, obwophl er weiß, dass es nciht wirkt.

Nun ja, Dr. Lehman lehnt zwar die Meridiane ab, ist aber soweit ich weiß (korrigiere mich bitte, falls ich mich irre) durchaus Anhänger der Akupunklur und TCM, nur der "originale" Variante und Gegner der "eurpäischen" Variante.

Wilfried Bales meint es sicherlich gut, mit dem, was er tut, aber er ist, wie du ja schon geschrieben hast, überzeugter Anhänger diverser "alternativer" Theorien.

Deswegen gehören beide sicherlich nciht zu der Kategorie, nach der ich gefragt habe.

crabel

Ja, ich verstehe dich schon. Der Unterschied zwischen "gut meinen" und "gut tun" ist mir schon klar. Ich spiele einfach gerne Advocatus Diaboli, heisst, ich liebe es "dagegen" zu sein.

Nehmen wir an, ich bin Heilpraktiker und die meisten Vollkoffer, äh Patienten, wollen "magisch" versorgt werden. Weil Nicht-Vollkoffer äh Richtig Kranke gehen zum Arzt. Was tue ich? Ich will nicht verhungern und biete den Scheiß an. Nichtsdestotrotz bin ich ein cleverer Bursche und helfe den Leuten wirklich weiter. Die, die nur ein Placebo brauchen, die kriegen schöne Globuli. Die, die echt krank sind, die schicke ich weiter zum Arzt. Und weil ich ein wenig mystisch agiere, hören sogar die magisch orientierten Vollkoffer  äh Patienten auf mich.

Bin ich ein guter Heilpraktiker oder nicht? (Ok, ich wäre ein Zynischer Heilpraktier, denk dir die blöden Seitenhiebe einfach weg!)

Was Wilfried Bales angeht: Er hat teilweise verschrobene Ansichten gezeigt, aber seine Krankengeschichten klangen vernünftig. Ich konnte einen gewissen Prozentsatz der Aussagen prüfen (wie z.B. ab wann macht man sinnvollerweise Kombi) und seine Erfahrungen waren recht treffsicher. Den größten Teil konnte ich nicht beurteilen. Hätte er Homöopathie und Meridiane fallen gelassen, die er nach eigener Aussage, wir haben uns noch kurz weiter unterhalten, eigentlich eh nicht benutzt, was hättest du gegen ihn sagen können. Aber egal. Was weis ich.

Dr. Lehmann ist durchaus der Meinung, dass man aus Akupunktur und TCM die guten Sachen rausnehmen sollte. Trennen wir es mal:
TCM ist vor allem Kräuterkunde. Da sind gute Sachen dabei, wirkungslose und schwachsinnige. Das ist bei unserer lokalen Kräuterkunde auch so. Historisch betrachtet: Hut ab vor den Erkenntnissen der TCM. Da waren kluge Köpfe am Werk. Ich bin sicher, die Erfinder wären heute angesehene Wissenschaftler. Kann TCM mit der westlichen Medizin des 21. JH mithalten? Lehmann: Nein.

Akupunktur: Korrigiere mich bitte falls ich falsch liege: Die Gerac Studien(die je nachdem wen man fragt gut oder zweifelhaft sind) zeigen, dass es scheißegal ist wo man die Nadeln reinhaut. Das meint er auch. Im Laufe der Jahre ist der messbare Unterschied, durch qualitiativ bessere Untersuchungen, zwischen Placebo und Akupunktur immer weiter gesunken. Die Frage ist, ist er null oder insignifikant. Die Adenosinstudie an Mäusen liefert ja einen wenn auf Menschen umlegbar plausiblen Wirkmechanismus. Ehrlich gesagt, ich würde schon gerne noch weitere Untersuchungen und Studien zu Akupunktur sehen.

Sogar Edzard Ernst spricht sich nicht gegen Akupunktur aus. Wer bin ich, dass ich da den ersten Stein werfe...?

glatzkopf

Zitat von: crabel am 10. September 2010, 23:36:31Sogar Edzard Ernst spricht sich nicht gegen Akupunktur aus.

als von der Naturwissenschaft beleckter Mensch würde ich selbst auch niemals Akupunktur an mir durchführen lassen.

Nur: meine bessere Hälfte schwört drauf.
Warum?
Sie hat(te) oft Schmerzen im unteren Lendenwirbelbereich. Ihr Knochendoktor hatte ihr mal Akupunktur angeraten (aus dem Grund würde ich diesen Doc auch selber nicht unbedingt aufsuchen). Als sie damit nach Hause kam, habe ich ihr gesagt, das könne ich mit unserem Elektrotacker auch. Alldieweil aber ihre Krankenkasse bezahlen wollte, hat sie sich Nadeln setzen lassen. Und das komische ist, bei ihr sind die Schmerzen im Rücken sogar weg gegangen.
Ich glaube immer noch an eine Placebowirkung, meine Perle schört auf Nadeln.

rincewind

Schmerz ist eine relativ komplexe Sache, gerade was die Wahrnehmung angeht. Dass man hier mit Gegenschmerz durch Nadeln etwas bewirken kann, ist absolut denkbar, natürlich jenseits von allem Meridian-Quatsch.