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Ein Artikel auf ZEIT Online - und die Reaktionen des Kommentariats...

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Begonnen von Yadgar, 13. Juli 2019, 17:14:39

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Yadgar

Hi(gh)!

https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-07/verjuengung-biologie-trim-studie-gregory-fahy/komplettansicht

Natürlich ist es nur ein erster Versuch, die Peer Review steht noch aus, und die Probandenzahl ist lächerlich klein... aber verheißungsvoll ist alles schon! Aber was sich dann in der Leserkommentarspalte lang und breit an Lebens-, Welt- und Menschenverachtung ausnörgelt, -motzt und -jammert läßt mich mal wieder akut an Homo sapiens sapiens (oder zumindest am Deutschen) zweifeln:

Mimimimimimimimimi, das nützt doch nur den Macht- und Geldschweinen!

Jammerjammerjammerjammerjammer, wir müssen dann bis in alle Ewigkeit arbeiten gehen!

Nörgelnörgelnörgelnörgelnörgel, das hält das Ökosystem Erde nicht aus!

Motzmotzmotzmotzmotz, die Evolution hat sich schon was gedacht beim Tod!

und so weiter und so fort... woher kommt dieser endlos frustrierte Pessimismus, diese geballte Lebensunlust, diese reaktionäre Geflenne? Gibt es das nur in Deutschland (pardon, Däutschland)? Sich für kritisch, progressiv und abgeklärt, gar links haltender säkularisierter Protestantismus, demzufolge die Welt bis zum Sanktnimmerleinstag ein Jammertal zu bleiben hat? Nach so einer geballten Packung Kleingeist spiele ich mal wieder akut mit dem Gedanken, mir das Lesen von Kommentarspalten gründlich abzugewöhnen...

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
ENTEIGNET SPRINGER!

Peiresc

ZitatEine Kombination von bekannten Wirkstoffen habe bei neun freiwilligen Probanden das biologische Lebensalter um zweieinhalb Jahre zurückspringen lassen.
:gruebel Hmm. Bisher war mir vollkommen unbekannt, dass es so etwas wie ein präzise messbares ,,biologisches Lebensalter", jenseits der Metaphorik, überhaupt gibt.

ZitatEs klingt unglaublich. Und immer, wenn in der Wissenschaft etwas unglaublich klingt, ist Vorsicht geboten. In diesem Fall sogar äußerste Vorsicht. Tatsächlich sind die Ergebnisse, die Fahy vorstellt, noch nicht in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift erschienen. Sie haben also dem kritischen Blick von Fachkollegen, die die Methoden und die Auswertung der Daten überprüfen müssen, noch nicht standgehalten. Das soll noch in diesem Jahr passieren (siehe Infobox). Außerdem ist die Versuchsgruppe sehr klein: Gerade einmal neun Männer – und keine Frau – haben die Medikamente bekommen, eine Kontrollgruppe gibt es bisher nicht.
An dieser Stelle habe ich aufgehört mit Lesen. Es ist einfach wahrscheinlicher, dass es ein Fake zwecks Einwerbung von Geldern ist, als dass es echt ist. Die Medizingeschichte ist voller solcher Episoden, beim gelben Kaiser angefangen.

celsus

Zitat von: Yadgar am 13. Juli 2019, 17:14:39Gibt es das nur in Deutschland (pardon, Däutschland)? Sich für kritisch, progressiv und abgeklärt, gar links haltender säkularisierter Protestantismus, demzufolge die Welt bis zum Sanktnimmerleinstag ein Jammertal zu bleiben hat?

That's why we can't have nice things.


Zitat von: Yadgar am 13. Juli 2019, 17:14:39Nach so einer geballten Packung Kleingeist spiele ich mal wieder akut mit dem Gedanken, mir das Lesen von Kommentarspalten gründlich abzugewöhnen...

Klingt nach einem wirklich guten Plan.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

celsus

Zitat von: Peiresc am 13. Juli 2019, 17:49:57Es ist einfach wahrscheinlicher, dass es ein Fake zwecks Einwerbung von Geldern ist, als dass es echt ist.

Ja. Jungbrunnen haben sich schon immer gut verkauft. Ich bin sicher, von der Geschichte werden wir nicht so bald wieder hören.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

simpel

Zitat von: Peiresc am 13. Juli 2019, 17:49:57
... Es ist einfach wahrscheinlicher, dass es ein Fake zwecks Einwerbung von Geldern ist, als dass es echt ist. Die Medizingeschichte ist voller solcher Episoden, beim gelben Kaiser angefangen.
Denke ich auch.
Zitat von: Yadgar am 13. Juli 2019, 17:14:39
...
und so weiter und so fort... woher kommt dieser endlos frustrierte Pessimismus, diese geballte Lebensunlust, diese reaktionäre Geflenne? Gibt es das nur in Deutschland (pardon, Däutschland)? Sich für kritisch, progressiv und abgeklärt, gar links haltender säkularisierter Protestantismus, demzufolge die Welt bis zum Sanktnimmerleinstag ein Jammertal zu bleiben hat? Nach so einer geballten Packung Kleingeist ...
Fragt sich, wer hier der Kleingeist ist  ::) Diejenigen die sowas unreflektiert zujubeln oder diejenigen die die ausufernde Lebensverlängerung mit allen Konsequenzen durchdenken.

sailor

Wenns um die Konsequenzen von Lebensverlängerung geht einfach mal Richard Morgan lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Morgan_(Schriftsteller)#Takeshi_Kovacs (Nicht den Serienquatsch gucken, der wird dem Ganzen überhaupt nicht gerecht, eben Opium für die Massen ;) ) Den ganzen Gesellschaftskritik-Hintergrund muss man eher vorsichtig betrachten, der Autor wuchs im Thatcher-England auf...

Fakt ist, dass bereits seit 200 Jahren massive Lebensverlängerungsmaßnahmen laufen... nennt sich Industriegesellschaft. Dank geregelter Ernährung, Gesundheitssystem und immer weniger Risiken im Alltag hat sich die durchnittliche Lebenserwartung seit 1900 fast verdoppelt! https://de.statista.com/statistik/daten/studie/185394/umfrage/entwicklung-der-lebenserwartung-nach-geschlecht/

simpel

Zitat von: sailor am 14. Juli 2019, 14:43:14
...., dass bereits seit 200 Jahren massive Lebensverlängerungsmaßnahmen laufen...
Richtig, wir werden schon sehr viel älter. Und haben schon jetzt viele Probleme damit.

sailor

Alles macht Probleme... aber ich habe lieber Probleme mit 80 als mit 40 an ner verd*mmten Grippe ins Gras zu beissen^^

simpel

und da sprichst du aus Erfahrung?  :grins2:

wobei es hier nicht um die individuellen Vorlieben geht, sondern um die gesellschaftlichen Probleme die wir jetzt schon mit dem steigenden Lebensalter haben.
Ich kenne inzwischen 5 Leute allein in meiner Familie die mehr als 30 Jahre in Rente sind. Gönne ich allen, seh aber schon das gesellschaftliche Problem. Es geht ja auch nicht nur um die körperliche Fitness, sondern auch um die geistige Flexibilität. Menschen die schon alles mal "gemacht" haben, alles gesehen haben tendieren zunehmend zum Konservatismus. Das endet in Langeweile. Kennt jemand Zardoz?

Schwuppdiwupp

Yepp! Ist ein ... nun ja ... seltsamer Film. Gut, aber manchmal unfreiwillig komisch.
Ach, was weiß denn ich ...

sailor

Ach, sollen Menschen sterben bevor sie zuviel Rente verkonsumieren und sich auch noch erdreisten konservativ zu werden? Da gibts bereits künstlerisch inspirierte Lösungen, wo man auch noch den Welthunger stillt, ich sag nur "saftiges Grün". _ polemik off _

Ich spreche nicht aus persönlicher Erfahrung, sondern mit dem wissenschaftlichen Hintergrund, dass ich amtlich weiss, wie vor x Hundert Jahren wie lange Menschen so an welchen Dingen gelitten haben. Ich habe die defomierten Knochen gesehen, weiss wie massive Arthrosen noch nach 500 Jahren am Skelett erkennbar sind und wie scheusslich eine ausgewachsene Zahnwurzelbehandlung an einem Kieferknochen aussieht. Von div. Fremdeinwirkungen oder Hungerfehlbildungen ganz abgesehen. Oder auch Kindersterblichkeit^^

Und es ist ja nicht so, dass Gesellschaften nicht in der Lage sind, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Man hinkt halt immer etwas hinterher, ist reaktiv. Das Rentensystem hätte beim Geburteneinbruch Ende der 70iger reformiert werden müssen, um das absehbare gesellschaftliche Problem anzugehen... warum wurde es nicht getan? Weil es in der Gesellschaft dafür keine Mehrheit gab. Auch die jetzt kommende Gerontokratie war damals absehbar, lässt sich aber nicht ändern, ohne Grundrechte (gleiche Wahl) anzufassen. Darüber hinaus sind nicht etwa die ganz Alten das Problem, der durchschnittliche AfDer ist 50 (ok, unter Wilhelm 2 wäre er durchschnittlich auch schon tot^^).

Sauropode

Immer an den Alten zu herumzumeckern, finde ich etwas einseitig. Immerhin fangen die Jungen auch immer später an, sozialversicherungspflichtig zu arbeiten. Schule, Studium, Auslandsjahr, Selbstfindung usw. Früher wurde teils mit  14 zu arbeiten begonnen, heute viele erst mit fast 30. Deswegen missgönne ich es der Jugend nicht, aber dann sollen die bitte mal den Mund halten und nicht die Alten für alles verantwortlich machen.

Peiresc

Dass es mit der Unsterblichkeit nicht nur eitel Sonnenschein sein wird, hatte sich schon Jonathan Swift überlegt:
Zitat von: WPDie Luggnaggier berichten Gulliver von Unsterblichen, den Struldbrugs, die mit einem roten Fleck über der linken Augenbraue geboren werden. Die meisten Struldbrugs werden traurig, wenn sie das Alter von dreißig Jahren überschritten haben; mit achtzig beneiden sie diejenigen, die sterben können; mit zweihundert Jahren können sie, da sich die Sprache ständig verändert, mit den Sterblichen kein Gespräch mehr führen und werden foreigners in their own country (Fremde in ihrem eigenen Land)[6]. Gullivers Wunsch nach Unsterblichkeit hat sich durch dieses Erlebnis sehr vermindert.

Der O-Ton ist noch ein weit ausführlicher - und missmutiger:
ZitatWenn sie achtzig Jahre alt geworden seien, und dieses Alter gelte im Lande sonst als die Grenze des Lebens, so seien sie nicht nur im Besitz all der Narrheiten und Schwächen andrer alter Leute, sondern ihnen eigneten noch viele mehr, die sich aus der grauenhaften Aussicht auf ein ewiges Leben ergäben. Sie seien nicht nur eigensinnig, launenhaft, habgierig, mürrisch, eitel und geschwätzig, sondern auch der Freundschaft unfähig und allen natürlichen Empfindungen erstorben, die sich nie über ihre Enkel hinaus erstreckten. Neid und ohnmächtige Begierden seien ihre herrschenden Leidenschaften. [...]
https://gutenberg.spiegel.de/buch/gullivers-reisen-7565/28

Sauropode

Das ganze zu Ende gedacht, hieße das, Unsterblichkeit ist mit dem Leben unvereinbar. Denn irgendwann wäre die Bude voll, keiner stirbt mehr, aber immer mehr kommen hinzu. Also dürften Unsterbliche sich nicht mehr fortpflanzen. Ohne Fortpflanzung aber gibt es keine Rekombination der Gene, letztendlich auch keine Evolution. Ohne Evolution aber erfolgt keine Anpassung an veränderte Umweltfaktoren mehr und folglich würde das Leben erlöschen.

Belbo

Mir fallen grade noch "Alle Menschen sind sterblich" von Simone de Beauvoir und
"Orlando" von Virgina Woolf ein.