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Phytotherapie

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Begonnen von Lonicerus, 06. Oktober 2015, 21:54:10

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Lonicerus

Zitat von: Pelacani am 09. Oktober 2015, 16:32:56
Und es ist doch eine Generalabsolution, denn der Nachweis, dass etwas bei Allem wirkungslos ist, wird niemals zu erbringen sein.  ;)
Nein, es ist lediglich ein Hinweis, dass man in Artikeln mit wissenschaftlichem Anspruch bzgl. Pauschalaussagen sehr vorsichtig sein sollte. In Eurem Artikel wimmelt es aber nur so von Pauschalaussagen und sie widersprechen sich teils sogar. Ebenso gibt es Widersprüche zu anderen Artikeln in Eurem Wiki, wie das Beispiel mit der Homöopathie gezeigt hat.
Und Piperin wird ja tatsächlich momentan auch klinisch untersucht (bspw. in Kombination mit Curcurmin). Da ist so eine Aussage gleich doppelt falsch. Kaffeekohle wird immer noch eingesetzt, da ist die Aussage ebenso doppelt falsch.

Was hindert Sie jetzt daran, solche offensichtlichen Fehler zu korrigieren?

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 17:00:51
Was hindert Sie jetzt daran, solche offensichtlichen Fehler zu korrigieren?
Ich schlage mich gerade mit einem Foristen herum, der manches Richtige und viel Falsches erzählt. Da ist es schwer und zeitaufwändig, die Spreu vom Weizen zu trennen.  8) Außerdem habe ich gerade keinen Dienst, oder ich habe gerade den Haustürschlüssel verbummelt, oder ich - oder wer auch immer - ist noch nicht dazu gekommen, das gegenzulesen oder oder. Und wir sind wohl gerade dabei, die Phyto-Millionen für Vollzeitkräfte zu versaubeuteln.  :-[

Das ist jetzt leicht OT:
Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 13:53:33
Chirurgie bzw. Messer beziehen sich hier übrigens nicht zuletzt auch auf den Aderlass, der immer wieder als Horrorgespenst herumgeistert, wenn man etwas über die Medizin im Mittelalter sagen möchte. Vermutlich wurde der Aderlass in der (frühen) Neuzeit weit häufiger angewendet als im Mittelalter oder der Antike.
Die frühe Neuzeit war sicherlich der Nadir der Medizin. Aber dennoch wird es immer schwierig sein, etwas Verbindliches über zu- oder abnehmende Häufigkeiten von Eingriffen dieser Art zu sagen, die seit der Antike und in allen Weltgegenden üblich gewesen sind; man kann da nicht auf Statistiken zurückgreifen. Auf jeden Fall wäre es verfehlt, das Mittelalter da zu idealisieren.

Lonicerus

Zitat von: Pelacani am 09. Oktober 2015, 17:15:03
Ich schlage mich gerade mit einem Foristen herum, der manches Richtige und viel Falsches erzählt.
Das wäre dann ja fast so wie Euer Wiki. :P

Das Mittelalter will ich gar nicht idealisieren. Da ich mich da aber ein ganz klein wenig auskenne, äußere ich mich halt zu den weitverbreiteten Klischees und Irrtümern - wie bspw. bzgl. der Signaturenlehre. Die hat bei keinem Autoren des Mittelalters eine tatsächliche Rolle gespielt (schon gar nicht in Salerno), sondern kommt eigentlich nur bei Hildegard hin und wieder ganz kurz vor. Und systematisiert wurde sie halt tatsächlich erst im 16. Jahrhundert.

Und bei Fehlern wie mit der Salicylsäure oder der Homöopathie muss ich mich dann schon fragen, über was für eine Expertise die Autoren Eurer Artikel verfügen. :P

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 17:30:47
Und bei Fehlern wie mit der Salicylsäure [...] muss ich mich dann schon fragen, über was für eine Expertise die Autoren Eurer Artikel verfügen. :P
Shit happens.
ZitatNur wer nicht arbeitet, macht keine Fehler
- Lenin.

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 17:30:47
oder der Homöopathie
Nun mal halb lang. Es gibt tausende Arbeiten, auch wissenschaftlicher Natur, in der diese erste Näherung durchgeht.


Lonicerus

Es ist halt etwas peinlich, wenn man sich - wie Ihr - so als Hüter der alleinigen Wahrheit aufspielt und jedes Wort Eurer Gegner auf die Goldwaage legt. Es ist zwar gut und schön, wenn man sich selbst als Elite betrachtet, aber dann muss man an sich selbst die gleichen Ansprüche stellen wie an die Gegner.  ;)

Ach ja, weil an verschiedener Stelle über die genaue Definition der Phytotherapie diskutiert wurde:
Ganz streng genommen gibt es diese nicht, da es sich um eine recht heterogene Wissenschaft und nicht um eine dogmatische Lehre handelt.
Das eine Extrem wäre sicherlich, dass Pflanzenteile nur unverändert verwendet werden dürfen. Hier wären die Grenzen zur traditionellen Pflanzenheilkunde fließend.
Die gängige Meinung ist, dass es sich um ein Vielstoffgemisch handeln muss. Schädliche Stoffe können entfernt werden (bspw. Beinwellwurzel oder Ginkgoblätter) und die Wirkstoffkonzentration kann verändert werden, um den wirkbestimmenden Stoffen eine höhere Konzentration zu geben (bspw. Mariendistelfrüchte).
Das andere Extrem zählt auch isolierte Pflanzenstoffe hinzu, also u.a. pflanzliche Zytostatika (bspw. Taxane aus der Pazifischen Eibe).
Diese Heterogenität könnte man durchaus im Artikel darstellen, wird im Artikel zur Homöopathie ja ebenfalls gemacht.

Wenn man aber schon Unsinn aufzeigen möchte, dann sollte man das ggf. mit richtigem Unsinn machen:
http://derstandard.at/2000019126892/Gerstengras-Wirkt-gegen-Krebszellen-aber-nur-im-Reagenzglas

pelacani

Ach, weil wir gerade so schön beim Erbsenzählen sind, da fällt mir auf, ich habe zu früh nachgegeben:
Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 16:24:14
Zitat von: Pelacani am 09. Oktober 2015, 16:20:40
Das ist die Generalabsolution. Toppt jedes Heilige Jahr, und die Privataudienz beim Papst dazu.
Nein, es zeigt, dass diese Aussage aus Eurem Artikel nicht ganz richtig ist:
ZitatAndere pflanzliche Präparate stellten sich hingegen als wirkungslos heraus oder werden heute zu den Genussmitteln (z.B. Tee, Kaffee oder Tabak), als Gewürzkräuter zu den Küchenkräutern (Pfeffer, Zimt, Basilikum, u.v.a.) gezählt bzw. als Nahrungsmittel (Apfel, Zitrusfrüchte) verwendet.
Das ist so schlicht falsch.
Nein, wenn man es nun ganz genau, mit aller Schärfe liest, ist das richtig:
ZitatAndere pflanzliche Präparate stellten sich hingegen als wirkungslos heraus oder werden heute zu den Genussmitteln (z.B. Tee, Kaffee oder Tabak), als Gewürzkräuter zu den Küchenkräutern (Pfeffer, Zimt, Basilikum, u.v.a.) gezählt bzw. als Nahrungsmittel (Apfel, Zitrusfrüchte) verwendet.
Sie werden doch nicht wirklich bestreiten wollen, dass Tee, Kaffee oder Tabak zu den Genussmitteln gezählt werden, egal ob Kaffeekohle verwendet wird oder man sich Teebeutel auf die Augen drückt? Vielleicht ist dieser Satz nicht ganz umfassend, aber falsch ist er nicht. Und der Pfeffer-Einwand ist in keiner Weise überzeugend gewesen.

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 17:52:24
Diese Heterogenität könnte man durchaus im Artikel darstellen, wird im Artikel zur Homöopathie ja ebenfalls gemacht.
Wenn Sie die Liste unserer Desiderata einsehen möchten ...

Lonicerus

Pfeffer, Tee und Kaffee sind halt denkbar schlechte Beispiele in so einer Aufzählung und Pauschalaussagen sollten gut begründet bzw. belegt sein - egal, welche Winkelzüge Sie anstellen. Sind Sie Jurist?

Viel interessanter wäre eine Aufzählung von Pflanzen, die heute aus gutem Grund nicht mehr verwendet weden, aber früher eine größere Rolle gespielt haben.
Denn solche Pflanzen findet man durchaus noch in manchem populär-wissenschaftlichem Buch und auch in der Laienpresse, obwohl die Verwendung alles andere als ungefährlich ist (Stichwörter: Maria Treben, Hildegard-Medizin).

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 18:58:44
Pfeffer, Tee und Kaffee sind halt denkbar schlechte Beispiele in so einer Aufzählung und Pauschalaussagen sollten gut begründet bzw. belegt sein - egal, welche Winkelzüge Sie anstellen. Sind Sie Jurist?
;D

Nein, um wieder ernst zu werden: Ich habe auch die übrigen EMA-Monografien überflogen. Sie schreiben:
Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 12:44:41Diese hat eine Wirkung als erwiesen erachtet.
Davon steht in den Monografien kein Sterbenswörtchen. Dort heißt es lediglich ,,well established use". Für die Indikationen werden weder empirische Belege angegeben noch ein Level of Evidence.

Lonicerus

Zitat von: Pelacani am 09. Oktober 2015, 19:23:12
Davon steht in den Monografien kein Sterbenswörtchen. Dort heißt es lediglich ,,well established use". Für die Indikationen werden weder empirische Belege angegeben noch ein Level of Evidence.
Man sollte auch die Anhänge lesen, bspw. den "assessment report":
Echinacea: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2015/04/WC500185435.pdf
Ginkgo: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2015/04/WC500185241.pdf
Teufelskralle: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2010/01/WC500059019.pdf

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 19:37:05
Zitat von: Pelacani am 09. Oktober 2015, 19:23:12
Davon steht in den Monografien kein Sterbenswörtchen. Dort heißt es lediglich ,,well established use". Für die Indikationen werden weder empirische Belege angegeben noch ein Level of Evidence.
Man sollte auch die Anhänge lesen, bspw. den "assessment report":
Echinacea: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2015/04/WC500185435.pdf

Ah, ja. Danke. Auf S. 44ff geht's los:
ZitatTable 5: The list of the placebo controlled clinical studies
Eine formale Meta-Analyse ist nicht durchgeführt; und wenn man sich die Details anschaut, dann sieht man auch, dass das kaum sinnvoll gewesen wäre.

Nach welchen Kriterien die Studien gefunden und ausgewählt wurden, ist nicht erwähnt. Sie werden auch nicht bewertet, z. B. mit dem JADAD-Score, so unpräzise dieser auch sein mag. Die Liste enthält 19 Studien (die letzte ist aber gar keine kontrollierte Studie, bleiben 18). Von diesen hatten 2 eine ,,Active (antibiotic) contol", und den Fallzahlen nach zu urteilen ein ähnliches Design wie die oben besprochene von Frank et al.; so recht passen sie damit auch diese nicht unter die Überschrift. Eine hatte ,,Matched historical controls", so etwas kann man nur für ganz wenige Erkrankungen mit streng determinierten Spontanverlauf und schlechten Rekrutierungsmöglichkeiten akzeptieren. Ich spare mir jetzt mal weitere Bemühungen, die Studien zu wichten (auch die EMA hat ja darauf verzichtet), und zähle nur die Anzahl der Studien mit sign. oder nicht sign. Ergebnis.

Nicht signifikant oder gar keine statistische Analyse: n = 12
Signifikant: n = 6

Aber zum Schluss heißt es dennoch:
ZitatBenefit – Risk – Assessment
The overall body of evidence which includes several clinical trials proves the efficacy of expressed juice from fresh herb of Echinacea purpurea in accordance with EMEA/HMPC/104613/2005. 
[S. 73]

Honni soit qui mal y pense.

Lonicerus

Falls Sie das HMPC für ein Kaffeekränzchen halten, muss ich Sie leider enttäuschen. Da wurde durchaus über die Monographie gestritten.
Auch das ist öffentlich dokumentiert:
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_opinion_on_Community_herbal_monograph/2015/04/WC500185438.pdf
(ab Seite 5)

Ich kenne auch die Cochrane-Meinung zu Echinacea. Dort war man wohl etwas verwirrt über die verschiedenen Arten und verwendeten Organe und kam dann letztendlich nicht zu einem wie auch immer gearteten Ergebnis. Eher peinlich das Ganze...
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD000530.pub3/pdf

Vom HMPC gibt es, wie bereits erwähnt, vier verschiedene Monographien alleine zu Echinacea...

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 20:39:41
Da wurde durchaus über die Monographie gestritten.

Wo meine Stimme gewesen wäre, das werden Sie sich denken können, und wo ich Ihre vermuten würde, auch.
8)

Lonicerus

Schade, dass in diesem Fall die Kommentare der Hersteller nicht verfügbar sind. Beim Ginkgo ist das ganz interessant, denn es belegt, dass die meisten Wünsche der Hersteller abgelehnt wurden:
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_Overview_of_comments_received_during_consultation/2015/04/WC500185244.pdf

Für Echinacea gibt es das nur bei der alten Fassung der Monographie:
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_Overview_of_comments_received_during_consultation/2009/12/WC500018269.pdf

Und nein, ich bin auch von Echinacea kein besonderer Fan. Ist aber eine schöne Pflanze.  ;)

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 20:59:37
Beim Ginkgo ist das ganz interessant, denn es belegt, dass die meisten Wünsche der Hersteller abgelehnt wurden:
Eine Annahme hätte die Selbstachtung des Gremiums wohl in noch ganz anderer Weise tangiert. Das Ansinnen z. B. der Weleda AG wird u. a. mit folgendem Argument abgelehnt:
Zitat[...] The references provide a tradition in homeopathy. [...]
Nun stellen Sie sich mal vor, man hätte dem zugestimmt, und irgendwer hätte das aufgegriffen.  ;D

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 09. Oktober 2015, 20:39:41
Ich kenne auch die Cochrane-Meinung zu Echinacea. Dort war man wohl etwas verwirrt über die verschiedenen Arten und verwendeten Organe und kam dann letztendlich nicht zu einem wie auch immer gearteten Ergebnis. Eher peinlich das Ganze...
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD000530.pub3/pdf

Wenn ich da in den Methodologie-Teil schaue, dann ist es nicht nur eine Meinung. Und die Verwirrung muss man ihnen schon ein wenig nachsehen:
ZitatPreparations of the plant Echinacea are widely used in some European countries and in North America for common colds. Echinacea preparations available on the market differ greatly as different types (species) and parts (herb, root or both) of the plant are used, different manufacturing methods (drying, alcoholic extraction or pressing out the juice from fresh plants) are used and sometimes also other herbs are added.
[...]
Assessment of the effectiveness of Echinacea preparations is complicated by the limited comparability of the available preparations for the following reasons [...]
These results have to be interpreted with caution, as the great heterogeneity of tested Echinacea preparations makes  comparison and pooling of data methodologically questionable.
Das sind so die Segnungen der Ganzheitlichkeit: sie schützen die Pflanze nicht nur vor Befall/Befraß, sondern auch vor Evaluierung.

ZitatAlthough it seems possible that some Echinacea products are more effective than a placebo for treating colds, the overall evidence for clinically relevant treatment effects is weak. In general, trials investigating Echinacea for preventing colds did not show statistically significant reductions in illness occurrence.
Das ist doch ein klares Statement.