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Anleitung zum Diskutieren mit Eso-Liberalen gesucht

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Begonnen von kaltwasserseife, 15. Juli 2015, 07:22:17

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kaltwasserseife

Habe mir die letzte HartAberFair-Sendung mit v.Hirschhausen angesehen, grossartig der Mann! Aber zumindest in dieser Konstellation anscheinend unbewaffnet gegen seine Kollegin aus der Medienwelt, die Globuli nimmt, bis sie nicht mehr wirken...und dann zur bekannten Medinzin greift.
Das Problem, oder mein Problem im privaten Umfeld ist ja, wie ich den liberalen, eso-toleranten Mitmenschen begegne, und das sind soooviele, man könnte an eine Verschwörung glauben. Es wird ja oft behauptet, dass wir nicht ALLES wissen, und wer weiß, was da noch an Erkenntnis kommt...wie wahr. Der Mond ist doch soooo groß, weißt du sicher, daß er KEINEN Einfluß auf deine Träume und Gedanken hat...? usw. (Tja, weiß ich das?) Damit stoßen meine Gesprächspartner eine Tür auf in die Nebelwelt "wer weiß, was da noch..." und ich habe keine Ahnung, welche Erkenntnis-Technik verhindert, daß auf diese Weise auch bei fast-aufgeklärten Menschen der ganze Eso-Mist doch ungefiltert auf den Teppich fließt.
Meine eigene Haltung ist ja die, daß ich mit der Zulassung von nicht wissenschaftlich beweisbaren "Gesetzen", eben nur mit der Argumentation "wer weiß das denn wirklich?", eine Art Erosion der Aufklärung erlaube. In dem Sinne: wer meint, daß er bei Vollmond schlechter schlafen kann (harmlos?weil seine eigene Sache), glaubt auch unter Umständen, daß man Krebs per Handauflegen heilen kann (gefährlich, weil tödlich).  Da werden mir sicherlich viele zustimmen hier, aber es hilft nicht richtig, ich kriege rein intelektuell und rhetorisch die Argumentation nicht auf die Kette, die diese Denkmechanik aushebelt.
Naja - ich fürchte, das wird eine möglicherweise hochgestochene erkenntnisphilosophische Diskussion, mir würden ja eine Sammlung entwaffnender Witze oder Parabeln reichen (eigene Rubrik vielleicht?). Pech, wenn man in Philosophie nicht richtig aufpaßt, aber ist zulange her.

Conina

Übertreib einfach und behaupte, dass Du Hawaiianische Darmreinigung viel wirkungsvoller findest.
https://www.psiram.com/ge/index.php/Hawaiianische_Darmreinigung
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Groucho

Zitat von: kaltwasserseife am 15. Juli 2015, 07:22:17
Naja - ich fürchte, das wird eine möglicherweise hochgestochene erkenntnisphilosophische Diskussion, mir würden ja eine Sammlung entwaffnender Witze oder Parabeln reichen (eigene Rubrik vielleicht?). Pech, wenn man in Philosophie nicht richtig aufpaßt, aber ist zulange her.

Solche Parabeln/Witze finden sich auch hier immer wieder mal, zu einer Sammlung verdichtet wurde es m.W. nie. Halte ich für eine gute Idee. Das Hamlet-Argument (... mehr zw. Himmel und Erde ...) sagt übrigens in seiner Vollständigkeit genau das Gegenteil: Weil man nicht sicher sein kann, muss man überprüfen. Seine Kenntnisse in Erkenntnistheorie aufzufrischen lohnt immer, da gibt's keine Ausreden wie "zu lange her" oder so  ;)

pelacani

Ich brauch grad eine Anleitung zum Diskutieren mit Halbnazis, die sich für was Besseres halten.  :gruebel

https://blog.psiram.com/2015/07/neues-von-raif-badawi/#comments

Hildegard

Zum ursprünglichen Thema:

Ich glaube, man sollte da zwei verschiedene Argumente unterscheiden.

Das eine ist dieses "Vielleicht ja doch, zwischen Himmel und Erde etc. "
Da kann die Antwort nur sein: Nein, eben nicht. Die Argumente gegen Homöopathie sind vielfach erschöpfend dargelegt worden, und für eine seltsam gezielte Wirkung ausgerechnet des Mondes auf ausgerechnet die Psyche gibt es einfach keinen Übertragungsweg - kein Sinnesorgan, keine Wellen, keine Teilchen.

Das andere ist das Argument: "Aber es kann doch zumindest nicht schaden, wenn man daran glaubt bzw. das gegen harmlose Krankheiten nimmt."
Da muss man meiner Meinung nach sagen: Doch, es schadet allerdings. Und zwar, weil es keine sichere, abgesteckte Grenze gibt. Wer bei Schnupfen gern Globuli schluckt und die Erkältung damit noch jedesmal wegbekommen hat (Zauberei!), kommt leicht bei der ersten ernsthaften Krankheit auch darauf zurück. Ganz besonders, wenn eigentlich schwere Medikamente mit heftigen Nebenwirkungen angezeigt wären. Warum nicht lieber Globuli, haben doch sonst auch geholfen.
Klar ist das ein Dammbruch-Argument. In dem Fall aber meiner Meinung nach berechtigt. Null Toleranz für Quacksalberei.
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

Groucho

Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 14:22:39
Klar ist das ein Dammbruch-Argument. In dem Fall aber meiner Meinung nach berechtigt. Null Toleranz für Quacksalberei.

jupp. Altes esoterisches Prinzip  ;D
Wer an kleine Dummheiten glaubt, ist auch bereit für große.

Belbo

Zitat von: Groucho am 15. Juli 2015, 14:36:05
Zitat von: Hildegard am 15. Juli 2015, 14:22:39
Klar ist das ein Dammbruch-Argument. In dem Fall aber meiner Meinung nach berechtigt. Null Toleranz für Quacksalberei.

jupp. Altes esoterisches Prinzip  ;D
Wer an kleine Dummheiten glaubt, ist auch bereit für große.


Du musst nur jemandem der für sowas empfänglich ist ein Deck Tarrotkarten schenken und schon ist er angefixt, ich kenn einen Fall da hat das über die Jahre. In die esoterische Vollabhängigkeit geführt ohne Chance auf Entzug.

Groucho

Gleich mal ein Spruch von Twitter zum Thema:

Zitat.@EdzardErnst So using #homeopathy reduces (over)use of antibiotics. In the same way as using a flying carpet reduces risk of plane crashes?

sumo

@pelacani, es hat keinen Sinn, mit Leuten wie "@küstennebel" irgendwie zielführend zu reden. Ich habe den Eindruck, daß der ein Allesrelativierer ist. In einem anderen Blogbeitrag fiel der ja auch schon auf.
Es ist beim Thema "Badawi" und ähnlich gelagerten grundsätzlich angemessen, sich vor jeglicher Diskussion darauf zu verständigen, daß es eine unumstößliche Mauer gibt, bis zu der man diskutieren kann, fällt diese, ist der Rest obsolet.
Ich meine damit die Allgemeine Charta der Menschenrechte. Die ist Grundlage jeder Beurteilung, und wer diese Charta irgendwie kulturell, religiös usw, relativiert, ist nicht mehr satisfactionsfähig.

Auf rein deutsch thematische Diskussionen wäre es das Grundgesetz, und wer sich nicht dazu bekennt, das als Grundlage bei religiösen und ähnlichen Diskussionen anzusehen, mit dem kann man nicht reden.
Das aber vermute ich bei @Küstennebel, und deswegen habe ich auch noch nicht im Blog geantwortet, obwohl mir einige Erwiderungen auf der Zunge lägen....

RächerDerVerderbten

Zitat von: kaltwasserseife am 15. Juli 2015, 07:22:17
mir würden ja eine Sammlung entwaffnender Witze oder Parabeln reichen

Sowas wie ne Parabel hätt ich, weniger auf Deine konkreten Beispiele anwendbar, als eher auf das Wesen der Esoterik allgemein:

>Ein junger wißbegieriger Bursche sucht einen, wegen seiner Weisheit hochgerühmten, Guru auf.

Meister, Meister, lehrt mich die 99 Mysterien!

Der Meister sagt, gebongt, aber du mußt mir für 7 Jahre den Pißpott putzen, den Haushalt erledigen, und den Rest der Zeit ohne Unterlaß lernen.

Gesagt, getan/ nach 7 Jahren spricht der Guru zu seinem Lehrling, du hast mir gute Dienste geleistet, darum enthülle dir nun das 99. und letzte Mysterium:

Vergiß die 98 vorigen Mysterien, die hab ich nur erfunden, um dich vom Denken abzuhalten, nun gehe hin, such dir einen Deppen, der DIR den Pißpott putzt, und lehre ihn die 99 Mysterien.<


Die Geschichte kommt eigentlich ganz gut bei Leuten, die selber noch nicht zum Eso- Täter geworden sind, läßt sich leicht merken, und regt zum Vergleich mit konkreten Situationen/ Abhängigkeitsverhältnissen an. ;)
If the only thing keeping a person decent is the expectation of divine reward, brother, that person is a piece of shit. Rusty Cohle

kaltwasserseife

Schön, das sind lustige und für mich völlig plausible Antworten, aber die funktionieren ja in der Praxis nicht. Ich will ja nicht entsetztes Abwenden erleben, sondern stutzendes Nachdenken, nachrechnen. Ich gebe wohl zu, daß es schwierig sein dürfte, 5 jAHRE pherseumte filosophie nachzuholen kondensiert in einer netten Parabel.... Die mit den 99 Weisheiten ist gut, aber zu diffamierend.

Omikronn

Herzlich willkommmen kaltwasserseife,

Pack den Pfefferspray hervor  ;D....
Nein natürlich quatsch, ich denke Grouchos Zitat von Edzard Ernst zeigt sehr schön womit man arbeiten kann. Vielleicht muss man es bei gewissen Kandidaten etwas mehr in Watte verpacken, aber ich behaupte dass es hilfreich ist den Personen die Relationen klarzumachen. Ein Ansatzpunkt wäre aus meiner Sicht die physikalischen Konsequenzen welche sich ergeben würden wenn die Annahmen und Ideen welche hinter dem Esoterikbrimborium stecken stimmen würden.
Don't try to argue with idiots, first they tear you down to their level, then they beat you with their experience.

TV

@Kaltwasserseife:

ich hab mich hier gestern angemeldet, um auf deinen Beitrag antworten zu können, hat mit der Registrierung aber etwas geholpert. Naja, jetzt bin ich da. :-)

Zu deiner Frage:
Ich halte nur eine Diskussionsweise für erfolgversprechend: das Aufgreifen bzw. Herausfinden des dahinterstehenden Bedürfnisses, wenn Menschen so denken (wollen). Meines Erachtens ist das kein reines Denkproblem. Die Bedürfnisse hinter der Bereitschaft, Vieles und Seltsames glauben zu wollen, sind zumeist emotionaler Art. In der Diskussion fühlen sich viele glaube ich gezwungen, diese gefühlsmäßigen Bedürfnisse zu rationalisieren, zu erklären. Und dann wird es mehr oder weniger zwangsläufig unwissenschaftlich.

Was für Bedürfnisse das jeweils sind, hängt wohl stark vom Einzelfall ab. Beim einen verbirgt sich vielleicht Angst dahinter (vor Schuld? vor der Endlichkeit? ...), beim andern die Sehnsucht nach dem Geheimnisvollen, nach den weißen Flecken auf der Landkarte. Es ist dann dem romantischen Wunsch nahe, zu den Abenteurern und Entdeckern zu gehören. Daran ist erstmal nichts Schlimmes, finde ich, auch nichts Aufklärungsfeindliches. Die Aufklärer waren ihrerseits selbst in diesem Sinne unterwegs. Mancher wird heute wegen solcher Sehnsucht Wissenschaftler, aber das steht nicht jedem offen, schon gar nicht, wenn man bereits im Berufsleben verankert ist. Auch möglich für diese Gefühlsbasis ist der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen. Usw. usf..

Aufklärungsfeindlichkeit entsteht zuweilen durch den subjektiv empfundenen Zwang, erklären, begründen zu müssen. Das ist für Gefühle aber erstmal nicht nötig, solange sie nicht Teil eines Konfliktes sind. Man kann sie als Gefühle oder Gefühlswünsche stehen lassen.

Für die Diskussion bedeutet das z.B.: statt zu fragen "Wie begründest du, dass der Mond die Träume beeinflusst?", würde ich fragen: "Was ist das für ein Gefühl, wenn du dir vorstellst, dass der Mond die Träume beeinflusst?" Je nach Antwort kann man dann weitersehen. Vielleicht kennst du das Dahinterstehende selbst und gehst nur gedanklich anders damit um?

Das berührende Gefühl, eine überwältigend schöne Landschaft zu sehen, kennen viele. Erst der Versuch, diese Erfahrung zu erklären, aus ihr etwas abzuleiten, kann zu esoterischem Glatteis werden.

Eine andere Diskussionsmöglichkeit ist, das Fragenstellen des Gegenübers zu "trainieren". Das funktioniert aber nur bei denkfreudigen Leuten. Also auf die Aussage: "Vielleicht beeinflusst der Mond die Träume" andere Fragen vorschlagen. Z.B. "Was könnte deiner Meinung nach noch alles die Träume beeinflussen? wie würdest du versuchen, das rauszufinden?" Oder auch: "Meinst du den Mond als Himmelskörper oder den Mond als seelisches, mythologisches Symbol?"

LG,
TV


Groucho

Hallo TV, willkommen!

Schön, dass Du den Weg hierher gefunden hast. in den Kommentarspalten des Blogs ist eine ernsthafte Diskussion kaum möglich.

ZitatWas für Bedürfnisse das jeweils sind, hängt wohl stark vom Einzelfall ab. Beim einen verbirgt sich vielleicht Angst dahinter (vor Schuld? vor der Endlichkeit? ...), beim andern die Sehnsucht nach dem Geheimnisvollen, nach den weißen Flecken auf der Landkarte. Es ist dann dem romantischen Wunsch nahe, zu den Abenteurern und Entdeckern zu gehören. Daran ist erstmal nichts Schlimmes, finde ich, auch nichts Aufklärungsfeindliches. Die Aufklärer waren ihrerseits selbst in diesem Sinne unterwegs. Mancher wird heute wegen solcher Sehnsucht Wissenschaftler, aber das steht nicht jedem offen, schon gar nicht, wenn man bereits im Berufsleben verankert ist. Auch möglich für diese Gefühlsbasis ist der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen. Usw. usf..

Ich würde in die Tatsache der unterschiedlichen Modelle der Realität nicht allzu viel hineinprojizieren wollen, das hilft nicht weiter. Wenn Vergangenes unwiderrufliche Spuren hinterlassen hat, sind diese unwiderruflich und insofern einfach nur hinzunehmen. Meist ist es aber nicht so. Ständiges Lernen und Verändern ist der Grundbaustein der Evolution.

Was an Esoterikern nervt, ist ihr Bedürfnis nach Sicherheit und nicht nach Erkenntnis. Das schafft den Grundkonflikt. Die Welt hat sich gefälligst so zu verhalten, dass ich sie verstehe, und wenn ich nicht in der Lage bin, mehr als einen linearen Zusammenhang als kausal zu erkennen, dann ist das das Problem der Welt, und nicht meines. Wenn man es völlig überzeichnet könnte man sagen: Ich bin die Welt und bestimme sie. Meine Katze agiert jedenfalls so. Manchen Menschen scheint es ähnlich zu gehen.

duester

Zitat von: kaltwasserseife am 15. Juli 2015, 07:22:17
Das Problem, oder mein Problem im privaten Umfeld ist ja, wie ich den liberalen, eso-toleranten Mitmenschen begegne, und das sind soooviele, man könnte an eine Verschwörung glauben.

Das sagst du was. Ich bin immer erschreckt darüber, dass es fast schon keine Eso-freien Bereichen mehr gibt (ich meine, wenn draußen "Universität" dran steht, dann sollte doch ein bisschen kritisches Denken drin sein ...).

Trotzdem finde ich, dass man sich nicht auf jede Diskussion einlassen sollte (auch im Sinne des eigenen Wohlbefindens). Es gibt Situationen, da ist der Diskurs unumgänglich (z.B. wenn man v. Hirschhausen ist und in einer Talkshow sitzt), vor allem im beruflichen Kontext. Eine andere Situation, in der man mMn verpflichtet ist, sich zu äußern, ist, wenn die vermeintlich ach-so-menschenfreundliche Esoterik hinterrum in üblen Zynismus abgleitet: braune Esoterik, AIDS-Leugnung, der ganze Driss von wegen, dass alle Krankheiten psychisch bedingt sind, der Rassismus im Steiner-Zeug ... .

In vielen anderen Situationen beschränke ich mich aber darauf, etwas scheel zu gucken - insbesondere dann, wenn mein Gegenüber den Schwachsinn seiner Aussage selbst aufdecken könnte. Der Klassiker ist "Mir haben die Globuli ja mal bei einer Warze am Fuß/einer Erkältung/einem Streit mit meinem Mann dodal geholfen!". Ja, ja, es gibt mehr zwischen Himmel und Erde und blabla. Aber wenn sich westliche Wohlstands-Bildungsbürger finanziell über den Tisch ziehen lassen wollen und für ein bisschen "Glauben" ordentlich latzen - sollen sie. Es ist ihre Kohle, nicht meine. Das Überraschende ist, dass gerade das wohl ziemlich provozierend wirkt. Mir ist mehr als einmal passiert, dass mein Gegenüber mir ein emotionalisiertes "Du glaubst wohl an gar nichts!" vorgehalten hat - und ich dann einfach antworten konnte "Genau.".