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Herr Clooney und wie alles schwierig ist

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Begonnen von ajki, 15. Oktober 2014, 20:22:03

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ajki

Blödsinniger post title - hilft aber angeblich zuverlässig zum Hachzen der Damenwelt (oder was auch immer).

Es gibt seit nun geraumer Zeit, aber dafür auch brav immer weiter ansteigend eine Art kollektives Unwohlsein hinsichtlich der vielfältigen Ekelhaftigkeiten in überraschend vielen Teilen der Welt. Afrika ist in weiten Teilen (zuletzt und im Prinzip auch derzeit den nördlicheren) praktisch schon abgeschrieben, die arabische Halbinsel und / oder der "vordere Orient" ist auf einem guten Weg dahin, Teile Südostasiens scheinen immer wieder mal in Gräueltaten zu versinken, der "Balkan"... achjeh, Teile des indischen Subkontinents sind pre-failed, failed oder post-failed-before-pre-failed, über AFG will man schon lang' nicht mehr auch nur nachdenken, die merkwürdigen "Turk"-Republiken des post-"Sowjettreichs" (wie Herr Adenauer, selig, es wohl ausdrücken würde) sind eben merkwürdig und Herr Putin und sein Gschwerl.... naja.

In solchen finsteren Zeiten schlägt die Stunde der humanitären Helfer, der Praktiker mit hohen Idealen, derjenigen Menschen, die anpacken, wo andere wegschauen. Also zum Beispiel Herr Hollande, der mit dem Boulevard-Ärger wegen der Weiber. Achnee, das war jetzt unfair - der ist ja nun wirklich ein Abturner hinsichtlich des Aufreißers mit den Menschen, die *wirklich* was bewirken - Rettung von Menschen vor Ort vor Grausamkeit, Willkür, Not und Elend. Also zum Beispiel besagter George Clooney. Oder Bob Geldorf. Oder die deutschen Amtskirchen seinerzeit für und in Biafra. Diese drei Bezeichner stehen für einen durchaus persönlichen Rücksturz über einen Zeitraum bis zurück zu den späten 60ern und diverse Grübelfalten in meiner eigenen Wegschau-Perspektive - z.B. diese "Biafra"-Story seinerzeit hatte zu ersten persönlichen Fragezeichen geführt.

Mit meinen Fragezeichen stand und stehe ich ja nicht alleine da. Es gibt da zum Beispiel auch Journalisten, die dafür bezahlt werden, sich jahrzehntelang zumindest zeitweise in Dreck&Elend herumzutreiben und für das viele Geld, das man solchen Abgezockten hinten reinsteckt, kann man ja wohl auch erwarten, dass die einem gelegentlich ein paar schöne Gruselstories erzählen. Das ist doch immer so nett im Spätherbst... man sitzt gemütlich im Warmen, süffelt an irgendwas Nettem und liest irgendwas hübsch Gruseliges von Genoziden irgendwo weit weg. Womöglich und wenn's wirklich "heartly" sein soll, dann kommen auch noch George Clooney, Angelina Jolie, Matt Damon, Ben Affleck und Don Cheadle drin vor. Und Hollande ohne den Weiberkram.

Sowas feines kann man tatsächlich anbieten. Zwei zeitgenössische Stücke von Journalisten. Aus Afrika, aber die Verortung ist eigentlich nur ein griffiges Beispiel. Beide sind auf Englisch und ewig lang (!!) - eher Novellen als Artikel. Gedacht wohl auch als zu Büchern aufblasbare Zentralkapital - aber wer schaut einem geschenkten Gaul ins Maul? Auch wohl gedacht als Art "Resümee-Artikel" über die journalistischen Erlebnisse in vielen Jahren.

Für die fiese psiram-Klientel sei noch teasernd angemerkt, dass es im Prinzip gegen die "Humanitarians" geht - ähnlich wie andere soziale/politische Haltungsgruppierungen läßt sich das bekanntermaßen nicht in kontinentaleuropäische Gruppierungen "übersetzen", aber man darf wohl ungestraft sagen, dass eine Vielzahl von politischen und/oder öffentlichen Köpfen in unserer hübschen Republik "dazu" gehören, auch institutionell. Das reicht über Teile der Grünen und der SPD auch sehr wohl in die Hilfsindustrie-Mitarbeiterschaften der CDU/CSU, Kirchen und Ministerien / Botschaften (und den lukrativen U.N.-Jobs dort). Selbstverständlich sind hier alle möglichen "NGO" dankend, bittend, fordernd, teilnehmend und bezahlt auch mit im Boot - ein paar auch in den USA bekannte werden in den Artikeln genannt, "wir" kennen auch ein paar mehr, die in diesem ganzen Hilfsbusiness bis weit, weit über die Haarspitzen drinstecken - und das heißt nicht, dass die Füße nicht voran gegangen sind.

Genug der Teaserei.

George Clooney, South Sudan and How the World's Newest Nation Imploded

von Alex Perry, veröffentlicht in Newsweek [www.newsweek.com] v. 2.10.2014

The Priest, the Killers, and a Looming Genocide - The Mission, A last defence against genocide

von Jon Lee Anderson, veröffentlicht in The New Yorker [www.newyorker.com, online ab ca. 12.10.2014] v. 20.10.2014 (print)
every time you make a typo, the errorists win

pelacani

Zitat von: ajki am 15. Oktober 2014, 20:22:03Mit meinen Fragezeichen stand und stehe ich ja nicht alleine da. Es gibt da zum Beispiel auch Journalisten, die dafür bezahlt werden, sich jahrzehntelang zumindest zeitweise in Dreck&Elend herumzutreiben und für das viele Geld, das man solchen Abgezockten hinten reinsteckt, kann man ja wohl auch erwarten, dass die einem gelegentlich ein paar schöne Gruselstories erzählen. Das ist doch immer so nett im Spätherbst... man sitzt gemütlich im Warmen, süffelt an irgendwas Nettem und liest irgendwas hübsch Gruseliges von Genoziden irgendwo weit weg.

ZitatAndrer Bürger.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen,
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried' und Friedenszeiten.

ajki

jaja, ich habe geklaut beim Übermenschen. So gesehen machen wir das alle jeden Tag. Schon wg. der Sprichwörtereien aus F1. Aber wie ER es eben selber mal gesagt hat, hat er ja selber alles geklaut.

Woody Guthrie hat mal gesagt (ein bißchen sinngemäß zitiert):

"So, they [younger folk singers] steal from me. But hey - I stole from everybody."
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F. A. Mesmer

ich verstehe dein Ansinnen (noch) nicht.

stört dich, dass Leute mit Geld, Ruhm und Kontakten Diplomat spielen oder ist das jetzt ok für dich?
Oder stört dich, wo und wie sie das tun, weil du einen andere Fokus legen würdest?

Ein vermögender Beau und Liebling der Massen eben mehr Einfluss hat, als ein nerdischer Wissenschaftler, usw.
Hinzu kommt, dass in den USA eine etwas andere Politikerrekrutierung wirkt als hier.

ajki

F. A. Mesmer, ich kann mir nicht sicher sein, die Frage nach dem "Ansinnen" überhaupt schlüssig beantworten zu können - aber ich werde mich gerne bemühen.

1. Zunächst und vielleicht vor allem anderen sind es zwei bemerkenswert gute journalistische Arbeiten, die es aus sich selbst heraus meiner Meinung nach verdient haben, gelesen zu werden. (In gewisser, eigentlich ziemlich schmählicher Hinsicht ist man ja heute schon froh, ab und an mal was lesenswertes aufzutreiben)

2. Es gibt da (wie angedeutet) in den Texten ein paar durchaus persönliche Anknüpfungspunkte. Von den Sammelbuchsen des messdienernden Kindes über den langhaarigen Hippie zum kurzhaarigen Punk zum well trained staff member bei NATOs Logistic Branches mit ein paar Inaugenscheinnahmen diverser Camp Grounds zum weiterbildenden Reserve-Urlauber in Bosnien und AFG gab es immer wieder auch Wiedererkennungspunkte in beiden Artikeln mit eigenem Erinnerungsbildmaterial. Aus diesen sicher und zugestanden rein persönlichen Erlebnissen resultieren die angesprochenen Fragezeichen hinsichtlich "humanitärer" internationaler Hilfsleistungen (oder auch anderen begrifflichen Kaschierungen von Geld-, Personal- und Materialeinsatz in failed regions). Ich persönlich kann diese Fragezeichen in einen Kurzsatz zusammenfassen: die Leute in den Hilfsgebieten krepieren wie die Fliegen vor, während und nach einem Einsatz und einen wirklichen Unterschied für die Leute vor Ort kann man bestenfalls in Einzelfällen entdecken. Ich sehe in beiden Artikeln starke Anklänge an diese persönliche Anschauung. Die *Gründe* für so etwas sind aus meiner Sicht nicht überschaubar und letztlich in der Gänze auch nicht aufdeckbar - es können systemische Fehlallokationen sein, ideologische Schranken/Barrieren, Fehl am Notwendigen, mangelndes Engagement, unwirksame Mandatierung, Eigenstilisierung der konkurrierenden Dienstleister und gottweißwasnoch und zudem eine gut verrührte Mischung aus allem&noch mehr sein.

Das wird in der einen oder anderen Richtung oftmals auch hier in D. thematisiert - meist im Anschluss an irgendwelche Spendenskandale oder im Zusammenhang mit solchen. Denn man darf ja insgesamt nicht außer Acht lassen, dass es in diesen Mandaten auch immer um durchaus enorme Summen und ziemlich riesigen Aufwand geht (siehe den genannten Jahreshaushalt für die U.N.-Mission im Südsudan: knapp eine Milliarde Dollar - und das ist gemessen an anderen Missionen zum Beispiel im Bereich Stabilization absolut peanuts). Auch darf man nicht vergessen, daß über die "humanitäre" Schiene Öffentlichkeit mobilisierbar ist und zwar überraschend schnell. Das hat man in D. im Joschka-Fischer-Fall seinerzeit musterfallmäßig gesehen und die Karte sticht seither zuverlässig immer wieder. Auch und seltsamerweise dann, wenn die gewonnenen Erkenntnisse aus einem Einsatz auch in der Öffentlichkeit als bestenfalls ungenügend bewertet werden - im selben Augenblick, wenn Bilder von sterbenden Kindern oder Katzen in die Gazetten gehen, schmilzt der deutschen Mutti das Herz und sie greift zum Spendenscheck und zum Furorkommentar. Und die Edelfedern dieses Landes (alle!), ansonsten immer einheitlich isolationistisch und kritisch, holen ihre staatsmännischen "Hilfe ist zu leisten und möge der Himmel darüber einstürzen"-Kommentare aus der Altablage (derzeit wieder schön zu sehen bei der Mittelmeerschieberei und gleichzeitig der kommunalen Unfähigkeit zur Aufnahme von Flüchtlingen und die Aufregerei darüber).

3. Celebrities... tja. Im Artikel kommt Herr Clooney meiner Ansicht nach im Prinzip sehr gut weg. Er ist sich der vielfältigen Probleme bewußt, macht sich keine besonderen Illusionen, tut aber trotzdem "irgendwas". Das gilt auch für viele andere (genannte) (von professionellen Agenturen gut beratene) Celebs. Man kann nichts "gegen" das Engagement sagen, man könnte sogar von gutem Role Modelling sprechen. Man kann allerdings auch sagen - und ich sage das hier und jetzt - dass das oben angesprochene Problem auch im Falle der Celebs in aller Schärfe erhalten bleibt: die Leute vor Ort krepieren trotzdem. Was letztlich eben bedeutet: der engagierte Celeb wirbt im besten Sinne für sich mit Leichen&Leid. Den Artikel von Perry verstehe ich unter anderem und eher nachrangig als Hinweis auf diese unauflösliche Disambiguität.
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Belbo

Ohne jede Grundlage dem guten George zu unterstellen er würde nicht aus echtem mitleid und echter betroffenheit sondern nur aus kalter Berechnung handeln halte ich für ziemlich arrogant. in Deiner Textwand habe ich bisher keinen einzigen Beleg gefunden der darauf hindeutet sondern nur einen Haufen von, meist dämlichen, Vorurteilen.

Wolleren

OT
Blöd, ich MAG den Clooney. Deswegen hätte mir die Erwähnung von
ZitatBob Geldorf
:police:
im Titel besser gefallen.

ajki

Zitat von: Wolleren am 16. Oktober 2014, 21:33:24
OT
...hätte mir die Erwähnung von
ZitatBob Geldorf
im Titel besser gefallen.

OT
Das ging nicht, weil Herr Clooney *aufgrund* der Geschehnisse im regionalen Bereich der "Aufhänger" Perrys Artikel ist.

Aber wie anderswo schon mal geschrieben, kommt Clooney gut weg und braucht m.E. deshalb auch nicht auf irgendeine Liste der Nichtzumögenden gesetzt werden (wobei die künstlerische Qualität der erwähnten Leute ja ohnehin nicht relevant im Zusammenhang ist). Soweit es den Aufstieg der "Humanitarians" zu einer Art aktionsrechtfertigender Ideologie mit den dargestellten Folgen betrifft, hat Herr Geldorf ja auch den ihm gebührenden Ehrenplatz zugeordnet bekommen.
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F. A. Mesmer

auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, ich kapiers nicht:

was du wolle?

Belbo

Zitat von: F. A. Mesmer am 17. Oktober 2014, 15:26:20
auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, ich kapiers nicht:

was du wolle?


....ich bin auch ratlos, wobei die Anpielungen auf die "Damenwelt" und irgendwelche "Weiber"..... auch einen gewissen Neidfaktor möglich erscheinen lässt.....

F. A. Mesmer

Zitat von: Belbo am 17. Oktober 2014, 15:42:53
Zitat von: F. A. Mesmer am 17. Oktober 2014, 15:26:20
auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, ich kapiers nicht:

was du wolle?
....ich bin auch ratlos, wobei die Anpielungen auf die "Damenwelt" und irgendwelche "Weiber"..... auch einen gewissen Neidfaktor möglich erscheinen lässt.....
für einen Moment, vor einigen Tagen, dachte ich: die allgemeine Schlechtigkeit der Welt. Dann dachte ich wieder, vielleicht ist es nur mein Wunsch zu verstehen, dass dieser Gedanke kam.
Dann dachte ich an diesen unsäglichen Adorno: "Es gibt kein richtige Leben im falschen", aber ich halte Adorno für überbewertet. Hanna Arendt halte ich allerdings auch für unterirdisch.
Mittlerweile bin ich wieder bei "wollte halt mal jammern" und ajki hat diesbezüglich meine Sympathie, dann gibts aber wieder nix auf der Sachebene...

OT: Bob Geldoof [sic!] kann ich nicht ab.

ajki

Zitat von: F. A. Mesmer
was du wolle?
... wieder nix auf der Sachebene...

Normalerweise wäre spätestens hier für mich EoD. Und sollte es wahrscheinlich auch besser sein.

Zu Deinen Gunsten nehme ich an, dass Du die "Textwände" nicht gelesen hast (was verständlich ist), aber *vielleicht* noch einen Grund suchst, um Dir die Mühe überhaupt zu machen. Daher versuche ich einen weiteren Einzeiler.

Es geht bei den empfohlenen Texten um irrationale Symbolpolitik in internationalen Dimensionen, die teuer und aufwändig ist, ihre Ziele aber regelmäßig verfehlt und / oder kontraproduktiv wirkt.

Weiteres - wenn überhaupt - bestenfalls auf der "Sachebene".
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F. A. Mesmer

ich sehe schon, du bist mit allen Wassern gewaschen [/ironie_off]

der entscheidende Punkt ist, ich habe deine Textwände mehrfach und wohlwollend gelesen und bin, ähnlich wie Belbo, an der (Re-)Konstruktion deines Ansinnens gescheitert. Nachdem du dieses nun höflicherweise auf den Punkt gebracht hast, halte ich mich mit Häme zurück, bin aber versucht nach deinem Politikverständnis zu fragen.
Um die Diskussion auf Konkretes zu begrenzen verbleibe ich bei deinem versuchten Einzeiler
Zitat von: ajki am 17. Oktober 2014, 18:31:50
Es geht bei den empfohlenen Texten um irrationale Symbolpolitik in internationalen Dimensionen, die teuer und aufwändig ist, ihre Ziele aber regelmäßig verfehlt und / oder kontraproduktiv wirkt.
und frage innerhalb dessen gezielt nach:

1. Bitte gib mir ein Beispiel für irrationale Symbolpolitik in internationalen Dimensionen, die teuer und aufwändig ist

2. Gibt es für dich auch rationale Symbolpolitik, wenn ja, wie, wann, wo? Bitte nenne ein Beispiel.

3. Welche Ziele verfolgt Symbolpolitik deiner Meinung nach? 3.1 Und wie sicher bist du dir, dass du bei deiner Einordnung die tatsächlichen Ziele einer speziellen Symbolpolitik erfasst hast und ihr vermeintliches Scheitern/ihre vermeintliche Kontraproduktivität richtig einschätzt - von deiner moralischen/normativen Bewertung mal abgesehen.

4. ganz abstrakt: was subsummierst du unter Symbolpolitik und ab wann ist es keine Symbolpolitik mehr, sondern - was eigentlich?

pelacani

Ich weise darauf hin, dass Goethe auch keine Lösung des Problems angeboten hat. Dazu war er zu klug.

Belbo

Ich verstehe immer noch nicht, ist das hier jetzt auch sinnlose Symbolpolitik?
http://www.menschenfuermenschen.de