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Interessantes Interview zu Goldenem Reis

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Begonnen von Harlequin, 09. August 2014, 13:15:06

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Harlequin

Man braucht vor der Liebe Gottes keine Angst zu haben. Er hat seit 2.000 Jahren niemand mehr geschwängert.

eLender

Und das in der TAZ! Aber eine naiv dümmliche Frage durfte wohl nicht fehlen:

ZitatWürde der Goldene Reis nicht dazu verleiten, sich weiter falsch zu ernähren – mit zu wenig Gemüse?

..und zu viel Fleisch und Süßigkeiten :facepalm
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Harlequin

Ich finde die Frage ok. Solche Ideen bekommt man ja schließlich von diversen NGOs zu hören. Die sollen einfach Kuchen äh Gemüse essen! Die Antwort war natürlich im Grunde absehbar.
Man braucht vor der Liebe Gottes keine Angst zu haben. Er hat seit 2.000 Jahren niemand mehr geschwängert.

Groucho



Cornus

Zum Thema goldener Reis habe ich grad einen Artikel von Sandro Christensen und Udo Pollmer gefunden. Titel:,,Goldener Reis"  Segen, Propaganda oder Naivität? 

http://euleev.de/lebensmittel-und-ernaehrung/website/695-goldener-reis

Demnach ist noch nicht erwiesen, daß die Kindersterblichkeit durchs Beheben eines Vitamin A-Mangels tatsächlich gesenkt werden kann. Möglicherweise könnte sie dadurch eher noch steigen.

Ob da was dran ist, kann ich leider nicht beurteilen.  :-\


Sauropode

Nunja, Beta-Carotin ist die Vorstufe von Rhodopsin, das zum Sehen essentiell ist. Ein Mangel, der zu Blindheit führt, muss behoben werden. Andererseits ist eine Überdosierung mit Vit. A toxisch. Das ganze Problem ist nunmal komplexer, als schwarz-weiß.

Cornus

Zitat von: Sauropode am 05. Juli 2016, 23:08:42
Ein Mangel, der zu Blindheit führt, muss behoben werden.

Genau dies ziehen die Autoren doch in Zweifel:
"Niedrige Plasmaspiegel an Vitamin A, Folsäure, Riboflavin, Eisen oder Zink sind vielfach nicht der Beweis für einen Mangel oder gar eine eigenständige Krankheit. Es sind Symptome, die Hinweise auf eine Grunderkrankung liefern, meist eine Infektion oder Parasitose, die im Mittelpunkt der therapeutischen Bemühungen stehen sollte. Die Gabe der ,,fehlenden" Stoffe ist oft kontraindiziert, weil sie mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist."

Sauropode

Nein, ich meine NICHT den Plasmaspiegel, sondern Blindheit unfgrund des Mangels.

Hier sind die Symptome, die ich meine:

http://www.netdoktor.at/krankheit/vitamin-a-mangel-4222837

Außerdem sollte man unterscheiden: Goldener Reis einthält Provitamin A, also Beta-Carotin, genauso, wie z.B. Möhren. Ein zu viel davon ist unschädlich. Die Vitaminpräparate aber enthalten hingegen das fertige Vitamin A. Und das kann in Überdosierung schädlich wirken. Also ein klares Argument FÜR diesen Reis.

Pollmer scheint genau diesen Fehler zu machen; er haut in seinem Text Vitamin A und Beta-Carotin willkürlich durcheinander.

Weitere Infos zu Carotinen hier: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Carotine

Gefährliche Bohnen

Zitat von: Sauropode am 06. Juli 2016, 06:34:39
Pollmer scheint genau diesen Fehler zu machen; er haut in seinem Text Vitamin A und Beta-Carotin willkürlich durcheinander.

Mir ist nicht ganz klar, was er denn nun eigentlich sagt. Da steht:

ZitatZudem ist eine Überdosierung, wie bei Vitamin A-Tabletten, mit Reis nicht möglich.
Und:
ZitatDer Goldene Reis gehört zu einem der seltenen Beispiele, bei dem der Einsatz von Gentechnik mehr Schaden anrichten könnte, als ihre Erfinder es sich je hätten träumen lassen. Und doch gäbe es eine sinnvolle Anwendung: Wenn die Programme mit den Vitamin-A-Supplementen in Entwicklungsländern zugunsten des Goldenen Reises eingestellt würden, käme dies den Kinder zugute. Denn β-Carotin ist harmloser als Vitamin A, und Reis kann nicht überdosiert werden.

:gruebel

Die entscheidende Frage ist doch: hatte die Supplementierung mit Vitamin A bisher einen positiven Effekt auf klinische Endpunkte oder nicht? Und das scheint doch der Fall zu sein:

ZitatConclusions Vitamin A supplementation is associated with large reductions in mortality, morbidity, and vision problems in a range of settings, and these results cannot be explained by bias. Further placebo controlled trials of vitamin A supplementation in children between 6 and 59 months of age are not required. However, there is a need for further studies comparing different doses and delivery mechanisms (for example, fortification). Until other sources are available, vitamin A supplements should be given to all children at risk of deficiency, particularly in low and middle income countries.
http://www.bmj.com/content/343/bmj.d5094


"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Cornus

Zitat von: Sauropode am 06. Juli 2016, 06:34:39
Nein, ich meine NICHT den Plasmaspiegel, sondern Blindheit unfgrund des Mangels.

Ich dachte, durch die Bestimmung des Plasmaspiegels würde der Mangel nachgewiesen.

Weiß man denn wirklich so sicher, daß die Ursachen der Blindheit und hohen Kindersterblichkeit der Vitamin-Mangel ist und nicht Infektionen oder Parasitosen?

Die Autoren schreiben, daß es zwar eine Korrelation zw. Mangel und Blindheit gäbe, daß das aber nicht zwingend ein ursächlicher Zusammenhang sein müsse.
Sie führen Krankheiten auf, die auch mit diesem Mangel einhergehen und ebenfalls zu Blindheit führen.

Und sie beschreiben, daß Parasiten durch eine Behebung des Vitaminsmangels gefördert werden können:
"Viele Parasiten können Vitamin A nicht selbst synthetisieren und sind auf die Zufuhr aus dem Blut ihres Wirtes angewiesen, zudem verursachen zahlreiche Parasiten Augenschäden."

Ich sehe übrigens auch nicht, wo sie Autoren Schwarz-weiß-Argumentation betreiben würden. Ich finde im Gegenteil, daß sie die ganze Sache viel komplexer machen, als sie bisher erschien.



eLender

Zitat von: Cornus am 06. Juli 2016, 09:08:18
Die Autoren schreiben, daß es zwar eine Korrelation zw. Mangel und Blindheit gäbe, daß das aber nicht zwingend ein ursächlicher Zusammenhang sein müsse.
Sie führen Krankheiten auf, die auch mit diesem Mangel einhergehen und ebenfalls zu Blindheit führen.

Und sie beschreiben, daß Parasiten durch eine Behebung des Vitaminsmangels gefördert werden können:
"Viele Parasiten können Vitamin A nicht selbst synthetisieren und sind auf die Zufuhr aus dem Blut ihres Wirtes angewiesen, zudem verursachen zahlreiche Parasiten Augenschäden."

Ich sehe übrigens auch nicht, wo sie Autoren Schwarz-weiß-Argumentation betreiben würden. Ich finde im Gegenteil, daß sie die ganze Sache viel komplexer machen, als sie bisher erschien.

Genau das ist die Aussage des Artikel. Das ist natürlich starker Tobak, da selbst GP nicht bestreitet, dass es einen (ursächlichen) Zusammenhang zwischen VitA-Mangel und Erblindung gibt. Die Autoren führen an, es gäbe dazu nur Beobachtungsstudien, aus denen sich keine ursächlichen Beziehungen ableiten lassen. So weit, so richtig, das ist quasi das Credo von Pollmer und da würde ich auch voll zustimmen. Es würde mich aber sehr wundern, wenn es nicht auch klinische Studien zu dem Komplex gibt. Mir scheint, als hätten die Autoren diese absichtlich verschwiegen um eine Riesenstory zu generieren. Kurios ist, dass sie dann anhand von Beobachtungsstudien eine andere Kausalkette zaubern: VitA begünstigt parasitäre Erkrankungen.

Pollmer ist dafür bekannt, dass er auch unglaublichen Schwachsinn in die Welt blasen kann und sich auch von nichts beirren lässt. Mit dem Thema kenne ich mich ad hoc zu wenig aus, aber es muss doch mehr als die paar Beobachtungsstudien geben, die in dem Beitrag erwähnt werden. Ansonsten müssten die Nobels ihren Brief sofort umformulieren und GP als Partner gegen die VitA-Versorgung in Asien anwerben.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Gefährliche Bohnen

Zitat von: Cornus am 06. Juli 2016, 09:08:18
Und sie beschreiben, daß Parasiten durch eine Behebung des Vitaminsmangels gefördert werden können:

Vielleicht können sie das. Aber offenbar hat sich das bei den Parasiten nicht in dem Maß herumgesprochen, dass ein negativer Effekt überwiegt. Siehe meinen Vorkommentar zu den klinischen Endpunkten.
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Cornus

Zitat von: Gefährliche Bohnen am 06. Juli 2016, 08:41:42
Die entscheidende Frage ist doch: hatte die Supplementierung mit Vitamin A bisher einen positiven Effekt auf klinische Endpunkte oder nicht? Und das scheint doch der Fall zu sein:

http://www.bmj.com/content/343/bmj.d5094

Wenn ich das richtig verstehe, wurden bei dieser Studie Kinder mit Infektionen ausgeschlossen.
Läßt sie dann Schlüsse darauf zu, wie sich Infektionen und Parasitenbefall bei Behebung eines Vitaminmangels entwickeln?

Die Christensen und Pollmer führen als Beispiel, wie eine Mangelbehebung auch negative Auswirkungen haben kann, dies an:
"In Entwicklungsländern verabreicht man aus logistischen Gründen nach einer Tetanus-Impfung gleich noch Vitamin A. Allerdings verringerte diese Praxis die Kindersterblichkeit nicht, sondern erhöhte sie sogar.19 Denn im Mäusemodell entwickelten sich signifikant mehr Parasiten im Blut, wenn die Impfung mit einer Vitamin A-Gabe verbunden wurde. Welche Wirkungen mag der Goldene Reis auf Kinder in den Slums hervorrufen, wenn sie von Impfprogrammen erfasst werden? Sie sind ja einem erhöhten Parasitendruck ausgesetzt."

Ich finde übrigens auch, daß das starker Tobak ist. Obs Schwachsinn ist, weiß ich nicht.
Allerdings sprechen sich die Autoren ja keineswegs gegen Goldenen Reis aus. Er wäre deutlich risikoärmer als die Verteilung von Vitamintabletten.

Peiresc

Zitat von: Gefährliche Bohnen am 06. Juli 2016, 09:22:25
Zitat von: Cornus am 06. Juli 2016, 09:08:18
Und sie beschreiben, daß Parasiten durch eine Behebung des Vitaminsmangels gefördert werden können:

Vielleicht können sie das. Aber offenbar hat sich das bei den Parasiten nicht in dem Maß herumgesprochen, dass ein negativer Effekt überwiegt. Siehe meinen Vorkommentar zu den klinischen Endpunkten.

Und ein Klick auf den Link offenbart, dass es sich um einen hochrangig publizierten "systematic review and meta-analysis" handelt. Wenn man über Vitamin A und Sehstörung schwadroniert philosophiert, dann sollte man solche Quellen diskutieren. Ich habe den Pollmer nicht komplett gelesen; hat er das erwähnt? Auch nur ansatzweise? So etwas ist nicht mit Erwägungen über den Stoffwechsel zu toppen.

ZitatConclusions Vitamin A supplementation is associated with large reductions in mortality, morbidity, and vision problems in a range of settings, and these results cannot be explained by bias. Further placebo controlled trials of vitamin A supplementation in children between 6 and 59 months of age are not required.
Klarer kann man sich in der Medizin nicht ausdrücken. Das lässt keinerlei Spielraum für "Interpretationen".