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;-) Gabriel vs Slomka & wie's noch schlimmer kommen könnte

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Begonnen von sweeper, 01. Dezember 2013, 10:54:54

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MrSpock

Wie ich schon sagte, reine Taktik, weil denen der Arsch auf Grundeis geht. Das daraus steigende Mitgliederzahlen resultieren, war bestimmt nicht beabsichtigt.  8)

Jetzt noch mal zur Verfassungsmäßigkeit: Wo sind denn die Juristen hier im Forum, die etwas fundiertes dazu beitragen können?
Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.

Typee

Hier ist zum Beispiel einer.

Die Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit rühren daher, dass man meint, für Mitglieder des Bundestages entstehe eine Bindung  an fremde Weisungen. Ich arbeite zwar nicht im Staatsrecht, aber soviel ist klar:

Der einzelne Abgeordnete ist durch ein Mitgliedervotum der SPD an gar nichts gebunden. Und zwar selbst dann nicht, wenn ein Koalitionsvertrag mit den Vorgaben a bis z abgeschlossen wird. Koalitionsverträge sind Vereinbarungen, mit denen sich die Verhandlungspartner darauf einigen, bestimmte Vorhaben gemeinsam durchzuziehen. Gebunden in dem Sinne, dass der eine von dem anderen etwas einklagen könnte, wird daraus niemand. Nicht einmal die Fraktionen sind untereinander rechtlich gebunden. Es ist nur staatspraktisch so, dass bei vertragswidrigem Abstimmungsverhalten der casus belli eintritt, eine Seite kündigen und entweder eine neue Regierungsbildung oder Neuwahlen anstreben wird.

Der ganze verfassungsrechtliche Zwergenaufstand ist einfach wirklichkeitsfremd. Ausnahmslos alle Abgeordneten gehören politischen Parteien an, die über ein Programm verfügen, das durch nichts legitimiert ist, als durch parteiinterne Abstimmungen. Die Anzahl von Abweichlern während einer Legislaturperiode ist seit 1949 winzig klein und hatte ausnahmslos das Ende der politischen Existenz dieser Leute zur Folge. Wie lange war z.B. Herbert Gruhl ein Thema? Angesichts der Abhängigkeit der Mandatsträger von den Parteien, denen sie angehören, ist die Bindung an ein Votum zu einem Koalitionsvertrag enfach kein erkennbarer zusätzlicher Eingriff.

Koalitionsverträge sind und waren übrigens nie Gegenstände von Normen im GG. Streng genommen stehen sie, wenn man die Garantie der Mitwirkung der Parteien an der politischen Meinungsbildung mitrechnet, verfassungsrechtlich noch hinter Parteiprogrammen. Es sind einfach Absprachen unter Abgeordneten über die Herstellung von Mehrheiten über bestimmte Gesetzgebungsvorhaben, die nur eben nicht ad hoc, sondern en bloc und für vier Jahre getroffen werden. Wer die Verfassungswidrigkeitskeule schwingt, müsste also die Zulässigkeit von Koalitionsverträgen viel eher treffen, als die Zustimmung eines Teils nach Maßgabe einer Parteimitglieder-Befragung.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

MrSpock

Das bedeutet im Klartext, dass es vollkommen egal ist, ob und wie die Basis entscheidet. Der einzige Grund, warum diese Befragung durchgeführt wird ist doch...ja, was ist denn nun der Grund? Die Parteispitze ist sich trotz der Ankündigung der großen Koalition vor dem Parteitag nicht sicher, ob die Basis diesen Weg mitgeht. Was für ein wirrer Haufen!

Ob allerdings die Methodik der One-Woman-Partei die bessere ist, wage ich ebenso zu bezweifeln.
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Zitat aus Star Trek II.

Typee

Der Grund für den Koalitionskonsens ist: man kann einen Kanzler / eine Kanzlerin  wählen, die formell das Vertrauen einer Mehrheit hat, die mit ihm / ihr und dem Rest der Regierung bestimmte Dinge ausführen will. Die Wahl eines Verfassungsorgans - das ist doch auch schon etwas.

Das Votum der "Basis" bedeutet: die Partei steht hinter dem, was verhandelt wurde - oder auch nicht.  Wenn nicht, dann dürfen wir uns auf Neuwahlen freuen, die vermutlich die P...n...n von der AfD in den Bundestag spült.
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(Neil deGrasse Tyson)

Typee

ZitatSowohl die eingehenden E-Mails als auch die Reaktionen bei SPD-Veranstaltungen zeigten deutlich, dass sich die anfängliche Skepsis gegenüber der großen Koalition in Zustimmung verwandelt habe.

Das glaube ich aufs Wort. Die Reaktionen der unionsnahen Presse auf das Verhandlungsergebnis konnte ja jeder nachlesen, und da musste eigentlich jedem klar werden, wer da besser verhandelt hatte.

Die Reaktionen der Parteilinken sind wohl wacker, aber naiv. Wer macht sich vor, bei einer linientreuen Links-Grün-Variante hätten keine Kompromisse geschlossen werden müssen? Eine Politik wie die, mit der gerade Frankreich an die Wand gefahren wird, hätte ich als Kompromiss gegen die Vernunft verstanden.
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MrSpock

Hier ein interessanter Aspekt eines Verfassungsrechtlers:

ZitatStaatsrechtler Degenhart hob gegenüber der Zeitung ,,Die Welt" hervor, dass unter anderem Ausländer und Mitglieder unter 18 Jahre aufgerufen seien, über den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU abzustimmen. ,,Mit der Mitgliederbefragung wird die Entscheidung des Wählers ihrer legitimierenden Funktion entkleidet", sagte Degenhart dem Blatt. ,,Die Legitimationsbasis ist umso fragwürdiger, als die Teilnahme an der Mitgliederbefragung nicht einmal die aktive Wahlberechtigung voraussetzt: Auch SPD-Mitglieder, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder das Wahlalter erreicht haben, sind stimmberechtigt." Eine ,,scheinbare Legitimation" durch die Befragung ,,gefährdet das Mandat und entwertet faktisch die Wahlentscheidung".

http://www.focus.de/politik/deutschland/auslaender-und-jugendliche-stimmen-ab-jurist-haelt-basis-votum-der-spd-fuer-waehlerbetrug_id_3451098.html
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Zitat aus Star Trek II.

Typee

Niemand garantiert, dass in Parteivorständen nur irgendwie und irgendwo gewählte Personen sitzen. Ein Horst Seehofer wäre auch dann  Parteivorstand, wenn er nicht ein einziges Mandat inne hätte, geschweige denn im Bund. So gesehen kann ich das Gebarme über Ausländer und Jugendliche nicht verstehen.

Und wenn man bei der SPD einfach das Los zöge? Oder in den Eingeweiden eines Opfertieres läse? Für einen Koalitionsvertrag wäre das völlig gleichgültig, niemand könne ihn deshalb anfechten. Die machen das dann einfach so.

Die Verhandlungsführer der SPD hätten eben auch selber sagen können: Topp. Wenn sie das nicht tun, sondern ihre Parteimitglieder vorher fragen, ist das so gut wie selber ja oder nein sagen. Eine Ehe ist auch nicht deshalb nichtig, weil der Bräutigam vor dem Jawort seine Kegelbrüder gefragt hat. Er kann es insoweit halten, wie er will.

Das Problem liegt nicht in der internen Willensbildung, denn die ist, weil keinen Normen unterworfen, frei. Niemand kann Regeln darüber formulieren, wie und mit welchen Gründen ein Koalitionär in spe sich entscheiden müsste. Das Problem liegt, wenn überhaupt, in der Zulassung von Koalitionsabsprachen an sich. So lange daran niemand rütteln will, ist es einfach sinnlos, einer Seite die Zustimmung oder Ablehnung aus bestimmten Gründen untersagen zu wollen.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

MrSpock

Weiter heißt es:
ZitatDer Staatsrechtler bezweifelt, dass das Votum lediglich als parteiinterne Angelegenheit anzusehen sei. ,,Im Gegensatz zu einer Entscheidung, die lediglich intern vom Parteivorstand getroffen wird, wird hier nach außen der Anschein einer demokratischen Legitimation erzeugt", erklärte Degenhart. Er halte es für bedenklich, wenn solche Parteibefragungen zum Normalfall würden." Wichtige Entscheidungen würden damit aus dem parlamentarischen Raum verlagert. ,,Man sollte dann lieber konsequent sein und Volksentscheide einführen, um die gesamte Bevölkerung zu berücksichtigen."

Dann wäre aber die Konsequenz, dass wir nach der Bundestagswahl einen Volksentscheid über die Zusammensetzung der Koalitionäre durchführen. Das würde doch unser parlamentarisches System ad absurdum führen.
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Zitat aus Star Trek II.

Homeboy

Zitat von: Typee am 03. Dezember 2013, 17:09:33
Das Problem liegt nicht in der internen Willensbildung, denn die ist, weil keinen Normen unterworfen, frei. Niemand kann Regeln darüber formulieren, wie und mit welchen Gründen ein Koalitionär in spe sich entscheiden müsste. Das Problem liegt, wenn überhaupt, in der Zulassung von Koalitionsabsprachen an sich. So lange daran niemand rütteln will, ist es einfach sinnlos, einer Seite die Zustimmung oder Ablehnung aus bestimmten Gründen untersagen zu wollen.

so wie ich das verstanden habe, geht es um 3 punkte.
1. willensbildung in der partei - haben vielleicht geklärt.
2. koalitionsabsprachen zwischen parteien und der faktische druck auf abgeordnete, sich der fraktionsdisziplin zu unterwerfen (man will ja wieder aufgestellt werden, an die interessanten pfründe gelassen werden etc.) - hier gibts halt eine differenz zwischen anspruch und wirklichkeit, wobei der anspruch legitim ist, die umsetzung mal wieder korrupt oder jedenfalls optimierungsfähig.
3. willensbildung durch die parteien - allgemeine kritik an der parteiendemokratie. hast du zwar schon angesprochen, oder jmd. anders, gleichwohl, diese kritik ist nicht unbedingt jung und so ganz unberechtigt scheint sie mir auch nicht. jedenfalls kenne ich das aus jura-prof-kreisen von vor etlichen jahren. 

ps: ich fand slomka zwar nicht unbedingt hinreißend in dem interview, aber der spongeBob war nach meinem empfinden unterirdisch arrogant.

Typee

Alles lieb und nett, was der Herr Degenhart da schreibt, aber die Entscheidung über den Abschluss eines Koalitionsvertrags muss nicht "demokratisch legitimiert" sein - wenn Parteivorstände das auskungeln, was er anscheinend eher akzeptieren will, ist da auch keine demokratische Legitimation.

Die Abhaltung einer Volksabstimmung ist ja nun das drastischste Beispiel einer Verlagerung wichtiger Entscheidungen "aus dem parlamentarischen Raum" heraus. Ich kann nicht glauben, dass er diesen Satz ausgesprochen hat und dabei nicht pro domo eines Auftraggebers handelte. Eine Volksabstimmung hätte einen Vorlauf von mehreren Monaten. Selbst ein Rechtsprofessor kann nicht so lebensfremd denken, dass er uns einen Verhandlungsvorlauf von zwei Monaten und einen Volksabstimmungsvorlauf von nochmals mindestens zwei oder drei Monaten zumuten will, bis ein gewähltes und mehrheitlich kooperationsbereites Parlament eine Bundesregierung wählen darf. Und soll dieser Unfug immer gelten, wenn keine Mehrheit einer einzigen Partei besteht, oder nur dann, wenn eine Seite noch nicht so recht ihr Ei legen will? Und warum, um alles in der Welt, die eine oder andere Variante?

Nochmals: die Verhandlungsparteien können aus den absurdesten Gründen miteinander kooperieren oder es sein lassen. Das ist verfassungsrechtlich schlicht irrelevant.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Homeboy

Zitat von: MrSpock am 03. Dezember 2013, 17:25:37
Weiter heißt es:
ZitatDer Staatsrechtler bezweifelt, dass das Votum lediglich als parteiinterne Angelegenheit anzusehen sei. ,,Im Gegensatz zu einer Entscheidung, die lediglich intern vom Parteivorstand getroffen wird, wird hier nach außen der Anschein einer demokratischen Legitimation erzeugt", erklärte Degenhart. Er halte es für bedenklich, wenn solche Parteibefragungen zum Normalfall würden." Wichtige Entscheidungen würden damit aus dem parlamentarischen Raum verlagert. ,,Man sollte dann lieber konsequent sein und Volksentscheide einführen, um die gesamte Bevölkerung zu berücksichtigen."

Dann wäre aber die Konsequenz, dass wir nach der Bundestagswahl einen Volksentscheid über die Zusammensetzung der Koalitionäre durchführen. Das würde doch unser parlamentarisches System ad absurdum führen.
es fehlt der arbeitskreis, die interne kommission und eine mediation mit heiner geißler.

MrSpock

Jetzt wird die Sache langsam skurril:
ZitatAbstimmen dürfen nur SPD-Mitglieder - aber wer kontrolliert das eigentlich?

Wahrscheinlich niemand, dachte sich ein geschäftstüchtiges SPD-Mitglied und bot seine Stimme auf Ebay für den Meistbietenden zum Verkauf an.

http://www.stern.de/panorama/versteigerung-auf-ebay-spd-mitglied-bietet-stimmrecht-gegen-cash-an-2075159.html
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Zitat aus Star Trek II.

MrSpock

Zitat von: Homeboy am 03. Dezember 2013, 17:41:19
es fehlt der arbeitskreis, die interne kommission und eine mediation mit heiner geißler.

Das muss aber schnell gehen, denn Heiner ist bereits 83!
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Zitat aus Star Trek II.

Homeboy

was ist damit:
Zitat von: Homeboy am 03. Dezember 2013, 17:39:34
3. willensbildung durch die parteien - allgemeine kritik an der parteiendemokratie. hast du zwar schon angesprochen, oder jmd. anders, gleichwohl, diese kritik ist nicht unbedingt jung und so ganz unberechtigt scheint sie mir auch nicht. jedenfalls kenne ich das aus jura-prof-kreisen von vor etlichen jahren. 
wie gesagt, die argumentation, dass die parteien nur an der willensbildung mitwirken sollen, nicht aber schon sozusagen das ende der fahnenstange sind, ist ja älter und ergibt sich aus dem GG:
ZitatArt 21 GG
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

formal ist diese kritik also zumindest begründbar. diese kritik weltfremd zu nennen finde ich nicht gut, denn die kritik an einer parteiendemokratie, wie wir sie nun mal haben zielt auf die parteienorganisation, ihre tendenz zu korruption (parteienfinanzierung), oligarchie und vetternwirtschaft:
ZitatParteienkritik

In Deutschland wird oft Kritik an der Macht und Arbeit der Parteien geäußert. Diese Kritik wird vielfach mit dem politischen Schlagwort der Parteienverdrossenheit beschrieben (siehe auch Politikverdrossenheit).

Kritikpunkte sind:

    der Fraktionszwang
    die Parteienfinanzierung und Spendenskandale, allg. Korruption
    Populismus, mangelnder Mut, eine Minderheiten-Meinung zu vertreten aus wahlkampftaktischen Gründen
    Vetternwirtschaft
    Entstehen einer Oligarchie
    mangelnde innerparteiliche Demokratie
    zu geringe Unterscheidung im politischen Handeln
    Erschaffen von Feindbildern im Wahlkampf, um von eigenen Fehlern abzulenken / mangelnde Bereitschaft, eigene Fehler einzugestehen / Arroganz
    Bereitschaft ökonomisch unsinnige Entscheidungen zu treffen, um damit den politisch nicht fachkundigen Teil der Bevölkerung zu überzeugen (Häufiger Kritikpunkt von Seiten der Ökonomen)
(quelle: Anonym zu de.wikipedia.org/wiki/Politische_Parteien_in_Deutschland)


Typee

Ich nenne ja nicht die Parteienkritik weltfremd, sondern den Irrglauben, an dem Einfluss der Parteien würde sich etwas ändern, wenn die SPD-Parteigranden nicht ihre Mitglieder befragen würden, sondern ihre Omma oder ein Orakel, oder wasweißich. Die haben doch alle auf dem Parteiticket verhandelt, und nicht etwa, weil sie für irgend etwas gewählt worden wären, was im Nachhinein kein Mensch nachvollziehen kann.
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