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GBA-Vorsitzender empfiehlt: Bier statt Therapie

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Begonnen von sweeper, 07. November 2013, 08:58:40

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sweeper

ZitatWie Sie sehen, meine Damen und Herren, mein Zoff mit Sweeper ist uralt
Wenn du gern für die Tribüne schreibst - bitte.
Mir geht es um die Sache - bzw um die Patienten, die ich dabei konkret vor Augen habe.
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

bayle

Zitat von: sweeper am 07. November 2013, 13:11:29
Mir geht es um die Sache - bzw um die Patienten, die ich dabei konkret vor Augen habe.
Mir auch. Dann sind wir uns ja total einig.

Hildegard

Zitat von: Typee am 07. November 2013, 11:59:52
Zitat von: sweeper am 07. November 2013, 08:58:40
Vielleicht ist Hecken ja auch Shareholder bei einer größeren Brauerei?  ::)

Beim Gemischtwarenkonzern der Familie Haniel gibt es nichts, was es nicht gibt. Würde mich nicht wundern, wenn da auch irgendeine Brauerei an Bord wäre. :prosit
[url="http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com"]http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com[/url]

editor

GBA = Gemeinsamer Bier Ausschuss ?

Wundert sich noch wer?

Frau Kuchen

Wer mal so richtig kotzen will, muss einfach die Kommentare der Spiegel-Leser lesen.  :muel

Groucho

Zitat von: Frau Kuchen am 07. November 2013, 21:24:06
Wer mal so richtig kotzen will, muss einfach die Kommentare der Spiegel-Leser lesen.  :muel

Ich hol mir da regelmäßig mein masochistisches Päckchen ab. Aber so ist das halt, wenn man soziologische Forschung betreibt. Darwin soll ja auf der Beagle auch dauernd seekrank gewesen sein  8)

Joseph Kuhn

Wie immer schadet es nicht, sich die Datenlage anzusehen. Die Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen ist nicht gut. Es mag sein, dass ab und zu auch Leute mit kleinen Wehwehchen eine Therapie haben wollen, aber das Gesamtbild sieht anders aus. Nachzulesen in den Ergebnissen der aktuellen DEGS-Studie des RKI, oder ganz kurz im Blog: http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2013/11/08/bier-statt-psychotherapie-prost-herr-hecken/.

bayle

Zitat von: Joseph Kuhn am 08. November 2013, 20:32:19
Wie immer schadet es nicht, sich die Datenlage anzusehen. Die Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen ist nicht gut. Es mag sein, dass ab und zu auch Leute mit kleinen Wehwehchen eine Therapie haben wollen, aber das Gesamtbild sieht anders aus. Nachzulesen in den Ergebnissen der aktuellen DEGS-Studie des RKI, oder ganz kurz im Blog: http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2013/11/08/bier-statt-psychotherapie-prost-herr-hecken/.
Wenn wir weiter darüber diskutieren wollen, sollten wir konkreter werden - was im einzelnen nicht gut ist, und vor allem, wie es verbessert werden könnte.

edit:
Bei:
http://www.degs-studie.de/deutsch/ergebnisse/degs1/degs1-basispublikation.html
Finde ich neben vielen anderen Teilbereichen der somatischen Medizin (über denen vermutlich ebenso nicht 24 h am Tag die Sonne glänzt) Teilstudien zu Depression, chron. Stress, Schlafstörung, aber nicht eine Zusammenfassung "psychische Störung" allgemein. Vielleicht habe ich das auch nur übersehen; wo sollte ich mit dem Lesen beginnen?


bayle

Zitat von: Joseph Kuhn am 08. November 2013, 21:03:31
"wo sollte ich mit dem Lesen beginnen?"

Ja, die DEGS-Sachen sind nicht ganz übersichtlich. Hier z.B.:
http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_w1/Symposium/degs_psychische_stoerungen.pdf?__blob=publicationFile
Es liegt mir nichts daran, Krawall zu schlagen ;), aber formal sind das zunächst reine Prävalenzzahlen, die noch keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob die Versorgung schlecht ist. Allerdings sollten sie Anlass geben, das zu prüfen, ja.

Joseph Kuhn

Zitat von: bayle am 08. November 2013, 21:13:13
Es liegt mir nichts daran, Krawall zu schlagen ;), aber formal sind das zunächst reine Prävalenzzahlen, die noch keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob die Versorgung schlecht ist.

Warum Krawall schlagen? Ich denke, es geht darum, eine Sachlage zu diskutieren. Folie 15 des verlinkten Vortrags zeigt nicht "reine Prävalenzzahlen", sondern die Versorgung der prävalenten Fälle. DEGS ist nur die aktuellste Studie. Es gibt nicht sehr viele, aber doch einige Studien zur Versorgungssituation bei psychischen Störungen, sie gehen fast alle in die gleiche Richtung: Menschen mit psychischen Störungen werden nicht, nicht rechtzeitig oder fachlich nicht adäquat versorgt. Das meiste davon lässt sich durch schlichtes googlen finden. Dass man zum Thema nicht "datenlos" diskutieren muss, wollte ich mitteilen, mehr nicht.

gesine2

Zitatformal
moin bayle, formal hattest Du auch gefragt, wo Du anfangen könntest zu lesen. Insbesondere unter Berücksichtigung der Seiten/slides 15,16 und 18 halte ich das pdf für eine valide Einstiegslektüre.

/Edit/ ooops - der thread hatte ja noch eine Seite^^
_____________________
ne schöne jrooß, gesine2

bayle

Nur einmal ein paar völlig unsystematische Gedanken zu Prävalenz und Bedarf, wie sie vielleicht dem Herrn Hecken vorgeschwebt haben; der Einfachheit halber halte ich mich an den von Joseph Kuhn verlinkten Vortrag
http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_w1/Symposium/degs_psychische_stoerungen.pdf?__blob=publicationFile  [1]
und an einen weiteren, der eine Spur ausführlicher, aber noch übersichtlich ist:
http://www.psychologie.tu-dresden.de/i2/klinische/mitarbeiter/publikationen/jacobi-p/Wittchen-HH-290903.pdf [2]

In [1] heißt es am Ende:
ZitatIm 12-Monatszeitraum vor der Untersuchung litten 33,3% der Bevölkerung unter einer oder mehren psychischen Störungen

Und in [2] heißt es (die letzten Folien):
Zitat31% der Bevölkerung hat aktuell psychische Störungen,
Das Lebenszeitrisiko beträgt 48%
Markante Defizite in der Versorgung: Nur 36% erhalten üerhaupt irgendeine Intervention (mind. 1 Kontakt), Nur weniger als 10% eine ,,grob adäquate" Intervention (> 3 Kontakte; Kessler et al, Health Affairs 2002)
Wie beeinträchtigend und behindernd (und kostenintensiv) sind psychische Störungen?
41% aller Arbeitsunfähigkeits-Tage der Bevölkerung (letzte 4 Wochen) können auf psychische Störungen zurück geführt werden!
18% aller ambulanten Arztbesuche (ohne psychiatr./psychoth. Sektor) lassen sich auf psychische Störungen zurückführen
Die durch psychische Störung verursachte gesundheitsökonomische Hauptlast besteht in hohen indirekten Kosten (Arbeitsausfalltage und Fehl-Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Dienste)

Nehmen wir diese Zahlen einmal hin und unterstellen für unsere Milchmädchenrechnung als Voraussetzung: Alle psychischen Störungen sind behandlungsbedürftig und müssen (ambulant) psychotherapeutisch behandelt werden (was beides nicht stimmt).

Aktuell arbeiten rund 21.600 niedergelassene Psychotherapeuten in Deutschland.
http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/mogelpackung.html
Ein Psychotherapeut kann höchstens 35 Sitzungen je Woche behandeln, mehr ist realistischerweise kaum drin – die große Mehrzahl arbeitet weniger -  [Best D: Hohe Berufszufriedenheit, Altersarmut inbegriffen. Psychotherapie Aktuell 3/13, S. 6ff, speziell S. 14], bei 10 Wochen/Quartal sind das 1400 Stunden/Jahr. Eine Richtlinien-Psychotherapie umfasst 5 probatorische Sitzungen und 25 Therapiesitzungen. Im Jahr kann also ein Therapeut maximal 1400:30 = 50 Patienten regulär ausbehandeln.

30% von 80 Mio Einwohnern sind 24 Mio Einwohner. Um alle nach Richtlinie zu behandeln, bräuchte man dann ca. eine halbe Million Psychotherapeuten. Ein Psychotherapeut kostet derzeit vielleicht 120.000 EUR/Jahr, d. hieße also 50 Mrd EUR/Jahr allein für Psychotherapie.

Natürlich müsste man die Einsparungen der indirekten Kosten (Arbeitsausfall, ,,Fehlinanspruchnahme") abziehen, allerdings gibt [2] dafür keine deutschen Zahlen. Der Knackpunkt wäre aber schon, dass zunächst gezeigt werden müsste, dass sich diese Kosten wirklich einsparen lassen. Psychische Prozesse benötigen ihre Zeit. Die Zahl der Arztkontakte wird sich kaum vermindern, schon weil Psychologische Psychotherapeuten nicht krankschreiben können (und sie sollten froh darüber sein).

Wie gesagt: das ist eine Milchmädchenrechnung, und für jeden Einzelpunkt lassen sich ernstzunehmende Einwände formulieren. Was ich eigentlich sagen will ist: bevor man zu Bewertungen und v. a. zu praktischen Schlussfolgerungen gelangt, muss die Materie schon noch deutlich tiefer durchdrungen werden.

Joseph Kuhn

Zitat von: bayle am 09. November 2013, 07:46:50
Wie gesagt: das ist eine Milchmädchenrechnung (...). Was ich eigentlich sagen will ist: bevor man zu Bewertungen und v. a. zu praktischen Schlussfolgerungen gelangt, muss die Materie schon noch deutlich tiefer durchdrungen werden.

Genau. Bedarfsplanung sollte keine Milchmädchenrechnung sein - und eben auch keine Bierdeckelrechnung.

MrSpock

Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.